Goyen, Jan (Jan Josephsz. van), holl. Maler, Zeichner, *13.1.1596 Leiden, †27.4.1656 Den Haag.
Goyen, Jan van
Erstes von insgesamt fünf Kindern des Schuhmachers Joseph Jansz. van G. und dessen Ehefrau Geertgen Dircxdr. van Eyck aus Utrecht im elterl. Haus am Korte Schoolsteeg in Leiden geboren. Später zog die Fam. an den Aalmarkt. Dem zeitgen. Biographen Jan Orlers zufolge sollte G. auf Wunsch des Vaters Glasmaler werden. Der zehnjährige G. erhielt entsprechend Zeichenunterricht für zunächst drei Monate bei dem Landschaftsmaler Coenraet Adriaensz. van Schilperoort, dann bei dessen Lehrmeister Isaac Nicolai van Swanenburgh und bei Jan Arentsz. de Man, anschl. bei dem Glasmaler Cornelis Clock. Entgegen den Vorstellungen des Vaters wollte G. aber Maler werden und erhielt daraufhin bei dem Landschaftsmaler Willem Gerritsz. im nordholländ. Hoorn eine weitere künstler. Ausbildung. Um 1615 kehrte G. in seine Geburtsstadt zurück und bereiste für ein Jahr Frankreich, vermutl. in Gesellschaft seines früheren Lehrers Schilperoort. Lt. Orlers verhalf der Vater G. nach der Rückkehr zu einer Anstellung bei dem nur sechs Jahre älteren Esaias van de Velde in Haarlem. Diese letzte Ausb. zum Landschaftsmaler muß A. 1618 beendet gewesen sein, da sich G. zu diesem Zeitpunkt als selbständiger Meister in Leiden niederließ und dort am 5.8. Annetje Willemsdr. van Raelst heiratete. Zunächst wohnte das Paar in einem Haus in der Zonneveldstraat zur Miete. 1625 kaufte G. ein Haus in der St. Pieterskerkstraat, das er am 14.5.1629 an den Maler Jan Porcellis wieder verkaufte. Neben gelegentl. Aufträgen als Kunstgutachter scheint sich G. - wie für niederl. Künstler der Zeit üblich - berufl. auch außerhalb seiner künstler. Tätigkeit und v.a. in Immobilienspekulationen engagiert zu haben: Für 1629 und 1631 sind urkdl. mehrere Hauskäufe und -verkäufe nachgewiesen. Vermutl. in der zweiten Jahreshälfte 1632 übersiedelte G. nach Den Haag: Eine Urkunde vom 24.4. des Jahres erwähnt ihn als Hausverkäufer noch in Leiden wohnend, während am 30.11.1632 eine Tochter des Malers, vermutl. die älteste, Elsgen, in der Haager Grote Kerk beerdigt wurde. Noch vor seinem Ortswechsel erhielt G. am 15.2.1632 ein Viertel des nachgelassenen Vermögens einer Tante. Am 13.3.1634 bezahlte er fünf Gulden für das Bürgerrecht in Den Haag, war Mitgl. der örtl. St. Lukasgilde sowie 1638/39 und 1639/40 deren "hoofdman" (Obmann). Den Haag blieb bis zu seinem Lebensende ständiger Wohnsitz. G. ist auch in Den Haag häufig mit Immobilienkäufen und -verkäufen urkdl. vermerkt, besaß Häuser in der Singelgracht, Nieuwe Molstraat, Bierkade und Prinsegracht, verkaufte und vermietete an Malerkollegen wie Jan Schoeff, Paulus Potter und Jacob van der Does und lebte selbst in einem zweiten Haus in der Bierkade. Große Spekulationsverluste mit Tulpenzwiebeln während der sog. Tulpomanie 1636/37 scheinen G.s wirtschaftl. Niedergang eingeleitet zu haben, den er durch weitere Immobiliengeschäfte - auch als Bauherr - nicht mehr aufhalten konnte. In den 1640er Jahren unterschrieb er mehrfach Schuldverschreibungen. 1649 heiratete die Tochter Maria den Stillebenmaler Jacques de Claeuw, im selben Jahr die dritte Tochter Margaretha den Genremaler Jan Steen. 1651 waren die finanziellen Verluste so angewachsen, daß er die Zahlung an die Haager Stadt für ein Haus in der Nieuwe Veerkade für ein Jahr aussetzte. 1652 mußte G. seinen Kunstbesitz in seinem Wohnhaus in der Bierkade schätzen und schließl. für 3749 Gulden öff. versteigern lassen, zwei Jahre später nochmals Kunstbesitz für 2812 Gulden, die direkt an Gläubiger ausgezahlt wurden. Schließl. zog G. in ein am 25.9.1654 gekauftes kleineres Haus in der Wagenstraat, wo er bis zu seinem Tod wohnte. A. Houbraken berichtet, daß Jan Steen, Nicolaes Berchem und Adriaen van der Kabel Schüler von G. waren, doch weist nur das Œuvre von Kabel eine deutl. Prägung auf; vermutl. war dieser Schüler auch der Maler zahlr. Kopien nach G. Und obwohl Maler wie Jan Schoeff, Anthonie Jansz., Jacob van Goos, Willem van Diest und Reynier van der Laeck stets im Stile G.s gemalt haben, sind keinerlei Nachrichten über eine Lehre überliefert. Die Schulden beliefen sich bei G.s Tod auf rund 18.000 Gulden, weshalb seine Witwe und die beiden Schwiegersöhne bereits im Mai 1656 ein Beneficium inventarii einreichten. Zur weiteren Schuldentilgung ließ die Witwe am 27.9.1656 den gesamten Hausrat samt restl. Kunstbesitz