Jordaens, Jacob (Jacques; Jakob), fläm. Maler und Zeichner, *19.5.1593 Antwerpen, †18.10.1678 ebd.
Jordaens, Jacob (1593)
Ältester Sohn des Lw.-Händlers Jacob J. und dessen Frau Barbara von Wolschaten; Vater des Malers Jacob oder Jan J. (*1625). Seine Fam. zählte zum gehobenen Stadtbürgertum Antwerpens und war wohlhabender als die frühere Forsch. angenommen hatte. Seine Cousine Elizabeth war mit Peter Goetkint jun. verh., Nachfahre einer bed. Kunsthändler-Fam., die von Antwerpen mit dem Vizekönigreich Neuspanien Handel betrieb. Goetkints Schwester war wiederum mit J.s Kollege Abraham Janssens (*1567) verheiratet. Zu J.s Ausb. ist gesichert, dass er am A. des Rechnungsjahres 1607/08 als 15-Jähriger bei Adam van Noort seine Lehre begann. Zu van Noorts weiteren prominenten Schülern zählten Hendrick van Balen, Sebastian Vrancx und Peter Paul Rubens. Das Lehrgeld für die Ausb. bei van Noort war kostspielig, wie die Quellen um Matthijs Willenhout belegen, der van Noort nach E. seiner Lehrzeit die Summe von 115 Gulden für Ausb. und Unterbringung schuldete. Die Einträge der Liggeren der Antwerpener Lukasgilde zeigen, dass über 30 Maler, viele davon später mit eig. großen Wkstn, ihre Ausb. bei van Noort absolvierten. J. erhielt zuvor sicher Unterricht in Niederl. und Frz.; beide Sprachen beherrschte er den erh. Briefen zufolge fließend, sowie etwas Lat. und ein wenig Griechisch. Möglicherweise besuchte er auch eines der jesuitischen oder augustinischen Kollegs. Als Sohn eines Lw.-Händlers ist es jedoch naheliegender, dass er eine der kaufmännisch und gegenwartssprachlich orientierten "Duytschen" oder "Walschen" Schulen besuchte. 1616 erhielt er die Meisterwürde als Wasserfarbenmaler, was seine Vorliebe für Deck- und Wasserfarben neben der prestigeträchtigeren Ölmalerei erklärt. Lw.-Behänge dienten J. als Ersatz für Tapisserien, aber auch für Teppichentwürfe, was seine spätere intensive Beschäftigung mit dem Thema Wandbehang vorgeprägt haben mag. Am 15.5.1616 heiratete J. die Tochter seines Lehrmeisters, Katharina van Noort (1589-1659); zwei Jahre später zog das Paar von der Wohnung der Schwiegereltern in der Everdijsstraat in ein eig. Haus in der Hoogstraat, das J. erworben hatte. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Elizabeth, Jacob und Anna Catharina. Es ist nachg., dass J. 1620 einen Lehrling namens Charles de Val einstellte. Ein Jahr später wurde J. vom Magistrat gegen seinen Willen zum Prodekan der in dieser Zeit verschuldeten Lukasgilde gewählt. J. hatte sich zunächst geweigert, da 1619 per Erlass vorgesehen worden war, dass der Dekan Fehlbeträge selbstständig begleichen musste, woraufhin J. eine Konventionalstrafe von 100 Gulden angedroht wurde. Er konnte jedoch durchsetzen, dass er nicht für die Verfehlungen seiner Vorgänger belangt werden konnte. Er wurde - wohl auf eig. Bestrebungen hin - nach seiner Amtszeit als Prodekan nicht zum Dekan ernannt, was das übliche Verfahren gewesen wäre. J. baute bereits seit M. der 1620er Jahre eine umfangreiche Wkst. auf; bis E. der 1630er Jahre sind diverse Anmeldungen von Lehrlingen durch J. belegt. Erst 1628 ist jedoch ein großformatiges Altarbild für die Augustinerkirche in Antwerpen als Auftragsarbeit J.s bezeugt (Martyrium der Hl. Apollonia, heute ebd.). Dass Rubens ihn für diesen Auftrag empfahl, wird vermutet, ist jedoch nicht gesichert. 1634-37 sind versch. Gemeinschaftsarbeiten mit and. Künstlern, etwa mit Cornelis de Vos belegt, so der Philippusbogen oder auch der Janustempel, welcher als hochrangiges ephemeres Kunstwerk für den Einzug des Kardinalinfanten Ferdinand in Antwerpen gestaltet worden war. Auch Ausf.