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Pintoricchio

Geboren
Perugia, (um) 1452 / (um) 1454
Gestorben
Siena, 11. Dezember 1513
Land
Italien
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Pinturicchio, Bernardino; Pinturicchio, Bernardino di Betto; Pintoricchio; Pintoricchio, Bernardino; Betti, Bernardino; Pintoricchio, Bernardino di Betto di Biagio; Pintoricchio, Bernardino di Benedetto di Biagio; Pinturicchio, Bernardino di Benedetto di Biagio; Pinturicchio, Bernardino di Betto di Biagio; Pintoricchio, Bernardino di Betto-Benedetto di Biagio; Pinturicchio, Bernardino di Betto-Benedetto di Biagio; Bernardino di Betto; Betto, Bernardino di; Bernardino da Pergia; Betto di Biagio; Pintoricchio, Bernardino di Betto; Bernardino di Betto da Perugi
Berufe
Maler*in
Wirkungsorte
Siena, Orvieto, Spoleto, Spello, Perugia, Rom
Zur Karte
Von
La Malfa, Claudia
Zuletzt geändert
20.12.2023
Veröffentlicht in
AKL XCVI, 2017, 6; ThB XXVII, 1933, 65 ss

VITAZEILE

Pintoricchio (Pinturicchio; eigtl. Bernardino di Betto [-Benedetto di Biagio] detto il P.; auch Bernardino da Pergia; Bernardino [di] Betto [da] Perugi), ital. Maler, *um 1452/1454 Perugia, †11.12.1513 Siena.

