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Gros, Antoine-Jean

Geboren
Paris, 16. März 1771
Gestorben
Meudon (Hauts-de-Seine), 26. Juni 1835
Land
Frankreich
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Gros, Antoine-Jean; Gros, Antoine-Jean (Baron); Gros, Antoine Jean (Baron); Gros, Antoine Jean; Gros, Antoine Jean de
Berufe
Historienmaler*in; Porträtmaler*in; Maler*in; Zeichner*in
Wirkungsorte
Paris, Montpellier (Hérault), Nîmes (Gard), Sète (Hérault), Marseille, Genua, Florenz, Mailand, Rom
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Von
Bajou, Valérie
Zuletzt geändert
08.09.2023
Veröffentlicht in
AKL LXIII, 2009, 64

VITAZEILE

Gros, Antoine-Jean, Baron, frz. Maler, Zeichner, *16.3.1771 Paris (get. 17.3.1771 lt. Auszug aus dem Tauf-Reg. in Paris, Arch. de Paris, Comm. de la Reconstitution de l'état civil v. 12.2.1872), †26.6.1835 (Suizid) Meudon/Hauts-de-Seine. Ältester Sohn von Jean Antoine G. und Madeleine G., ∞Augustine Dufresne, Schwager von Henri Dufresne sowie der Malerin und Zeichnerin Ange-Pauline Dufresne.

