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Gogh, Vincent van

Geboren
Zundert (Noord-Brabant), 30. März 1853
Gestorben
Auvers-sur-Oise (Seine-et-Oise), 29. Juli 1890
Land
Niederlande, Frankreich
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Gogh, Vincent van; Van Gogh, Vincent; Gogh, Vincent Willem van; Gogh, Vincent Wilhelm van
Berufe
Maler*in; Grafiker*in; Zeichner*in; Lithograf*in; Radierer*in; Kunsthändler; Missionar
Wirkungsorte
Zundert (Noord-Brabant), Etten (Noord-Brabant), Nuenen (Noord-Brabant), Paris, Asnières (Seine), Arles (Bouches-du-Rhône), St-Rémy (Vienne), Auvers-sur-Oise (Seine-et-Oise), Den Haag, London, Brüssel, Antwerpen
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Von
Tilborgh, Louis van
Zuletzt geändert
30.08.2024
Veröffentlicht in
AKL LVII, 2008, 164; ThB XIV, 1921, 330 ss

VITAZEILE

Gogh, Vincent (Vincent Willem) van, niederl. Maler, Zeichner, *30.3.1853 Zundert, †29.7.1890 Auvers-sur-Oise.

LEBEN UND WIRKEN

Noch bevor G. zur Malerei fand, fühlte er sich zum Glauben berufen. Vermutlich auf Anregung der Schriften von Thomas Carlyle, Sartor Resartus, 1833/34, betrachtete G. bereits frühzeitig das Leben als eine Bildungsgeschichte und ließ sich auf der Suche nach persönlichen Impulsen eher von der Lit. als von seinem Umfeld leiten. Dabei bemühte er sich bes. um eine persönliche Entwicklung und ein ihm angemessenes, erfülltes Leben, in dem er durchaus mit Notlagen rechnete. Diese Grundeinstellung prägte seinen Werdegang. V.a. in jungen Jahren manövrierte er sich mit seinem unbequemen Char. häufig in Situationen, in denen Streit und Rückschläge unvermeidlich waren. Nach eig. Angaben war G. als Kind "ganz passiv und ganz sanft und still" [467/378; Angaben nach den Briefausgaben von 1990 und 1952-53], entwickelte sich aber nach dem 20. Lebensjahr zu "dem sich quälenden und streitenden, fanatisch-düsteren Vincent, der so häufig aufbrausend und heftig sein konnte", wie sein Freund Anton Gerhard Alexander van Rappard nach G.s Tod schrieb (Pickvance, 1992, 102). Er war sich zwar bewusst, dass es klüger sei, "etwas mehr Geduld zu haben", doch "solche Unklugheiten" seien ihm nun mal eigen [154/133]. Im Umgang mit and. ordnete G. alles seinen Ideen unter, wobei diese Getriebenheit ihn mehr behinderte als ihm bewusst war. Zwar konnte G. abweichende Meinungen nicht akzeptieren, hingegen alle Missgeschicke meist ohne Selbstmitleid erdulden. Im Gegensatz zu späteren Jahren verbrachte er seine Jugend, als ältester Sohn einer protestantischen Pfarrersfamilie mit zwei Brüdern und drei Schwestern, eher unbekümmert. Der Vater war als Pfarrer in das vorwiegend kath. Zundert berufen worden, ein kleines, idyllisches Dorf auf dem flachen Land in Brabant. Mit elf Jahren besuchte G. ein Internat im nahe gelegenen Zevenbergen, wechselte 1866 auf die Höhere Bürgerschule nach Tilburg und kehrte A. 1868 für ein Jahr nach Zundert zurück. Aufgrund eines herrschenden Überangebotes an Pfarrern wollte sein Vater ihn nicht in seine Fußstapfen treten lassen, sondern in die seines Bruders Vincent, eines erfolgreichen Kunsthändlers. So begann G. als jüngster Angestellter im Alter von sechzehn Jahren seinen Dienst in der Den Haager Niederlassung der frz. Kunsthandlung Goupil & Cie., frühere Teilhaber seines Onkels, für die auch G.s jüngerer Bruder Theo (*1.5.1857) im selben Alter zu arbeiten anfing. G. wurde befördert und 1873 in die Filiale nach London versetzt. In Folge einer unglücklichen, unerklärten Liebe las er als praktische Anleitung "über körperliche und sittliche Zustände" [181/157] das Buch L'amour des frz. Historikers und Philosophen Jules Michelet (1859). Dessen humanistische Auffassung und Ablehnung kirchlicher Autoritäten wurden für G. "eine Offenbarung [...] und zugleich ein Evangelium" [27/20]. Später schickte Goupil ihn nach Paris, wo er ganz in den Bann der Religion sowie des Buches La vie de Jésu des frz. Kirchenhistorikers und Philosophen Ernest Renan geriet. G. nahm aus eig. Antrieb Abstand von früheren, ihn inspirierenden Schriften und wurde "benommen vor Frömmigkeit", wie seine Schwester Elisabeth schrieb (Hulsker, 1990, 24). Auch verlor G. das Interesse am Kunsthandel und wurde A. 1876 entlassen. Er war dann unbezahlt als Hilfslehrer tätig und kehrte wegen schlechter Aussichten E. 1876 in die Niederlande zurück, um Pfarrer zu werden. Für die Zulassung zur Univ. fehlte ihm jedoch der nötige Schulabschluss. Obwohl sein Fanatismus und sein Verhalten besorgniserregend erschienen - das Lieblingsbuch jener Tage war die Thomas Kempis zugeschr. Imitatio Christi -, ermöglichten G.s Eltern in Amsterdam den Privatunterricht zum Erwerb der erforderlichen Zeugnisse. Da er aber den Unterricht nicht fortsetzte, arbeitete er nach einer kurzen, durch Vermittlung des Vaters in Brüssel zustandegekommenen Ausb. als Prediger in der Borinage, einem Bergbaurevier im südl. Belgien. Beeinflusst u.a. durch G.Eliot, Scenes of clerical life, identifizierte er sich dort bes. mit den Arbeitern. Als G. seine klerikalen Aufgaben vernachlässigte, wurde die Anstellung 1879 nicht verlängert. In den Augen der Eltern war er nunmehr sozial verloren, auch erwog der Vater, in einem unbedachten Augenblick, seinen Sohn in eine psychiatrische Einrichtung zu bringen, was G. ihm niemals verzieh. Später behauptete er, dass er damals "hätte verliebt sein müssen", jedoch anstelle dessen sich in "relig. und sozialistische Dinge" vertiefte [576/W1]. Im Sommer 1880 fällt G. unerwartet den Entschluss Künstler zu werden. Ungeachtet der im Kunsthandel entwickelten Passion für die Malerei und Zeichenkunst und der Gewohnheit, ständig und überall zu zeichnen, war er nicht von selbst auf den Gedanken gekommen. Sein Bruder Theo hatte ihm das Künstlertum suggeriert, neben and. Berufen wie "Lithograph von Briefen und Visitenkarten oder Buchhalter oder Lehrjunge" [153/132]. Anfänglich noch skeptisch, beschloss er nach der Lektüre "eines leicht faßlichen Buches über die Perspektive", vermutlich Armand Cassagne, Guide de l'alphabet du dessin ..., P. 1880, die Anregung aufzugreifen [213/184]. G. begann nach Zeichenvorlagen von Charles Brague, Exercises au fusain bzw. Cours de dessin sowie nach Drucken des Werkes von Jean François Millet zu kopieren. Auf Anraten des niederl. Landschaftmalers Willem Roelofs schrieb er sich im Herbst 1880 in der Acad.R. des BA in Brüssel ein, hat dort aber vermutlich nie bzw. kaum studiert. Bek. ist lediglich, dass er ab diesem Zeitpunkt das Selbststudium pries und künftig mit Verachtung über den akad. Unterricht schreiben sollte, da dieser den Verlust der Authentizität mit sich brächte. G. streifte das Thema v.a. in der Korrespondenz mit Rappard, dem er damals in Brüssel begegnet war. A. 1881 setzte G. das selbstständige Stud. im Elternhaus in Etten fort, wohin der Vater als Pfarrer versetzt worden war. Im Sommer desselben Jahres, als keine Kopien bzw. selbstständigen Zchngn nach Modellen oder der Brabanter Lsch. mehr entstanden, hatte sich G. in seine Kusine Kee Vos-Stricker, eine 36jährige Witwe, verliebt. Obwohl sie ihn abwies, blieb er hartnäckig und kompromittierte damit seine Eltern und die restliche Familie. E. 1881 verwies sein Vater ihn des Hauses, und G. übersiedelte nach Den Haag, wo er kurz zuvor einige Malstunden bei seinem angeheirateten Vetter, Anton Mauve, genommen hatte. Als G. mit einem seiner Zeichenmodelle, Sien Hoornik, einer 32jährigen ehem. Prostituierten, Mutter eines Kindes und erneut schwanger, zusammenzog, kehrte auch Mauve sich von ihm ab. G. beabsichtigte sogar, sie zu heiraten, wurde jedoch durch Theo von diesem spontanen Plan abgehalten. Ab diesem Zeitpunkt überließen die Eltern die finanzielle Fürsorge für ihren ältesten Sohn gänzlich G.s Bruder Theo, der inzwischen zum Geschäftsführer einer im Montmartre gelegenen Filiale des Pariser Kunsthandels Boussod, Valadon & Cie., ehem. Goupil & Cie., avanciert war. Theo sollte G. lebenslang unterstützen, weswegen G. die