LEBEN UND WIRKEN

P.s Geburtsdatum ergibt sich aus Vasaris "Vita von Bernadino P." in den Vite (1550 und 1568). Vasari überliefert, dass P. 1513 im Alter von 59 Jahren stirbt, das Sieneser Sterberegister bestätigt den 11. Dez. 1513. Daher wird das Geburtsdatum des Künstlers üblicherweise um das Jahr 1454 angesetzt. Es gibt keine gesicherten Informationen über seine Ausb., Vasari und and. ältere Quellen benennen Pietro Vannucci, gen. Perugino, als seinen Lehrer. Sein intensiver Kontakt mit den Mitgl. der Fam. Caporali aus Perugia im Erwachsenenalter erlaubt Rückschlüsse auf eine Ausb. in der Wkst. für Min. von Giapeco Caporali und seines Bruders, des Malers Bartolomeo Caporali. P. nähert sich wohl auch dem Umfeld der Peruginer Maler um Benedetto Bonfigli an. Dem jungen P. wird eine Mitarb. bei der sog. "Bottega del 1473" zugeschr., aus deren Händen die acht kleinen Taf. mit den Wundern des Hl. Bernhardin von Siena in S.Francesco al Prato in Perugia stammen. Die Arbeiten entstehen um das Jahr 1473 in Zusammenarbeit mehrerer umbrischer Künstler, darunter auch der junge Perugino. Wegen der rhythmischen Anordnung der Figuren in der Lsch., ihrer Volumina und der dynamischen Narration werden die beiden Taf. Der Hl. Bernhardin erweckt einen Toten, den er unter einem Baum gefunden hat und Der Hl. Bernhardin befreit einen Gefangenen (Perugia, GN dell'Umbria) P. zugeschrieben. Nach der Ausb. und den ersten Aufträgen in Perugia, scheint P. M. der 1470er Jahre nach Rom gegangen zu sein, sehr wahrsch. angelockt durch die vielen Aufträge, die Papst Sixtus IV. della Rovere zu Beginn seines Pontifikates und anlässlich des Jubiläumsjahres 1475 zu vergeben hatte. P.s erster Auftrag in Rom ist die Dekoration der Capp. della Rovere in S.Maria del Popolo, die er zw. 1477 und 1479 ausführt. Die Volte der Kap. ist mit einem blauen Himmel und goldenen Sternen ausgemalt, genau wie der urspr. Himmel in der Sixtinischen Kap. von Piermatteo d'Amelia. In fünf, inzwischen von Feuchtigkeit stark beschädigten Lünetten ist der Lebensweg des hl. Hieronymus dargestellt. Die fünf Wandflächen der Kap. sind mit einer Schein-Archit., bestehend aus gemalten Pfeilern auf Sockeln, versehen. Die gemalten Pfeiler und die Fensternischen sind mit Grotesken verziert. Sie stellen das älteste Beispiel für die Nachahmung des figurativen Repertoires des Pal. Neros auf dem Hügel Oppius, Domus Aurea (vor 68 n.Ch.), dar. P. hat als erster diesen bis dahin unbek. Malstil wieder verwendet und entwickelt daraus ein neues figuratives Repertoire, das kurze Zeit später als "Grotesken" bek. wird (zum ersten Mal tatsächlich in einem Vertrag von 1502 in Siena). Diese Bildsprache wird zum char. Merkmal seiner Malerei und hat für alle folgenden Generationen Bedeutung. Mit dem Tod des Besitzers der Kap., Cristoforo della Rovere, im Febr. 1478 und der Aufstellung seines Grabes an der Seitenwand, sind von der Schein-Archit. und dem gemalten Marmor zw. den Pfeilern nur kleinste Reste übrig geblieben. Domenico della Rovere, der 1479 Kardinal von S.Clemente wird, beauftragt P. mit dem Auftrag für das Altarbild Christi Geburt. Zur selben Zeit arbeitet P. in der Wkst. für die Fresken der Sixtinischen Kap. mit. Von seiner Hand stammen einige Porträts sowie Tle der gemalten Szenen aus den Hintergründen der Darst. Taufe Christi und Beschneidung Mose (Rom, Apostolischer Pal., Sixtinische Kap.). Vermutlich arbeitet P. bis zum E. der 1470er Jahre an der Ausgestaltung des mon. Pal. della Rovere (Pal. dei Penitenzieri), bis zur endgültigen Fertigstellung des Bauwerkes. Eine genaue Datierung ist nicht überliefert. Die Dekoration der zahlr. Säle ist heute nur teilw. erhalten. Die Decke des Saales der Halbgötter, ein auf Holz gemaltes Mosaik, besteht aus 63 goldgerahmten Achtecken, die Meeresgötter, Sirenen, auf Delfinen reitende Putten, Kentauren, fantastische Tierwesen und Wappen der Fam. della Rovere zeigen. Für die and. Säle wählt P. ganz nach der Mode des Alten Roms, beschrieben in Vitruvs De archit., eine rhythmische Aufteilung der Wände in Bogengänge und Triumphbögen, die sich in großzügigen Veduten öffnen. Zur selben Zeit, in der er den Auftrag im Pal. della Rovere ausführt, malt er auch die Fresken Szenen aus dem Leben des hl. Bernhardin in der Capp. Bufalini (Kap. des hl. Bernhardin von Siena) in der Kirche S.Maria in Aracoeli. Die Kap. in der wichtigsten Franziskanerkirche in Rom ist die erste auf der rechten Seite im Kirchenschiff und gehört Niccolò di Manno Bufalini. Das Datum für den Auftrag ergibt sich aus der Darst. der Beerdigung des Hl. Bernhardin auf der linken Wandseite. Die Szene zeigt eine Piazza in Idealform, am Horizont ein oktagonaler Tempel, der auf die "Schlüsselübergabe" von Perugino in der Sixtinischen Kap. (um 1482) verweist. Auf einem Paneel unter dem Fenster auf der rechten Wand sind Büsten von Ordensmännern dargestellt, von denen einer als Erzähler der gemalten Gesch. fungiert. Im Hintergrund kniet der junge Bernhardin betend vor dem Bild