-Arbeiten nach Skizzen Rubens' sind nachg., so 1637 Apollo und Marsyas für das Jagdschloss Torre de la Parada (heute Niederlande, Priv.-Slg). Im Künstler-Wettb. um die Ausmalung des kgl. Schlosses in Greenwich 1639 konnte er sich behaupten und war spätestens nach Rubens' Tod ein Jahr später der ausführende Künstler. Im gleichen Jahr erwarb er, in ähnlicher Weise wie zuvor Rubens, Nachbarhäuser seines Hauses und konnte so den Komplex von Wohnen und Arbeiten repräsentativ gestalten, was heute noch an der 1641 dat. Barockfassade erkennbar ist. Decken und Wände wurden von J. gestaltet (Szenen aus Amor und Psyche); Fragm. sind im Pal. du Luxembourg (Paris) und im Haus des Chr. van der Linden (Antwerpen) erhalten. Der Tod Rubens' bedeutete insofern eine Zäsur, als J. von nun an noch umfangreichere Aufträge erhielt: neben Großprojekten in Antwerpen mehrere Altarbilder, etwa für die Abtei Tongerlo (Altar des Hl. Paulus, heute verschollen), was zwingend einen größeren Mitarb.-Stab erforderte. 1642 arbeiteten in der Wkst. mindestens sechs Mitarb.; 1646/47 vergrößerte sich diese Zahl wohl noch stark, da allein in diesem Jahr sechs Anmeldungen von Lehrlingen erfolgten. Zwei Jahre zuvor begann J. Kartons für Wandteppiche zu malen und etablierte sich mit diesem Zweig schnell in der fläm. Kunstlandschaft. 1644 schuf er die sog. Sprichwort-Teppiche für die Weber Boudewijn van Beveren, François van Cotthem und Jan Cordijs; die früheste Ser. wurde 1647 von Erzherzog Leopold Wilhelm gekauft (heute Hluboká nad Vltavou, Schloss Hluboká), eine weitere Ser. aus dem letzten Drittel des 17. Jh. befindet sich heute in Tarragona, Mus. Diocesà. Ferner sind das Leben Alexanders des Großen (heute u.a. Rom, Pal. Chigi-Odescalchi) oder das Landleben (heute u.a. Mansfield, Hardwick Hall) sowie die 1645 geschaffene, aus acht Tapisserien bestehende Reitschule (heute acht Tapisserien der "kleinen Pferde" in Hluboká nad Vltavou, Schloss Hluboká; die Ser. der "großen Pferde" in Wien, KHM) zu erwähnen. 1648 ist belegt, dass Peter Spiering, Kunstagent Königin Christinas von Schweden in Den Haag, den Antrag stellte, zehn der 35 Gem. für den Hof durch die Vereinigten Prov. transportieren zu dürfen. Die Gem. sollten laut eines weiteren Agenten, Johan-Philip Silvercron, zumindest von J. voll. und sign. werden und waren für die Deckenausstattung des Schlosses in Uppsala gedacht. Sie kamen nie dort an und wurden wohl beim Brand des alten Schlosses in Stockholm 1697 fast vollst. zerstört. Auch zwölf Passionsszenen, die er ab 1654 für König Karl Gustav von Schweden ausführte, sind nicht erhalten. Aufträge kamen auch aus den nördlichen Niederlanden, darunter mon. Ausstattungsprogramme für den Oranjesaal im Huis ten Bosch in Den Haag 1552, wie in mehreren Briefen an Constantin Huygens, der als Vermittler fungierte, deutlich wird. Das Werk Der Triumph Prinz Friedrich Heinrichs, das er für diesen Raum ausführen sollte (heute ebd.), wurde ihm in einer Skizze von Jacob Pietersz. van Campen visiert. J. schlug jedoch diverse ikonogr. Änderungen vor. Der Auftraggeberin, Prinzessin Amalia van Solms, schickte er nach Voll. des Werks eine Bildinterpretation auf Französisch. 