LEBEN UND WIRKEN

Erste künstlerische Ausb. im Elternhaus und bei Freunden der Fam.; Elisabeth Vigée-Lebrun schildert in ihren Mém., daß sie G. bereits als Siebenjährigen kannte. Außerdem macht er sich in der bed. Kunst-Slg seines Vaters mit dem Gedankengut des Siècle Lumières vertraut, findet dort Gefallen an Genreszenen nord-europ. Maler und am Porträtfach. G.s erster Biograph Jean-Baptiste Delestre (1845, 4 s.) datiert in diese Zeit versch. Zchngn, darunter die Darst. eines Fußes nach Van Loo, Portr. der Mutter und des Großvaters mütterlicherseits sowie eine Komp., die die Liebe zu den Eltern symbolisiert. Wahrsch. wird er 1775 Schüler im Collège Mazarin (Collège des Quatres Nations). Unter dem Eindruck des Pariser Salons 1783 entschließt sich G. zum Eintritt in das Atelier von Jacques-Louis David, kann die Ausb. aber erst E.1785 beginnen. Zu den Mitschülern gehören Anne Louis Girodet, François Gérard, Jean Germain Drouais, Philippe Auguste Hennequin, Jean-Baptiste-Joseph Wicar, François-Xavier-Pascal Fabre und Jean-Baptiste Isabey. Lt. Delestre (1867, 15) lehnt der im Vergleich zu den Mitschülern noch sehr junge G. die Teiln. an dem von David veranstalteten Skizzen-Wettb.ab, fertigt aber dennoch in dessen Atelier die Skizze Le Jeune Pyrrhus sauvé par les Mégariens, die von einem Durcheinander an pathetischen Gebärden geprägt ist, außerdem die Darst. Baigneuse (beide Besançon, MBA); 1789 malt er nach einer Zchng von Isabey ein Portr. von David (Moskau, Puškin-MBA). Lt. Delestre tritt G. im April 1787 in die EcBA Paris ein. Er belegt den Studienkurs und den der "prix des quartiers" und erhält 1791 den Preis im Fach Torso. 1792 mit der Komp. Eléazar refuse de manger des mets impurs (Saint-Lô, Mus.; Skizze in Dijon, Mus. Magnin) zum Wettb. um den Rompreis zugelassen, erreicht er nur den 2.Platz hinter seinem Mitschüler Charles Paul Landon. Widersprüchliche Einflüsse kennzeichnen das unruhig wirkende Gem., und trotz der Bezugnahme auf den Moses von Michelangelo bei der Gestalt des Eleazar gelingt es G. nicht, die unübersichtliche Anordnung der Figuren ins Gleichgewicht zu bringen. Die lebhafte Farbgebung in der Kombination von Tiefblau mit Karminrot steht in der Trad. der venez., Bologneser und fläm. Malerei. Bereits um diese Zeit macht G. innerhalb der Schule von David auf sich aufmerksam mit seinem Farbgespür, dem breiten, pastosen Farbauftrag auf den hell gehaltenen Partien der Gem. sowie den starken Licht- und Schattenkontrasten. Der Mißerfolg beim Rom-Wettb. 1792 ist zugleich das Ende der Ausb. im Atelier von David, denn wenige Wochen später fordert dieser die Abschaffung der Akademien und damit der Wettb. (erst 1797 Wiederaufnahme des Wettb.). Während der Frz. Revolution teilen mehrere Schüler die politischen Auffassungen von David, und wie diese (u.a. Isabey, Charles Toussaint Labady, Jean-François Godefroy und François Henri Mulard) zeichnet auch G. Medaillon-Portr. von Konvent-Mitgl. (ca. 60 für sechs Francs pro Stück). Charles François Gabriel Levachez sticht diese Portr. 1789 für das Werk Portr. des députés à l'Assemblée constituante de 1789, P. 1789, und 1790 für die Coll. gén. des portr. des députés à l'Assemblée nat., I-III, P. 1790. Zur finanziellen Unterstützung der Mutter und Schwester erteilt G. außerdem Zeichenunterricht und fertigt für versch. Sammler kleinformatige Komp., bes. L'Amour enlèvant une élève à Minerve für Saint-Aubin (Standort unbek.; cf. Delestre, 1845, 10; 1867, 16; Tripier Le Franc, 1880, Kat. Nr 1; Wiederaufnahme dieser Komp. in einem der Alben aus Italien, Paris, Louvre). Um diese Zeit arbeitet G. auch an einem Selbstbildnis (Toulouse, Mus. des Augustins) und einem Portr. von F.Gérard (New York, Metrop. Mus.). Die Gründe für die Abreise nach Italien im Jan. 1793 wurden nie eindeutig geklärt; lt. Blanc (1863, 2) bezichtigt F.Gérard, der im Revolutionstribunal vertreten ist, G., emigrieren zu wollen. Am 26.1.1793 fährt G. nach Montpellier in Begleitung des Mitschülers Jacques Augustin Pajou, der ihn seinem Vater Augustin Pajou weiterempfiehlt. In einem von David und Renoult beschafften Paß werden die Aufnahmekriterien für eine künstlerische Ausb. in Italien genannt. In Montpellier fertigt G. mehrere Portr., u.a. das Portr. d'Adèle Barthélemy, der späteren Comtesse Dejean (Aukt. Drouot, Paris, 20.6.1952, Nr 28, aktueller Standort unbek.), und das Portr. de Paulin Des Hours-Farel (1793, Rennes, MBA). Einige Wochen lang besichtigt er die Kunst-Slgn in Nîmes, Sète und Marseille, wo er ein Werk von Michelangelo kopiert, und schifft sich E.März oder A.April 1793 im Hafen von Marseille nach Livorno ein. Der chaotische Reiseverlauf ist durch Briefe G.s an Mutter und Schwester bek. (teilw. erh. in Paris, Fond. Custodia), denenzufolge Rom wegen der Revolutionsereignisse nicht auf direktem Weg erreichbar ist. Er geht im Mai 1793 in Genua an Land, fährt im Juni weiter nach Florenz auf der Suche nach Aufträgen und bleibt bis zum Sommer 1794 dort. Außer Fabre trifft er dort auch Wicar wieder, der ihm den polnischen Malers Julian Niemcevicz als Schüler vermittelt. In Florenz kopiert er Antiken wie Ménélas transportant le corps de Patrocle (Louvre), besucht die Uffizien, studiert auch die ital. alten Meister, kopiert Werke von Raffael, Daniele da Volterra, Franciabigio und v.a. von Andrea del Sarto, den er bes. bewundert. Außerdem interessiert er sich für Masaccio und Filippino Lippi, dessen Fresken in der Capp. Brancacci in der Kirche S.Maria del Carmine er kopiert. Nach Verbrauch seiner gesamten Barschaften kehrt G. im Juni 1794 nach Genua zurück, wo er bis Dez. 1796 bleibt und der einzige Künstler bzw. Porträtist vor Ort ist. Zu den dort gemalten Portr. gehören die der Fam. des frz. Konsuls in Genua, La Chèze (Standort unbek.), von Catherine Bruguière (Bristol, City Mus. and AG), Antoine-André Bruguière (Marseille, MBA) und Suzette et Minette Maistre (Chicago/Illinois, AG). Im Juni 1795 vollendet G. in Genua außerdem ein Wappen mit einer Allégorie de la République (Entwurf oder verkleinerte Replik in Versailles, Château). 