der Auferstehung der Jungfrau über der Porta Camollia in Siena. Hier beginnt die Darst. des Lebens des Hl. Bernhardin mit der Ablegung des weltlichen Besitzes und dem Anlegen des Habits auf der linken Fensterseite, dem gegenüber ist die Stigmatisation des Hl. Franziskus zu sehen. Die Lünette über dem Architrav auf der Seite gegenüber zeigt den Hl. Bernhardin als Eremit und darunter die Szene seiner Beerdigung 1444 in L'Aquila. Zu den Seiten der Totenbahre sind Mitgl. der Fam. Bufalini dargestellt, darunter Niccolò di Manno, der einen reichen goldenen Brokatmantel trägt und sein Sohn Giovanni. Die Erzählung endet mit einer mon. Verklärung des Hl. Bernhardin, die die gesamte Altarwand ausfüllt. In den Kappen des Gewölbes sind die vier Evangelisten auf weißen Wolken sitzend dargestellt, von ihrem jeweiligen Symbol flankiert, von rötlichem und goldenem Glanz umgeben. Auch in diesem kleinen Freskenzyklus demonstriert P. sein reiches figuratives Repertoire mit Verweisen auf die Antike. Unter dem Fenster verläuft ein Fries mit Symbolen des Triumphes, während die Szenen der Altarwand umrahmt werden von Schein-Archit., bestehend aus gemalten Säulen mit Marmor-Grotesken auf blauem Grund. Von Apr. 1484 bis 1486 sind mehrere Arbeiten P.s in Umbrien für die Fam. Alfani sowie für die Mönche des Klosters S.Maria di Monteluce in Perugia dok. (Jungfrau mit Kind und Engeln, 1486, Fresko für die Tür des Dormitoriums, heute Perugia, Pal. dei Priori). 1486 wird der Bau der kleinen Privatvilla von Papst Innozenz VIII. (gen. Casino del Belvedere) vollendet. Das Casino wird im Laufe der Jh. immer wieder umgebaut, P.s Fresken sind nur noch teilw. erhalten. Auf den Wänden befinden sich zw. gemalten Pfeilern mit Groteskenverzierung Veduten von Städten, in den Lünetten Putten in antikisierendem Stil, die mit heraldischen Attributen spielen, Symbole der Unsterblichkeit und des Glaubens sowie Musikinstrumente. Die and. Räume sind, wie im Pal. von Domenico della Rovere, mit antikisierten und allegorischen Figuren verziert. Zw. 1488 und 1489 gibt Liberato Bartelli, Prior des Doms von S.Severino in den Marken, bei P. in Rom die Taf. Die Jungfrau mit dem Kind, zwei Engeln und Stifter in Auftrag, die durch ihre Qualität, die Feinheit der Figuren, die reiche Farbwahl und die hochwertige Ausarbeitung des Stifterporträts auffällt (S.Severino Marche, PCiv.). Zw. E.1480er/A.1490er Jahre ist P.s Anwesenheit in Umbrien mehrmals dokumentiert. Wahrsch. fallen in denselben Zeitraum auch versch. Aufträge für die Fam. Cybo, die heute nicht mehr erh. sind. Zw. Juni und M.Nov. 1492 beginnt P. mit den Fresken in der Tribüne des Doms von Orvieto, die Evangelisten und Kirchenväter zeigen. Diesen Auftrag muss er unterbrechen auf Druck Papst Alexanders VI., der ihn mit der Ausgestaltung seine Priv.-Gemächer im Papst-Pal. beauftragt. P. voll. die Arbeiten im Appartamento Borgia im Herbst 1494. Der Auftrag ist außerordentlich imposant, und P. schafft in weniger als 24 Monaten, zus. mit vielen Mitarb., die malerische Ausgestaltung und Stuckierung eines repräsentativen Saales und drei großen Sälen, zwei Sälen im Torre Borgia und zwei priv. Stanzen. Die Dekoration des Saales der Päpste wird 1500 zerstört. In den sieben Lünetten im Saal der Mysterien des Glaubens befindet sich ein Zyklus, der Jesus Christus und der Jungfrau Maria gewidmet ist. Auf der mit goldenem Stuck und Grotesken verzierten Decke befindet sich in der M. ein Stier, das Wappentier der Fam. Borgia, umrahmt von Tondi mit Propheten. Die Wände sind verziert mit gemalten Tapisserien, in deren M. sich Nischen mit unterschiedlichen Objekten, wie etwa der Papsttiara, befinden. Über der Tür des Saales der Hll. befindet sich das Tondo Madonna mit Kind und in den sechs Lünetten, die sich oben auf der Wand verteilen, befinden sich Die Hl. Katharina von Alexandria, Das Zusammentreffen zw. dem Hl. Antonius und dem Eremiten Paulus, Die Heimsuchung, Das Martyrium des Hl. Sebastian, Susanna im Bade und Die Flucht der Hl. Barbara. Die Disputation beinhaltet zahlr. Porträts, darunter Mitgl. der Fam. Borgia, der Türke Djem, Bruder des Sultans, und ein Selbstporträt des Malers, stehend neben einem Architekten, wohl Baccio Pontelli. Auf einem Konstantinsbogen triumphiert ein Stier als Abschluss der perspektivischen Lsch., mit einer archit. und dekorativen Reliefstruktur in vergoldetem Stuck ausgeführt, die Vasari zu Unrecht heftig kritisiert. Der Saal ist auch mit gemalten Grotesken und Stuckaturen, die das Profil Alexanders des Großen darstellen, versehen. In den Lünetten des Saales der freien Künste sind sieben mon. thronende Frauenfiguren dargestellt, die mit eindeutigen Attributen und Inschr. versehen sind, umgeben von prominenten hist. und zeitgen. Vertretern der septem artes liberales. Von diesem Saal aus gelangt man zu den beiden Priv.-Räumen und von dort zu den beiden Sälen im Torre Borgia. Von der urspr. Dekoration der Priv.