1661 folgten für das kurz zuvor voll. Amsterdamer Rathaus (Paleis op de Dam) drei Gem. zur röm. und jüdischen Gesch. (heute ebd.); zwei hiervon waren Tl der Dekoration der großen Gal. und haben Der nächtliche Überraschungsangriff der Römer durch Claudius Civilis und Die Friedensstiftung zw. Civilis und Cerialis zum Inhalt . Das dritte Gem., Samson schlägt die Philister in die Flucht, befand sich im Antichambre. Laut eines Schreibens des Bürgermeisters an den Schatzmeister der Stadt vom Jan. 1661 sollte J. 1200 Gulden für ein Gem. erhalten. Ebenso ist nachg., dass J. im folgenden Jahr das Werk persönlich nach Amsterdam brachte und für seine Verpflegungskosten wie für jene der mitgereisten Schwester ebenfalls Geld aus der Stadtkasse erhielt. Der Lukasgilde seiner Heimatstadt schenkte er 1665 drei Werke mit Allegorien (heute Antwerpen, Koninkl. MSK) für die 1663 gegr. Akad. und deren neu eingerichteten Versammlungs- und Bankettsaal im ersten Stock der Börse: Justitia, Handel und Industrie beschützen die Künste und Pegasus. Zahlr. and. Künstler schufen Werke für den Akad.-Saal, etwa Théodore Boeyermans (Antwerpen als Nährmutter der Künste, 1665, Antwerpen, Koninkl. MSK) und Artus Quellinus d.Ä., der eine Marmorskulptur des Statthalters anfertigte, was das gesteigerte Interesse der Künstler belegt, ihr Werk in diesem spezifischen Raum zu präsentieren. In den Reg. der Gildekammer wird primär den Malern ehrenvoll für die Ausstattung gedankt. J. wird "Mynheer" genannt, eine Bezeichnung, die hoch angesehenen Personen vorbehalten war. Darüber hinaus erhielt J. lt. der Rechnungsbücher der Gilde von 1666/67 eine silberne Wasserkanne mit Schale, die 336 Gulden kostete, Boeyermans einen Silberbecher im Wert von 125 Gulden. Bereits in den 1630er Jahren näherte sich J. dem Calvinismus an; zw. 1651 und 58 ist er als Verbreiter häretischer (schandaleuse) Schr. in Gerichtsprozesse verwickelt. Die relig. Gesinnung J.s bzw. seiner calvinistischen Auftraggeber hat sich nur sehr begrenzt im Werk niedergeschlagen; evtl. sind leichte Änderungen in der Konzeption von Der König trinkt (u.a. Paris, Louvre) oder Wie die Alten sungen (u.a. Antwerpen, Koninkl. MSK; Ottawa, NG of Canada) zu bemerken, doch v.a. arbeitete J. wie seine Zeitgen. marktorientiert und überkonfessionell; seine später erfolgte Konversion war für die Auftraggeber von sekundärer Bedeutung. 1659 starb seine Frau und wurde in der Kap. oder auf dem Friedhof der calvinistischen Gemeinde im niederl. Putte beigesetzt. Im selben Jahr belegen Steuerunterlagen der Rekenkamer anhand des Immobilien-Bes. von J., dass er der wohlhabendste Künstler seiner Stadt und unter den 400 reichsten Bürgern einzuordnen war. 1661 lobte de Bie J. ausführlich in seinem Hw. Gulden Cabinet. Unter den Besuchern der berühmten Wkst. J.s war auch der Hamburger Maler Matthias Scheits, der 1669 von J. freundlich aufgenommen und durch seine Gem.-Slg geführt wurde. Diese umfasste sowohl eig. als auch Werke and. Meister. 1671 erhielt J. gemeinsam mit seiner Tochter Elizabeth die Hl. Kommunion der calvinistischen Kongregation "De Brabantsche Olijfberg" in Antwerpen; zw. 1674 und 78 wurden lt. des Pfarrregisters diverse calvinistische Messen in seinem Haus gefeiert. Am 5.5.1677 besuchten Prinz Wilhelm III. von Oranien und Constantin Huygens, nun dessen Sekretär, den bereits stark geschwächten J. in seinem Haus und erwähnten auch die Skulpturen-Slg des Künstlers in einem der Räume. Am 18.10.1678 stirbt J., sehr wahrsch. an der zu dieser Zeit grassierenden, sog. Antwerpener Seuche; seine Tochter Elizabeth stirbt am selben Tag. Vater und Tochter wurden, wie bereits Katharina van Noort knapp 19 Jahre zuvor, in Putte beigesetzt. Alle drei werden namentlich auf einem Grabstein gen., der seit 1877 in ein Mon. eingearbeitet ist, das von einer Bronzebüste Jef Lambeauxs bekrönt wird. Die Antwerpener "Camer van den Huysarmen" erhielt im Sept. 1679 durch J.s Schwiegersohn und Nachlassverwalter, Jan