für 2415 Gulden versteigern, 1657 wurden schließl. die sechs Häuser, die sich bei G.s Tod noch in dessen Besitz befanden, zugunsten der Gläubiger verkauft, u.a. an Jan Steens Vater Havick. Die erkrankte Witwe ließ im Mai 1672 ein Test. aufsetzen und vermachte darin die restl. Habe ihren Enkeln, da die Töchter bereits verstorben waren. - G. zählt mit seinem Œuvre von mehr als 1200 Gem. (Beck, 1973) zu den bedeutendsten Malern der nördl. Niederlande im 17. Jh. Datierte Werke begrenzen die eigenständige Schaffenszeit von 1620 (Sommerlandschaft, New York, Slg Henry H. Walden) bis in das letzte Lebensjahr (Fischerboote auf einem See, 1656, monogr., Frankfurt am Main, Städel). G. hat sich ausschl. auf die Darst. von Landschaften konzentriert. Das Frühwerk ist allein an seinem letzten Lehrer Esaias van de Velde orientiert, so daß deren vergleichbare Entwicklung in den frühen 1620er Jahren in der kunsthist. Lit. zuweilen zu Verwechslungen bei den Zuschreibungen führte. G.s Gem. haben zunächst die Landschaft der Niederlande zum Thema, ohne sich jedoch auf topogr. verifizierbare Ansichten zu beschränken. Er variiert Motive von Flüssen (Zwei Fischer auf dem Fluß, 1627, sign., York, City AG), Kanälen, Strand- und Küstenlandschaften (Fischerhütten am Strand, Amsterdam, Slg P. de Boer) und Dorfansichten (Landschaft mit Wirtshaus, 1627, monogr., Frankfurt am Main, Städel) zur Winter- (Winterliche Landschaft mit Schloß, 1625, sign., Amsterdam, RM) und Sommerzeit (Ein Angler am Flußufer, 1631, monogr., Glasgow, AG and Mus.), die er mit ländl. Figuren bei alltägl. Handlungen belebt, Wintertreiben auf zugefrorenen Kanälen (Eisvergnügen auf zugefrorenem Kanal, 1627, sign., London, Kunsthandel Slatter), wandernde und rastende Bauern mit ihren Familien (Landschaft mit Rastenden unter Eichenbäumen, Süddeutschland, Priv.-Bes.), Reiter (Zwei Reiter und eine Bettlerfamilie, Den Haag, Rijks versprijde kunstvoorwerpen; Reitender Bote auf Bogenbrücke, 1625, Lissabon, Slg A. de Medeiros e Almeida) und immer wieder einfache Boote (Bauer mit Boot, London, Kunsthandlung Colnaghi) mit Passagieren oder Fracht, oft als voll besetzte und Wasserläufe bildparallel kreuzende Fährboote (Fähre mit Passagieren und Kühen, Bremen, Priv.-Bes.). Soldaten erscheinen seltener im Figurenrepertoire (Straße mit Kriegsvolk im Dorf De Bilt bei Utrecht, 1623, sign., Braunschweig, HAUM) und werden bei zivilen Handlungen und nicht - wie bei Esaias van de Velde - in kriegerischen Aktionen vorgeführt. Die leicht gedrungenen Figuren der meist einfachen Landbevölkerung werden in detailreichen Genreszenen eingebettet, kostbar ausstaffierte Vertreter des reichen Bürgertums werden eher als kontrastierende Bildformeln in Winterlandschaften aufgenommen. Der Verzicht auf Überschneidungen von Mensch wie Tier ist char. für die Frühwerke. In der Trad. der Vier-Jahreszeiten-Serien in den fläm. Landschaftsdarstellungen komponiert G. seine Bilder häufig als Pendants, bevorzugt Sommer- und Winterszenen (Zugefrorener Kanal mit Bogenbrücke, 1621, sign.; Ein Bauerngehöft, Berlin, GG). V.a. im Frühwerk bedient sich G. des damals sehr beliebten Rundformats, das für die Landschaftsmalerei ebenso auf fläm. Ursprünge zurückgeht wie die bunte Farbigkeit und der erzählerische Kompositionsstil. Daneben tritt zunehmend das rechteckige Breitformat, ovale Querformate haben sich weniger erhalten (Vier Figuren mit Hund am Wegrand, Wien, Kunsthandlung Fröhlich). Die Landschaften werden meist durch einzelne, scharf konturierte Bäume gegliedert. Während sich die blattlosen Äste der Bäume im Winter wie kräftige Linien umeinanderschlingen, zeigt das Blattwerk der sommerl. Motive die unmittelbare Nähe zu Esaias van de Velde: Einzelne Blätter mit eher kreisrunden Konturen sind kaum überschnitten und bilden mit ihren Ästen ein verschieden dichtes, lichtdurchlässiges Flächenornament, das sich gegen den blau-weißen Himmel absetzt. Landschaftl. Elemente wie Hügel, Häuser oder Dünen verstellen den Blick in die Tiefe, mit den kaum ausformulierten Wolkenpartien besitzt der Himmelsbereich noch nicht den Stellenwert wie in späteren Gemälden. Warme Erdtöne kontrastiert G. mit frischen Lokalfarben, die er bevorzugt als rote oder blaue Akzente bei Figuren einsetzt. Ab M. der 1620er Jahre verbessert er seine Maltechnik, der Pinselstrich wird sicherer und offensichtl. schneller. Parallel zur holl. Landschaftsmalerei, bes. ihren Vertretern wie