1795 Wiederbegegnung mit Girodet, der schon ab 1790 als Stipendiat in Italien weilt; G. vermittelt ihm den Auftrag zu einem Portr. von Giuseppe Fravega und fertigt selbst eines von Madame Fravega (Marseille, MBA). Als Zeichen ihrer Freundschaft tauschen beide Künstlerselbstbildnisse aus (Versailles, Château). Dieses Zusammentreffen ist insofern bed., als G. von Girodet künstlerisch beeinflußt wird, von ihm mehrere Komp. kopiert und zudem erfährt, daß Venedig die wahre Schule für Künstler mit natürlichem Farbempfinden ist (Brief G.s an seine Mutter, Genua, 7 Pluviose an 3; Paris, Fond. Custodia). Im Kontext der Weiterbildung in Italien assimiliert G. die vielfältigen Eindrücke in Genueser Slgn und vereint sie mit seiner Vorliebe für die flämische Kunst; in der Chiesa di Gesù kopiert er ein Gem. von Rubens (Priv.-Slg). E. 1796 begibt er sich nach Mailand und berichtet am 6.12.1796 von der Bekanntschaft mit der auf dem Weg zu Napoleon Bonaparte befindlichen Joséphine Beauharnais. Durch diese Begegnung wird G.s Laufbahn in eine neue Richtung gelenkt, und er äußert bald den Wunsch, General Bonaparte zu porträtieren, dessen dauerhafte Protektion ihm von nun an sicher ist. G. wird im Pal. (bzw. in der Casa) Serbelloni untergebracht und erhält aus Diplomaten- und Militärkreisen zahlr. Porträtaufträge. Er spezialisiert sich auf bemerkenswert leicht wirkende Portr. von Frauen, u.a. von Madame Visconti, Ehefrau des künftigen Gesandten der Republik Lombardei in Paris, Albine Poussielgue, von Joséphine Jeanne Marguerite Berthier, future Madame Lasalle, eine im April 1797 ausgef. Min. mit einem Durchmesser von knapp 8 cm (beide in New York, Wildenstein Gall.), und von Céleste Meuricoffre (mehrere Versionen, eine davon in Louisville/Ky., Speed AM). Im Dez. 1796 wird G. in die Comm. des Arts et des Sc. berufen, die mit der Auswahl der bedeutendsten Kunstwerke aus den eroberten Ländern, deren Registrierung und der Überführung nach Paris beauftragt wird. G. kommt nun in den Genuß weiterer Reisen; im Febr. 1797 fährt er nach Bologna mit eigenmächtigen Abstechern nach Modena und Mailand. Im selben Jahr beginnt er das Portr. du général Louis-Alexandre Berthier (Salon 1798, Nr 198, Priv.-Slg, Kopie im Schloß Grosbois) und fertigt das Portr. Bonaparte à Arcole (Salon 1801, Nr 163, Versailles, Château), das nach G.s Meinung bereits das hist. Genre berührt. Von einem im Okt. 1797 durch Giuseppe Longhi in Mailand nach diesem Gem. ausgef. Kpst. entstehen zahlr. Repliken für Verwandte von Bonaparte, so für Eugène de Beauharnais (St. Petersburg, Ermitage), Königin Hortense (Arenenberg, Schloß, Napoleon-Mus.) und General Bertrand (Châteauroux, Mus. Bertrand). Kurz danach folgt ein Portr. d'E.de Beauharnais (Malmaison, Schloß). Am 5.7.1796 äußert G. in einem Brief an seine Mutter (Paris, Fond. Custodia) den kühnen Wunsch, nach Rom zu fahren "in das große und erhabene Atelier [...], das den Franzosen nun zur Verfügung steht". Aber erst 1797 tritt er die Reise nach Rom an (März bis Sept.). Er verbringt die Zeit in den Mus. Vaticani, kopiert noch dort verbliebene Werke, darunter bes zeitaufwendig einige Antiken. Im Nov. 1797 wird G. zum Inspektor für die Truppenparaden der Artillerie des ital. Heeres ernannt. Auf der Grundlage seiner Korr. ist der Weg nach Livorno und Pisa im Frühjahr 1797 nachvollziehbar. G. kommt auch wieder nach Mailand, aber am 13.5.1799 berichtet er von der vorzeitigen Abreise infolge der Offensive der österr. Truppen. Mit den Generälen Dessoles und Pérignon bricht er nach Genua auf, wo er während der Belagerung April bis Juni 1800 bleiben muß. Er wird krank, nach der frz. Kapitulation nach Marseille evakuiert und dort beim Schweizer Bankier Jean-Georges Meuricoffre und dessen Ehefrau Céleste Coltellini untergebracht; G. malt das Portr. de Madame Auguste Durand et de sa fille (Kunsthandel). Außer durch die Korr. ist die Italienreise durch zwei Mappen mit Zchngn dok. (beide im Louvre). Zus. mit den Blättern eines auseinandergenommenen Heftes, von denen viele im Kunsthandel angeboten werden, sind sie eine wertvolle Quelle für die Erforschung dieser Jahre. G.s Vorgehensweise beim Kopieren unterscheidet sich von der and. Schüler von David v.a. durch den systematischen Verzicht auf Entwürfe und durch eine unabhängige Geisteshaltung, die ihn dazu veranlaßt, die den eig. Neigungen enstprechenden Motive anstelle der für seine Komp. benötigten Werke zu kopieren. Schon bald gibt er das lineare Zeichnen auf und experimentiert mit einer bes. Manier, die der Tusch-Zchng stark ähnelt und es ermöglicht, Lichtkontraste wiederzugeben und eine fast malerische Wirkung zu erzielen. And. Kopien nach Johann Heinrich Füssli und Joshua Reynolds zeigen, wie sich G. gewisse Motive angeeignet hat, die er auf der Basis von sehr kraftvoll wirkenden geometrischen Formen verkürzt wiedergibt. Erst im Frühjahr 1801 kann er nach Paris zurückkehren und bringt die im Auftrag von General Dessoles gemalte Komp. Sappho à Leucate (Bayeux, Mus. Baron Gérard) mit, die im Salon 1801 seinen Ruf festigt (cf. O'Brien, 1995, 651-660). Die hervorgehobene Silhouette eines Lichtstreifens im Gegenlicht des Mondes und die nächtliche Atmosphäre kommen