Weerts, aus dem Test. J.s 150 Gulden für die Armen der Stadt und das Gem. Die Waschung und Salbung Christi (heute Antwerpen, Maagdenhuis-Mus.) für das Maagdenhuis, ein Waisenhaus für Mädchen. - J.s Œuvre ist äußerst umfangreich und verteilt sich auf hochkarätige, aber auch kleinere Mus. primär in Europa sowie auf zahlr. Kirchen und öff. Gebäude. Die große Wkst. führte zwangsläufig oft zu einer Konzentration auf Entwurf und Übermalung des Werkes durch J. kurz vor der Voll., so dass eine gewisse Heterogenität des Gesamtwerks zu beobachten ist, die die Einordnung einiger Werke erschwert. Gleichzeitig ist diese Praxis seinerzeit allg. anerkannt und üblich. Im Rahmen der zahlr. Künstlerkooperationen, etwa mit Frans Snyders, Jan Fyt, Adriaen van Utrecht und Jan Wildens war J. primär mit der Wiedergabe von Figuren betraut. Die so entstandenen Bilder zweier oder mehrerer Künstler scheinen für ein Publikum geschaffen worden zu sein, das einen höheren Preis für exklusive Kooperationswerke bezahlte, wobei auch arbeitsökonomische Gründe angeführt werden können. J.s gesichertes Frühwerk, beginnend etwa mit der sign. und 1616 dat. Anbetung der Hirten (New York, Metrop. Mus.) oder mit dem Gem. gleichen Themas von 1618 (Stockholm, NM) zeichnet sich durch ein gesteigertes Interesse an der Wiedergabe von Licht aus, was bezüglich der Licht-Schatten-Wirkung an Caravaggio erinnert, während die bäuerlichen, fläm. Hirten, die um die Hl. Fam. gruppiert sind, auch an Jacopo Bassano gemahnen. Es setzt sich stark von den früheren undat. Werken ab, wie etwa Der Kampf zw. Lapithen und Kentauren, um 1615 (England, Priv.-Slg) oder Die Hl. Fam. mit Elisabeth und dem Johannesknaben, um 1615 (Brüssel, MRBA). Diese zeigen noch die spätmanieristischen Farbgebungen, was sich etwa nach Burchart anhand der pastellenen Farbpalette verdeutlichen lässt. Auch sind Raumauffassung und Perspektive indifferent. Vor allem in der Brüsseler Hl. Fam. sind die Inkarnate der sonnengegerbten, bräunlichen Elisabeth und der elfenbeinfarbigen Muttergottes in äußerst starkem Kontrast geschildert. In seinen späteren Werken sind solche Extreme selten. Teilw. finden sich die überaus bunten Farben, so in der Rückkehr der Hl. Fam. aus Ägypten, um 1616 (Providence, Rhode Island School of Design, Mus. of Art), kontrastreich vor grauschwarzem Hintergrund platziert. In sowohl ikonogr. wie stilistischer Auseinandersetzung mit Rubens, aber auch und teilw. in stärkerem Maße mit Janssens, stehen die versch. Versionen der Allegorie der Fruchtbarkeit (Miami Beach/Fla., Bass Mus. of Art, 1615-16; München, AP, 1617; Brüssel, MRBA, um 1623) mit ihrer bukolischen Fülle und Figuren von betonter Weiblichkeit in lichter, kontrastreicher Landschaft. Götter und Göttinnen, Satyrn und Nymphen mit prächtigen, überbordenden Blumen-, Früchte und Tierstillleben blieben für den Künstler charakteristisch. J. experimentierte in vielen figurenreichen Gem. unterschiedlichster Ikonogr. mit konzentrischen Komp., neben den Gem. der Anbetung der Hirten (s.o.) auch Der Sartyr beim Bauern (Kassel, GG AM, 1623-25; Brüssel, MRBA, um 1620 sowie um 1645) oder Pan und Syrinx (Brüssel, MRBA, um 1620) oder Madonna mit Kind und dem Johannesknaben neben seinen Eltern (Raleigh, North Carolina Mus. of Art, 1616/17). In den 1620er Jahren finden sich ausgeglichene Komp., die oft eine Diagonale beschreiben (Die Schindung Marsyas durch Apoll, Privat-Slg, um 1625; Die Angehörigen Christi am Grabe, Dresden GG AM, um 1625; Der Hl. Christophorus, Belfast, Ulster Mus., um 1630), wärmere Farben und ein dem Thema angemessen bewegtes