Pieter Dirksz. van Santvoort, Pieter de Molijn und Salomon van Ruysdael, entwickeln sich G.s eig. Bildfindungen hin zu einem Landschaftsausschnitt der heimischen Flachlandschaft mit tief angelegtem Horizont und damit verstärktem Gewicht der Himmels- oder Wolkendarstellung. Die Diagonalkompositionen, in die Häuser, sanfte Hügel, Bäume und Figuren einbezogen werden, stehen nun im Zentrum der Bildfindung. Die von Jan Porcellis in der Marinemalerei vorformulierte Vereinheitlichung des Bildraums übernimmt G. auch für seine Fluß- und Dünenlandschaften. Für die Dünenlandschaft mit rastenden Bauern von 1629, monogr. (Berlin, GG), teilt G. z.B. den Bildraum diagonal in Himmel- und Erdpartie, modelliert mit Sonnenlicht die zu Hügeln geschichteten warmen sandigen Flächen und entwirft Intervalle von Hell und Dunkel, die die vereinzelten Bauernhäuser verschatten. Die Figuren dienen nun eher einer maßstäblichen Orientierung denn als bildbestimmende Handlungsträger. Ihr Agieren erscheint belanglos und austauschbar. Die ältere Kompositionsweise farblicher Raumzonen mit Blau für Weite überarbeitet G. mit einer naturbezogenen Farbgebung: Verzicht auf harte Konturen, Minderung der Lokalfarben, dafür tonige Farbigkeit aus Grün, Braun und Gelb, beispielsweise weiche Übergänge des luftig getupften landschaftlichen Grüns über Häuser hinterfangendes helles Dünengras hin zu Braun und Ockergelb der Sandflächen bestimmen nun die Farbpalette. Fluß- und Kanallandschaften (Kanallandschaft, 1636, München, AP) mit Dreieckskompositionen dominieren sein Œuvre, allzu starker Tiefensog wird etwa durch einzelne zentral plazierte Bäume gemildert. M. der 1630er Jahre akzentuiert G. Licht- und Schattenpartien, fokussiert mittels Lichtführung einzelne narrative Momente, setzt wenige kleine Figuren in landschaftl. Ausschnitte, die eine gewisse Trostlosigkeit und Zerstörung zur Schau tragen, und verzichtet auf jede Form rascher Bewegung. Char. für diese Schaffensperiode sind Dünenlandschaften mit verwahrlosten und ruinösen Zäunen und Vierergruppen, meist zwei sitzende Rücken- und zwei gegenüberstehende Figuren, denen eine hervorgehobene Einzelfigur als Betrachter im Bild zugeordnet ist (Dünenlandschaft mit Ziegen, 1635, Braunschweig, HAUM). Zum E. des Jahrzehnts hin ist eine gewisse idealisierende Harmonie in seinen Werken zu erkennen, differenziertes tonales Silbergrau verdrängt Lokalfarben, ab 1640 bevorzugt als monotone Farbpalette mit Ockergelb und Goldbraun, die zudem eine reizvolle Kolorierung gegenüber einer realist. Naturdokumentation favorisiert. Zum Schaffensende hin kehrt G. mit gedämpften Brauntönen zu einer natürlicheren Farbgebung zurück. Winterl. Landschaften bieten die Möglichkeiten zu äußerst monotoner Kolorierung, indem Himmel und Eisfläche in lichten Brauntönen am Horizont verschmelzen und in den ebenfalls vorwiegend braun gekleideten Figuren kaum Abweichungen des Gesamteindrucks zulassen. Zurückhaltende Farbakzente finden sich höchstens in dunkelblau oder rot gemalten Kleidungsstücken. Der sehr tiefe Horizont erlaubt nun eine tief angelegte Figurenfülle auf Augenhöhe, ähnl. den dicht gestaffelten Stämmen in Waldlandschaften von Malerkollegen. Auf solch dicht gedrängte Landschaftsausschnitte hat G. stets verzichtet und die offene Sicht auf sanft ansteigende Hügel oder ferne Ortsansichten bevorzugt. In den 1640er Jahren widmet er sich panoramahaften Landschaften in großen Breitformaten, setzt die Horizontlinie auf ein Drittel bis ein Viertel Bildhöhe, staffelt Landschaftsstreifen aus nahen Bergrücken, Figuren, Wagen und Booten, Häuserreihen, Flußniederungen und fernen Orten zu Aufsichten, die durch sich schlängelnde Wasserläufe und Wege verknüpft werden. Farbl. Reihungen und alternierende Licht- und Schattenkonzentrationen verstärken die Wirkung. Anlaß sind zuweilen konkrete Stadtansichten (Ansicht von Arnheim, 1646, sign., Berlin, GG SMPK). Dabei können ferne und klein gezeichnete Windmühlen direkt neben riesig erscheinenden Kirchen stehen. Das topogr. genaue Zitat wird zugunsten einer Gesamtbildwirkung aufgegeben, indem etwa gegebene Architekturen neu angeordnet werden. Detailfülle wird durch verschmelzende und kaum differenzierte Farbstreifen suggeriert, aus denen sich zahlr. Türme erheben. Überfangen werden die "Panoramalandschaften" von großflächigen Kumuluswolken, die zum Horizont hin, etwa als feine Linie mit urbanen Andeutungen, in hellgraue Flächen