-Räume, dem Cubiculum und dem Ankleidezimmer ist nur noch die reich verzierte goldene Holzdecke mit heraldischen, ebenfalls goldenen Stuckaturen übrig. Im ersten Saal des Torre Borgia befinden sich zwölf Lünetten mit Büsten, die Paare von Aposteln und Propheten zeigen. Die Decke ist geschmückt mit Grotesken und geometrischen Mustern, in deren M. der Name des Papstes und das Jahr der Fertigstellung (1494) zu lesen sind. Die Lünetten des letzten Saales im Torre zeigen Sibyllen- und Propheten-Paare. P. bereitet die Wände nicht in der Methode des "buon fresco" vor, sondern malt auf eine Holztafel. Darüber hinaus ergänzt er die Bildoberfläche mit versch. Mat., wie Glas, Schnur, Wachs und Gold. Am 14. Febr. 1495 unterzeichnet P. einen Vertrag mit den Erben Melchiorre di Goros, dem Vorsteher der Kirche S.Maria degli Angeli (heute S.Maria de'Fossi) in Perugia, für die Ausf. eines Altarbildes. Das Gem. (Perugia, GN dell'Umbria) stellt in der M. die Jungfrau mit dem Kind und den Hll. Hieronymus und Antonius, die Verkündigung und die Imago pietatis sowie die vier Evangelisten in zwei Szenen mit den Hll. Augustinus und Hieronymus in der Predella dar. Juni 1495 wohnt P. in Rom in einem Haus im Borgo. Die Miete wird bezahlt von der Apostolischen Kammer und beweist das Prestige und die wirtschaftliche Unterstützung, die dem Maler von Seiten des Papstes und des Sohns des Cesare Borgia, Valentino, zuteil wird. Im März 1496 erhält P. Zahlungen vom Dom von Orvieto, wo er die unterbrochene Arbeit an den Fresken wieder aufnimmt. Vor Juli 1497 dok. die Camera Apostolica die Voll. der Fresken im Auftrag des Borgia-Papstes in der unteren Gartenloge des Engelspalastes (Vasari). Die Fresken werden 1628 durch eine Umbaumaßnahme zerst., sie haben wahrsch. das Treffen des frz. Königs Karl VIII. und Papst Alexanders VI. im Jan. 1495 in Rom dargestellt. Kurz vor E. des Jh. erschafft P. drei weitere wichtige Freskenzyklen. Im Jahre 1497 freskiert er die Kap. des Bischofs Costantino Eroli im Dom von Spoleto. Die Kap., z.T. zerst., ist ausgeschmückt mit Stuckaturen all'antica in der Volte, in der auch das Datum auftaucht, und Darst. der röm. Geschichte. Das Fresko an der Altarwand zeigt die Jungfrau mit dem Kind zw. den Hll. Joh.Bapt. und Stephan in einer Lsch. sowie dem segnenden Gottvater mit zwei Engeln in der Apsis darüber. 1501 schließt P. in Spello, gemäß einer Inschr. in den Fresken, die Ausgestaltung der sog. Capp. Bella ab, beauftragt im Sept. 1499 von Troilo di Ridolfo Baglioni, Prior des Kollegs S.Maria Maggiore. P. malt über die gesamte Oberfläche der Altarseite die Geburt Christi, auf der linken Seite die Verkündigung, auf der rechten die Disputation Christi mit den Kirchenvätern. Vier thronende Sibyllen in antikisierter Malweise sind in den Stichkappen der Volten dargestellt. In die Szene der Verkündigung fügt P. ein Trompe-l'œil mit Selbstporträt in einem gemalten Rahmen ein. 1502 führt P. einen weiteren großen Auftrag in Rom aus: den Zyklus Gesch. der Hl. Jungfrau, gemalt in die Lünetten des Kreuzganges von S.Maria del Popolo, beauftragt von Kardinal Raffaele Riario. Der Zyklus wird zerst. während der Neugestaltung des Platzes, ist aber dok. durch die Stiche Francesco Giangiacomos. Am 29. Juni 1502 unterschreibt P. in Siena einen Vertrag mit Kardinal Francesco Todeschini Piccolomini über die Ausf. der Fresken in der Bibl. Piccolomini im Dom von Siena. Der Zyklus ist dem Leben Papst Pius II. gewidmet und basiert auf den Commentari Pius' II. und der Biogr. des Humanisten Giovanni Antonio Campano. Die vier Wände sind in zehn Abschnitte aufgeteilt, gerahmt von mon. gemalten Säulen mit Grotesken, die oben in gemalten Volten und unten in gemalten Sockeln abschließen, versehen mit eleganten Inschr. in lat. Versalien, die sich auf die dargestellten Szenen beziehen, genau wie in den verloren gegangenen Fresken im Engelspalast. Die Decke bemalt P. mit einem geometrischen Muster, das Platz lässt für kleine antikisierende Szenen mit allegorischen Figuren und großflächigen Grotesken (die hier erstmals in einem Vertrag erwähnt werden) mit vergoldetem, rotem, blauem und schwarzem Hintergrund. An dem Projekt sind zahlr. Mitarb. beteiligt, darunter wahrsch. Amico Aspertini sowie Girolamo del Pacchia und Giacomo Pacchiarotti aus Siena. Möglicherweise ist sogar der junge Raffael beteiligt, der lt. Vasari einige Kartons mit Vor-Zchngn erstellt, die heute bek. sind unter dem Titel "Cartone Baldeschi" (New York, Pierpont Libr.). An dem Zyklus für die Bibl. Piccolomini arbeitet P. 1502-1509 mit zahlr. Unterbrechungen, aufgrund seiner Aufträge in Umbrien, Siena und Rom. Im Jahr 1502 unterschreibt er in La Fratta (heute Umbertide) den Vertrag für ein Altarbild für die Kirche S.Maria della Pietà, mit der Himmelfahrt Mariä, Apostel und fünf Hll. (Rom, Bibl. Apostolica Vaticana). Für die Fam. Piccolomini malt er auch das Fresko Krönung Pius III. für das Kirchenschiff des Doms, nach dem Tod des Papstes im Okt. 1503, sowie ein Altarbild für S.Francesco (vor Sept. 1504, verschollen). Bereits im Aug. 1504 