Pisanello (Pisano, Antonio di Puccio, irrtümlich Pisanello, Vittore, nach Giorgio Vasari), ital. Maler, Zeichner, Medailleur, *um 1393 Pisa (?), †vor 31.10.1455 Rom (?).
Pisanello
Wohl nach dem frühen Tod des Vaters, dem Pisaner Bürger Ser Puccino (Puccio) di Giovanni da Cerreto im Jahr 1394 oder '95 zog die Fam. nach Verona, in die Heimatstadt der Mutter Elisabetta di Nicolò, wo sie 1404 im Sprengel S. Paolo di Campo Marzio nachg. ist. Über P.s Ausb. ist nichts bekannt. Er war als Hofkünstler an den wichtigen Höfen in Italien beschäftigt, so u.a. bei den Visconti in Mailand, den Gonzaga in Mantua, den Este in Ferrara, dem päpstlichen Hof in Rom, den Malatesta von Rimini und bei den Aragon in Neapel. Nur ein Bruchteil seiner Werke ist erh.; die Chronologie der überlieferten Arbeiten ist nicht verlässlich geklärt. P. hatte Kontakte zu den Humanisten und Dichtern seiner Zeit, die das geistige Leben in Oberitalien bestimmten. Guarino Guarini, Tito Vespasiano Strozzi, Angelo und Pier Candido Decembrio, Giannantonio de' Pandoni (gen. Porcellio), Bartolomeo Facio sicherten P. mit Eklogen oder Lobeshymnen einen Ruhm, wie ihn nur wenige Künstler genossen haben. Neben Markgrafen und Fürsten hat P. Humanisten wie Vittorino da Feltre, P.C. Decembrio, Bellotto Cumano und Pandoni (nicht erh.) und Condottieri wie Niccolò Piccinino oder Francesco Sforza in Med.-Bildnissen dargestellt. Während des Konzils von 1438-39 in Ferrara und Florenz hatte P. die Ehre, als einziger Künstler Zugang zum byz. Kaiser Johannes VIII. Palaiologos zu haben und Zchngn mit Bildnissen des Kaisers und seines Gefolges anzufertigen. Die Med. mit der Darst. des byz. Kaisers gilt in der Forsch. als erste Renaiss.-Medaille. Schon Francesco Petrarca riet dem angehenden dt. Kaiser Karl IV., sich ähnlich wie die röm. Kaiser im Münzbildnis darzustellen, denn nur einem Kaiser sei das Bildnis im Rund vorbehalten. Mit Byzanz wird die neuartige Größe der Med. (Imago clipeata, Encolpia), ihre griech. Inschr. und die Künstler-Sign. in Griechisch in Verbindung gebracht: ΕΡΓΟΝ ΤΟV ΠΙCΑΝΟV ZωΓΡΑΦΟV. Der griech. Begriff zoographos beinhaltet Leben (zoon) und Malen oder Schreiben (graphein). P.s Sign. schließt damit direkt an den antiken Topos des Kunstwerkes an, das quasi Leben schafft. Gegenüber der antiken Münze ist die Med. nicht geprägt, sondern gegossen; dies erlaubte einen sehr viel größeren Durchmesser und ein bis zu hundert mal schwereres Gewicht. P. signierte seine Med. mit OPVS PISANI PICTORIS. In Verona und im nahen Padua, wo Altichiero gewirkt hatte, erhielt P. wohl seine erste künstlerische Prägung. Im sog. Taccuino di viaggio (Reisemusterbuch) finden sich Nach-Zchngn nach Bildmotiven aus Altichieros Werk. An Vorstufen zu P.s Lsch. mit den irrenden Rittern in Mantua hat sich nichts ähnlicheres erh. als die unwirklichen Fels-Lsch., wie sie Altichiero gestaltete. Stilistisch scheint er auch von Michelino Molinari da Besozzo beeinflusst, der in Pavia bei Mailand für die Visconti tätig war und die frz. Einflüsse des höfischen Stiles nach Oberitalien vermittelte. Auch nach Werken Michelinos finden sich Kopien im Taccuino di viaggio; zudem befanden sich im Codex Vallardi (umfangreiches Œuvre eigenhändiger Zchngn P.s, Schülerarbeiten und Werken and. Künstler, Paris, Louvre, Dép. des arts graph.) Zchngn