entstandenen Kunstwerke als Resultat eines gemeinschaftlichen Unternehmens betrachtete. G.s Aussichten auf wirtschaftlichen Erfolg und finanzielle Selbstständigkeit erschienen zunächst gering, wenngleich sein Onkel Cor, ebenfalls Kunsthändler, ihm 1882 den Auftrag für einige gezeichnete Ansichten von Den Haag erteilte. Unterdessen machte G. als Künstler außergewöhnlich schnelle Fortschritte. Neben Stadt- und Strandansichten gestaltete er zahlr. Figurenstudien, u.a. von Sien Hoornik und ihrer Fam. sowie Bewohnern eines Altersheimes. In den zumeist ehrgeizigen, aufgrund seiner selbstständigen Studien höchst ungewöhnlichen Zchngn folgte G., viell. unter Einfluss der Romane von Emile Zola, die er zuvor für sich entdeckt hatte, der städt. Ikonogr. der Realisten. G. unterschied sich von den zeitgen. Künstlern durch eine ungehobelt-rauhe Form, die nicht losgelöst von seiner intuitiven, im Kern expressiven Kunsttheorie gesehen werden kann. Lt. eig. Aussage strebte er nicht eine korrekte, vorurteilsfreie Wiedergabe der Natur an, sondern vielmehr den Ausdruck eines "aufrichtigen menschlichen Gefühls" [374/309]. Es sollte sichtbar werden, dass ein Kunstwerk "mit Willen, mit Gefühl, mit Leidenschaft und Liebe" geschaffen worden war [522/418], weswegen er keinen bes. Wert auf akad. Richtigkeit legte. Zwar wollte G. die Illusion der Wirklichkeit so überzeugend wie möglich darstellen, konnte darin aber kein Ziel an sich erkennen. Demnach lieferte er "stets Arbeiten [...], in denen man [...] Fehler aufzeigen kann", da es seiner Meinung nach erforderlich sei, dass Gem. und Zchngn "ein gewisses eigenes Leben und eine raison d'être" haben, "die von größerem Gewicht seien als ihre Fehler" [529/R57]. "Ein gewisses eigenes Leben und eine raison d'être" hoffte G. durch die so direkt wie mögliche, beinahe karge Wiedergabe der Natur zu erreichen, stets verbunden mit kraftvollem, seinem Temperament entsprechendem Ausdruck. So soll sich seine Kunst neben "Wahrheit [...], Treue und Ehrlichkeit" auch durch "männliche Kraft" [333/R32] auszeichnen. Er wollte nicht "vorsichtig und sanft" [356/R37] zeichnen, vielmehr war G. auf der Suche nach rüden, markigen Effekten, wie in einer "unrasierten Rad." [216/187], weshalb er ungeschliffene Zimmermannsbleistifte vor "Faber B, BB, BBB usw. usw." [221/195], rauhes vor glattem Papier sowie die Feder vor dem Pinsel bevorzugte. Mittlerweile sammelte G. passioniert robust-charaktervolle (Holz-)Stiche, v.a. aus der engl. Zs. The Graphic, nach deren Vorbild er versuchsweise arbeitete. Auch begann G. damals erste, noch unausgereifte Ansichten über Kunst und Künstlerschaft zu formulieren. In diesem Zusammenhang war für ihn v.a. die Lektüre der Biogr. Millets von Alfred Sensier, La vie et l'œuvre de Jean-François Millet, P. 1881, prägend, wobei er sich stark mit dem dort dargelegten, romantisierenden Bild des frz. Künstlers identifizierte und in ihm "in allem eine[n] Berater und Führer" erkannte [496/400]. E. 1883 löste G. seine mittlerweile problematische Beziehung zu Sien Hoornik und reiste anschließend in die damals noch unberührte Drenthe, wo ihm die tatsächliche Bedeutsamkeit des stets auf dem Land lebenden Millet bes. deutlich wurde. "Man darf kein Stadtmensch, sondern ein Naturmensch sein, auch wenn man noch so gebildet ist" [398/493]. Um Geld zu sparen, übersiedelte er E. 1883 wieder zu seinen mittlerweile in Nuenen lebenden Eltern. In dem Brabanter Dorf wollte G. die Trad. und das vom Fortschritt unverfälschte Landleben studieren. Bes. war er von den örtlichen Webern, der alten Kirche mit Friedhof und den alten riedgedeckten Arbeiterhütten aus Lehm entzückt. A. 1884 fertigte G. sechs große, außergewöhnliche Federzeichnungen mit ländlichen Motiven (u.a. Amsterdam, Van Gogh Mus.), wobei ihm hier erstmals die Verbindung "männlicher Kraft" mit "Wahrheit [...], Treue und Ehrlichkeit" glückte, ohne jedoch die erhoffte Anerkennung dafür zu erhalten [333/R32]. Theo vertrat weiterhin die Meinung, dass G.s Arbeiten unverkäuflich seien, und wollte, zu G.s großem Verdruss, nicht als dessen Vertreter tätig werden. G. schloss daraus, dass die "Gewehrläufe gegeneinander" wiesen [465/380], was bis A. 1885 auch tatsächlich der Fall war, als Theo versprach, G.s Arbeiten anderen, befreundeten Händlern zu zeigen, und G. daraufhin begann, Gem. und Zchngn nach Paris zu schicken. Inzwischen hatte sich G.s Malerei deutlich weiterentwickelt. Anfänglich rang er mit Farben, Tönen und Clair-obscur, fand jedoch zahlr. Hilfestellungen in versch. Schriften über ältere Kunst, die sich bes. mit Maltechniken befassten: Eugène Fromentin, Les maîtres d'autrefois, P. 1876; Charles Blancs, Les artistes de mon temps, 1876; Grammaire des arts du dessin, 1867. In den zuletzt gen. beiden Publ. wurde die mod., wiss. Farbentheorie an Hand des Œuvres von Eugène Delacroix erläutert, was G. zumeist intuitiv adaptierte, dann jedoch systematisch in dem ambitionierten Werk der Kartoffelesser (Amsterdam, Van Gogh Mus.) umsetzte, wobei er auch in den Schattenpartien Farben einsetzte. G. suchte damals übereinstimmend mit der Schule von Barbizon nach einem dunklen und zugleich kräftigen Kolorit. Durch Theos Berichte über die Anfänge der Impressionisten, von denen sich G. kein positives Bild machte, und aufgrund der Kritik aus Paris am Hw. der Kartoffelesser entstanden bei ihm starke Zweifel am wirtschaftlichen Erfolg eines dunklen, farbarmen Malstils. Daher erwog G., in "lichteren Tönen" zu malen [509/410], wozu er aber maltechnisch vorerst nicht in der Lage war. Unter Weiterentwicklung seiner Fertigkeiten begann G. im Herbst die Palette, wie er schreibt, "aufzutauen" [540/429]. Dieser Moment markiert die Geburt G.s als elementaren Koloristen, der damit endgültig vom ehem. Streben nach Farbharmonie, entsprechend der Schule von Den Haag und Camille Corot, Abstand nahm. Seine Lebensumstände waren zu diesem Zeitpunkt weniger gut. E. März 1885 war G.s Vater gestorben, woraufhin seine älteste Schwester Anna ihn bat, das Elternhaus zu verlassen. Anschließend wohnte G. im ebenfalls in Nuenen gelegenen Atelier und erkannte zunehmend die Notwendigkeit, nicht nur durch Theo, vielmehr auch durch Eigeninitiative Käufer für seine Kunst zu finden. E. 1885 verließ er das Dorf mit "großem Bedauern", wie G. später schreibt [855/626], und ging nach Antwerpen, wo er sich auf dem Kunstmarkt präsentieren und populären, gut verkäuflichen Motiven zuwenden wollte, neben Blumenstillleben v.a. Stadtansichten und Bildnissen. In Antwerpen erhielt er jedoch keinen einzigen Porträtauftrag. Einen Monat später schrieb er sich in der örtlichen Akad. ein, womit er seine alte, vorherrschende Ablehnung der "Gipszeichner" überwand [533/R58]. G. hatte keine Sorge mehr, seine Authentizität einzubüßen, da er durch frühere Studien "doch stets mit [...] eig. Augen sehen und die Dinge auf [seine] Art anpacken" konnte [545/434]. Entgegen dem ersten Plan, im Frühjahr 1886 nach Brabant zurückzukehren, reiste er E. Febr. nach Paris zu seinem Bruder, um im Atelier von Fernand Cormon das akad. Stud. fortzusetzen. G. fand den dort erteilten Zeichenunterricht schließlich "nicht [...] so förderlich, wie ich gehofft hatte" [572/459a], da er zu weit vom eig., bereits sehr persönlichen Zeichenstil entfernt war und verließ daraufhin A. Juni den Unterricht. Da er keine Aufträge für Porträts erhielt, konzentrierte sich G. nunmehr meist auf die and. Genres, die den finanziellen Erfolg bringen sollten: Ansichten populärer Plätze in und im Umkreis der Stadt sowie Blumenstillleben. G. malte in der Art von Stanislas Lépine mehrere Ansichten des ländlichen Montmartre, v.a. aber Blumenstücke. Er verkaufte jedoch, soweit bek. ist, kein Werk und betrachtete die Arbeiten v.a. als Übungen für ein deutlich ausgeprägteres Kolorit, wobei G. einiges dem Vorbild des bereits verstorbenen Malers Adolphe Monticelli abgewann. Er erkannte im Œuvre dieses provenzalischen Koloristen sowohl hinsichtlich Farbgebung als