wohl nur zustande durch die Kenntnis der neuesten Werke von Girodet, bes. des Gem. "Endymion". In Paris läßt sich G. im ehem. Couvent des Capucins nieder, wo sich eine Künstlerkolonie gebildet hat, zu der neben Pierre-Paul Prud'hon auch ehem. David-Schüler wie Girodet, J.A.D. Ingres, François-Marius Granet, Pierre-Nolasque Bergeret und Lorenzo Bartolini gehören. Hier leistet auch G. einen Beitr. zur Anglomanie mit der Gest. von Szenen nach Ossian und W.Shakespeare. Er gewinnt den Wettb. um eine Darst. der Schlacht von Nazareth, einer Episode aus dem Ägypten-Feldzug v. 8.4.1799, in deren Verlauf 300 frz. Soldaten unter dem Kommando von General Jean Andoche Junot 3000 türkische Reiter zurückgeschlagen haben. Das Gem. soll in einem mon. Format (mehr als 9 m breit) im Ballspielhaus in Versailles ausgef. werden. Die Skizze (Nantes, MBA), ausgestellt 1801 im Salon im Louvre und 1826 in der Gal. Lebrun (Explication des ouvrages de peint. exposés au profit des Grecs, Nr 86, 23), inspiriert Eugène Delacroix zu einem Beitr. in der Rev. des deux mondes (1.9.1848). Erstmals stellt G. das Gemetzel einer Schlacht dar; die tumultartige Komp. zeigt die chaotischen Ereignisse, während der kraftvoll chrakterisierende Duktus Bewegung ins Bild bringt. G. hat sich damit von der Schule von David und dessen ästhetischen Prämissen gelöst und verzichtet auf einen linearen Figurenstil. Die Skizze zur Schlacht von Nazareth scheint er direkt mit dem Pinsel gemalt zu haben; die Licht- und Schattenkontraste sind stark betont, und die Farben der Trikolore kommen im Übermaß vor. Doch zur Ausf. des Mon.-Gem. kommt es aus obskuren Gründen nicht, letztlich weil Napoleon I. für einen General solche Verherrlichung nicht duldete. 1802/03 malt G. eine Porträtfolge der Fam. Bonaparte, beginnend mit dem Portr. de Bonaparte premier consul (Paris, MN de la Légion d'Honneur et des Ordres de Chevalerie), das als Prototyp für die Portr. des Ersten Konsuls dient, mit denen u.a. Charles Meynier, Ingres, Jean-Baptiste Greuze und Joseph Marie Vien fils beauftragt werden und die für versch. eroberte Städte im Ausland bestimmt sind (eine weitere Version bei Christie's, 2007[?]). 1803 malt G. ein Portr. zu Pferde, Bonaparte distribuant des sabres d'honneur aux grenadiers de la garde consulaire après la bataille de Marengo (Rueil-Malmaison, MN du Château de Malmaison). Außerdem fertigt er 1801 ein ganzfiguriges Bildnis der kurz zuvor verstorbenen ersten Ehefrau von Lucien Bonaparte, Christine Boyer (Louvre), 1804 das Portr. La fam. de Lucien (cf. Cresti, 1996, 187) und 1806 ein Portr. de Joséphine (Nizza, MAH), denn diese Frau schätzt G. immer noch als seine Wohltäterin. Er malt auch Portr. der eig. Verwandten, z.B. 1804 vom Neffen Jacques Amalric (Salon 1806, Nr 241 b, Paris, Petit Pal.), und zeichnet seinen Schwager. Lt. Tripier Le Franc (1880, 205) bricht G. auf Drängen von Napoleon I. die Arbeit am Gem. zu Ehren von General Junot ab zugunsten der Interpretation einer and. Episode aus dem Orientfeldzug: Bonaparte, général en chef de l'armée d'Orient, au moment où il touche une tumeur pestilentielle en visitant l'hôpital de Jaffa (Salon 1804, Nr 224). Nachdem G. die stürmische Begeisterung bei einem Angriff selbst erlebt hatte, gibt er die Kampfhandlungen mit größerem Einfühlungsvermögen wieder und schildert die Verwundeten, denen Napoleon I. mit einer segnenden Geste wieder Kraft zu verleihen scheint. Nach der Voll. dieses Gem. scheint G. von der Darst. von Tod und Leid gefesselt zu sein. Der Erfolg ist so riesig, daß zahlr. Künstler das Gem. kopieren, u.a. Théodore Géricault, Horace Vernet, Léon Cogniet und Jean-Baptiste Carpeaux. Die überwältigende Anerkennung im Salon 1804 gilt diesem Werk auch als erster Frucht eines offiziellen, staatlichen Mäzenatentums. Mit der Schlachtenmalerei wendet sich G. dem angesehenen Genre der Historienmalerei zu. Zugleich weist er damit vehement die Propaganda aus England zurück, die Napoleon I. des Massakers an Verwundeten bezichtigt. Das mon. Gem. La Bataille d'Aboukir (Salon 1806, Versailles, Château) ist ein Auftragswerk von Joachim Murat, das ihn als Anführer eines Kavallerieangriffs zeigt. Dabei läßt sich G. offenbar vom Gem. von Charles Le Brun zur Gesch. von Alexander dem Großen inspirieren und greift den mon. Figurenstil auf. Diese Anleihe, die die Hierarchie der Genres außer Acht läßt, indem es die Soldaten in den Vordergrund rückt, verdeutlicht auch die Faszination, die der Orient auf G. ausübt, der nie in Ägypten war. Denn er präsentiert die Gegner in prächtigen orientalischen Kostümen in nahezu märchenhaftem Glanz. Im Salon 1810 zeigt er letztmalig ein Bild über diesen Feldzug, La Bataille des Pyramides (Versailles, Château). Von dem in diesem Salon in einer hochformatigen Fassung ausgestellten Gem. entsteht im Auftrag von Ludwig-Philipp für Versailles eine vergrößerte Version mit Seitenteilen, die Jean-Bapties Joseph Debay nach G.s Skizzen ergänzt (Cleveland/Ohio, Mus. of Art). Neben Girodet erhält G. wohl die meisten offiziellen Aufträge. Obwohl er den Vorgaben von Dominique-Vivant Denon exakt folgt, entfernt er sich zugleich davon: Die Darst. des Kaisers bei Schlachtenszenen, Kapitulationen und Verhandlungen wirken nicht recht übereugend, z.B. bei Napoléon sur le champ de bataille d'Eylau (Salon 1808, Louvre, Skizze in Toledo/Ohio, Mus. of Art), La Capitulation de Madrid (Salon 1810) und v.a. Napoléon Ier et François II après la bataille d'Austerlitz (Salon 1812, beide in Versailles). Der Grund liegt offenbar darin, daß es G. auf dem Gipfel des Ruhms nicht nötig hat, seine republikanische Gesinnung zu verleugnen.