von Michelino. Wichtig für P.s Stilbildung war außerdem Gentile da Fabriano, in dessen Nachf. er an zwei der wichtigsten Aufträge in Italien gearbeitet hat. Facio (1456) berichtet von zwei Wandbildern P.s in der Sala del Gran Consiglio im Dogenpalast in Venedig (Fortini Brown, 1988). Der heute verlorene umfangreiche und zw. ca. 1365 und 1419 entstandene Zyklus enthielt Wandbilder versch. nicht-venez. Künstler, u.a. von Gentile da Fabriano. P.s Beitr. wird auf 1415-19 dat. und stellte zwei Szenen aus dem Leben Papst Alexander III. dar, u.a. die Szene, in welcher der von den Venezianern freigelassene Kaisersohn Otto seinen Vater Friedrich Barbarossa bittet, mit Papst Alexander III. und dem Dogen Ziani Frieden zu schließen. Vermutlich arbeitete P. auch an der Szene, in der Otto anbietet, den Frieden zw. Papst, Dogen und Friedrich Barbarossa zu vermitteln. Als P. diesen ehrenvollen Auftrag ausführte, war er wenig älter als 20 Jahre. Die reichen höfischen Mode-Darst., die lieblichen, zarten Physiognomien, ein Erzählstil, der mit vielen Details bereichert ist, ist geprägt von Gentiles Werk. P.s Tätigkeit im Kastell der Visconti in Pavia ist nur aufgrund der Notiz von Cesare di Lorenzo Cesariano in seiner 1521 hrsg. und kommentierten Vitruv-Übersetzung dok. (Cordellier, 1995, Dok. 98). Sie wird von der Forsch. auf 1419-22 dat. und umfasste wahrsch. höfische Themen wie Spiele, Jagden und Turniere. Vermutlich steht P.s beginnende Auseinandersetzung mit Naturbeobachtung, Tieren, Pflanzen und Menschen in diesem Zusammenhang. Für die Visconti in Mailand waren sowohl der Baumeister des Mailänder Domes und Urheber des berühmten Tiermusterbuches (heute in Bergamo) Giovannino de' Grassi als später auch Michelino tätig, dem A.Schmitt versch. Tier-Zchngn aus dem ehem. P.-Bes. (Codex Vallardi) zuschreibt (Degenhart/Schmitt, 1995). In Pavia kam P. vermutlich auch in Kontakt mit der frz. Buchmalerei jener Zeit (Pächt, 1963). In der Nachf. Gentiles entstanden die Wandbilder in der damaligen Papstkirche S. Giovanni in Laterano in Rom, die P. nach dem Tode Gentiles weiterführte. Einige Szenen des heute verlorenen Freskenzyklus zum Leben des Joh.Bapt. lassen sich über erh. Zchngn aus dem Taccuino di viaggio rekonstruieren: P.s Beitr. zum Johanneszyklus umfasste wahrsch. die Taufe Christi, Festnahme und Enthauptung Johannes des Täufers. P.s Arbeiten an den Wand-Gem. von S.Giovanni sind belegt durch Zahlungen aus der päpstlichen Kasse 1431-32. In Rom kam P. mit der antiken Skulptur in Berührung. Seine Zchngn nach der Antike gehören zu den ersten Zeugnissen dieser Art in der Zeit der Frührenaissance. Allerdings ist in der jüngeren Forsch. umstritten, ob P. selbst oder seine Schüler im Taccuino di viaggio gezeichnet haben (zuletzt Degenhart/Schmitt, 2004, die ihre früheren Zuschr. [dies. 1960; 1995] widerrufen). Das Taccuino di viaggio ist eine Slg von Zchngn mit Kopien nach der Antike sowie nach vorbildhaften Künstlern, wie Altichiero oder Michelino, sowie nach jüngeren Künstlern der Früh-Renaiss., Donatello und Fra Filippo Lippi. Das auseinandergerissene Konvolut wird heute in versch. Zchng-Kab. aufbewahrt (u.a. Berlin, Kpst.