einmünden. Diagonale Wasserläufe mit spiegelglatten Flächen, die in sanften Rundungen durch die Bildgründe geführt und von Booten befahren werden, geben eine diagonale Bewegungsrichtung vor, die von den Wolkenformationen gespiegelt wird, aber durch bildparallel kreuzende Fährboote und kleine Figurenreihen im Vordergrund etwas zurücktritt (Ansicht von Nijmegen, 1649, Berlin, GG SMPK). Winterlandschaften mit sich vergnügenden Menschen malt G. auch im letzten Jahrzehnt. Dabei rekurrieren die sich windenden blattlosen Zweige auf zeichnerische Erfahrungen und können spielerische Akzente der Lichtführung etwa durch schneebedeckte Astspitzen und sich darin brechende Wintersonne aufweisen. Noch in den allerletzten Lebensjahren war G. zu grandiosen Werken fähig, wenn er sich beispielsweise in seinem Haarlemer Meer (1656, Frankfurt am Main, Städel) - vermutl. an Werken des Marinemalers Willem van de Velde d.J. orientiert - zu dichter Atmosphäre und ausgewogenem Kolorit steigert. Die außergewöhnl. Produktivität zwingt G. zu sparsamer Malweise, Andeutung statt Ausformulierungen, immer wieder neue Kombinationen vorhandener Bildelemente wie Boote oder Wagen, Häuser, Zäune oder Figurengruppen. Char. sind mehrfache Wiederholungen und nur spärl. Variationen einmal erfolgreich formulierter Komp.: Z.B. hat G. mehr als zwanzigmal leicht variiert die Ansicht Nijmegens wiederholt (z.B. Aerdenhout, Slg J.H. Louden; Louvre; London, Kunsthandlung Spiller, 1960). G.s Gem. haben bei Zeitgen. nur geringe Preise erzielt, was G. anscheinend mit einer vermehrten Produktion auszugleichen suchte, obwohl Constantijn Huijgens ihn gemeinsam mit Poelenburg und Uytenbrouck als Künstler rühmte (1630), die "keinen unbedeutenden Namen" hätten. Gelegentlich haben zeitgen. Malerkollegen wie Hendrijk Gerritsz. Pot oder Pieter Codde bestimmte Gem. von G. für Bilder in ihren Interieurbildern als Beispiele aktuellster Landschaftsmalerei zitiert. Öff. Aufträge hat G. kaum erhalten: 1651 malte er für den Magistrat von Den Haag eine mon. Ansicht der Stadt für das Bürgermeisterzimmer im Rathaus, das Honorar von 650 Gulden wurde aber zur Begleichung seiner Schulden einbehalten. G.s zeichner. Œuvre umfaßt mehr als 800 Blätter, darunter Feder- (Fährboot mit Planwagen, Hamburg, KH) und Tuschpinselzeichnungen (Marktszene, Amsterdam, Rijksprentenkabinet), Aquarelle (Wintervergnügen, 1626, St. Petersburg, Ermitage) und Kreidezeichnungen (Wagen vor einem Gehöft, 1626, Wien, Albertina). Skizzenbücher in der Albertina in Wien (um 1630), im BM in London (um 1627-35), in der Slg Bredius und in Dresden (um 1648) und ein aufgelöstes Skizzenbuch von 1651 dokumentieren G.s Reisen durch die nördlichen und südlichen Niederlande und Deutschland. Erste Zchngn ab ca. 1624 sind konkrete Naturstudien, die auch in seine Malerei einfließen, und haben kleinformatige Sommer- (Ansicht von Leiden, sign., Rotterdam, BvB) und Winterlandschaften (Eisvergnügen, Brüssel, MRBAB), Flußmotive (Haus am Flußufer, sign., Frankfurt am Main, Städel) und weitläufige Seebilder (Marine, sign., 1624, Amsterdam, Slg P. de Boer) zum Thema. Zudem zeichnet er Dorfstraßen (Hütte am Weg, Rotterdam, BvB) und schließlich Genreszenen (Fischhändler, Hamburg, KH; Der Muschelmann, Leiden, Rijksprentenkabinet), auf die er in seinen Gem. gänzlich verzichtet hat. In G.s Zchngn stehen häufig die Menschen und ihr alltägl. Leben im Zentrum des Interesses, während die Landschaft zurücktritt, zur Bildbühne reduziert ist (Zwei Hirten mit Kuhherde, Amsterdam, Prentenkabinet) oder als dekoratives Beiwerk fungiert. Zchngn haben sich aus allen Jahren seines kreativen Künstlerlebens erhalten und immer wieder Kollegen als Vorbild gedient. Im 17. und v.a. im 18. Jh. haben sich zahlr. Druckgraphiker seiner Entwürfe bedient: William Austin, Jacques Bacheley, William Baillie, Pierre François Basan, Carel Frederik Bendorp, Leendaert Brasser, Hendrik Busserus, Jan Jacob Bylaert, Anne-Philiberte Coulet, Willem Delff, William Elliot, Marie Fürstenberg, Franz Gabet, Johann Groensvelt, James Hazard, Cornelis van Noorde, Christopher Norton, Cornelis Ploos van Amstel, Hendrik Spilman, Philip Lambert Joseph Spruyt, Jan de Visscher, François Vivares, Franz Edmund Weirotter und Gotthilf Wilhelm Weise haben insgesamt etwa 80 Blätter nach G. in Kupfer gestochen und radiert. Die bei Hollstein als eigenhändig aufgelisteten 10 Rad. werden in der neueren Forsch. zu Recht angezweifelt.