auch Pinselführung das Ideal einer ungehobelten, "männlichen" Kunstauffassung wieder. Wenngleich G. mittlerweile sowohl vom Impressionismus als auch Neo-Impressionismus mehrere Beispiele gesehen hatte, waren für ihn zu jenem Zeitpunkt beide Stilrichtungen zu weit von den eig. Vorstellungen entfernt. G. zählte sich selbst zur Trad. der Koloristen der ersten H. des 19.Jh. und fühlte sich Peter Paul Rubens, Delacroix, Jules Dupré und Monticelli näher als Claude Monet und Edgar Degas. Für Letzteren hatte er viel Bewunderung übrig, was vermutlich auch Theos Einschätzung widerspiegelte. So schreibt G. über die Impressionisten an einen engl., in Antwerpen lebenden Kollegen: Das "kann ich Ihnen versichern, daß weder Ihre Farbe noch meine, wie sie sich jetzt entwickelt, genau dasselbe ist wie ihre Theorien" [572/459a]. Obwohl es ihm im Sommer 1886 glückte, Arbeiten bei mehreren kleinen Händlern unterzubringen und darüber hinaus mit einigen ausländischen Kollegen, die er bei Cormon traf, zu verhandeln, war seine Situation in Paris zum Jahresende wenig befriedigend. In Übereinstimmung mit dem Bruder erwog G. selbst, A. 1887 nach Südfrankreich zu reisen, womit er vermutlich in die Fußspuren Monticellis treten wollte. Doch änderten sich Winter 1886/87 seine Lebensumstände, als G. eine Verbindung mit Agostina Segatori, einem ehem. Malermodell, einging und seine Werke in ihrem bescheidenen Café Le tambourin zur Dekoration aufhängen durfte, wofür er v.a. Blumenstücke auswählte. Zugleich freundete sich G. mit zwei jungen frz. Künstlern an: Henri de Toulouse-Lautrec und Emile Henri Bernard, beides Mitschüler bei Cormon. Sie folgten damals dem Neo-Impressionismus, lösten Formen in kleinere Segmente (Punkte, Streifen) auf und verwendeten kontrastreiche Töne, was G. von ihnen übernahm. Nach dem Vorbild von Toulouse-Lautrec begann G. ebenfalls, mit stark verdünnten Farben zu malen und wählte neue, wesentlich farbintensivere Pigmente. Bereits zuvor zeigte sich daneben der Einfluss jap. Grafik, die er mittlerweile in großem Umfang sammelte. Nach dem Besuch der Frühjahrs-Ausst. der Indépendants, wo die Neo-Impressionisten zahlr. vertreten waren, verließ G. das Vorbild Toulouse-Lautrecs und arbeitete, inspiriert durch Paul Signac, mit größeren Tupfen. Bald ging er zum Gebrauch längerer Farbstriche über, wie z.B. in den Studien aus Asnières, einer ländlichen Vorstadt von Paris, wo G. seit Frühjahr 1887 arbeitete. Er krönte seinen freien, auf dem Neo-Impressionismus basierenden Malstil im August mit zwei außergewöhnlich großen Ansichten des Hügels des Montmarte (Amsterdam, Van Gogh Mus. und Sted.Mus.). G. kehrte sich danach abrupt von der Freilichtmalerei ab und gestaltete nur noch Stillleben und (Selbst-)Porträts, wo er ungewohnt stark stilisierte Formen und anstelle intensivem Lichts grelle Farben bevorzugte. Darin wirkte die erst kurz zuvor stattgefundene Zusammenarbeit mit Bernard nach, der dem Neo-Impressionismus abgeschworen hatte und unter Einfluss der jap. Druckkunst mit dem "Vereinfachen der Farbe mittels ganzer, aufeinander abgestimmter Töne im Einklang mit einem Farbsystem fast ohne Tiefenwirkung" experimentierte (Emile Bernard, Propos sur l'art, I, P. 1994, 133). Louis Anquetin wandte sich damals ebenfalls dieser Malweise zu. Ein Jahr später wurde das gemeinschaftliche Streben vom Kritiker Dujardin als "cloisonisme" bezeichnet. Anders als Bernard löste sich G. nicht vom Neo-Impressionismus, suchte aber dennoch stets nach schlichten, kräftigen Farben und einem dekorativen Ansatz, in Verbindung mit malerischen Pinselstrichen, wie u.a. in der ungewöhnlichen Kopie nach einem Hschn. von Hiroshige Der Pflaumenbaumgarten bei Kameido (Amsterdam, Van Gogh Mus.). Die Großstadtatmosphäre begann ihn zunehmend zu belasten, obwohl er von Paris als einer "Brutstätte" künstlerischer Ideen profitierte und zum Jahresende selbst eine Ausst. seines Werkes und seiner Künstlerfreunde organisierte. G. vermisste die ländliche Ruhe und hasste das Treppensteigen sowie "dieses ekelhafte Fett der Beefsteaks " [630/B7]. Animiert von der damaligen Sehnsucht der Avantgarde nach primitiven Ursprüngen, folgerte er: "und da sollte man nicht nach Japan gehen, d.h. die Gegend, die ein guter Ersatz für Japan ist, in den Süden?" [623/500]. A. 1888 fuhr G. nach Arles, gedacht zunächst nur als ein Zwischenhalt auf dem Weg nach Marseille, wo sich für ihn dann allerdings der "jap. Traum" erfüllte [611/487]. Anders als in Holland wurde in dieser Zeit G.s künstlerische Tätigkeit von seinem Bruder und ihm als ein gemeinschaftliches Unternehmen erfahren. Auslöser war Theos 1887 erhaltene Zustimmung seitens der Geschäftsinhaber, die Filiale auch auf die frz. Avantgarde auszurichten. Indem die Brüder nunmehr der gleichen Mission folgten, hielten sie im gegenseitigen Interesse Kontakt mit maßgebenden und im Kommen begriffenen Künstlern der frz. Avantgarde, bes. zu Paul Gauguin, der E. 1887 Gem. mit G. tauschte sowie Arbeiten in Theos Filiale ausstellte. Als G. nach Arles ging, geschah dies in der Erwartung, dort noch intensiver als zuvor Anschluss an die jüngste Pariser Avantgarde zu finden. Demzufolge stattete Theo seinen Bruder auch mit mehr Geld als in der Vergangenheit aus und versprach, künftig das Malmaterial in Paris zu bestellen und zu bezahlen. Bald nach der Ankunft in Arles begann G. im Geist jap. Künstler zu zeichnen. Dem Werk von Hokusai entlehnte er nicht nur ein neues Vokabular, bestehend aus Strichelchen, Linien und Punkten, sondern auch die zurückhaltende Art und Weise ihres Einsatzes. G. glaubte damit im Stil jap. Künstler zu arbeiten: "Der Japaner zeichnet schnell, wie der Blitz, denn seine Nerven sind feiner, sein Empfinden ist schlichter" [623/500]. Die fiktive Wahrnehmung der Provence als das Land Japan förderte ungeahnte Kräfte in ihm, wie er es auch formulierte. "Du würdest nach einer Weile spüren, das Sehen wird anders, man sieht mit mehr jap. Augen, man fühlt die Farbe anders" [623/500]. Obwohl er sich selbst dort wähnte, so muss G.s Wahrnehmung und Darst. Südfrankreichs auch primär als eine künstlerische Rechtfertigung seines Verbleibes in Arles angesehen werden. Seit der Bekanntschaft mit Gauguin vertrat er die Meinung, dass mod. Künstler sich auf die Suche nach südlichen, eher primitiven Gegenden machen müssten. Indem G. seine neue Umgebung als ein unverdorbenes Japan empfand, versuchte er Künstlerfreunde und -bekannte von der Richtigkeit der ungewöhnlichen Wahl dieses Teiles von Frankreich zu überzeugen. Mittlerweile war G.s früheres Bedürfnis, in jeglicher Hinsicht ein "aufrechtes menschliches Gefühl" im Gem. zu bekunden, dem Bestreben untergeordnet, als Künstler mit reinen Bildmitteln zu überzeugen, wobei er der Farbe eine fast abstrakte Bedeutung beimaß. Die Malerei der Zukunft sollte seiner Vorstellung nach sogar "mehr Musik und weniger Skulptur" sein, wie G. im Sommer 1888 schrieb [673/528]. Dies bedeutete nicht, dass er sein anfängliches Engagement aufgab. Dennoch hatte G. begriffen, dass der Wert der Kunst nicht nur in der Botschaft bzw. dem Gefühl verborgen lag. Auch konnte er nunmehr leichter von einem Motiv zum and. bzw. von einer Kunstauffassung zur and. wechseln, wobei er realisierte, dass ihm die Malstile unterschiedlich gut lagen. In Arles arbeitete G. anfänglich in grober Pinselführung und gewohnter neo-impressionistischer Farbmanier der Pariser Zeit weiter. Daneben nahm das Interesse am Cloisonismus als Leitlinie seiner Malerei zu. Der Sämann, Sommer 1888 (Otterlo, Kröller-Müller Mus.), kann als letzter Versuch der Systematisierung von Farbe und Pinselführung nach dem Vorbild von Seurat und and. Neo-Impressionisten angesehen werden, wobei G. das Gem. als missglückt und "eine zugespitzte Studie" wertete [684/535]. Dass er im Anschluss den Neo-Impressionismus gänzlich fallenließ, belegt, dass G. schließlich einen eig. künstlerischen Standpunkt, losgelöst von Tagesmoden, gefunden hatte. Seine persönlichen Fähigkeiten