-Kab.; Florenz, Uffizien; London, BM; Paris, Louvre; Wien, Albertina; Mailand, Bibl. Ambrosiana; Rotterdam, BvB). Eine Madonnen-Darst., die P. in Rom geschaffen haben soll, ist nur dok. überliefert (Cordellier, 1995, Dok. 16), ebenso ein Bildnis von Julius Caesar, das P. 1435 für Leonello d’Este schuf (Cordellier, 1995, Dok. 22). Der Veroneser Humanist Guarino besingt die hohe Malkunst einer Darst. von Hieronymus, die P. ihm geschenkt hatte (Cordellier, 1995, Dok. 10). In einer Zchng (Paris, Louvre, Inv. 2631) skizzierte P. eine Kap.-Ausstattung. Sie entspricht in ihrer Ikonogr. dem letzten Wunsch des Domherren Antonio Malaspina, festgehalten in dessen Test. von 1440 (Cordellier, 1995, Dok. 31). Ob das Altarbild und die Wandbemalungen in Malaspinas Grab-Kap. im Dom von Verona je von P. ausgef. wurden, ist heute nicht mehr feststellbar. 1439 nahm P. im Gefolge Gianfrancesco Gonzagas und Piccininos unter Filippo Maria Visconti an der Besetzung von Verona teil (Cordellier, 1995, Dok. 30). 1441 wird er als Malerrebell und somit als Staatsfeind Venedigs auf einer von den Veronesern an Venedig übermittelten Liste gen. (Cordellier, 1995, Dok. 34); 1442 wurde ihm der Prozess gemacht aufgrund der Anschuldigung, zus. mit Ludovico Gonzaga Schmähreden gegen die Republik Venedig geführt zu haben. Er entkam der Strafe (Abschneiden der Zunge), wurde aber zu einem Zwangsaufenthalt in Venedig verurteilt (Cordellier, 1995, Dok. 42). Noch im selben Jahr erhielt er die Erlaubnis, von Venedig nach Ferrara zu reisen, wobei ihm verboten war, veronesisches oder mantuanisches Gebiet zu betreten (Cordellier, 1995, Dok. 43). Für den Sommer 1441 ist ein Wettstreit zw. Jacopo Bellini und P. durch Ulisse degli Aleotti und A.Decembrio überliefert. Die Frage lautete, welcher der beiden Künstler das bessere Porträt des Leonello d’Este von Ferrara herstellen könne (Cordellier, 1995, Dok. 38, Dok. 52). Während das Bildnis des Siegers J.Bellini nicht überliefert ist, könnte P.s Darst. mit dem heute in der Accad. in Bergamo aufbewahrten Porträt identisch sein. Zw. 1441 und '44 schuf P. nicht weniger als neun versch. Porträt-Med. auf Leonello d’Este (Hill, 1930). 1445 erhielt er eine Teilzahlung zu einem Taf.-Gem. unbek. Ikonogr. im Auftrag von Leonello für die Residenz Belriguardo bei Ferrara (Cordellier, 1995, Dok. 53-54). Der Wandbildzyklus, den P. für den großen Festsaal der Gonzaga-Residenz in Mantua geschaffen hatte, wurde in den 1960er Jahren durch Giovanni Paccagnini (1963) wiederentdeckt. Die Dat. der ma.-höfischen Darst. aus dem frz. Ritterroman des Lancelot wird von der Forsch. neuerdings früh angesetzt. Der umfangreiche Zyklus, der sich über mehr als 300 Quadratmeter Wandfläche ausdehnt, blieb aus ungeklärten Gründen unvoll.; große Teile sind nur als Vor-Zchngn oder sog. Sinopien angelegt. Erh. haben sich zwei voll. Wandbilder, die P. für Verona schuf: Das Wandbild, dass das Grab-Mon. des Nicolò Brenzoni in S. Fermo rahmte, ein Rosenspalier mit den Erzengeln Raphael und Michael und der Verkündigung an Maria (1426). Für die Kap. der Veroneser Adels-Fam. der Pellegrini in der Kirche Sant’Anastasia malte er das Fresko mit einer Episode aus der Georgslegende (1437-38; Bismarra, 2013). Das Wandbild in großer Höhe über der Eingangsarkade zur Kap. neben dem Hauptchor zeigt Georg und die Prinzessin auf der rechten Seite des Spitzbogens, während die Lsch. mit dem Drachen auf der anderen Seite des Spitzbogens dargestellt ist. Georg ist