Gem.:
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
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Weitere Lexika:
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Gedruckte Nachweise:
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Goyen (Goien), Jan Josephsz. van, holländ. Landschaftsmaler, -Zeichner und vielleicht Radierer, geb. 13. 1. 1596 in Leiden, †27. 4. 1656 im Haag. Seine Eltern waren Joseph Jansz. von Leiden u.Geertgen Dircxdochter aus Utrecht, die sich Sept. 1594 in Leiden vermählten (Mitt. v. A. Bredius). Kam 10jährig zu dem Leidener Landschaftsmaler Coenraet Adriaensz. van Schilperoort in die Lehre. Schon nach drei Monaten wurde er, ebenfalls nur für kurze Zeit, Schüler des Isaack van Swanenburch. Sein dritter Meister war Jan Arentsz. de Man. Bei diesen dreien soll C. ausschließlich zeichnen gelernt haben. Der Vater, der ihn zum Glasmaler ausbilden wollte, gab ihn dann zu Corn. Cl. Clock in die Lehre. Als G. jedoch Widerwillen gegen dieses Gewerbe zeigte, kam er schließlich zu dem Maler Willem Gerritsz. in Hoorn, bei dem er 2 Jahre ausharrte. Nach vollendeter Lehrzeit (vermutlich um oder kurz nach 1610) kehrte G. nach Leiden zurück, wo er sich selbständig weiterbildete. Um 1615 unternahm er eine Reise durch Frankreich; nach 1jähr. Abwesenheit kam er nach Leiden zurück, wo er wieder einige Zeit selbständig arbeitete. Seinem noch nicht befriedigten Lerndrang gab der Vater nach, indem er ihn ein Jahr lang in die Schule des Es. van de Velde nach Haarlem schickte. Dann erst ließ sich G. als selbständiger Meister in Leiden nieder, vermutlich Anfang 1618. Am 18. 7. 1618 verheiratete er sich mit Anna Willemsdochter van Raelst. Ziemlich rasch muß er es zu Ansehen gebracht haben: 1626 und 1628 taxiert er, beide Male zusammen mit dem erheblich älteren Aernout Elsevier, einen Bildernachlaß. Constantyn Huyghens nennt ihn um 1630 in einem Atemzug mit Poelenburgh und Uytenbrouck, indem er sagt, daß die drei "wahrlich keinen unbedeutenden Namen" hätten. Eine Urkunde vom 14. 5. 1629 zeugt zum erstenmal von der Leidenschaft, die neben der Malerei G.s Leben ausfüllte: die Häuser- und Grundstückspekulation; an diesem Tage verkaufte er dem Marinemaler Johan Porcellis ein Haus in der St. Pieterkerkstraat. Am 6. 11. 1631 wird er in Leiden anläßlich des Verkaufes eines Gartens genannt. Dann zogen ihn die besseren Existenzbedingungen nach dem benachbarten Haag, wo er am 13. 3. 1634 das Bürgerrecht erwarb. 18. 8. 1634 ist er wieder in Haarlem nachweisbar; dort wohnte er bei dem Rahmenmacher und Kunsthändler Ysaack van Ruisdael, dem Vater des Jacob v. R., und wurde am 5. 9. 1634 mit einer Buße belegt, weil er, ohne daß er oder sein Gastherr reguläres Mitglied der Gilde waren, Bilder gemalt u. wahrscheinlich auch verkauft hatte. Am 13. 3. 1635 kaufte er sich im Haag ein Haus an der Veenkade. Wann er in die St. Lucasgilde eintrat, steht nicht aufgezeichnet, wohl aber, daß er in ihr 1638/40 das Amt eines Obmannes bekleidete. Fast von Jahr zu Jahr hören wir von ihm bei Häuserkäufen u. -Verkäufen, hypothekarischen Verschreibungen, Steuerabgaben für ihm gehörige Häuser und dgl. G. lieg auch auf eigene Rechnung Häuser bauen u. scheint, wie aus Notizen und Entwürfen in seinen Skizzenbüchern hervorgeht, auch selbst als Baumeister sich betätigt zu haben. Seine Spekulationswut ließ ihn 1637 ein Opfer des damals epidemisch auftretenden Tulpenschwindels werden; noch 1641 hatte er an einer Schuldenlast für 1637 gekaufte Zwiebeln zu tragen. Mit seinen Grundstückspekulationen scheint er nicht glücklicher gewesen zu sein. Kunstwerke waren für ihn, wie für die meisten Maler der Zeit, ebenfalls ein Spekulationsobjekt. Dabei scheint er bessere Erfolge erzielt zu haben. Wir wissen, daß in den Jahren 1647, 52 u. 54 Kupferstiche u. Gemälde für ihn