lagen in der unverfroren-rüden Farbwahl, stets verbunden mit einer intuitiv-spontanen Malweise, die für G. zunehmend wichtig wurde. V.a. widmete er sich Studien aus "einem einzigen Farbenguß [...] ganz einfach dick auf[ge]tragen à la Monticelli" [692/541], was sich mit der cloisonistischen Auffassung der Künstlerfreunde gut vereinbaren ließ. G. bevorzugte im Schlafzimmer (Amsterdam, Van Gogh Mus.) "flache Farben, aber derb aufgetragen" [711/B22], während er in den ebenso dekorativen Sonnenblumen (London, NG) bestrebt war, "eine Pinseltechnik ohne Pointillismus oder and. Tricks herauszufinden, nichts weiter als einen abwechslungsreichen Pinselstrich" [672/527]. Als es G. im Sommer 1888 glückte, eine Wohnung anzumieten und Gauguin sich dank finanzieller Unterstützung von Theo bereit fand, in den Süden zu gehen, sah die Zukunft hoffnungsvoller aus. G. hatte die Idee, das Atelier mit "nichts als lauter große[n] Sonnenblumen" zu dekorieren [669/526], woraus bald der Plan entstand, die ganze Wohnung mit Gem. zu schmücken. Zugrunde lag die Idee, das Haus als Ausstellungsraum zu nutzen, als neues Podium für seine Kunst, genauso wie ehem. das Café Le tambourin in Paris. Dort hatte er ebenfalls Blumenstücke als bestes Mittel erachtet, auf seine Kunst aufmerksam zu machen. E. Okt. 1888 kam Gauguin in Arles an, und G. begann, um sich seinem Gast gegenüber zu rechtfertigen, noch dezidierter als zuvor der jap. Druckkunst zu folgen, u.a. in Les Alyscamps (Otterlo, Kröller-Müller Mus.). Nach Gauguins Vorbild versuchte er, sich auch im Malen nach der Fantasie weiterzuentwickeln, u.a. bes. Erinnerung an den Garten in Etten sowie Die Romanleser (St. Petersburg, Ermitage; Priv.-Slg). Anschließend testete G. dies bei Motiven, die ihm bes. wichtig waren, z.B. Der Sämann (Zürich, Slg Bührle) sowie Die Berceuse, wovon er später mehrere Versionen fertigte. Dieses Bildnis einer Frau mit Wiegenband hatte G. nicht tatsächlich beobachtet, vielmehr im Atelier anhand früherer Studien zusammengestellt. Er betrachtete es später nicht nur als ein Ergebnis seiner Zusammenarbeit mit Gauguin, sondern auch als ein wirkliches Meisterstück. "Was die Zusammenstellung impressionistischer Farben" betraf, hatte er "noch nie etwas Besseres ersonnen" [743/GAC VG/PG]. Der Optimismus hinsichtlich seiner Zukunft wurde E. 1888 durch die ersten Zeichen seiner Krankheit, vermutlich einer Form der Epilepsie, unsanft zerstört. G. litt an Wahnvorstellungen und hatte Anfälle psychotischer Art, wobei er sich während des erstes Anfalls am 23.12.1888 das linke Ohrläppchen abschnitt, sodass Gauguin erschreckt Hals über Kopf Arles verließ. G. wurde ins Krankenhaus aufgenommen und in einem separaten Zimmer eingeschlossen. Nachdem G. im Jan. 1889 in seine Wohnung zurückgekehrt war, erlitt er relativ schnell eine erneute Nervenkrise. Ängstlich gewordene Nachbarn drängten in einer Bittschrift auf abermalige Einweisung. Zwar fand G. nach einiger Zeit eine Ersatzwohnung, dennoch trieben ihn die feindlichen Reaktionen der Nachbarschaft und das mangelnde Verständnis für seine Krankheit zur Verzweiflung. "Der beste Trost, wenn nicht das einzige Heilmittel", wie er Signac gesteht, der ihn während des Aufenthaltes in der geschlossenen Abteilung besucht hatte, "ist, glaube ich, wahre Freundschaft, obzwar sie den Nachteil hat, daß sie uns fester im Leben verankert, als uns in Tagen schweren Leidens wünschbar erscheinen möchte" [760/583b]. Im April 1889 opferte G. aus freien Stücken seine Freiheit für eine Umsiedelung in eine Einrichtung im nahegelegenen St-Rémy. Neben dem unfreiwilligen Kontakt mit Mitpatienten, die ihm anfänglich Angst einflößten, hatte G. dort nur die Malerei als Ablenkung. Er ließ sich nichts anmerken, versuchte wie zuvor "Schweres nicht schwer hinzunehmen" [768/W11], erlitt aber doch mehrere Attacken und bekannte: "in meinen Leidenszeiten geben mir religiöse Gedanken manchmal sogar viel Trost" [802/605]. Die Arbeiten dieser Zeit, u.a. die Sternennacht (New York, MoMA), nannte G. unumwunden "fast einen Angstschrei" [857/W20]. Als A. 1890 versch. seiner Werke auf der Ausst. Les Vingt in Brüssel gewürdigt wurden und die erste lobende Kritik über sein Œuvre erschien, war G. ebenso froh wie auch besorgt. "Zum 'Ruhm' gelangen, das ist, als stecke man beim Rauchen die Zigarre mit dem brennenden Ende in den Mund" [677/531], hatte er bereits früher aus Alphonse Daudet, L'immortel, zitiert. G. fürchtete sich nun v.a. vor dem Gedanken, dass seine Kunst als die eines Geisteskranken charakterisiert werden könnte. In Folge der Krankheit verlor G. den Glauben an das eig. Können. Die Versuche des vergangenen Jahres, um v.a. durch Nachahmung des jap. Vorbildes sich an der Weiterentwicklung der mod. zeitgen. Kunst zu beteiligen, empfand G. jetzt als zu hoch gegriffen. "Als Maler werde ich nie irgendwie von Bedeutung sein, das spüre ich ganz entschieden", schrieb er am E. seines Aufenthaltes in Arles [771/ 590]. Die Berceuse, A. 1889 als ein Meisterwerk gewertet, betrachtete G. ein Jahr später als missglückt sowie er die geschätzte jap. Druckkunst ab diesem Zeitpunkt nur noch ein einziges Mal erwähnte. Auch ließ er sich in dieser Periode nicht mehr zu großflächigen Komp. verleiten und vermied den Gebrauch greller, intensiver Farben. Unternahm G. in Gem. wie der Sternennacht das Experiment einer gewissen Abstraktion, fand er zuletzt mehr Sinn im Anschluss an Künstler, die er bereits zu Beginn seiner Laufbahn hoch geschätzt hatte, wie Delacroix und Millet. Daher malte G. nach Drucken ihrer Werke und orientierte sich dabei an einem neuen, eher graf. Malstil, worin sich die Vorliebe für Holzstiche aus den Anfängen seiner künstlerischen Tätigkeit erneut zeigt. E. April 1890 verließ G. auf eig. Wunsch die Einrichtung, wo er "ganz vernichtet von Unglück und Langeweile" sei [869/ 631]. Er übersiedelte in das ländliche, nahe Paris gelegene Auvers-sur-Oise und begab sich in die Obhut des exzentrischen Arztes Paul Gachet, den er mit einem bed. Porträt ehrte (Priv.-Slg). Obwohl sich G.s Kunst mittlerweile eines bescheidenen, doch zunehmenden Interesses erfreute, Theo hatte kurz zuvor Die roten Weinberge bei Arles für 400 Francs verkauft (Moskau, Puškin-Mus.), war G.s ursprüngliche Getriebenheit definitiv verlorengegangen. "Ich fühle mich - völlig verratzt", schrieb G. in Auvers an seinen Bruder, "So steht es mit mir - ich empfinde es als mein Schicksal, das ich annehme und das sich nicht mehr ändern wird. Aber das ist ein Grund mehr - wenn man den Ehrgeiz beiseite läßt -, daß wir noch jahrelang zusammenleben können, ohne uns gegenseitig zugrunde zu richten" [877/648]. Am 27.7.1890 schoss sich G. in den Feldern von Auvers in die Brust. Zwar war seine alte, legendäre Arbeitslust in den letzten Monaten wieder vorhanden, doch kann man dies als letzte Anstrengung, sich am Leben festzuklammern, werten. Somit erscheint als Ursache des Selbstmordversuches vermutlich die Furcht vor erneuten Anfällen sowie die Erkenntnis, dass der mittlerweile verheiratete und zum Vater gewordene Bruder sich wahrsch. als selbstständiger Kunsthändler niederlassen und ihn künftig wohl nicht mehr entsprechend unterstützen könnte. Zwei Tage später starb G. und wurde am darauffolgenden Tag begraben. Theo, der in Paris den größten Teil von G.s Œuvre besaß, schätzte ihn bis zu seinem Tod eher als einen verdienstvollen Maler als einen unnachahmlichen, großen Künstler. Ein halbes Jahr später starb Theo an den Folgen einer Dementia paralytica. Obwohl Bernard ein leidenschaftliches Plädoyer für den Verbleib von G.s Œuvre in Paris hielt, "Denn hier und nicht in Holland hat er die Chance gewürdigt zu werden" (Stolwijk/Veenenbos, 2002, 24), kehrte Jo van G.-Bonger, Theos Witwe, mit der Slg in die Niederlande zurück. Sie begann, zum Lebensunterhalt Werke zu verkaufen und veröffentlichte 1914 den Briefwechsel der Brüder. Dabei fand G.s tragische Lebensgeschichte ebensoviel Beachtung wie dessen künstlerische Leistungen.