erhält P. von der Dombauhütte den Auftrag, acht Darst. mit Gesch. aus dem Leben des Hl. Johannes für die Kap. zu malen (nur drei sind Originale, die restlichen wurden nachgemalt) und für das Porträt Alberto Aldichieris, für die er im Febr. 1505 Zahlungen erhält. Im selben Monat erhält er außerdem das Honorar für eine Zchng mit der Allegorie der Fortuna als Vorlage für die Marmorintarsien im Boden des Doms. Im Apr. 1506 übernimmt P. den Auftrag, ein Altarbild für die Kirche S.Andrea in Spello zu malen, bittet anschl. aber im März darauf Eusebio di S.Giorgio, es auf Basis seiner Vor-Zchng auszuführen, mit dem Versprechen an die Auftraggeber, dass er persönlich die Köpfe malt. Am 8. Apr. 1508 wird P. in Spello von Pandolfo Petrucci gebeten, nach Siena zurückzukehren, um für ihn das Appartemento auszugestalten, das er seinem Sohn Scipione und dessen künftiger Ehefrau zugedacht hat. P. führt dies zus. mit seinem Freund Luca Signorelli und Sodoma aus. In der "camera bella" des Appartementos malt P. das später wieder entfernte Fresko mit der Szene Heimkehr des Odysseus (London, NG) und das verlorene Fresko Die Keuschheit des Scipio, das durch eine Zchng bek. ist (London, BM). Wahrsch. stammt auch die Dekoration mit Fresken und Stuck im benachbarten Saal von P. (stark zerst. durch das Ablösen im 19. Jh.; New York, Metrop. Mus.). Im Mai 1510 erhält P. in Rom das Gerüst, um in der Kirche S.Maria del Popolo die Volten des neuen Chors zu bemalen, der von Bramante im Auftrag Papst Julius II. vergrößert wird. Die Krönung der Jungfrau, die Sibyllen und die Apostel im Chor malt er zw. 1509/A.1510, in einer Komp. aus geometrischen Formen und Grotesken, die an die Ausgestaltung der Volta Dorata der Domus Aurea Neros erinnert. Kurz darauf, im Okt. 1510, erhält P. über den Architekten und Intarsienmeister Fra' Giovanni da Verona den Auftrag zu einem Altarbild (Himmelfahrt Mariä zw. den Hll. Gregor dem Großen und Benedikt) für die Olivetaner von S.Gimignano, voll. 1512 (S.Gimignano, PCiv.). Unter seinen letzten Aufträgen ist eine weitere Himmelfahrt Mariä (Neapel, Mus. di Capodimonte) für die Olivetaner in Neapel, für die er Stilelemente und Modelle der vorhergegangenen Versionen wieder aufnimmt. Ab 1502 beginnt P. sein Testament aufzusetzen, was er mehrfach ändert zu Gunsten seiner Frau Grania und den fünf in Siena geb. Kindern, bei denen z.T. der befreundete Luca Signorelli Taufpate ist. Der Maler stirbt 1513 und wird in der Kirche S.Vincenzo bei der Porta Camollia in Siena begraben. - Von seiner ersten Ausb. in Perugia an, viell. durch den Kontakt zu den Min.-Wkstn, entwickelt P. einen sehr kleinteiligen und feinen Stil, der auch seine großformatigen Werke charakterisiert. P. verbindet erhabene Proportionen, übernommen in jungen Jahren aus der Mitarb. bei den umbrischen Meistern der 2.H. des 15.Jh., und den Umgang mit Licht und Farbe nach Pietro Perugino, den er Dank seines Lehraufenthaltes in Florenz bei Il Verrocchio kennenlernt. In Rom entdeckt P. die klassische Epoche, die zu einem bes. figurativen Repertoire führt, inspiriert von den fantastischen Figuren auf spätantiken Sarkophagen oder auf Relief-Fragm. in den Tempeln. Seine Fresken-Hintergründe füllt er mit symbolträchtigen Bauten der klassischen Epoche. Als einer der ersten Besucher der Domus Aurea übernimmt P. die Sprache der Antike für die Wände der Kap. und Pal. und führt damit einen neuen Malstil ein, die Grotesken, mit denen er enormen Erfolg hat. Er übernimmt die Stuckaturen von der Villa Hadrians in Tivoli, von den Grabstätten der Via Appia und der Via Flaminia, den Volten der Domus Aurea, der Pal. auf dem Palatin und den Toren des Kolosseums, die er zu Elementen seiner Wand-Gem. macht. Im Gegensatz zu Vasaris negativer Einschätzung genießt P. bei seinen Zeitgen. ein hohes Ansehen und wird sehr bewundert. Der Sieneser Historiker Sigismondo Tizio verfasst in seiner Historia Senensis eine sehr positive Beschr. des Künstlers, in der er ihn für seine Lsch.-Darst. bewundert und ihn mit dem sagenumwobenen röm. Maler Ludius vergleicht. Von P. stammen zahlr. kleine Votivbilder, die hauptsächlich der Jungfrau mit dem Kind gewidmet sind, teilw. ergänzt durch Hll. und Stifter. Durch den dichten Farbauftrag, lange Pinselstriche und Vergoldungen erhalten die Körper seiner Figuren plastisches Volumen. P. benutzt in der Darst. ikonischer Hll.-Bilder zarte, alltägliche Blicke und Gesten, intime Situationen, in denen die Jungfrau dem Jesuskind das Lesen beibringt oder gemeinsam mit dem Sohn einen Granatapfel hält. Als angesehener Porträtmaler schafft er Psychogramme der dargestellten Personen anstatt sie zu idealisieren und erzählt damit von der Ges. seiner Zeit, den Städten und Häusern, den Protagonisten und denjenigen in der zweiten Reihe. P.s Fähigkeit, in mon. und dekorativen Darst. Gesch. zu erfinden, hat sehr stark auf Michelangelo und Raffael nachgewirkt und damit neue künstlerische Herangehensweisen vorbereitet, auch wenn sie sich vom Stil P.s abheben.

