Iakovidis (Iakoumidis; Iakumidis; Jakobides), Georgios (Georg; Georges; Georgius), griech. Maler, Bildhauer, Medailleur, Pädagoge, *11.(23.)1.1853 Chidira (Lesbos), †13.12.1932 Athen.
Iakovidis, Georgios
Mit zwölf Jahren verlässt I. sein Heimatdorf und lebt bei seinem Onkel in Smyrna (heute Izmir). Er besucht das renommierte Gymnasium der ev. Gemeinde (Evangeliki Scholi Smyrnis). Bereits in diesem Alter beschäftigt er sich mit Malerei und Holzschnitzerei. Ermutigt und finanziell unterstützt durch seinen Onkel und den Smyrnaer Holzhändler Michail Chatziloukas absolviert I. 1870-77 das Stud. an der KHS Athen, u.a. bei Vicenzo Lanza sowie bei dem Maler Nikiforos Lytras und dem Bildhauer Leonidas Drosis, ehem. Studenten der ABK München. Parallel lässt sich I. als Medailleur ausbilden und stud. die frz. und dt. Sprache. I. entwickelt sich zu einem strengen Vertreter des akad. Realismus. Er malt Stillleben, Blumenstücke und Genrebilder, gestaltet Themen aus der griech. Mythologie (u.a. Medea; Iphigenie in Tauris) und fertigt Portr. und Gipsköpfe. An der Akad. wird er viermal als bester Student in den Sparten Ölmalerei und Bildhauerei ausgezeichnet. Seine Werke erh. bei den ersten Präsentationen in Athen großen Zuspruch und I. gilt als Ausnahmetalent. Mit einem staatlichen Stip. setzt er ab 19.12.1877-83 das Malerei-Stud. bei Ludwig von Löfftz, Wilhelm von Lindenschmit d.J. und Gabriel von Max an der ABK München fort. Akad.-Dir. ist der Historienmaler Karl Theodor von Piloty. I. verschreibt sich ganz dem dt. Akademismus und folgt den Vorbildern der "Münchner Schule". Im ersten Studienjahr wird er von der Vrg der Akad.-Prof. mit der kleinen Silber-Med. für seine Aktstudien ausgezeichnet, 1881 erh. er die große Silber-Med. für das Gem. Kreousa (Öl/Lw., Nat. AG Athen), das den Tod der Krëusa thematisiert. Ab 1877 arbeitet er fast nur noch als Maler. Neben zahlr. Portr. entstehen v.a. Familien- und Kinderszenen, die seine Popularität steigern. I. entfaltet in den Genrebildern eine lebendige und humorvolle anekdotische Stimmung und unterstreicht oft die Bedeutung der Großeltern innerhalb der Familie. Damit spiegelt er die Familienideale des ausgehenden 19. Jh. wider. Seine große Begabung für eine realistische und detailgetreue Darst. mit präziser, kräftiger Farbsetzung und versierter Gest. eines großzügigen Lichteinfalls wird von den Zeitgen. sehr geschätzt. I. avanciert auch in Deutschland zu einem angesehenen Maler. 1880 wird er Mitgl. des KV München und 1884 Jury-Mitgl. der Münchener Künstlergenossenschaft. Es folgen zahlr. Ausst. und Ausz.: u.a. 1888 Gold-Med. der griech. Nat.-Ausst. in Athen; 1890 Gold-Med. der Nordwestdt. Gewerbe-, Industrie- und Handels-Ausst. in Bremen; 1891 Gold-Med. AK Berlin; 1893 Gold-Med. der Jahres-Ausst. im Glaspalast München. Aufgrund des großen Erfolgs erzielt I. Höchstpreise für seine Gemälde. Viele seiner Werke werden von amerik. Privatsammlern erworben. I. lebt inzwischen in luxuriösen Verhältnissen. 1886 reist er nach Smyrna und heiratet Aglaia Chatziloukas, eine Tochter seines ersten Förderers. 1888-98 betreibt I. eine priv. Malschule in München. 