WERKE

Öl-Gem.: Amsterdam, Van Gogh Mus.: Alter Friedhofsturm in Nuenen, 1885; Bauerngehöft, 1885; Bibel mit Zolas La Joie de Vivre, 1885; Vase mit chin. Astern und Gartengladiolen, 1886; Quitten, Zitronen, Birnen und Trauben, 1887; Boulevard de Clichy, 1887; Blick aus Theos Wohnung, 1887; Garten in Montmartre mit Liebespaar, 1887; Montmartre: hinter der Moulin de la Galette, 1887; Blühender Pflaumenbaum, 1887 (nach Hiroshige); Regen, 1887 (nach Hiroshige); Oiran, 1887 (nach Eisen); Selbstbildnis mit Filzhut, 1887; Selbstbildnis als Maler, 1887/88; Souvenir de Mauve, 1888 (Version wie in Otterlo); Weißer Obstgarten, 1888; Rosa Obstgarten, 1888; Fischerboote, 1888; Ernte, 1888; Sonnenblumen, 1888/89 (Version wie in Tokio und London); Gauguins Stuhl, 1888; Baumstämme mit Efeu, 1889; Der Schnitter, 1889 (Version wie in Essen und Otterlo); Vase mit Iris, 1890; Weizenfeld mit bewölktem Himmel, 1890; Strünke aus einem Weinberg, 1890; Weizenfeld mit Krähen, 1890. - Sted.Mus.: Berceuse, 1888/89 (fünf Versionen). Baltimore/Md., Mus. of Art: Schuhe, 1887. Basel, KM: Garten von Daubigny, 1890 (Version wie in Hiroshima; Leihgabe der Slg Rudolf Staechelin). Boston/Mass., MFA: Weber, 1884; Portr. Joseph Roulin, 1888; Berceuse, 1888/89 (fünf Versionen); Schlucht, 1889 (Version wie in Otterlo). Bremen, KH: Feld mit Mohn, 1889. Cambridge/Mass., Harvard Univ., Fogg AM: Schuhe, 1886; Selbstbildnis als Bonze, 1888. Cardiff, NM of Wales: Lsch. mit Regen, 1890. Chicago/Ill., Art Inst.: Boote an der Seine, 1887; Öff. Garten, 1888; Vincents Schlafzimmer, 1889 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus., und Paris, Mus. d'Orsay); Berceuse, 1888/89 (fünf Versionen). Cincinnati/Ohio, AM: Paar beim Waldspaziergang, 1890. Cleveland/Ohio, Mus. of Art: Straßenarbeiter, 1889 (Version wie in Washington, Phillips Coll.). Den Haag, Gemeente-Mus.: Garten mit Blumen, 1888. Essen, Mus. Folkwang: Quai mit Sandkahn, 1888; Portr. Armand Roulin, 1888; Der Schnitter, 1889 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus., und Otterlo); Garten des Asylum, 1889 (Version wie in Otterlo). Helsinki, Atheneum: Dorfstraße, 1890. Hiroshima, Mus. of Art: Garten von Daubigny, 1890 (Version wie in Basel). Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptothek: Berg-Lsch., 1889. London, NG: Vincents Stuhl, 1888; Weizenfeld mit Zypressen, 1889 (Version wie in New York und Priv.-Slg); Wiese, 1890. Los Angeles/Calif., J.Paul Getty Mus.: Iris, 1889. - Hammer Mus.: Bäume vor dem Asylum, 1889. Merion/Pa., Barnes Found.: Portr. Joseph Roulin, 1889 (Version wie in Otterlo und New York). München, NP: Weber, 1884; Sonnenblumen, 1888 (Version wie in Philadelphia); Obstgarten in Blüte, 1889. New Haven/Conn., Yale Univ. AG: Garten in Montmarte, 1887; Nachtkaffee, 1888. New York/N.Y., Metrop. Mus.: Zwei Sonnenblumen, 1887; Arlessienne, 1888 (Version wie in Paris, Mus. d'Orsay); Berceuse, 1888/89 (fünf Versionen); Portr. Joseph Roulin, 1889 (Version wie in Merion und Otterlo); Weizenfeld mit Zypressen, 1889 (Version wie in London und Priv.-Coll.). Ottawa, NG of Canada: Schale mit Zinnien. Otterlo, Kröller-Müller Mus.: Mädchen im Wald, 1882; Die Kartoffelesser, 1885; Herbst-Lsch., 1885; Vier Sonnenblumen, 1887; Souvenir de Mauve, 1888 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus.); Obstgarten von Zypressen umgeben, 1888; Langlois Brücke, 1888; Heuhaufen, 1888; Caféterrasse bei Nacht, 1888; Portr. Eugène Boch, 1888; Gelbes Haus, 1888; Grüner Weinberg, 1888; Berceuse, 1888/89 (fünf Versionen); Portr. Joseph Roulin, 1889 (Version wie in New York und Merion); Bäume im Garten, 1889; Berg-Lsch., 1889; Zypressen, 1889; Der Schnitter, 1889 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus., und Essen); Schlucht, 1889 (Version wie in Boston); Garten des Asylum, 1889 (Version wie in Essen); Mandelzweige, 1890; Wiese, 1890; Straße mit Zypressen, 1890. Paris, Mus. Rodin: Portr. Père Tanguy, 1887. - Mus. d'Orsay: Sternennacht, 1888; Vincents Schlafzimmer, 1888 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus., und Chicago); Arlessienne, 1888 (Version wie in New York, Metrop. Mus.); Selbstbildnis, 1889; Kirche in Auvers, 1890. Pasadena/Calif., Norton Simon Mus.: Portr. Patience Escalier, 1888. Philadelphia/Pa., Mus. of Art: Sonnenblumen, 1889 (Version wie in München); Regen, 1889. Pittsburgh/Pa., Carnegie Mus. of Art: Mühle von Blute Fin, 1887; Weizenfelder, 1890. Rotterdam, BvB: Pappelallee bei Nuenen, 1885. Solothurn, KM: Portr. Trabuc, 1889. St. Petersburg, Ermitage: Flieder, 1889. Tokio, Seiji Togo Memorial Sompo Japan Mus.: Sonnenblumen, 1889 (Version wie in Amsterdam, Van Gogh Mus., und London, NG). Washington/D.C., Kreeger Mus.: Schale mit Zinnien. - NG: Selbstbildnis, 1889. - Phillips Coll.: Straßenarbeiter, 1889 (Version wie in Cleveland). Winterthur, KM: Weizenfeld mit Sonnenuntergang, 1888. - Slg Hahnloser: Sämann, 1888. - Slg Oskar Reinhardt: Schlafsaal im Krankenhaus, 1889; Krankenhaushof, 1889. Zürich, Slg Bührle: Brücke über die Seine, 1887; Blühender Kastanienzweig, 1890. - Zchngn: Amsterdam, RM, Rijksprenten-Kab.: Hügel mit Ruinen von Montmajour, 1888. - Van Gogh Mus.: Eingang zur Pawn Bank, 1882; Landstraße, 1882; Abgenutzt, 1882; Straße mit Pappeln, 1884; Gekappte Birken, 1884; Weber, 1884; Kopf einer Bäuerin, 1884-85; Holzfäller, 1885; Selbstbildnis, 1887; Boulevard de Clichy, 1887; Tor im Pariser Befestigungswall, 1887; Felsen und Ruinen, 1888; Hof im Krankenhaus von Arles, 1889; Brunnen im Garten des Asylum, 1889; Bäume und Büsche im Garten des Asylum, 1889; Weizenfeld mit Zypressen, 1889; Garten von Asylum, 1889; Alter Weinberg, 1890. - Sted.Mus.: Sicht auf Montmartre, 1887. Boston/Mass., MFA: Mädchen mit Schürzenkleid, 1882-83. Budapest, SzM: Pfarrgarten, 1884. Cambridge/Mass., Harvard Univ., Fogg AM: Ernte, 1888. Chicago, Art Inst.: Garten an der Place Lamartine, 1889; Bauernhöfe, 1890. Dallas/Tex., Mus. of Art: Caféterrasse an der Place du Forum, 1888. Essen, Mus. Folkwang: Bäuerin beim Ährenlesen, 1885. London, BM: Lsch. mit Montmajour, 1888. - Tate Gall.: Lsch. mit Brücke über die Oise, 1890. München, GrS: Umschlossenes Weizenfeld mit Sonnenaufgang, 1888. New York/N.Y., Metrop. Mus.: Kindergarten am Schenkweg, 1882; Weizenfeld, 1888. - Cooper-Hewitt Mus.: Sandkähne auf der Rhone, 1888. Oslo, NG: Sicht auf Arles, 1888. Ottawa, NG of Canada: Moor, 1881. Otterlo, Kröller-Müller Mus.: Junge mit Sichel, 1881; Schreiner Maß, 1882; Umschlossenes Feld, 1889. Providence, Rhode Island School of Design, Mus. of Art: Blick auf Arles mit Iris im Vordergrund, 1888. Walsall, Mus.: Trauer, 1882. Winterthur, Slg Oskar Reinhardt: Garten mit Blumen, 1888.