mit seinem Gefolge, Pferden und mit Hunden dargestellt. V.a. in der Darst. der beiden Gehängten und in der Lsch. mit dem Drachen zeigt sich P.s detailgenaues Stud. nach der Natur und der Tierwelt in der Darst. von Echsen, einem Löwen und einem erlegten Reh. Ein Pilger (ital. pellegrino) figuriert als Wappen im rechten Bogenzwickel. Die von Vasari ausführlich beschriebenen, urspr. zum Georgswandbild gehörenden Darst. des Eustachius, an dessen Bein sein Hund hochspringt und Georg, der sein Schwert in die Scheide zurücksteckt, sind nicht erhalten. 1448/49 erhielt P. als Mitgl. des kgl. Hofes in Neapel Zahlungen. Zchngn mit Skizzen für Kanonen, Helme und Med. sind mit den Wappen und Emblemen der Aragon von Neapel ausgewiesen. P.s Entwürfe für reich gemusterte Stoffe und Goldschmiedearbeiten stehen ebenfalls in Verbindung mit Neapel. Vermutlich stammt auch die großformatige Zchng mit einem ersten Archit.-Entwurf für den Triumphbogen am Castel Nuovo, Neapel (Rotterdam, BvB) von ihm. - P.s Studien nach der Antike, nach Münzen, Sarkophagen und den damals bek. Skulpturen weisen diesen Künstler der Internationalen Gotik als einen der wichtigsten Wegbereiter der Früh-Renaiss. aus. Für Alfons V. von Aragon und dessen Höfling Iñigo I d’Avalos schuf P. einige der schönsten Renaiss.-Med., deren Vorder- und Rückseiten die Auseinandersetzung sowohl mit den antiken Überlieferungen als auch mit dem Naturvorbild offenbaren. Mit der Porträt-Med. begründete P. ein neues Medium, das der Memoria, aber auch der Kommunikation diente (Pfisterer, 2008; Blass-Simmen, 2013). Als Begründer der Renaiss.-Med. ist er einer der Hauptanreger der ital. Porträt-Darst., die viel länger als im Norden am strengen Profil festhielt (Blass-Simmen, 2015). Seine genauen Naturbeobachtungen, die P. in zahlr. Zchngn von Tieren (v.a. Pferden und Hunden) festhielt, können als Vorgänger von Leonardos Tier-Zchngn betrachtet werden. Diese Studien nach der Natur wurden als Rein-Zchng gesammelt, um sie dann im gemalten und freskierten Werk zu verwenden. P.s Malerei mit ihrem großen Detailreichtum und der kostbaren Ausf. z.T. in vergoldeter Pastiglia (dreidimensionaler Gipsverzierung) entsprach dem damals an den Höfen herrschenden Zeitgeschmack. Facio nennt P. zus. mit Gentile da Fabriano, Jan van Eyck und Rogier van der Weyden als wichtigsten Maler seiner Zeit. Bono da Ferrara bezeichnet sich in dem Londoner Hieronymus-Bild als Schüler P.s. Der Medailleur, Architekt, Bildhauer und Buchmaler Matteo de’ Pasti sowie der Ferrareser Buchmaler Taddeo Crivelli sind wahrsch. ebenfalls aus der Wkst. P.s hervorgegangen.
Gem.: (in Tempera/Holz, falls nicht and. angegeben)
Einzelausstellungen:
Kat. der bed. Ausst., siehe Bibliogr. 1932 Paris, BN / Mantua: 1972 Mus. del Pal. Ducale; 1996 Mus. Casa del Mantegna / 1983 Florenz, MN del Bargello (Med.) / 1996 Verona, Mus. di Castelvecchio / 2001-02 London, NG (alle K). -
Gruppenausstellungen:
1958 Verona, Mus. di Castelvecchio: Da Altichiero a P. / 1965 Wien, Albertina: Hundert ausgewählte Zchngn von P. bis Rembrandt / 2010-11 Rom, Chiostro del Bramante: I grandi veneti / 1990 New York, Pierpont Morgan Libr.: From P. to Cézanne (Zchngn; Wander-Ausst.) / 1992 Venedig, Fond. Giorgio Cini: Da P. a Tiepolo / 2007 Mailand, Mus. Poldi Pezzoli: La raccolta Mario Scaglia (alle K).