Mimenspiel. Die vielfigurigen Komp. zeigen sich sehr variantenreich in der Wiedergabe von Archit., Stofflichkeit und eingefügten Tier-Darst. (Das Martyrium der Hl. Apollonia, Antwerpen, Koninkl. MSK, um 1628; Die Verehrung der Eucharistie, Dublin, NG of Ireland, um 1630). V.a. das Lichtspiel und seine vielschichtigen Abstufungen erreicht E. der 1630er und in den 1640er Jahren einen Höhepunkt (Wie die Alten sungen, Paris, Louvre, 1638-40; Raub der Europa, Lille, MBA, um 1643). Im letzten Abschnitt seines Schaffens wird die Farbigkeit zugunsten des Hell-Dunkel-Spiels wieder zurückgenommen (Susanna und die Alten, Kopenhagen, Staatliches KM, um 1653; Christus segnet die Kinder, ebd., um 1655). Ca. 400 Zchngn und Aqu., die nur z.T. als Vorlagen für größere Gem.- oder Tapisserieaufträge dienten, sind erh. geblieben. Mitunter arbeitete J. in ihnen seine Entwürfe weiter oder variierte Werke früherer Künstler (Bacchanal, Wasserfarbe über roter und schwarzer Kreide, Frankfurt am Main, Städel, GrS, Inv. 3482, um 1655). Auch finden sich Zchngn, wie etwa Achelous wird von Herkules verteidigt (Brüssel, MRBA, um 1649), die nicht als modello für potentielle Käufer, sondern, wie Schaudies ausführt, als ricordo im Wkst.-Betrieb dienten. J. zählt zweifelsohne zu den wichtigsten und einflussreichsten fläm. Künstlern des 17. Jahrhunderts. Er ist in der früheren Lit. oft als hierarchisch drittes Glied eines Dreigestirns neben Rubens und Anton van Dyck angesehen worden. Ihm war die Rolle des "Malers aus dem Volk" zugeteilt; ein Bild, das sich kontrastierend von den beiden and. Malern, die in die Kategorie "Hofkünstler" eingeordnet wurden, abhob. J.s exklusive adlige Aufträge mit üppigem Ausstattungsapparat wurden allzu oft ignoriert, gleichwie der Terminus "Hofkünstler" häufig eindimensional definiert wurde und temporäre Beschäftigungen, etwa für den schwed. Hof, hierbei verblassten. Eine Revision dieser Auffassung erfolgte erst in der Forsch. der letzten Jahre, die bes. J.s Umgang mit der Antike in grundlegend and. Licht sieht. Die Tatsache, dass J. keine Italienreise unternommen hatte, verleitete oft zu einer falschen Interpretation seines Umgangs mit antiken Vorbildern der Skulptur oder Sarkophagplastik. Dem entgegensetzt werden muss ein weitaus differenzierteres Modell des Phänomens Antikenrezeption, das sich im Fall J.s als ein vielschichtig betriebenes Stud. der antiken Bilder und Texte (Druckgrafik, Zchngn von Zeitgen., orig. antike Kleinplastik, Schr.) durch Erarbeitung indirekter antiker Quellen beschreiben lässt. Erst dieser Zugang wird dem überaus umfangreichen mythologischen Werk des Künstlers, das sich keinesfalls als bloße Nachahmung der Werke Rubens' erklären lässt, gerecht. J. schöpfte aus den unterschiedlichsten Quellen und wurde auch von Künstlern wie van Balen oder van Dyck inspiriert. Die teilw. durchaus politisch intendierte "Flamisierung" des Künstlers erfolgte auf der and. Seite auch durch eine häufige Betonung einer vermeintlichen Volkstümlichkeit, die sich bei genauer Betrachtung oft als ambitionierte Verrätselung des Bildinhalts entpuppt. Hierzu zählt etwa J.s souveräner Umgang mit anspruchsvollen Texten weit über Ovids Metamorphosen hinaus, neben Sprichwörtern und formelhaften Sentenzen, die, im Gegensatz zu entsprechenden Werken der Zeitgen., über ein hohes Maß an Exklusivität verfügen und die engen Verbindungen zur intellektuellen Elite offenlegen. Die vermeintlichen Genre-Gem. zeigen sich dadurch als äußerst innovative Bildfindungen, da sie es teilw. vermögen, die Gattungsgrenzen zw. Historie und Genre aufzubrechen.