AUSSTELLUNGEN

Einzelausstellungen:

2019-20 Frankfurt am Main, Städel (K) / 2024 Triest, Civ. Mus. Revoltella. -

 

Gruppenausstellungen:

2021 Winterthur, KM - Reinhart am Stadtgarten: Expressionismus Schweiz (K)

 

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB14, 1921

 

Gedruckte Nachweise:

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Ausst.-Halle am Aachener Tor), Köln 1912; Internat. exhib. of mod. art (K Wander-Ausst.), N.Y. 1913; V.van G. en zijn tijdgenoten (K Sted.Mus.), Am. 1930; Post-impressionism. Cross-currents in Europ. paint. 1880-1906 (K RA), Lo. 1979; G.Pollock, V.van G. in zijn Holl. jaren. Kijk op stad en land door Van G. en zijn tijdgenoten 1870-1890 (K RM Vincent van Gogh), Am. 1980; B.Welsh-Ovcharov, V.van G. and the birth of cloisonism (K Toronto/Amsterdam), Tor. 1981; R.de Leeuw u.a., De Haagse scholl. Holl. meesters van de 19de eeuw (K Paris u.a.), D.H. 1983; L.van Tilborgh u.a., Millet - Van G. (K Amsterdam), Zwolle 1988; R.Bionda/C.Blotkamp, The age of Van G. Dutch paint. 1880-1895 (K Glasgow/Amsterdam), Zwolle 1990; C.Dumas/M.van der Mast, Van G. en Den Haag (K Haags HM), D.H. 1990; R.Dorn u.a., V.van G. und die Moderne 1890-1914 (K Essen/Amsterdam), Freren 1990; L.van Tilborgh u.a., Millet - Van G. (K Mus. d'Orsay), P. 1998; G.S.Keyes u.a., Van G.: face to face. The portr. (K Detroit/Boston), N.Y. 2000; D.W.Druick/P.K.Zegers, Van G. and Gauguin. The studio of the south (K Chicago/Amsterdam), N.Y. u.a. 2001; C.Homburg, V.van G. and the painters of the Petit Boulevard (K St.Louis/Frankfurt am Main), N.Y. u.a. 2001; C.Stolwijk u.a. (Ed.), Vincent's choice. The mus. imaginaire of Van G. (K Van Gogh Mus.), Am. 2003; C.Ives u.a., V. van G. The drawings (K Amsterdam/New York), New Haven 2005; F.Leeman/J.Sillevis, De Haagse School en de jonge Van G. (K Den Haag), Zwolle 2005; M.Goldin (Ed.), Gauguin - Van G. L'avventura del colore nuovo (K Brescia), Conegliano 2005; J.Lloyd, Van G. and expressionism (K Amsterdam/New York), Ostfildern 2006; D.Kosinski, Van G.s sheaves of wheat (K Dallas), New Haven u.a. 2006. - Mss., Faks.-Ausg.: Letters of V.van G. 1886-1890, Lo./Am. 1977; F.Pabst (Ed.), V.van G.'s poetry albums, Zwolle/Am. 1988; L.van Tilborgh/F.Pabst, Van Gogh Mus. j. 1995, 86-101. - Briefe: J.van G.-Bonger/V.W.van G. (Ed.), Verzamelde brieven van V.van G., I-IV, Am./Ant. 1952-53 (Repr. 1973); D.Cooper (Einf.), Paul Gauguin. 45 lettres à Vincent, Théo et Jo van G., D.H./Lausanne 1983; V.Merlhès (Ed.), Correspondance de Paul Gauguin. Doc., témoignages, P. 1984; id., Paul Gauguin et V.van G. Lettres retrouvées, sources ignorées, Taravaho (Tahiti) 1989; H.van Crimpen/M.Berends-Albert (Ed.), De brieven van V.van G., I-IV, D.H. 1990; L.Jansen, Van Gogh Mus. j. 1997/98, 59-65; id./H.Luijten/W.van der Veen, ibid. 2000, 108-113; L.Jansen/H.Luijten/N.Bakker, ibid. 2003, 98-111; L.Jansen u.a. (Ed.), V.van G. Painted with words. The letters to Emile Bernard, N.Y. 2007

 

Onlinequellen:

vangoghworldwide.org [ab 2020 internat. Plattform für das gesicherte Gesamtwerk von ca. 2000 Arbeiten].

 