WERKE

Gem.: Aix-En-Provence, Mus. Granet: Portr. d'Alexandre Lestang-Parade. Bayeux, Mus. Baron Gérard. Besançon, MBA: Portr. de Madame Dufresne; Portr. d'A.Dufresne. Bristol, City Mus. and AG. Chantilly, Mus. Condé: Les Pestiférés de Jaffa, vorbereitende Skizze. Chicago, Illinois AG. Cleveland/Ohio, Mus. of Art. Köln, WRM: Portr. de F.Simonier et sa fille Cécile. Krakau, MN: Portr. de Niemcewicz. Los Angeles, County Mus. of Art. Louisville/Ky., Speed AM. Marseille, MBA. Moskau, Puškin-MBK. Nancy, MBA. Nantes, MBA. New Orleans/La., Mus. of Art.: Bonaparte visitant les pestiférés de Jaffa, vorbereitende Skizze. New York, Metrop. Mus. - Wildenstein Gall. Nizza, MAH. Norfolk/Va., Chrysler Mus. of Art. Ottawa, NG of Canada: Bacchus et Ariane. Paris, Bibl. Thiers: La Prise de Caprie. - MN de la Légion d'Honneur et des Ordres de Chevalerie. - Mus. Carnavalet. - Mus. de l'Armée: Portr. du général Lasalle. - Louvre: Portr. de Madeleine Pasteur, vorbereitende Skizze zum Portr. de Bonaparte à Arcole; Les Pestiférés de Jaffa; La Bataille d'Eylau; François 1er et Charles Quint visitant l'église de Saint-Denis; Portr. du comte de Villemanzy. - Petit Pal. - Pantheon, Kuppel. - Gal. Patrick de Bayser: Portr. de la maréchale Lefebvre. Rennes, MBA. Reuil-Malmaison, MN du Château de Malmaison et de Bois-Préau. Saint-Lo, MBA. Toulouse, Mus. des Augustins: L'Amour piqué par une abeille. Versailles, Château: Portr. de Jean Gros (die angebliche Bezeichnung "Gros. 1790" wurde bislang nicht festgestellt); Entrevue de Napoléon et François II; La Prise de Madrid; Portr. de la duchesse d'Angoulême; St Germain. Washington/D.C., NG of Art: Portr. du docteur Vignardone. - Zchngn: Los Angeles/Cal., J. Paul Getty Mus.: La Bataille d'Eylau, vorbereitende Studie. Paris, BN, Dép. des Estampes et de la Photogr.: Recueils Desjabin. - Louvre, Dép. des Arts graph.: 2 Alben mit Zchngn aus Italien (1793-1800); Portr. de Bonaparte; Bonaparte visitant les pestiférés de Jaffa, vorbereitende Skizze. - Coll. Prat: Les Pestiférés de Jaffa, Studie zur gesamten Komp. und Kopf im Profil. Rennes, MBA.: 1 Bl. mit einer Karikatur aus dem Album Drouais. Reuil-Malmaison, MN du Château de Malmaison et de Bois-Préau: Napoleón confiant son fils aux officiers de la Garde nationale. Rouen, MBA: Et. de jeune femme assise (Fond. Baderou). - Druckgraphik: Paris, BN, Dép. des Estampes et de la Photogr.: Bonaparte à la bataille d'Arcole, le 27 Brumaire an V, Rad. von G.Longhi nach G.

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB15, 1922

 

Weitere Lexika:

DA XIII, 1996

 

Gedruckte Nachweise:

Lettres impartiales sur les expos. de l'an XIII, P. 1804; Le flâneur au Salon ou M. Bonhomme, examen joyeux des tableaux mêlé de vaudevilles, P. 1806; La Lorgnette au Salon de 1806 par un amateur, P. 1806; Arlequin au Mus., ou critique en vaudeville des tableaux exposés au Salon, P. 1806; [A.-L. Girodet], La critique des critiques du Salon de 1806. Etrennes aux connaisseurs, P. 1807; P.J.-B. Chaussard, Le Pausanias franç., ou descr. du Salon de 1806, P. 1808; J.Le Breton, Rapport hist. sur l'état et les progrès des BA en France depuis 1789, P. 1808; F.Guizot, De l'état des BA en France et du Salon de 1810, P. 1810; Cat. des tableaux, esquisses, dessins et croquis de M. le Baron G., P. 1835; Vente après décès de ses livres et estampes, le 2 décembre 1835 à Paris, dans son atelier (Aukt.), P. 1835; J.-B. Delestre, G. et ses ouvrages, ou mém. hist. sur la vie et les travaux de ce célèbre artiste, P. 1845; 21867; E.Delacroix, Rev. des deux mondes v. 1.9.1848 (Nachdruck in: id., Œuvres litt., II, P. 1923); E.J. Delécluze, Louis David, son éc. et son temps, P. 1855; P. 21983; E.Chesneau, La peint. franç. au XIXe s. Les chefs d'éc., P. 1862; C.Blanc, Hist. des peintres de toutes les éc., III, P. 1863; E.Müntz, NAAF 1875, 443-448; J.Tripier Le Franc, ibid. 1876, 415-419; id., Hist. de la vie et de la mort du baron G., P. 1880; L.Rosenthal, La peint. romantique, P. 1900; G.Brière, BSHAF 1911, 209-216; H.Lemonnier, Institut de France. ABA, Bull. 1928(7)51-59; G.Barnaud/Y.Sjöberg, G., ses amis, ses élèves (K Petit Pal.), P. 1936; R.Escholier, Illustration 1936(4892; Sonder-Nr zur Ausst. im Petit Pal.); E.Schreyer, ArtQu 4:1941, 187-204; P.Ripert, Marseille, 3.Serie, 1954(24)3-16; J.Bouchot-Saupique, AAF 22:1959, 297-302; C.Aulanier, Hist. du pal. et du mus. du Louvre, VIII, P. 1961; J.Bialostocki, GBA, 6.Per., 64:1964, 363-372; N.Schlenoff, in: Essays in honor of Walter Friedlaender, N.Y. 1965, 152-164; T.B. Brumbaugh, GBA 71:1968(Febr.)123-126; J.Bottineau, BSHAF 1972(1973), 307-326; De David à Delacroix (K Grand Pal.), P. 1974; R.Herbert, in: The artist and the writer in France. Essays in honour of Jean Seznec, Ox. 1974, 52-75; C.W. Millard, Los Angeles County Mus. of Art bull. 22:1974(2)36-45; C.Sells, BurlMag 116:1974(Mai)268 s.; G.und J.Lacambre, Rev. du Louvre 25:1975(1)39-50; D.Ternois, ibid. 23-32; J.H. Rubin, ibid. (2)17-22; T.W. Gaehtgens, Bull. annuel du MBA du Canada 1978/79(2)62-78; J.H. Rubin, BurlMag 121:1979(920); P.Bordes, BSHAF 1979(1980)221-244; P.Néagu, ibid. 1978-80, 245 ss.; E.Lilley, GBA 107:1985(Nov.)143-156; N.Hubert, ibid. 108:1986, 23-30; A.Marchwinski, ibid. 109:1987, 62-75; C.B. Bailey, Les amours des dieux. La peint. mythologique de Watteau à David (K Wander-Ausst.), P. 1991, Nr 66, 433-438; A.Chevalier, Rev. du Louvre 44:1994(3)54-57; D.O'Brien, BurlMag 137:1995(1111)651-660; F.Arquié-Bruley, BSHAF 1995(1996), 165-186; M.V. Cresti, in: Scritti di archeologia e storia dell'arte in onore di Carlo Pietrangeli, ed. V.Casale u.a., R. 1996, 185-188, 357 ss. (Abb.); D.Tanyol, GBA 128:1996(1530/1531)51-62; C.Prendergast, Napoléon and hist. paint. A.-J. G.'s La Bataille d'Eylau, Ox./N.Y. 1997; T.Porterfield, The allure of Empire. Art in the service of French imperialism, 1798-1836, Pr. 1998; D.Tanyol, GBA 120:1998(Juli/Aug.)51-62; M.-C. Chaudonneret, L'Etat et les artistes. De la Restauration à la monarchie de Juillet (1815-1833), P. 1999; M.Gerstein, in: Dominique-Vivant Denon, l'œil de Napoléon (K Louvre), P. 1999, 321-341; D.Tanyol, Word and image 16:2000(Jan.-März)7-30; L.Pellicer, Liame. Bull. du Centre d'hist. mod. et contemp. de l'Europe méditerranéenne et de ses périphéries 7:2001, 9-110; D.G. Grigsby, Extremities. Paint. Empire in post-revolutionary France, New Haven/Lo. 2002; V.Bajou, in: ead./S.Lemeux-Fraitot, Inv. après décès de G. et de Girodet, P. 2002; A.Lafont, in: Genova e la Francia, ed. P.Boccardo u.a., Cinisello Balsamo 2003, 243-253; D.O'Brien, A.J.G., P. 2006; V.Bajou, in: Jean-Baptiste Wicar et son temps, 1762-1834 (Kolloquium), ed. M.T. Caracciolo/G.Toscano, Villeneuve d'Asq 2007, 409-426; V.Bajou, in: Fabre (Kolloquium Montpellier 2008; in Vorbereitung)

 