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB27, 1933
Weitere Lexika:
DEB IX, 1975; Bauer, GEM VI, 1978; PittItalQuattroc II, 1986; DA XXIV, 1996; DBMI, 2004 (s.v. Antonio Pisano)
Gedruckte Nachweise:
B.Facius, De viris illustribus, 1456; G.Vasari, Le vite de' più eccellenti pittori, scultori e architetti, Fi. 1550; 21568; G.F. Hill, P., Lo. 1905; id., A Corpus of Ital. Medals of the Renaiss. before Cellini, 2 Bde, Lo. 1930; B.Degenhart, Antonio P., W. 31942; B.Degenhart/A.Schmitt, MüJb 1960(11)59-151; O.Pächt, GBA 1963(62)109-122; id., Pantheon 1963(21)131-142; A.Pertusi (Ed.), Venezia e l’Oriente fra tardo medioevo e rinascimento, Fi. 1966; M.Fossi Todorow, I disegni del P. e della sua cerchia, Fi. 1966; Ital. Zchngn der Früh-Renaiss. (K Wander-Ausst.), M. 1966; G.Paccagnini, P. e il ciclo cavalleresco di Mantova, Ve. 1972; P. alla corte dei Gonzaga (K Mantua), Mi. 1972; J.Woods-Marsden, The Gonzaga of Mantua and P.s Arthurian Frescoes, Pr. 1988; Da P. alla nascita dei Mus. Capitolini (K Rom), Mi. u.a. 1988; P.Fortini Brown, Venetian Narrative Paint. in the Age of Carpaccio, Diss. Univ. of California, New Haven/Lo. 1988; Le Muse e il Principe, Arte di corte nel Rinascimento padano (K Mailand), 2 Bde, Md. 1991; B.Degenhart/A.Schmitt, P. und Bono da Ferrara, M. 1995; D.Cordellier (Ed.), Doc. e fonti su P., Vr. 1995 (Dok.); P. le peintre aux sept vertus (K Louvre), P. 1996 (Lit.); L.Puppi, P. e la poetica dell' inatteso, Mi. 1996; D.Cordellier, P. la princesse au brin de genévrier, P. 1996; T.Franco, in: S.Béguin/R.Cassanelli (Ed.), La bottega dell'artista tra Medioevo e Rinascimento, Mi. 1998; D.Cordellier (Ed.), P., Actes du colloque organisé au Mus. du Louvre [...], 2 Bde, P. 1998; P. painter to the Renaiss. court (K London), New Haven, Conn. u.a. 2002; Une Renaiss. singulière (K Brüssel), Gand u.a. 2003; B.Degenhart/A.Schmitt, Corpus der ital. Zchngn 1300-1450, III Verona, P. und seine Wkst., 2 Bde, B. 2004 (Lit.); Cosmè Tura e Francesco del Cossa (K Pal. dei Diamanti), Fe. 2007; M.Faietti, FlorMitt 2008(2/3)45-52; U.Pfisterer, Lysippus und seine Freunde, B./Boston 2008; M.Toffanello, Le arti a Ferrara nel Quattrocento, Fe. 2010; B.Blass-Simmen, in: M.Körte (Ed.), Inventing Faces, B./M. 2013; C.Bismarra, Verona illustrata 2013(26)5-13; T.Jones, Civiltà mantovana 2014(49)40-57; B.Blass-Simmen, in: M.Bushart/H.Haug (Ed.), Techn. Innovationen und künstlerisches Wissen in der frühen Neuzeit, I Interdependenzen, Köln u.a. 2015
Pisanello, Antonio di Puccio Pisano, gen. il Pisanello, Maler u. Medailleur, * vor dem 22. 11. 1395 Pisa, † zwischen dem 14. 7. u. 31. 10. 1455 (Rom?). Sohn des Puccio di Giov. di Cereto u. der Isabetta di Nicol° da Verona. Kam als Kind nach Verona, dort ausgebildet unter dem Einfluß des Begründers d. verones. Schule Altichiero und nachmals durch den um 20 Jahre älteren Stefano da Zevio; stark berührt durch die französ.-burgund. Buchmalerei. Weiter entwickelt durch Bekanntschaft mit Gentile da Fabriano in Venedig. Der früheste urkundl. erwähnte Auftrag bezieht 'sich auf ein Fresko in der Sala del Gran Consiglio im Dogenpalast zu Venedig, wo P., im Anschluß an Gentile da Fabriano, das (erst später, 1488, urkundl. beglaubigte [Lorenzi, Monumenti, Dok. 221)) Fresko: Otto vor Barbarossa, malt, wohl zw. 1415 u. 1422. Der Einfluß Gentiles ist bes. in der Mad. in S. Fermo, Verona, kenntlich. Übertrifft als Kenner der Tierform hei weitem den Gentile u. wurde einer der größten Tierzeichner. P.s u. Gentiles gemeinsamen Einfluß auf die Entwicklung der venez. Kunst verrät Vivarinis Berliner Anbetung der Könige. 