Einzelausstellungen:
1905, '66, '78, '93 Antwerpen, Koninkl. MSK / 1928, '50, 2012 Brüssel, MRBA / 1966 Rotterdam, BvB / 1968/69 Ottawa, NG of Canada / 2013 Kassel, GG AM. -
Gruppenausstellungen:
2004 Kassel, GG AM: Pan und Syrinx bei Rubens, Jordaens und Janssen / 2010 Hamburg, Bucerius Kunst Forum: Rubens, Van Dyck, Jordaens: Barock aus Antwerpen / 2011/12 Amsterdam, Hermitage: Rubens, Van Dyck & Jordaens / 2012/13 Paris, Mus. Marmottan Monet: Rubens, Van Dyck, Jordaens et les Autres.
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB19, 1926
Weitere Lexika:
Wurzbach, NKL I, 1906
Gedruckte Nachweise:
C.de Bie, Het Gulden Cabinet, Ant. 1662; A.Houbraken, De Groote Schouburgh, I, Am. 1718; M.Rooses, Gesch. der Antwerpsche Schilderschool, Gent u.a. 1879; id, J.' Leven en Werken, Am./Ant. 1906; R.-A. D'Hulst, De tekeningen van J.J. Bijdrage tot de gesch. van de XVIIe eeuwse kunst in de Zuidelijke Nederlanden, Br. 1956; D.Jaffé, J.J. 1593-1678, Ottawa 1968 (K); R.-A. D'Hulst, J.J., N.Y. 1982; F.Billeter, Zur künstlerischen Auseinandersetzung innerhalb des Rubenskreises, Ffm. u.a. 1993; H.Devisscher/N.de Poorter (Ed.), J.J. (1593-1678), I: Paint. and Tapestries, II: Prints and Drawings, Br. 1993 (K); W.Laureyssens, J.J. in de Koninlijke MSK van Belgie, Br. 1993; E.Mai/H.Vlieghe (Ed.), Von Bruegel bis Rubens (K Wander-Ausst.), Köln 1993; K.Nelson, J.J. Design for Tapestry, Turnhout 1998; I.Schaudies, J.J. (1593-1678), Genre in History, History in Genre, Diss. Brown Univ., Providence, Rhode Island, Ann Arbor/Mich. 2007; U.Heinen, in: J.Imorde/S.Ebert-Schifferer, Die Tiefe der Oberfläche, Marburg 2009; E.McGrath, J., Psyche and the Abbot: myth, decorum and Ital. manners in seventeenth-century Antwerp, Groningen 2009; N.Büttner, Kunstgesch. Open Peer Reviewed Journal, 2010 (urn:nbn:de:0009-23-22739); M.Warnke, in: O.Westheider/M.Philipp, Rubens, van Dyck, J., Ha. 2010; J.Lange/I.Schaudies/J.Vander Auwera (Ed.), J. and the Antique, Br. 2012 (K); B.U. Münch/Z.A. Pataki (Ed.), J. Genius of Grand Scale, St. 2012; L.Kelchtermans/K.van Cauteren, Oud Holland 132:2019, 79-86.