WERKE

Baltimore/Md., Walters AM. Berlin, GG. Boston, Isabella Stewart Gardner Mus.Cambridge, Fitzwilliam Mus. Cesena, Bibl. Malatestiana, Duomo. Città di Castello, Mus. del Duomo. Dresden, GG. - Kpst.-Kab. Florenz, GDS. Isola Bella, Coll. Borromeo. London, BM, Dep. of Prints and Drawings. - Courtauld Inst. of AG. - NG. Mailand, Mus. Poldi Pezzoli. New York, Brooklyn Mus. Oxford, Ashmolean Mus. Paris, Louvre. Perugia, GN dell'Umbria. - Fond. Cassa di Risparmio. - Fond. Guglielmo Giordano. Philadelphia, MoA. Raleigh, North Carolina MoA. Rom, Pal. Colonna. Siena, PN. Trient, Castello del Buonconsiglio. Valencia, MBA. Wien, ABK, GG. Washington, Woodner Coll.

AUSSTELLUNGEN

Einzelausstellungen:

2008 Perugia, GN dell'Umbria (K).

 

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB27, 1933

 

Weitere Lexika:

Gnoli, 1923; DBI IX, 1967; DEB IX, 1975; Bauer, GEM VI, 1978; PittItalQuattroc II, 1986; DA XXIV, 1996; E.Langmuir/N.Lynton, The Yale dict. of art and artists, New Haven 2000; A.Folchi/R.Rossetti (Ed.), Il colore del silenzio, Mi. 2007

 

Gedruckte Nachweise:

P.Mattiangeli, in: G.Baffioni/ead. (Ed.), Annio da Viterbo: doc. e ricerche, R. 1981; S.Settis/ D.Toracca, La Libr. Piccolomini nel Duomo di Siena, Md. 1998; M.A. Aurigemma/A.Cavallaro, Il pal. di Domenico della Rovere in Borgo, R. 1999; S.Poeschel/A.Maximus, Das Bildprogramm des Appartamento Borgia im Vatikan, Weimar 1999; F.F. Mancini, in: L.De Fanti u.a. (Ed.), L'arte nella storia, Mi. 2000; G.Benazzi (Ed.), P. a Spello: la Capp. Baglioni in S.Maria Maggiore, Mi. 2000; C.La Malfa, JWarburg 63:2000, 259-270; P.Scarpellini/M.R. Silvestrelli, P., Mi. 2004 (Dok.); A.Angelini, Pio II e le arti. La riscoperta dell'antico da Federighi a Michelangelo, Mi. 2005; M.R. Silvestrelli, I lunedí della Gall. 8:2005, 63-72; L.Syson (Ed.), Renaiss. Siena, Lo. 2007; F.I.Nucciarelli (Ed.), P.: Il Bambin Gesù delle mani, Perugino 2007; C.La Malfa, JWarburg 70:2007, 119-141; C.La Malfa, in: K Perugia, 2008; T.Henry, in: ibid.; A.Angelini, in: P.Agnorelli/M.Lorenzoni (Ed.), Le pitture del Duomo di Siena, Cinisello Balsamo 2008; P.Mercurelli Salari, P. Itinerari in Umbria, Cinisello Balsamo 2008; C.La Malfa, P. Itinerario romano, Cinisello Balsamo 2008; ead., P. La Libreria Piccolomini e l'itinerario senese, R. 2009; ead., P.a Roma. La seduzione dell'antico, Cinisello Balsamo 2009; A.Melograni, Bd'A 16:2012, 33-52; C.Acidini, P.: la Pala dell'Assunta di San Gimignano e gli anni senesi, Fi. 2014 (WV; Dok.); C.La Malfa, in: ibid.; M.De Luca, Verità nascoste sui muri dei Maestri: Michelangelo, Raffaello, Perugino, P. e gli altri in Vaticano, R. 2016

 


THIEME-BECKER

Artikel von: Walter Bombe.