zu ansehnlichen Gesamtbeträgen versteigert wurden. Darunter befanden sich auch eigene Werke; für solche mußte er sich mit recht bescheidenen Preisen, oft mit wenigen Gulden, begnügen. Durch seine fabelhafte Produktivität drückte er die Preise seiner eigenen Schöpfungen. Als einzige öffentliche Auszeichnung erhielt er 1651 einen Auftrag des Magistrats, eine große Ansicht des Haag für das Rathaus zu malen (jetzt im Gemeente-Mus. im Haag). Die ihm dafür angebotene beträchtliche Summe von fl. 650 bekam er aber selbst nicht zu sehen; sie diente als Abschlagszahlung für eine größere Schuld, die er bei der Stadtverwaltung für ein von dieser erworbenes Grundstück stehen hatte. G. starb in ärmlichen Verhältnissen in einem Haus an der Wagenstraat, das er am 25. 9. 1654 gekauft hatte. Am 30. 6. 1656 reichten die Erben, die Witwe mit ihren beiden Maler-Schwiegersöhnen Jan Steen u. Jacques de Claeuw, ein Gesuch um das Beneficium inventarii ein. Der Nachlaß wurde am 23. 9. 1656 öffentlich versteigert. Am 20. 2. 1657 wurde mit den vielen Gläubigern, meist angesehenen Herren im Haag u. Delft, abgerechnet. Die Witwe lebte noch 1672 im Hofje van Nieuwkoop an der Prinsegracht im Haag. Nach den Vorwürfen, die G. malte u. zeichnete, hat er mehrfach Holland nach allen Richtungen durchquert. Er malte Motive längs der Küste von Egmond aan Zee in Nordholland bis nach Zeeland, sowie die dahinterliegenden Städte Haarlem, Leiden, Haag, Delft u. bordrecht. Nach dem Süden drang er bis Antwerpen vor. Den breiten Flußläufen entlang zog er landeinwärts nach Herzogenbusch, Nimwegen, Rhenen u. Arnheim; die östlichsten Punkte, die er gemalt hat, sind Cleve u. Emmerich. Aus den Datierungen der Bilder ist jedoch nicht zu entnehmen, daß er zu den in ihnen angedeuteten Zeitpunkten stets an den betreffenden Örtlichkeiten geweilt habe. Die meisten seiner topographischen Ansichten sind nach früher gemachten Studien, oft wohl sogar aus dem Gedächtnis gemalt worden. Entwicklungsgang. Von welchem Einfluß die ersten fünf Meister G.s auf die Bildung seiner Kunst gewesen sind, ist nicht mehr festzustellen, da wir von ihnen nur einen, Isaack van Swanenburch, durch einige wenige auf uns gekommene Werke kennen, u. diese bieten nicht die geringsten Vergleichspunkte mit den frühesten uns erhaltenen Werken G.s. Solche setzen erst um 1620, also nach der bei Es. v. de Velde durchgemachten Lehrzeit, ein und tragen dermaßen dessen Stempel, daß sie als direkte Nachahmungen angesprochen werden können: in Vorwurf u. Malweise, Farbenwahl u. Format schließt sich G. an seinen Lehrmeister an (z. B. auf zwei kl. Rundbildchen, das eine 1621 dat., in Berlin, Nr 865 A u. B). Geistvoll gezeichnete, farbige Figürchen beleben die noch etwas komponierten Landschaften; in der den Grundton angebenden braunen Untermalung liegt bereits der Keim für die sich nachher entwickelnde Tonmalerei. Charakteristisch sind für diese Stufe die korallenartig geformten Bäume u. die schweren, wenig plastischen Wolken. Auf der breit u. anekdotenhaft behandelten Figurenstaffage liegt zunächst das Hauptgewicht (Braunschweig Nr 339, dat. 1622), doch beginnt bald schon das landschaftl. Element zu überwiegen (Bremen Nr 48, dat. 1625). Von etwa 1627¡28 ab finden wir im Werk G.s schon reine Landschaftsbilder, in denen das Figürliche zur Staffage im eigentlichen Sinn reduziert erscheint (Frankfurt a. M. Nr 242 A, dat. 1628). Gleichzeitig fangen auch die erst kräftigen Lokalfarben an, mehr u. mehr zu verblassen u. sich in grüngrauen u. gelbbraunen Gesamttönen aufzulösen. Ob hier an den Einfluß von G.s Stadtgenossen Porcellis zu denken ist, wird unbeantwortbare Frage bleiben müssen. Parallel mit dieser Wandlung der Farbe geht in der Kunst G.s eine auffallend starke Vereinfachung des Gegenständlichen. Alles Anekdotische, auch in der