1422 in Veroneser Urkunden (Biadego, Nota quarta) als in Mantua ansässig bezeichnet, in diesem u. den folg. Jahren mehrfach als in Verona anwesend beglaubigt. 1423/24 nach Brenzoni [s. Lit.) wäre das Fresko der Verkündigung über dem Grabmal der Rangoni di Brenzono (später Brenzoni) in S. Fermo entstanden (nach früherer Annahme, so bes. Biadego, Nota seconda u. sesta, erst 1435/40). Anfang 1425 im Sold der Gonzaga (Biadego, Nota terza). Dann keine Nachrichten über P. bis April 1431, wo er in Rom für Malereien im Lateran bezahlt wird. P. vollendet hier den von Gentile da F. (11428) begonnenen Freskenzyklus aus dem Leben Joh. des Täufers. Zahlungen bis Ende Febr. 1432 (Müntz, Les arts ä la cour des Papes, 1 47). In Rom sind vielleicht einige von der Antike beeinflußte Zeichnungen sowie das jüngst nachgewiesene Bildnis des Kaisers Sigismund (2 Zeichnungen aus dem ehemal. Codex Vallardi im Louvre; vgl. O. Fischer in Jahrb. d.preuß. Kstsmlgn, 54 [1933] 5 † f.) entstanden. P. verläßt Rom nach d. 26.7. 1432 (Venturi, Dok. XXII) u. kehrt nach Verona zurück. Steht damals bereits mit Leonello d'Este in Verbindung, für den er ein Madonnenbild gemalt hatte, vielleicht auch mit Fil. Maria Visconti (Dok. Venturi XX von zweifelhafter Echtheit). Die nur hei Vasari sich findende Angabe über Malereien in der Chiesa del Tempio in Florenz ist absolut unglaubhaft. Sendet Januar 1435 dem Leonello d'Este als Geschenk ein Bildnis Julius Caesars (Venturi Dok. XXIV). Scheint bis 1438 hauptsächlich in Verona (wo er seinen Wohnsitz behält) u. Ferrara gearbeitet zu haben. Der hI. Eustachius in der Londoner Nat. Gall., die Ginevra d'Este im Louvre u. das Fresko des hl. Georg in S. Anastasia zu Verona durften alle in diese Zeit fallen; die Ginevra vielleicht etwas früher und zwar 1433, als sie - damals 14jährig - Braut des Sigismondo Malatesta war. Der bl. Eustachius wichtig als einer der frühesten Versuche der Schilderung der freien Natur u. für P. charakteristisch in der genauen Wiedergabe der Tierformen, dem hohen Horizont, dem Mangel an Perspektive u. der Unbeholfenheit der Komposition. Das von Vasari in der Pellegrinikap. in S. Anastasia erwähnte Fresko des seinen Hund streichelnden hl. Eustachius ist zugrundegegangen; vom Georgsfresko ebda ist nur der rechte Teil erhalten, der linke zerstört; der Heilige ist im Begriff, den Drachen zu töten, daneben die Prinzessin, im Mittelgrund eine interessante oriental. Reitergruppe; der Architekturhintergrund phantastisch-spätgotisch, hoher Horizont, links ein Schiff auf dem Wasser. Viele Einzelstudien dazu vorhanden. Der Besuch des Kaisers Johann VIII. Palaeologus in Ferrara (v. 29. 2. 1438 bis 10. 1. 1439) gibt P. Veranlassung zu seiner ersten Gußmedaille, die den Ausgangspunkt u. das Fundament der mod. Medaillenkunst darstellt und in der Wahl des Gegenstandes - nicht in der Technik - durch die röm. Kaisermedaillons u. nordfranzös. u. burgund. Goldschmiedearbeiten, wie die Constantius- u. Heraklius-Medaillons von ca 1390/1400, beeinflußt ist. Die Pest von 1438 u. der Krieg zwischen Mantua u. Venedig halten P. von Verona fern; 1439 ist er im Dienst der Gonzaga nachweisbar (Venturi, Dok. XXVIII). P. nimmt mit den Truppen Piccininos an der kurzen Besitznahme der Stadt teil. Legt 11. 