Pintoricchio (Pinturicchio), Bernardino (di Betto-Benedetto di Biagio), Peruginer Maler, * um 1454, †11. 12. 1513 Siena. Geburtsjahr steht nicht sicher fest. Nach Vasaris Angabe starb P. 59 Jahre alt. Daraus ergibt sich als Geburtsjahr 1454, das zwar nicht urkundl. erwiesen ist, aber durch P.s Beteiligung an den in der Werkstätte des Fiorenzo di Lorenzo um 1473 entstandenen Tafeln mit Wundern des h. Bernhardin von Siena (einst im Oratorium S. Bernardino, jetzt in der Pinak. Perugia) wahrscheinlich wird. Vermutlich Schüler des Fiorenzo di Lorenzo, in dessen Werkstätte er längere Zeit tätig gewesen sein muß, da er an F.s Lünette in der Sala del Censo im Rathaus (Madonna in Halbfig. mit segnendem Kinde, von 2 Engeln angebetet) und an der Anbetung der Könige aus S. Maria Nuova (jetzt Pinak.) stark beteiligt ist. (Näheres Bombe, Gesch., p. 139.) 1480/82 als Gehilfe Peruginos und vielleicht später auch selbständig an der Ausmalung der Wände der Sixtin. Kapelle tätig. Von ihm die meisten Figuren der Taufe Christi, wahrscheinl. ganz eigenhändig die Beschneidung der Söhne Mosis u. einige Porträtköpfe im Testament Mosis. Über seine Beteiligung an den Fresken der Altarwand nichts festzustellen, da diese 3 Fresken später dem Jüngsten Gericht Michelangelos weichen mußten. Kleinere Jugendwerke: Kniender hl. Eustachius (ehemals Smlg Volpi-Florenz, dann Smlg Figdor-Wien, 1930 versteig. [vgl. Verst.- Kat. P. Cassirer, Berl., 1. Teil, 3. Band, Nr 23, m. Tat]; von Ad. Venturi Perugino zugeschr.); Madonna m. Kind in der Pinak. Trevi; ähnl. Nat. Gall. London u. Sig. Bufalini in Città di Castello. 1481 in die Perug. Malerzunft aufgenommen; 1482 u. 1484 kauft P. Häuser in Perugia, 1484 ist er in der Kapelle Bufalini in Aracoeli in Rom tätig (Fresken aus dem Leben des h. Bernhardin v. Siena). 1485/86 wird er in Perugia bezahlt für kleinere Arbeiten im Klarissinnenkloster Monteluce. 1486 wieder in päpstl. Diensten: malt für Papst Innocenz VIII. für das Tabernakel der hl. Lanze eine überlebensgr. Madonna (1606 zugrundegegangen). Nach Vasari hat er ferner im Belvedere des Vatikans dekorative Landschaften u. Stadtbilder auf fläm. Art u. a. gemalt, wovon nur geringe Reste (Lünetten mit Wappen, Putten, Propheten, Sibyllen und das Datum 1487) erhalten; der größte Teil beim Bau des Braccio Nuovo unter Pius VI. zerstört. Ab 16. 9. 1489 wieder in Perugia nachweisbar. Die Brüderschaft S. Giuseppe überträgt ihm das Altarbild des Sp0salizio, das später Perugino ausfuhren sollte. P. kehrt aber gleich darauf nach Rom zurück, und seine lange Abwesenheit mag die Brüderschaft veranlaßt' haben, den Auftrag an Perugino weiterzugeben. In Rom malt er mit Werkstattbeteiligung Dekorationsfresken im Palast des Kardinals von S. Clemente, Dom. della Rovere, an Piazza Scossacavalli (heute Pal. dei Penitenzieri), der wahrscheinl. 1490 vollendet wurde. In den letzten Lebensjahren des Papstes Innocenz VIII., zw. 1489 u. 1492, arbeitet P. in der vom Kardinal Lorenzo Cibb begründeten Kapelle S. Lorenzo in S. Maria del Popolo. Vasari hält den Kardinal Innocenzo Cibb für den Stifter, während eine jetzt nicht mehr vorhandene Inschrif † angab, daß Lorenzo Cibb die Kapelle seinem Schutzpatron, dem hl. Lorenz, geweiht habe. Von diesen Freskomalereien ist nur das herausgesägte Bruchstück einer Madonna (jetzt im Dom zu Massa Carrara) erhalten, alles übrige 1692 dem durch Kardinal Alderano Cibb veranlaßten Umbau der Kapelle zum Opfer gefallen. Juni 1492 wird P. nach Orvieto berufen, um in der Tribuna des Domes 2 Evangelisten u. 2 Kirchenväter zu malen, aber seineArbeit fand nicht den Beifall der Bauherren, auch die Höhe der Auslagen für Gold u. Ultramarin wurde beanstandet. Ende 1492 verläßt er Orvieto, um in Rom an der Ausschmückung der Borgiazimmer des Vatikans zu arbeiten, im Auftrage Papst Alexanders VI., der P. dann in Rom festhält und die Orvietaner vertröstet. Unter starker Werkstattbeteiligung malt P. das neu von Papst Alexander bezogene Quartier im Vatikan aus (s. Bombe, Gesch. p. 224/27). Als Karl VIII. von Frankreich am 16. 1. 1495 in den neuen Räumen speiste und die Dekorationen bewunderte, war sicher das meiste schon vollendet. Daran schließen sich Fresken mit Geschichten der Borgia usw. in der Engelsburg, von denen nichts erhalten zu sein scheint. Danach kehrt P. in die Heimat zurück und empfangt Schenkungen (2 Bauerngüter bei Chiusi) für die Arbeiten im Vatikan u. in der Engelsburg. (Urkunden hieruber bei Bombe, Urk. zur Gesch. der Perug. Malerei im 16. Jahrh., Lpzg 1929). Am 14. 2. 1495 verpflichtet er sich, ein großes vielteil. Altarbild für S. Maria d. Angeliin Perugia zu malen (jetzt Pinak. ebda) und macht sich zu diesem Zweck in Perugia ansässig. 15. 3. bis Nov. 1495 ist er vorübergehend in Orvieto, um sich mit den Bauherren zu einigen. 1497 schmückt er die Kapelle Eroliim Dorn zu Spoleto aus; erhalten eine Mad. mit 2 Heil. in Landschaft, darüber Gottvater in Glorie und ein gemalter Fries. Datiert 1497. In Perugia malt er 1500 eine Kirchenfahne für die Brüderschaft S. Agostino (jetzt Pinak.). März u. April 1501 ist er Prior von Pe* rugia, alsdann weilt er in Spello (Umbrien), wo er für den päpstl. Protonotar Troilo Baglioni (später Bischof von Perugia) Fresken malt: 4 thronende Sibyllen in den 4 Deckenfeldern, an den Wänden Verkündigung, Geburt Christi u. Darstellung im Tempel. Auf der Verkündigung, die wohl zuletzt gemalt war, sein Selbstbildnis u. das Datum 1501. 1502 beginnt die Ausschmückung der Domlibreria zu Siena im Auf trag des Kard. Franc. Piccolomini (später Papst Pius III.) mit Darstellungen von Leben und Taten des Oheims des Stifters, des Äneas Sylvius Piccolomini, der als Papst Pius II. die Familie zu Macht u. Ansehen gebracht hatte. Nach Abschluß des Vertrages kehrt P. nach Perugia zurück, wo er bis 6. 9. nachzuweisen ist. Schwer erkrankt, macht er sein 1. Testament (s. Bombe, Urkunden), erholt sich aber und erscheint schon am 15. 10. vor einem Perug. Notar. Noch am 9. 2. 1503 ist er in Perugia nachweisbar; dann erst geht er, wahrscheinl. voll mehreren Gehilfen begleitet, nach Siena, um das große Werk zu beginnen. (Bisher wurde angenommen, daß P. gleich nach Unterzeichnung des Kontraktes 29. 6. 1502 die Fresken in Siena begann.) Ausmalung der Decke vor dem 22. 9. 1503 vollendet, da das Wappen des Stifters Franc. Piccolomini noch den Kardinalshut zeigt, Piccolomini aber an diesen Tage zum Papst gewählt wurde. Schon vorher, 30. 4. 1503, hatte Piccolomini sein Testament gemacht u. den Erben die Fortführung der Arbeiten anempfohlen. Durch den Tod des Papstes, 18. 10. 