Landschaftsschilderung, fällt weg. Der denkbar einfachste Naturausschnitt, eine Dünenpartie, ein Gehölzsaum, eine schmucklose Bauernhütte, wird zum Bildvorwurf erhoben. Gewisse Lichteffekte, bei denen über dem Vordergrund ein dunkler Schattenstreifen liegt, treten in oft schematischer Wiederholung auf; in den mit ihnen kontrastierenden hellen Partien dominiert ein auffallendes Stroh- oder Schwefelgelb (Braunschweig Nr 340, dat. 1635). Bis gegen 1636 überwiegen Festlanddarstellungen. Von da an werden Flußlandschaften häufiger u. bilden schließlich den Hauptkern in G.s Werk. Mit ihnen kommt auch wieder ein reicherer Zug in die Komposition. Ein immer größerer Teil der Bildfläche wird jetzt von dem sorgfältig studierten hohen Wolkenhimmel eingenommen. Die Lichtgegensätze werden noch schärfer herausgearbeitet. Die Farbengebung bleibt einheitlich abgetönt, bald in bräunlichen, bald - zumal nach 1640 - in blassen graugrünen Mischungen (Amsterdam Nr 992, dat. 1645). In der zweiten Hälfte der 40 er Jahre tritt ein warmes Braun als Grundfarbe immer stärker hervor u. beherrscht z. T. auch noch die Spätwerke (Frankfurt a. M. Nr. 241, dat. 1656). Daneben aber fangen gelegentlich, besonders in Winterlandschaften, kräftigere Lokalfarben wieder an aufzutreten (Berlin Nr 865 C, dat. 1650). Andere Spätwerke, zumal stürmische Flußlandschaften, sind oft auf einen grauen Gesamtton abgestimmt (Haag Nr 624, dat. 1655). Die koloristische Entwicklung G.s seit der zweiten Hälfte der 30 er Jahre ist darum schwer zu beschreiben, weil er sich gleichzeitig, je nach den landschaftl. Stimmungen, denen er nachstrebt, ganz verschiedener Farbenmischungen bedient. Der Tod ist an ihn auf der Höhe seiner Künstlerschaft herangetreten. Wennschon G.s Bedeutung auf dem Gebiet der Landschaftsdarstellung liegt, verdient doch auch die Meisterschaft, mit der er das figürliche Element beherrschte, hervorgehoben zu werden. Nur selten nehmen seine Figuren im Verhältnis zum Bildganzen größere Proportionen an. Ob die beiden großen Bauernbilder in Budapest (Mus. Nr 341, dat. 1635, und Privatbes. Samml. Biehn) wirklich von seiner Hand sind, ist eine noch nicht endgültig entschiedene Frage. Daß G., wie aus alten Auktionskatalogen zu entnehmen wäre, auch Bildnisse gemalt habe, ist vollends zweifelhaft; die Bezeichnung "VG pinx" auf dem durch W. Delff gestoch. Bildnis des Theologen Jacobus Triglandius ist jedenfalls nicht in "v. Goyen" aufzulösen. G. war ein Maler von ungeheurer Produktivität; aber auch die flüchtigsten Schöpfungen seines Pinsels tragen den Stempel hoher Künstlerschaft. Bei der geringen Wertschätzung, die seinen Bildern bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrh. entgegengebracht wurde, ist offenbar ein ansehnlicher Teil seines Lebenswerkes verloren gegangen. Die Zahl der noch nachweisbaren, durch Hofstede de Groot katalogisierten Bilder beträgt immer noch über 1000. Zeichnungen. G. hat s. Bilder in der Regel nicht nach der Natur gemalt; um so fleißiger aber hat er vor der Natur gezeichnet. Tausende, z. T. aus aufgelösten Skizzenbüchern stammende, meist mit schwarzer Kreide gezeichnete Studien legen davon Zeugnis ab. Wie die Gemälde, kennzeichnet sie ein flotter, loser Strich. Als wertvolle Dokumente sind drei Skizzenbücher unaufgelöst erhalten geblieben (Kupferstichkab. Dresden, SIg A. Bredius im Haag u-Kunsthandel). Radierungen. Eine Reihe von sieben Radierungen, die G. zugeschrieben werden, sind wahrscheinlich nicht von ihm selbst geätzt. Denn keine ist mit "fecit" bezeichnet, u. anderseits ist die Schreibweise seines Namens auf diesen Blättern von einer Orthographie, wie G. sie nie, weder auf Zeichnungen noch auf Gemälden, gebraucht hat. Eine Zusammenstellung von Stechern u. Radierern, die nach Vorlagen G.s gearbeitet haben, bei Wurzbach. Als eigentliche Schüler