THIEME-BECKER

Artikel von: R. Graul

Gros, Antoine Jean, Historien- und Porträtmaler, geb. 16. 3. 1771 in Paris, †25. 6. 1835 in Bas-Meudon bei Paris. Der Vater Jean Antoine, der aus Toulouse stammte, und die Mutter Cécile-Madeleine, geb. Durand, die beide Miniaturen malten, gaben G. die erste Anleitung, und die Bildnismalerin Vigée-Lebrun nahm sich seiner um so mehr an, als sein Talent frühzeitig hervortrat. Ende 1785 trat G., der einige Jahre das Collège Mazarin besucht hatte, in die Lehre bei David und besuchte 1787 die École Royale des Beaux-Arts. Der Tod des Vaters (1789) und der Ausbruch der Revolution stellten den jungen G. auf eigene Füße. Er brachte sich und die Seinen mit Bildnismalen notdürftig durch. So hat er die Mitglieder der Nationalversammlung skizziert und Bildnisse von Mitschülern bei David, wie den 20jähr. Gérard (bei Baron Gérard, Paris) gemalt (vgl. Bull. de la Soc. de l'Hist. de l'art franç., 1911 p. 209/16). Gleichzeitig versuchte er sich in mythologischen Schilderungen, wie sie die Schule Davids verbreitete, und malte die Schäfer Arkadiens und Badende (Mus. Besançon). In der Konkurrenz um den Rompreis 1792 (Antiochus und Ele-zar, Mus. Saint-Ló) unterlag er gegen Landon. Aus Furcht vor einer Denunziation als Vaterlandsfeind floh G. Anfang 1793 nach Italien und gelangte dank der Protektion Davids nach Genua, dann nach Florenz und wieder zurück nach Genua, wo ihn besonders die flämischen Großmeister und Puget interessiert haben. Mit Bildnissen und kleinen Miniaturölbildern beschäftigt, zog er die Aufmerksamkeit der Frau des französ. Gesandten Faypoult in Genua auf sich, die ihn 1796 der Gattin Bonapartes empfahl. In Mailand brachte ihn Josephine mit Napoleon zusammen, der G. eine Sitzung gewährte. G. erwarb sich durch die feurige Schilderung Napoleons in der Schlacht bei Arcole die Gunst Napoleons für das Leben. In der Folge wurde G., der als Leutnant dem Stabe zugeteilt war, zum Inspektor der militärischen Revuen ernannt und 1797 der Kommission beigeordnet, die die ital. Kriegsbeute an Kunstwerken auszuwählen hatte. In dieser Stellung war G. in Perugia, Modena, Bologna tätig, hielt sich 1797 auch einige Monate in Rom auf, bis er wieder als "Inspektor" nach Mailand zurückkehrte und Bildnisse sowie mythologische und romantische Vorwürfe bearbeitete (Alexander, der den Bukephalos bändigt, Timoleon von Korinth u. Tiphanes 1798, Ossian, Sappho). Die Kriegsereignisse in Italien veranlaßten ihn 1799 zur Rückkehr: mit knapper Not entkam er aus dem blockierten Genua nach Antibes und dann nach Marseille. Anfang 1801 war er wieder in Paris und widmete sich ganz der Verherrlichung Napoleons und seiner Generale. Aus einer Konkurrenz um ein großes Bild der Schlacht bei Nazareth, in der Junot mit einer kleinen Truppe überlegene feindl. Massen schlug, ging G. als Sieger hervor (Olskizze Mus. Nantes), aber die Ausführung des Werkes mußte unterbleiben, weil Napoleon eine solche Verherrlichung eines seiner Generale nicht litt. Mit dieser Skizze hatte der Dreißigjährige sein besonderes Talent für eine wirkungsvolle realistische Schlachtenmalerei großen Stils bewiesen. - Keiner der Schüler Davids ist ihm darin überlegen. Ein Meisterwerk schuf G. mit der Schilderung der Pestkranken von Jaffa, das 1804 helle Begeisterung weckte und noch heute im Louvre (obwohl stark nachgedunkelt) auffällt durch die Lebendigkeit der Komposition und durch einen durch das Kolorit gehobenen Realismus. 1806 tritt er mit der Schlacht bei Abukir hervor (Versailles) und 1808 erreicht er mit seinem besten Schlachtenbild, dem Schlachtfeld von Eylau (Louvre) die Höhe seiner künstler. Laufbahn. G. wußte in diesem Werke der öden Winterlandschaft Stimmungsgehalt zu geben und in der Schilderung der einzelnen Gruppen Heroismus und Mitgefühl auszudrücken. Die koloristische Kraft dieser Werke, die kein geringerer als Delacroix dankbar anerkannte, der Schwung und die lebendige Bewegung der Schildereien offenbaren die besondere, mehr zu romantischer als zu klassischer Auffassung neigende Veranlagung Gros'. Aber aus einer gewissen Willensschwäche ordnete er sich mehr und mehr dem strengen Formalismus der Schule Davids unter, der den Schüler noch von Brüssel aus, wo er im Exil lebte, tyrannisierte. Die Einnahme von Madrid (1809, Versailles), selbst Napoleon an den Pyramiden, die Schlacht von Wagram (1810 Skizze), die Zusammenkunft Napoleons mit dem Kaiser von Österreich nach der Schlacht von Austerlitz (1812) - alle diese großen Historienbilder kommen den älteren nicht gleich, sie zeigen in der Erfindung und Durchführung eine zunehmende Schwäche. Ein Bild, das eine reichere koloristische Entfaltung zuließ, die Schilderung, wie König Franz 1. Karl V. die Königsgräber von St. Denis zeigt (1812, Louvre), hielt G. zwar selbst für sein "bouquet", aber die zeitgenössische Kritik setzte ihm empfindlich zu. Weit ansprechender sind seine Bildnisse, wie die des Generals Lasalle (1806), des Generals Duroc (Versailles No 4719; Replik im Mus. zu Nancy), des Königs Murat zu Pferde, des Marschalls Poniatowski, des Chemikers Chaptal, die Reiterbildnisse Jeróme's Napoléon und seiner Gemahlin (Versailles; Abb. in Les Arts, 1906 No 57 p. 8/9) u. a. m. Hier offenbart G. sichere Charakteristik, lebendige Auffassung und Reichtum des Kolorits. Der Zusammenbruch des Kaiserreichs entzog G. den Boden für seine patriotisch heroisierende Historienmalerei. Die