1503, erlitten sie eine Unterbrechung. P. übernahm nun andere Aufträge, 8 Fresken für die Taufkapelle des Doms zu Siena, von denen 5 erhalten sind, während 3 schon 1608 durch Fr. Rustici ganz neu gemalt wurden. P.s Fresken stellen dar: 1. einen jugendl. Johanniterritter, meist für ein Bildnis des Alberto Aringhieri, Rektors u. Stifters der Dom-Opera gehalten, 2. Bildnis desselben, 3. Geburt Joh. des T., 4. Joh. d. T. in d. Wüste, 5. Predigt Joh. d. T. Um dieselbe Zeit fertigt P. den Karton zu einem Sgraffito mit der Figur der Fortuna für den Marmorfußboden des Dornes und entwirft gleichzeitig wohl auch die Kartons zu den Fresken der Domlibreria, die nach Vasari von Raffael herrühren sollen; aber wohl nur 1 Zeichn. in Oxford von Raffael (Soldatengruppe). Karton zum 5. Fresko bei Conte Baldeschi, Perugia, Uffizien (Komposition u. Reiterzug), Chatsworth (Konzil in Basel), Slg Heseltine, London (Einzelfigur u. 2 Figuren aus der Heiligsprechung der Kath. v. Siena). Die Zeichng. in der Brera ist wohl eine schwache, spätere Kopie nach der Dichterkrönung des Aneas Sylvius. (Über die Beziehungen zw. P. u. Raffael in den Jahren 1500/1503 s. Bombe, Gesch., p. 234). Wir dürfen annehmen, daß P. noch 1595 in Siena weilte; mehrere Urk. aus La Fratta (heute Umbertide) in Umbrien bezeugen, daß er dort nicht anwesend war, als im Okt. 1505 2 Zahlungen für e. Altarbild in S. Maria d. Pietà ebda erfolgten (s. Bombe, Urk. usw.). Erst 1506 wissen wir ihn wieder in Perugia, wo er sich in die neue Matrikel der Malerzunft eintragen ließ u. 22. 4. 1506 seinem Vermögensverwalter Giampaolo Caporali Gelderempfang bestätigte. Das Bild für Umbertide (Krönung der Maria mit Aposteln u. Heil.) ist wohl nach Karton P.s von Giambatt. Caporali ausgeführt (jetzt Vatikan. Pinak.). Am 24. 3. 1507 übertrug P. die Ausführung eines Altarbildes für die Franziskaner in S. Andrea in Spello an s. Schüler Eusebio da S. Giorgio, da er durch dringende Arbeiten in Siena festgehalten war. Er hatte zwar versprochen, wenigstens die Köpfe der Madonna, des Kindes, des Johannesknaben u. der 4 stehenden Heiligen selbst zu malen, aber auch diese Arbeit scheint Eusebio übernommen zu haben, gegen Zahlung von 100 Dukaten, mit der Verpflichtung, das Werk im April 1507 zu beginnen. P., der 1510 in Perugia nachweisbar ist, scheint sich damit begnügt zu haben, die Arbeit Eusebios zu übergehen. Auf einem Schemel vor dem Thron der Madonna ist ein Faksimile eines Briefes von Gentile Baglioni an P. vom 24. 4. 1508, mit der 2mal wiederholten Aufforderung Gentiles, P. möchte nach Siena zu Pandolfo Petrucci zurückkehren, der ihn erwarte. (Vielleicht eine Art origineller Entschuldigung wegen der langen Abwesenheit? Oder eine Andeutung, daß P. das Bild nicht eigenhändig ausgeführt habe?) Die Predellentafelri glaubt C. Ricci in der Brera wieder entdeckt zu haben. Um dieselbe Zeit richtet P. an die Balia zu Siena ein Gesuch, vom Dazio u. von d. Gabella befreit zu werden, was ihm größtenteils bewilligt wird. Im Sommer 1508 weilt er in Perugia. 18.1. 1509 empfängt er den Rest der Zahlungen für die Fresken der Domlibreria in Siena, die nach Sigism. Tizio B. 9. 1504 enthüllt wurden. Tizio erwähnt noch eine Geburt Mariä für S. Francesco in Siena, die am 24. B. 1655 verbrannte. In Siena macht P. 1.11. 1509, wieder schwer erkrankt, sein 2. Testament mit Legat für die Sieneser Dombauhütte u. 300 Fiorini für seine damals schwangere Gattin Grania, "damit sie nicht nach dem Tode des Erblassers zum Betteln gezwungen sei, zur Schande ihrer Ehe u. ihres Gatten." Wieder genesen, malt er zus. mit Gir. Genga u. L. Signorelli Fresken im Palast des Pandolfo Petrucci, Tyrannen von Siena. Ein Fresko P.s, Penelope u. die Freier, seit 1874 i. d. Nat. Gall. London. Über die durch einen modernen Plafond der Besichtigung entzogenen Deckenmalereien s. Aless. Franchi in L'Art (Paris), 1882 II p. 184. Danach geht P. nach Rom, um die vielleicht schon früher begonnenen Fresken in der Capp. S. Agostino in S. M. del Popolo zu vollenden (Urk. s. Fr. Briganti, Augusta Perusia, 1906, p. 17f.). Sept. 1510 Rückkehr nach Perugia, vollendet das Altarbild für S. Andrea in Spello (s. oben) und wendet sich wieder nach Siena. 23. 10. 1510 (?) verpflichtet er sich zu einer Madonna in Glorie m. Benedikt u. Bernhard für die Montolivetaner in S. M. di Barbiano in S. Gimignano, wofür er 9. 2. 1511 die Restzahlung empfängt (jetzt Pinak. ebda). 4. 11. 1510 erscheint er in Perugia vor einem Notar u. ist dort noch im März 1511 nachweisbar. Am 30. 3. weilt er wieder in Siena. In 3 Perug. Notariatsurkunden kommt sein Name am 19. 3. 1512 vor. Darauf scheint er nach Siena zurückgekehrt zu sein. Die Heimat sollte er nicht wiedersehen. Noch vom 15. 10. haben wir eine Nachricht über ihn, die aber seine Abwesenheit bestätigt, u. eine letzte Nachricht vom 2. 4. 1513. Dann schweigen die Peruginer Urkunden über P., der Siena wohl nicht mehr verlassen hat. Die letzten Urkunden des Jahres 1513 lassen uns einen Blick tun in seine durch körperl. Leiden u. eine zerrüttete Ehe getrübten Lebensumstände. 7. 5. 1513 machte er sein 3. Testament mit der Bestimmung, in S. Francesco in Siena begraben zu werden. P. - der Malerzwerg (nach Vasari) oder auch Sordicchio (nach Fr. Matarazzo) - war "sordo, e piccolo, de poco aspetto e apparenza", "aber, wenn Maestro Pietro (Perugino) der erste in jener Kunst war, so war dieser der zweite." Diese Charakteristik Matarazzos ist richtig, denn nächst Perugino hat P. am meisten dazu beigetragen, der Peruginer Malerei auch außerhalb der Heimat Anerkennung u. Ruhm zu verschaffen. Er ist ein feiner Dekorator u. amüsanter Erzähler, steht aber an Tiefe der Empfindung Perugino nach. Seine Landschaften sind bunt, aber ermangeln der starken Stimmung, seine Bildnisse sind ähßerlicher; wirklich ergreifend nur sein Selbstbildnis in S. M. Maggiore in Spello. Lit.: A. Venturi, Storia d. arte it., VII/2 (1913), Reg. s. v. Bernardino (m. Lit.); IX/2 (1926). - U. Gnoli, Pittori e min. nell' Umbria (1923),p.284-98, 355 (m. Lit.). - W. Bombe, Gesch. d. Peruginer Malerei bis zu Perugino u. P., auf Grund des Nachlasses Adamo Rossis u. eigener archivai. Forschungen (Ital. Forschungen, hrsg. vom Kunsthist. Inst. Florenz, Bd 5), Bln 1912; ders, Urkunden zur Gesch. d. Perug. Malerei im 16. Jh., Lpzg 1929. - E. Steinmann, P. (Knackfuß' Künstlermonogr., Bd 37), Bielefeld/Lpzg 1898 (Benpr.: F. R., Ztschr. f. bild. Kst, N. F. 10 [1898/99] 127f.). - C. Ricci, Il Pintoricchio, Perugia 1912. - L. Douglas, Hist. de Sienne, 2 (1914). - E. Jacobsen, Umbr. Malerei des 14., 15. u. 16. Jh. 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