THIEME-BECKER

Gogh, Vincent van, holl. Maler, Zeichner, Lithograph und Radierer, geb. 30. 3. 1853 in Groot-Zundert, einem Dorf in Nord-Brabant, als der älteste Sohn des Pfarrers Theodorus v. G. und seiner Frau Anna Cornelia, geb. Carbentus, †29. 7. 1890 in Auvers-sur-Oise. 1869 trat er, dem Rate seines Oheims Vincent v. G. folgend, als Lehrling in die Kunsthandlung ein, die dieser im Haag begründet hatte, und die als Filiale der Pariser Firma Goupil & Co. weiterbestand. Mai 1873 ging er in das Londoner Geschäft der gleichen Firma über. In dieser Zeit entstanden einige Zeichenversuche, und es tauchte zum ersten Male der Gedanke an den Malerberuf auf. Drei Jahre lang war G. abwechselnd in dem Londoner und Pariser Geschäft der Goupil tätig, bis die wachsende Unzufriedenheit mit dem Kunsthändlerberuf April 1876 zu seiner Entlassung führte. Er suchte als Lehrer neue Betätigung und fand eine Anstellung zuerst an einer Schule in Ramsgate, dann in Isleworth, wo er schließlich. eine Art Hilfspredigeramt erhielt. Nach der Rückkehr nach Holland entschloß er sich zu systematischem Studium der Theologie, dem er sich vom Mai 1877 bis Juli 1878 in Amsterdam mit Eifer hingab. Die Sehnsucht nach praktischer Betätigung führte ihn in die Missionsschule zu Brüssel. Schon nach 3 Monaten ging er, zunächst auf eigene Faust, nach dem Borinage, um unter den Grubenarbeitern das Seelsorgeramt zu üben, und erhielt Jan. 1879 für ein halbes Jahr eine Anstellung als Missionar in Wasmes. Seine Idee von einer neuen. christlichen Gemeinschaft, die er in der eigenen Lebensführung zu verwirklichen suchte, brachten ihn in Konflikt mit dem Kirchenrat. Nach seiner Entlassung übte er das Missionswerk selbständig weiter in Wasmes, wo er bei einem Bergarbeiter wohnte und in seiner freien Zeit eifrig zeichnerischen Übungen, besonders nach Vorlagen Millets, oblag. Allmählich reifte der Entschlug, zum Malerberuf überzugehen, und in Brüssel, wohin G. Okt. 1880 seinen Wohnsitz verlegte, begannen die ersten ernsthaften Studien. Den Sommer 1880 verbrachte G. im väterlichen Pfarrhause zu Etten, von wo er im Dez. nach dem Haag übersiedelte. Das Zusammenleben mit einer Dirne und ihren Kindern, die er aus Mitleid zu sich genommen hatte, führte zum Zerwürfnis mit ehemaligen Freunden, vor allem seinem Verwandten, dem Maler Antonij Mauve, seinem ersten Lehrer. Sept. 1883 trennte er sich von der Frau und zog nach Drenthe, von wo er im Dez. dem Vater, der mittlerweile nach Nuenen übergesiedelt war, folgte, um dort die letzten zwei Jahre seiner holländischen Zeit zu verbringen. - G.s Kunst entstand im wesentlichen autodidaktisch im Anschluß an die heimatliche Tradition. Seine Vorbilder waren neben den Alten, denen er bewundernde Verehrung zollte, vor allem Israels und Mauve und darüber hinaus deren gemeinsamer Lehrmeister Millet. Trotzdem bekundete sich schon in den frühen Arbeiten eine aller Konvention entgegengesetzte eigenwillige Formgebung. Die ernste und karge Natur seiner Heimat beschäftigte G. künstlerisch ebenso wie das Leben der Ärmsten, deren Dasein er Zeit seines Lebens teilte. Der Bauer und der Proletarier sind Hauptthema seiner Kunst. In der Landschaft suchte er die düsteren Abendstimmungen und die dunklen Töne der Dämmerung über der schwarzen Erde des Torfmoors von Drenthe und Nuenen. Harte Konturen und dunkle Farben einer fast ausschließlich auf braun gestimmten Palette sind charakteristisch für die Malerei, wie für die Zeichnung die tiefe Schwärzen erzeugenden dichten Strichlagen der Kohle oder des Stiftes. Der soziale Zug, der sich als Armeleutemalerei äußert, führt zu strengster Kargheit im Motiv, sogar im Stilleben, für das gern Kartoffeln benutzt werden. Es entstanden viele Studienköpfe von Brabanter Bauern und Bäuerinnen, Landschaftsbilder, Zeichnungen von Bauernhäusern und arbeitenden Menschen. Von befreundeter Seite erhielt er den Auftrag zum malerischen Schmuck eines Zimmers, wofür er als Thema die vier Jahreszeiten in der Verkörperung durch Darstell. aus dem ländl. Leben wählte. Das Hauptwerk der holländ. Zeit ist das Bild der Kartoffelesser, das nach langen Vorarbeiten April 1885 fertiggestellt wurde. In Nuenen entstand der Plan einer Folge von Lithographien mit Darstellungen aus dem Leben der Bauern. Vollendet wurden 6 Blätter, von denen nur ganz wenige Abzüge existieren: 1. Die Kartoffelesser (nach dem gleichnam. Gemälde); 2. Alter Bauer auf einen Stock gestützt (Bibl. Doucet); 3. Sitzender Alter, weinend, den Kopf in den Händen (Bibl. Doucet); 4. Grabender Mann (Bibl. Doucet); 5. Brot schneidender Mann, auf einem Korbe sitzend; 6. Bäuerin auf einem Karren sitzend, seitwärts ein grabender Mann. - Noch im Haag entstanden war: 7. "Sorrow", gebeugt sitzende nackte Frau. Seit Nov. 1885 besuchte G. die Akademie in Antwerpen. Die Zeit war mit fieberhafter Tätigkeit ausgefüllt. Von dem gesamten Studienmaterial ist nichts erhalten, weil G. es bei seiner Übersiedlung nach Paris Febr. 1886 unbeachtet zurückließ. In Paris, wo G. mit seinem Bruder Theo zusammen lebte, der eine Filiale der Kunsthandlung Goupil leitete, suchte er den in Antwerpen begonnenen Studiengang weiterzuführen, indem er in das Atelier Cormon eintrat, wo es ihn allerdings nur kurze Zeit hielt. Weit wichtiger war die durch seinen Bruder Theo vermittelte Berührung mit Werken der Impressionisten wie Monet, Pissarro, Degas, Cézanne und der Neoimpressionisten Seurat und Paul Signac, die Kenntnis japanischer Farbenholzschnitte, sowie die persönliche Freundschaft mit Gauguin und Em. Bernard, deren Umgang theoretische Einsicht brachte. G. hatte bisher von der neuen franz. Malerei nur aus den Berichten Theos erfahren, mit dem er schon seit seiner Haager Lehrlingszeit in einem regen Briefwechsel stand, und dessen materieller Hilfe allein er es zu danken hatte, daß er ganz seinem Malerberuf, wenn auch bei äußerster Bescheidenheit, zu leben vermochte. In den Briefen aus Nuenen verteidigte er noch seine Vorliebe für Bister, Asphalt und Schwarz gegen die neue Hellmalerei und lehnte die Darstellung des Sonnenlichtes ausdrücklich als häßlich oder unmöglich ab. In Paris scheint die erste Anregung zur Beschäftigung mit der Farbe von den Werken Monticellis u. Delacroix' ausgegangen zu sein. Es entstanden Stilleben, besonders Malven, in einer dunklen Tonskala, aus der, im Gegensatz zu früher, starke Farben hervorglühen. Auch die ersten Pariser Stadt- und Landschaftsbilder wie die Darstellung des Moulin de la Galette halten sich wesentlich noch in der dunklen Skala. Erst allmählich macht sich die Aufhellung der Palette bemerkbar. Mit dem Restaurant auf dem Montmartre (Luxembourg-Mus. zu Paris) beginnt der freiere Strich und die lichtere Färbung. Die Motive gibt die nächste Umgebung der Wohnung, für Stilleben dient jeder erreichbare Gegenstand, Stiefel, Heringe, Früchte, Gemüse, Blumen, für Porträts der Bruder und die eigenen Züge. Der Einfluß dbr Neoimpressionisten führt zu Versuchen in der Tüpfeltechnik, aus der sich allmählich die eigene Methode breiter Striche reiner Farbe entwickelt, die in dem im Winter 1886/87 entstandenen Porträt des Farbenhändlers Tanguy, von dem das Rodinmus. in Paris ein Exemplar besitzt, bereits endgültig ausgebildet ist. Im Frühjahr 1887 malte G. vor allem Landschaften im Freien, in Asnières, wo die Eltern des Freundes Bernard wohnten. Während der zwei Jahre des Pariser Aufenthaltes müssen mehrere hundert Bilder entstanden sein, von denen allerdings ein großer Teil verloren gegangen ist. Von der Wanddekoration für das Café "Tambourin" haben sich ebenfalls nur Reste erhalten. Die Sehnsucht nach einer lichten und farbigen Natur und nach der Befreiung aus dem Stadtleben führte G. nach dem Süden. Die stete Hilfsbereitschaft des treuen Bruders Theo, der beinahe als einziger an die Künstlerschaft G.s glaubte, ermöglichte es ihm, Febr. 1888 nach Arles zu übersiedeln. Erst hier fand er, weiterbauend auf der Grundlage des in der jüngsten Pariser Zeit Erworbenen, seinen malerischen Stil breiten, freien Pinselstrichs und starker, reiner Farbe. Die blühenden Obstbäume sind das erste Motiv, das in einer Reihe von Bildern festgehalten wurde, die noch zurückhaltender in Komposition und Farbgebung sind als die folgenden Werke, in denen der Raum energischer gestaltet ist, und die farbigen Kontraste in der ausgesprochenen Absicht auf suggestiven Gefühlsausdruck eine bislang unerhörte Steigerung erfahren. Stadt und Umgebung von Arles gaben eine Fülle neuer Motive, die Zugbrücke und der Fluß mit den Wäscherinnen, im Sommer das nahe Dorf Stes Maries mit seinen Hütten und dem Meeresstrand, die Alleen des Stadtgartens, die Gräberstraße, die Eisenbahnbrücke, das Café, in dem er verkehrte, das gelb gestrichene Haus, in dem er wohnte, das Schlafzimmer und der einfache Stuhl oder ein Buch; für Stillleben wurden Sonnenblumen bevorzugt; ein Zuavenleutnant, mit dem G. befreundet war, diente ebenso als Modell wie die Familie des Postboten Roulin und die Frau des Caféwirtes Ginoux, die für die "Arlésienne" saß. Gleich den zahlreichen Selbstporträts entstanden viele dieser Bilder in mehrfachen Varianten. Als Zeichenmaterial diente jetzt ausschließlich die Rohrfeder, in deren breitem, energisch, meist in kurzen Zügen geführtem Strich großartige Schwarz-Weiß-Gestaltungen der gleichzeitig. in Gemälden abgewandelten Motive geschaffen wurden. Das Ideal kommunistischer Gemeinschaft, das G. seit seiner Jugend verfolgte, führte zu dem Plan, Gauguin, der in wirtschaftlicher Bedrängnis lebte, aufzufordern, ebenfalls nach Arles zu übersiedeln. Mehrfachem Drängen folgte dieser endlich Okt. 1888. Spuren eines Einflusses von Gauguins Lehre machten sich bald bemerkbar in einer vorübergehend stärkeren Betonung der Fläche und des Kontures wie in den Bildern der Berceuse, zu denen die Frau des Postboten Roulin als Modell diente. Auf Gauguins Rat versuchte G. aus dem Kopf zu malen. So entstand z. B. das Bild der Erinnerung an den Garten in Etten. Die ständige Überspannung der Kräfte bei körperlicher Entbehrung, sowie die Arbeit in der prallen Mittagssonne trugen dazu bei, das immer schwankende Nervensystem G.s vollends zu erschüttern, und am 23. 12. erfolgte die erste Katastrophe. G. bedrohte Gauguin mit dem Messer und schnitt sich darauf selbst ein Ohr ab, das er einer Dirne im Bordell brachte. Am Tage darauf wurde er in das Hospital eingeliefert, wo er sich schnell erholte. Schon nach 14 Tagen konnte er als geheilt entlassen werden. Da aber häufige Nervenanfälle folgten, wurde er auf das Drängen der beunruhigten Nachbarn am 26. 