Restauration gab ihm keinen Ersatz. Die nächtliche Abreise Ludwigs XVIII. aus den Tuilerien (1817, Versailles), die Einschiffung der Herzogin von Angouléme zu Pauillac (1819, Bordeaux) sind Aufgaben, die G. mit ermatteter Phantasie zu lösen sucht. Gerade in dieser kritischen Zeit drängt ihn David, von den realistischen "Gelegenheitsbildern" abzulassen und lockt ihn wieder auf die Pfade der klassischen Malerei. Jahrelang war G. mit der ihm 1811 übertragenen Ausmalung der Kuppel des Pariser Panthéon beschäftigt. Nach mehrfachen, durch die wechselnden politischen Ereignisse bedingten Änderungen, wurde das große Werk 1824 fertig. Das Deckenbild schildert die Huldigung Frankreichs durch Gruppen historischer und allegorischer Gestalten - es ist Gros' letzter künstler. Erfolg gewesen, und es gab den Nachfolgenden nach langer Vernachlässigung der Monumentalmalerei eine neue Anregung. Weniger gut fielen die Deckengemälde für den Louvre aus (1827/31, trockene Allegorien zum Preise französischen Ruhms und französ. Kulturpflege). G., den Karl X. zum Baron erhoben hatte, wurde von der romantischen Idealen zustrebenden jungen Kritik immer heftiger angegriffen, weder seine Bildnisse wie das Reiterbildnis Karls X. (1829), noch die klassizierenden Bilder: David und Saul, Bacchus und Ariadne, Acis und Galathea, Herakles und Diomedes fanden Gnade. G. nahm sich diesen Umschlag der öffentlichen Meinung so zu Herzen, daß er in der Nacht des 25. Juni 1835 bei Bas-Meudon in die Seine ging. - In der Zeit seines Ruhmes strömten G. eine Menge Schüler zu (Verzeichnis bei Tripier le Franc und Dargenty), aber mehr durch sein Beispiel als durch seine Lehre hat er auf die jüngere Generation gewirkt. Seine Bedeutung für die französ. Malerei des 19. Jahrh. liegt darin, daß er dem zeitgenössischen Kriegsleben mit starker realistischer Anschauung trotz allem Pathos Eingang in die Historienmalerei schaffte. Der Einfluß seines Lehrers LouisDavid hat die freie Entfaltung seiner künstlerischen Kraft unterbunden, dennoch vermochten seine Hauptwerke sowohl die nachfolgenden Kriegsmaler wie auch die Orientmaler mannigfach anzuregen. - G. war am 1. 3. 1833 zum Mitglied der Berliner Akad. gewählt worden. Verheiratet war er seit 1809 mit der Malerin Augustine Dufresne (Sarazin de Belmont, Notes sur Mme Aug. Dufresne, 1842). Ein Selbstbildnis aus der ital. Zeit im Mus. Versailles (Soulié No 4786), ein Bildnis Gros', von der Hand Gérard's, um 1790 gemalt, ebendort (No 4643), Wiederholung im Mus. zu Toulouse. J.-B. Delestre, Gros, sa vie et ses ouvrages, 1895, 2e éd. 1869. - J. Tripier Le Franc, Hist. de la vie et de la mort du baron Gros, 1880. - Ernest Chesneau, Les chefs d'école, 3 e éd. 1883 p. 59ff. - Rich. Grau Iin Dohmés Kunstu. Künstler, 19. Jahrh., IV 2. Bd, No 12, Leipz. 1886. - G. Dargenty, Le baron G., 1887 (Coll. "Les artistes célèbres"); ders., Les chefs-d'oeuvre de G., in L'Art, XLI (1886) 121/9. - Deiécluze, Louis David, son école et son temps, 1855 p. 287-301. - Collow in Schorns Kunstblatt, 1835 p. 294ff. (Nekrolog). - Jul. Meyer, Gesch. d. mod. franz. Mal., Lpzg 1867 p. 109122. - Ch. Blanc, Hist. d. Peintres franç. au 19me siée., 1845 p. 317-402; ders., Hist. des peintres de toutes les écoles, Ecole franç., III (1865). - Eug. Delacroix in Revue des Deux Mondes, 1848 (auch Separatdruck). - F r. Benoit, L'art franç. sous la révol. et l'empire, 1897 p. 348 f. - Ph. de Chennevières in Gaz. des Beaux-Arts, 1881 I 168ff. (Deckenmalereien im Panthéon); cf. ebenda 1895 11 335 f. (Bildnis MØe Lucien Bonaparte). - Henry Lemonnier, Gros (Coll. "Les grands artistes"), 1905. - Bénézit, Dict. d. peintres etc., II (1913), mit Liste der Museumsbilder. - Soubies, Membres de l'Acad. d. B.-Arts, I (1909) 113/28. - Nouv. Arch. de l'art franç., III (1875) 445f., 457 (Briefe); IV 415119 (Bericht über die Auffindung der Leiche); VI (1878) 343/79 (Fillon u. J. J. Guiffrey, Docum. inéd. sur sa vie et s. oeuvres); 3 Ne sér., II (1886) 78 (lkonograph.); III (1887) s. Reg.; XVI (1900). - L'Art, XLI (1886) 121/9 (Dargenty, Les chefs-d'oeuvre de G.); XLVII (1889) 100102 (A. Hustin); LV (1893) 272ff.; LIX (1894) 373/81 (Dargenty, G. et la Bataille des Pyramides). - Bull. de la Soc. de l'Hist. de l'art franç., 1911 p. 209-16 (Note sur des Portraits de G., Girodet et Gérard); 1913 p. 130 f. (Ergänzungen zum Katal. d. Ausst.: David et ses Elèves). - Trésors d'Art en Russie, 1907 p. 68 II. u. Taf. 45 (Reiterbildnis Fürst Yussupoff in Sig. Yussupoff, St. Petersbg). - Kataloge: Gal. hister. Versailles, 1842 No 158, 763, 780, 785, 934, 965, 997, 1099, 1118; Sou INot. du Musée imp. de Versailles, 1859/61; Nolhacu. Pératé, Musée Nat. de Versailles, 1896; Expos. David et ses Eleves, Paris 1913 p. 46ff., 78 (cf. Les Arts, 1913 No 142 p. 8, 12, 14 [Abbild.]). - Inv. gén. d. Rich. d'art de la France, Paris, Mon. civ., I - III; Prov., Mon. civ., 1 - III, V, VI, VIII. - Guiffrey u. Marcel, Inv. gén. d. dessins du Musée du Louvre, VI (1911). - Mir eu r, Dict. d. Ventes d'art, III (1911). - Unkritische Verzeichnisse seiner Malereien und Zeichnungen bei Blanc, Tripier le Franc und Dargenty, der wenigen Lithographien bei Béraldi, Grav. du 19 me sièc., VII (1888). - Die Hauptbilder Gros' sind gestochen worden von Longhi (Arcole), Quéverdo u. Jazet (die Pestkranken), Langier, Quéverdo und Pigeot (Eylau), Vallot, Frilley und Oortman (Pyramidenschlacht), Forster (Franz I. und Karl V.).