G.s werden durch Houbraken genannt: Berchem, Jan Steen und Ary van der Kabel. Ober diese hinaus aber ist die Wirkung von G.s Kunst auf seine Zeitgenossen eine überaus starke gewesen. Vor allein im Haag, doch auch in Leiden u. Haarlem, hat sie zahlreiche Nachfolger und Nachahmer gefunden. P. Jz. v. Asch, F. Knibbergen, W. Knyff, W. Kool, Anth. u. Jacob v. d. Croos, F. de Hulst u. Maerten Fz. de Hulst (od. Hutft), R. v. d. Laeck, H. de Meyer, F. de Momper, P. Nolpe, Jan de Vos u. der noch nicht identifizierte Monogrammist LB sind zu ihnen zu zählen. Aber auch für S. v. Ruysdael u. A. Cuyp ist die Kunst G.s von entscheidender Bedeutung gewesen. Ein Bildnis G.s in vorgerückten Jahren ist uns in einem kleinen Gemälde Terborchs (jetzt in der Gal. Liechtenstein in Wien) überliefert; die durch C. de Moor danach gefertigte Radierung hat dem bei Houbraken u. Weyerinan vorkommenden Bildnis als Vorlage gedient. Ploos van Amstel hat eine durch ihn reproduzierte Zeichnung v. Dycks (Alten 9) willkürlich als Porträt G.s herausgegeben. Auch die Angabe des Stechers J. Wright, der 1771 eine durch ihn nach einem Vorbild von Frans Hals geschabte Familiengruppe als v. G. mit Frau u. Kind bezeichnete, ist freie Erfindung. Quellen: Orlers, Beschrijv. der Stad Leyden, 1641 p. 373. - v. Hoogstraten, lnleyding usw., 1678 p. 273. - Houbraken, De gr. Schoub., I 166, 170; II 111, 235; III 13. - Weyerman, Levensbeschrijv., 1393. - I m - merzeel, Levens en Werken. - Kramm, Levens en W. - Obreen's Archief, 111 276; V 72 ff., 110, 214. - Oud-Holland, IX 117; X 31ff.; XIV 113ff.; XXXVII 125ff. - B red i us, Künstlerinventare, II (Quellenstudien zur holl. Kstgesch. VI), 1916 p. 557 ff. Biographisches: Bode, Meister d. holl. und vlam. Malerschulen, 1917 p. 162 ff.; ders., in Zeitschr. f. bild. Kunst, VII 166 ff. - Hofstede de Groot, Einleitg z. Beschr. u. krit. Verz. (s.u.). - P. Mantz, in Gaz. d. B: Arts, 1875 11138151, 2981311. - A. v. Wurzbach, in Dohmes Kunst u. Künstler, II 2 p. 9-16; ders., Niederl. Kstlerlex., I. - Bredius-Bundel, 1915 I 181 (Martin, Über Zusammenarbeiten G.s mit Jan Steen u. Jacob Fz. v. d. Merck). Verzeichnis der Werke: Gemälde :Hof stede de Groot, Beschr. u. krit. Verzeichnis, VIII 1ff. (noch nicht erschienen. im Manuskript benutzt). - Radierungen : Dutuit, Man. de l'amateur des est., IV 523. Ausstellungen u. zu einzelnen Werken: Jahrb. d. Preuß. Kstsamml., IV 204 (Ausstellg Berlin 1883). - Katalog d. y. G.-Ausstellg in Amsterdam 1903, m. Einleitung von F. Lugt. - Onze Kunst, 1903 II 65 ff. - Ned. Spectator, 1903 p. 260, 285. - Bulletin v. d. Neded. Oudheidk. Bond, 1. Serie IV 218 ff. - Katal. d. HudsonFulton-Celebration, New York 1909 I 18ff. - Kat. von Ch. Sedelmeyer, Paris 1894 ff. und J. Goudstikker, Amsterdam 1915ff. - Frimme I, Bl. f. Gemäldekunde, 1905 p. 71. - Österreich. Kunsttopogr. II p. XXXII, 326. - Les anc. Ecoles de Peinture dans les Palais de Russie, 1910 p. 99 ff. - Couvez, Invent. Objets d'art de la Flandre occid., 1852 p. 446, 465. - O. Granberg, Trésors d'art en Suède, 1911/13, I 35 ff., Taf. 45 u. 46; III 85, Taf. 15 u. 31. - Bull. de la Soc. de l'Hist. de l'art franç., 1911 p. 306, 310 ff. - Spemanns Museum, I-XI (s. Reg.). - Willis, Niederländ. Marinemal., Leipzig 1911. - Cicerone (Zeitschr.), V 415 f.; IX 398; XII 789. - Mu^B6veszet, 1902ff. III, X. - Arch. stor. dell' arte, V 230 (Bilder der Slg Morelli - Bergamo). - Kunstmuseets Aarsskrift, Kopenhagen I (1914). - Burlington Magazine, XXVII (1915) 170 ff. - Beeidende Kunst, II Taf. 16; III Taf. 25; IV Taf. 1, 20, 48; V Taf. 23. - Onze Kunst, 1917 1 64. - Martin und Moes, Altholländ. Malerei, I (1911112) Taf. 17, 48, 52, 71; II (1913!4) Taf. 62. - Mireur, Diet. d. ventes d'art, III (1911). - Jahrb. d. Bilder- u. Kstbl.-Preise, Wien 1911ff., II, III, VIVI. O. Hirschmann.