2. 1889 von neuem interniert. Auch im Krankenhause war G. eifrig tätig. Er malte mehrfache Wiederholungen der Sonnenblumen und der Berceuse, die Hallen und den Garten des Hospitals, das in einem alten Kloster eingerichtet war, und im beginnenden Frühjahr von neuem die Obstbäume, Alleen blühender Kastanien und Oliven. Mai 1889 machte G.s Zustand die Überführung nach St. Rémy notwendig, wo er in der Anstalt des Dr. Peyron ein Zimmer als Arbeitsraum erhielt. Die veränderte Umgebung bot neue Motive. Er malte den Anstaltsgarten und den Raum mit den Kranken, sowie das Porträt des Wärters, und nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, im Freien zu arbeiten, die Landschaft mit den Olivenbäumen und Zypressen, deren Stämme von Efeu umsponnen sind, die romantischen Felsschluchten und die Felder mit dem Sämann, dem pflügenden Bauer und den Kornschläger. Auch Selbstbildnisse entstanden hier wie in Arles. Der Ton der Bilder ist im ganzen ernster, die Farbe zuweilen gehaltener und minder strahlend. Die Bewunderung für Millet, Daumier und Delacroix sowie der Mangel an Motiven in der Anstalt führten G., der immer an das Ideal gemeinschaftlicher Arbeit glaubte, dazu, nach Holzschnitten und Lithographien Bilder zu malen, wie die Pietá nach Delacroix, die Trinker nach Daumier, die Tageszeiten, den Sämann und den Grabenden nach Millet oder den Lazarus und den Samariter nach Rembrandt, in denen G. fremde Erfindungen sich ganz zu eigen macht und in die persönliche Handschrift seines Pinsels und seine Farbenskala übersetzt. Im Winter begann die Arbeitskraft des Kranken zu versiegen. Er sehnte sich nach einer neuen Umgebung, und endlich übersiedelte er am 21. 5. 1890, auf Anraten Theos, nach Auvers-sur-Oise, wo der Jugendfreund Cézannes und Pissarros, Dr. Gachet, sich seiner verständnisvoll annahm. Hier begann die letzte, kurze Arbeitszeit G.s. Er malte das Porträt des Dr. Gachet, von dem das 'Städelsche Institut in Frankfurt a. M. ein Exemplar besitzt, und das er in einer Radierung, der einzigen, die er geschaffen hat, wiederholte, das Porträt der Tochter des Arztes, die Felder seiner neuen Umgebung, den Garten Daubignys. In diesen letzten Bildern, die wie mit eilendem Pinsel hingeschrieben sind, hat G. die Leuchtkraft und Farbenfreude der besten Zeit in Arles wiedergefunden und gelegentlich noch übertroffen. In einem Bilde mit Zypressen unter dem Monde und einem großen leuchtenden Stern legte er nachträglich das Ergebnis seines Aufenthaltes in der Provence nieder. Das strahlend helle Bild der Mairie am 14. Juli blieb sein letztes Werk. Am 27. 7. versuchte G. durch einen Revolverschuß seinem Leben ein Ende zu machen. Zwei Tage darauf erlag er den Folgen der Verwundung. G.s Kunst bedeutete neben den gleichzeitigen Versuchen Gauguins sowie der Pointillisten und Neoklassizisten den ersten energischen Vorstoß über die Errungenschaften des Impressionismus hinaus. Mit einer stürmischen Leidenschaft suchte er, einem starken inneren Empfinden äußeren Ausdruck zu schaffen, und scheute nicht zurück vor absichtlicher Vergewaltigung des Naturvorbildes, wenn es darauf ankam, den formalen oder farbigen Eindruck zu einer Intensität zu steigern, die in der starren Linie und dem künstlichen Pigment ein Gleichnis der Bewegtheit und Lichtfülle der Wirklichkeit erstehen läßt. G. war sich der Mittel, deren er sich für seine bis dahin unerhörten Wirkungen bediente, durchaus bewußt, wie viele Stellen in seinen zahlreichen Briefen, besonders denen an den Bruder Theo beweisen, die von 1872 bis zu seinem Tode reichen, und die ebenso ein menschlich ergreifendes Dokument leidenschaftlich ringender Künstlerschaft wie einer der aufschlußreichsten Beiträge zur Erkenntnis des künstlerischen Schaffens überhaupt darstellen. Die zwei starke Bände füllenden Briefe an Theo, die mit vielen Skizzen gleichzeitig entstandener Bilder durchsetzt sind, geben zugleich eine fast lückenlose Lebensgeschichte G.s. Der Einfluß G.s auf die jüngere Künstlergeneration war ein außerordentlicher. Der sog. Expressionismus verehrt in ihm einen seiner legitimen Vorläufer. Seit dem Bekanntwerden seines Werkes, ein Jahrzent nach seinem Tode, haben in zunehmenden Maße seine Palette, sein Farbenauftrag und seine Zeichnung vielfache Nachahmung, namentlich in Deutschland, gefunden, und seine Auffassung vom Wesen des kunstler: Schaffens ging in die meisten neueren Kunsttheorien ein. Ausstellungen (von 1900 ab sind nur die wichtigsten genannt): Paris, Les Indépendants 1888-91. Einzelne Bilder seit 1887 bei dem Farbenhändler Tanguy in Paris. - 1890 Brüssel, Vereinigung der XX. - 1892 Paris, Lebarcq de Boutteville (14 Bilder); Haag, Kunstkring (Kat. m. Vorwort von Roland Holst). - 1893 Amsterdam. - 1898 Paris, Vollard. - 1901 Paris, Bernheim (Kat. mit Vorwort von J. Leclercq, 71 Werke); Berlin, Sezession; Berlin, Cassirer. - 1904 Groningen; Berlin, Cassirer, hier in den folgenden Jahren mehrfach kleinere Sonderausstell. - 1905 Amsterdam, Stadtmus. (Kat. m. Vorwort von Joh. Cohen-Gosschalk, 474 Werke); Paris, Indépendants, Gedächtnisausst. - 1906 Wien, Miethke (Kat. m. Vorwort von A. Roe Bler). - 1908 Paris, Druet; Paris, Bernheim (100 Bilder; cf. F r. Monod in Art et Décoration, 1908 I Suppl. Févr. p. 2 f.); Berlin, Cassirer, und in anderen deutschen Städten. - 1912 Cöln, Sonderbund (105 Werke). - 1914 Berlin, Cassirer (146 Werke, Kat. m. Jahreszahlen). Werke in öffentl. Samml.: Amsterdam, Ryksmus.; Dordrecht; Rotterdam, Boymans-Mus.; Bremen; Cöln; Essen; Frankfurt a. M.; Hagen; Hamburg; Magdeburg; München; Wien; Genf; Paris, Louvre (Samml. Camondo), Luxembourg; Kristiania; Helsingfors; Gotenburg; Kopenhagen, Glyptothek. - Die wichtigsten Privatsamml. sind die der Witwe von G.s Bruder Theo, Frau Cohen-Gosschalk, Amsterdam, und der Frau Kröller, Haag (cf. Das Kstblatt, 1920 p. 343ff.). Versteigerung: 1920 Fred. Muller, Amsterdam, etwa 60 Werke aus der Samml. Enthoven (Kstchronik, XXXI 667, 730). Briefe: Erste Veröffentlichung: Mercure de France, April 1893 bis Febr. 1895. - Van Nu en Straks, Brüssel 1896. - Kunst und Künstler, II (1904); III (1905). - Buchausg.: V. v. G. Briefe, Berlin 1906 (Auswahl); 2. erw. Aufl. 1908. - Lettres de V. v. G. à Em. Bernard, Paris 1911 (als Einleitung sind sämtliche Aufsätze Bernards über G. wieder abgedruckt). - V. v. G. Brieven aan zijn Broeder, Amsterdam 1914; deutsche Ausg., Berlin 1914, hierin als Vorwort ausführl. Biogr. von J. van Gogh-Bonger. G. A. Aurier, Les Isolés. V. v. G., in Mercure de France, No vom 1. 12. 1889; wieder abgedruckt in Aurier, Oeuvres posthumes, Paris 1893. - Berichte üb. die Bilder in den Ausstell. der Indépend., in Revue des deux mondes, 1890 p. 225. - Oct. Mirbeau in Echo de Paris 31. 3. 1891. - Eug. Tardieu in Magazine Franç. 25. 4. 1891. - E. Bernard in La Plume, III (1891) 300. - Fred. van Eeden in De Nieuwe Gids, VI, 1891. - Joh. de Meester in Nederland, März 1891; ders. in Nederl. Spectator, 1892. - Ch. Saunier, Les peintres symbolistes, in Rev. Indép. 1892 p. 394; ders. in L'Endehors, 1892 No 52. - Roland Holst in Vlaamsche School, 1893 p. 87 ff. - V. G. Mouilleron, V. v. G., Souvenirs de Hollande, in L'Affiche et l'Estampe, 1898 p. 257 ff. - A. Plasschaert, V. v. G., Harlem 1898. - J. Meier -Graefe, Beitr. zu einer mod. Ästhetik, in Die Insel I (1900) 206 ff.; ders., Entwicklungsgesch. der mod. Kst, 1904 I 114 bis 130. - R. Jacobsen in Onze Kunst, 1904 II 1-7 (über die Ausst. in Groningen). - W. Vogelsang, ebenda, 1905 II 59-68. - A. van Beyer, Confér. sur V. v. G., in La Plume, 1905 p. 532 ff. und Ecrits pour l'art, Nouv. Série I (1905) No 2, p. 109. - J. J. Isaacson, Een nieuw standpunt in Kunst, Amsterdam 1906. - Meier-Graefe, Impressionisten, München 1907.- Cohen-Gosschalk in Zeitschr. f. Bild. Kst, N. F. XIX (1908) 225/35. - M. Denis, De Gauguin et de v. G. au Classicisme, Occid. XV (1909) 187 ff.; deutsch in Kunst und Kunstler, VIII (1910) 86 ff. - E. H. du Quesnevan Gogh, V. v. G., Persocnlijke Herinneringen, Baarn 1910. Deutsche Ausg., München 1911, 1913; Auszüge in Kunst und Künstler, IX 225/32; Ausgabe in engl. Sprache, Boston 1914. - Meier-Graefe, V. v. G., München 1910. - P. Gauguin in Kunst und Künstler, VIII (1910) 579/86. - Meier-Riefstahl in Burlington Magaz., XVIII (1910/11) 91 ff, 155 ff. - P. Godet in L'Art décoratif, 1911 II 81-96.- Max Eisler, Der Tod V. v. G.s, in Zukunft, 1911 p. 328 ff; ders., Die persönl. Erinnerungen N. B. Mendes da Costas an seinen Lateinschüler V. v. G., in Kunst und Künstler, X (1912) 98-104. - H. P. Bremmer, V. v. G., Inleidende beschouwingen, Amsterdam 1912. - A. Kerssemskers, Herinneringen aan V. v. G., in De Amsterdammer vom 14.-21. 4. 1912. - A. Dreyfus in Die Kunst, XXIX (191314) 97-110. - Pier a rd, v. G. au Pays Noir, in Mercure de France, 1913 p. 97-111; ders.; v. G. å Auvers, in Les Marges, Jan. 1914. - M. J. Brusse, V. v. G. als Buchhandlungsgehilfe, in Kst u. Kstler, XII (1914) 59017; zuvor erschienen im Nieuwe Rotterd. Courant. - Just. Havelaar, V. v. G., 1915. (Deutsche Ausg. in der Europ. Bibl. Zürich 1920). - W. Trübner, v. G. und die neuen Richtungen der Malerei, in Die Kunst, XXI (1915) 130ff. - Th. Duret, V. v. G., Paris 1916. - H. F. E. Visser, De Literatuur over V. v. G., in De Beweging (Amsterdam), XIII, 1917 I 322 bis 40; II 378-401 (auch als Sonderdr. ersch.). - Die Graph. Künste (Wien) XLII (1919) 52 ff. (2 Handzeichn. aus Wiener Privatbes., in. Taf.). -Riederer,Derjungev.G.,192O.-MeierGraefe, Aufsätze üb. v. G. im Neuen Merkur IV (1920121, Heft 213, 8. 9 u.ff.), als Vorbereitung für ein Werk über Vincent u. Theo v. G. - Für die weitere Bibliographie verweisen wir auf Nyhoff's Index, I (1909110) u. folg. Abbildungswerke: 9 farbige Gemaldereprodukt., de Bois, Harlem. - 24 Isographien nach Zeichnungen, van Meurs, Harlem. - 11 Lichtdrucke nach Zeichnungen, Veen, Amsterdam 1905. - V. v. G. 110 Teekeningen door V. v. G. uit de Verzamel. Hidde Nyland in het Mus. de Dordrecht, Amsterdam 1905; cf. Bespr. von Plasschaert in Onze Kunst, 1906 1 144 ff. - V. v. G., 40 Photocollographies d'après ses tableaux et dessins, Amsterdam, W. Versluys. - V. G.-Mappe, 15 Taf., München (Piper) 1912. - V. G.-Mappe, 16 Taf., Text v. Oskar Hagen, Marées-Gesellsch., 1919. - Beeidende Kunst, Utrecht W. Scherjon, II (191415) Taf. 8, 19, 34, 49, 62, 96; III 16; IV 91 : V 9-16, 36, 71. C. Glaser.