1899 stirbt seine Frau an den Folgen einer Rippenfellentzündung. Dieses Ereignis markiert I.' Abkehr vom idyllischen Kinder- und Familiengenre. Die griech. Regierung in Athen bietet ihm die Stelle des Dir. der sich in Gründung befindlichen städtischen Pinakothek (heute Nat. AG) an. I. siedelt 1900 nach Athen um und leitet die Pinakothek bis 1918. Die erste Slg der Nat. AG wird maßgeblich durch ihn geprägt. In Griechenland arbeitet I. hauptsächlich als Porträtist und gestaltet zahlr. Bildnisse prominenter griech. Zeitgenossen. Auftraggeber sind u.a. Gräfin Louisa Riankour, die ein Portr. von Paulos Melas (Öl/Lw. ca. 1904, Averoff Gall. Metsovo), Offizier der griech. Armee und Anführer des Befreiungskampfes in Makedonien, bestellt sowie die griech. Botschaft in Paris, die ein Bildnis des Königs Georg I. veranlasst. Auch von Sophie von Preußen als Königin Sofia (Öl/Lw. 1915, Averoff Gall. Metsovo) und von der Fam. des Minister-Präs. Dimitrios Rallis entstehen großformatige Portr.-Bildnisse. I. bevorzugt das Hüftbild. In der Trad. der naturalistischen Virtuosität der Renaiss. verwendet er für seine Portr. dunkle Farben für den Hintergrund und die Kleidung. Indes ersch. einzelne Partien, wie Hemdkragen und -manschetten, Gesicht und Hände in einem hellen Licht. 1904 wird I. als Nachfolger des verstorbenen N.Lytras Prof. für Ölmalerei an der ABK Athen. 1910 wird er Dir. der Akademie. Daneben gehört er mehreren Auswahlgremien an, u.a. 1908 und 1915 für das Zappeion. Darüber hinaus gestaltet I. versch. Med. und Gedenkmünzen, z.B. zum 60. Jahrestag der Griech. Nat.-Bank (mit Henri Dubois, 1902) und zu den Balkankriegen 1912-13. Ab 1910 ist er Vors. des Verb. griech. Künstler, ab 1926 Mitgl. der griech. Akad. der Wissenschaften. 1917 gehört er zu den Mitbegr. der Künstlergruppe "Omada techni". I.' Haltung gegenüber neuen Kunstströmungen bleibt stets kritisch. Als konservativer Akademiker lehnt er den Impressionismus und den aufkeimenden Expressionismus ab. In seiner fast 28-jährigen Laufbahn an der ABK Athen beeinflusst er dennoch fundamental die nachkommende griech. Malergeneration. Die späten dekorativen Akte, Stillleben und Blumenstücke I.' lassen aber durchaus einen zurückhaltenen, akad. Impressionismus erkennen, z.B. Louloudia/Blumen (Öl/Lw. ca. 1920, Averoff Gall. Metsovo), Avoixi/Frühling (Öl/Lw. ca. 1927, Nat. AG Athen). 1926 folgt die Ernennung zum Ehrendirektor der Akademie. 2008 wird in Chidira (Lesbos) das "Jakobides Digital Mus." gegr., das mit digitalen Medien interaktiv das Interesse für das Leben und Werk I.' fördert und den Schwerpunkt auf die Kunstvermittlung für Kinder und Jugendliche legt.
Einzelausstellungen:
2005 Athen, Nat. AG (Retr.; K).
Gruppenausstellungen:
Athen: 1875, '88 Nat.-Ausst.; 1896, '98 Zappeion; 1885, 1901-03 Ausst. Parnassos / Paris: 1878, '89, 1900 WA (K); 1884 Salon des Artistes Français (K) / 1881, '83, '86, '88, '90, '93, '94, '99 München, Jahres-Ausst. Glaspalast (K) / 1881, '84-86, '91 Berlin, Jahres-Ausst. AK (K) / 1887, 1970 (K) Triest, Mus. Revoltella, GAM / 1890 Bremen: Nordwestdt. Gewerbe-, Industrie- und Handels-Ausst. (K).
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB18, 1925
Weitere Lexika:
Boetticher I.2, 1895 (Repr. 1948); Johnson/Greutzner, 1976; Münchner Maler II, 1982; DA XV, 1996; Lydakis IV, 1976; Lydakis V, 1981; LdK III, 1991; LEK II, 1998; Bénézit VII, 2006
Gedruckte Nachweise:
Bayerischer Kurier v. 2.9.1882; Moderne Kunst in Meister-Holzschnitten nach Gemälde berühmter Meister der Gegenwart, B. 1887; E.Pecht, Geschichte der Münchener Kunst, M. 1888; A.Mertyri, I kallitechniki ekpaidefsi ton veon stin Ellada (1836-1945), At. 1900; A.Kritonidis, Panathinaia v. 30.6.1902; L.Forrer, Biographical Dictionary of Medallists, VII, Lo. 1923; D.A. Kokkinos, Nea Estia Nr. 145, 1933; I.Polemis, Nea Estia Nr. 713, 1957; D.Papastamos, N.Gysis, N.Lytras, K.Volanakis, G. I. kai i epochi tou, At. 1973; Ellines zografoi kai glyptai tou eikostou aionos, At. 1974; K.Iliadis, O kosmos tis technis sto Mesopolemo, At. 1978; D.Tsouchlou/A.Bacharian, Chroniko 1836-1984, At. 1984; L.Iakovidis, G. I. : Apo tin zoi kai apo tin techni tou, At. 1984; N.Misirli, Elliniki zografiki 18os-19os aionas, At. 1994; O.Mentzafou-Polyzou, G. I., At. 1999; E.May, Jung und Alt im Spiegel bürgerlicher Imagination : Bauernromantik und Alltagsidylle in der Malerei des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts, Ffm 2000; Elliniki zografiki apo tis sylloges tis Pinakothikis tou Dimou Athinaion, Patras 2000; E.Halteman, San Francisco Art Assoc. Exhib. record format, in: Publ. in California art, VII, L.A. 2000; O.Mentzafou-Polyzou (Ed.), Ethniki Pinakothiki 100 chronia (K), At. 2000; Wilhelmi, 2001; I syllogi G.I. Katsigra (K Dimotiki Pinakothiki Larisas, Mouseio G.I. Katsigra), Larisa 2005; Ch.A. Christou, G.I., At. 2006; I ellines zografoi apo ti syllogi tis Ethnikis Trapesas, At. 2008
Onlinequellen:
Matrikeldatenbank ABK München; J. Digital Mus
Jakobides, Georg, Maler, Bildhauer u. Medailleur in Athen, geb. 11. (23.) 1. 1853 in Mytilene auf Lesbos. 1871/77 Schüler der Akad. Athen (bei L. Drossis u. N. Lytras) u. 1878/83 der Münchner Akad. (bei L. Loefftz, W. Lindenschmit u. Gabr. Max). Seit 1877 hauptsächlich als Maler tätig, zeigte J. im Münchner Glaspal. 1881/99, sowie and. deutschen Ausstell. weibl. Studienköpfe in der Art seines Lehrers Max u. Historienbilder mit Darstell. aus d. griech. Sage (Tod der Krëusa; Medea; Iphigenie in Tauris), wandte sich dann dem Porträt (Gattin von Gabr. Max, Maler Aug. Fink) u. Genrebild zu und fand besonders mit humoristisch - anekdotischen Darstellungen aus dem Kinderleben Beifall. 1890 wurde J. als Direktor der Nat.-Pinakothek u. Akademielehrer nach Athen berufen. In öffentl. Besitz: Athen, Gem.-Gal.: Improvisiertes Konzert (Abb. bei Pica); Ethnogr. Mus.: Porträt Paul Melas. Wiesbaden, Städt. Gem.-Sig: Der böse Enkel (1884). Zürich, Gal. Henneberg (verkauft): Großmutter mit Enkelin. Nach J. stachen u. a. L. Kühn u. D. Raab. A. Thalassoin LëArtetles Art., XIII (1911) 45. - F. v. Boetticher, Malerwerke d. 19. Jahrh., I12 (1895). - F. Pecht, Gesch. d. Münchener Kst i. 19. Jahrh., 1888. - Zeitschr. f. bild. Kst, XIX (1884) 104, m. Abb., 135; Kstchronik, XVII (1882) 9; XX (1885) 126; XXIV (1889) 358. - L. Forrer, Biogr. Dict. of Medall., VII (1923). - V. Pica, LëArte mond. a Roma nel 1911, Bergamo 1913 p. CXLV u. 262 (Abb.) - Jahrh. d. Bilder- u. Kstblätterpreise, Wien 1911 ff., I u. I II. - H. Mireur, Dict. d. Ventes dëArt, IV (1911). - Katal. d. gen. Mus. u. Ausstell.