5. 1440 über diesen Aufenthalt in Mailand Zeugnis ab (Biscaro, Arch. stor. lomb., 38 [1911] 171). In denselben Jahren (1439/41) entsteht als 2. Gruppe seiner Medaillen die auf Piccinino, Fil. Maria Visconti u. Franc. Sforza. Die Med. auf Gianfrancesco Gonzaga (nach einigen Schriftstellern 1439 entstanden) ist später. Dem Mailänder Aufenthalt P.s schlossen sich vielleicht seine (verlorenen) Fresken im Schlosse zu Pavia an. Tritt im Sommer 1441 als Porträtist des Leonello d'Este mit Jac. Bellini in Wettbewerb, worauf vielleicht das sicher von P. gemalte Bildnis des L. d'Este - 1460 im Besitz des Humanisten Carbone in Ferrara (L'Arte, 5 [1902] 405) - in der Accad. Carrara in Bergamo zurückgeht. Während des Aufenthalts in Ferrara dürfte auch das Bildchen mit den hll. Georg u. Antonius in der Londoner Nat. Gall. entstanden sein. Erhält um 1445 (1443?) die Erlaubnis zur Rückkehr nach Verona, setzt aber vermutlich seine Tätigkeit in Ferrara fort; besuchsweise auch in hfantua u. a. O. Die (verlorenen) Fresken in der Sala del Pisanello im Schlosse zu Mantua (Szenen aus d. Leben des Gianfrancesco Gonzaga?) fallen wahrscheinlich in dieselbe Zeit wie die Medaillen auf Gianfrancesco u. Lodov. Gonzaga (beide 1445?); die eine der Medaillen auf Sigismondo Malatesta ist aus dems. Jahre (1445) datiert, die andere, zus. mit der auf Malatesta Novello, wohl etwas früher entstanden; die beiden letzten als Belege für einen Besuch P.s in Rimini. Die Entstehung der Med. auf den am 2. 2. 1446 † Vittorino da Feltre fällt vor dieses Datum; die Med. auf Cecilia Gonzaga u. Belloto Cumano sind 1447 datiert; die Med. auf Pier Candido Decembrio, wohl 1447 beg., war im August 1448 vollendet (Venturi Dok. XXXV II). Nicht genau datierbar, aber wohl zw. 1444 u. 1448 entstanden, eine (verlorene) Med., auf die angeblich das Marmorrelief des Gian Pietro d'Avenza im Dom zu Lucca zurückgeht, sowie die gleichfalls verlorene Med. auf Porcellio (vor 1449). Die beiden Med. mit P.s Bildnis vielleicht von einem Ferrareser Nachfolger (Marescotti? Niccol°?). Vor Ende 1448 (dat. Zeichnung zur LiberalitasMed., s. u.) geht P. nach Neapel, wo er vom Hof Zahlungen erhält u. zumindest 3 Medaillen auf Alfonso V. fertigt: 1. Liberalitas Augusta (bez. u. dat. 1449); 2. Venator Intrepidus (bez., o. J.); 3. Fortitudo mea (nicht bez., o. J.; die auf einigen Exemplaren vorkommenden Signaturen falsch); ferner die Med. auf Don litigo d'Avalos (o. J.). Auf P. geht vermutlich auch der erste Entwurf zu dem Triumphbogen am Castelnuovo zurück (Smig Koenigs, Haarlem; s. L. Planiscig in Jahrb. d. preuß. Kstsmlgn, 54 [1933] 16ff.). Wann P. Neapel verließ und wohin er sich von dort wandte, ist unbekannt. Verlorene Bilder (außer den oben erwähnten): Madonna, in Røn gemalt, Leonello d'Este versprochen (Vent. Dok. XXIII(. - Hl. Hieronymus, im Bes. des Guarino (Vent. Dok. XXV,Z. 48; vgl. Biadego Nota II). - Hl. Hieronymus in Verehrung des Kruzifixes, mehrere Bild. (Facius 1455/56, Vent. Dok. XXXXIII). Zugeschriebene Bilder: Madonna mit der Wachtel, Verona, Museo Civ. P. zugeschrieben von Bernasconi, der sie besaß (Studi sopra la storia d. pitt. ital., Verona 1864, p. 86); neuerdings von Venturi (Storia d. Arte it., VII/I 248) u. van Marie. Sonst meist als Werk des Stefano da Zevio angesehen (Biadego, Berenson, E. Sandberg-Vavalà, Pitt. Veronese, Ver. 1926, p. 285). - Eremit, Mailand, Poldi Pezzoli Nr 591 (Richter, s. Lit.). Sehr nahe dem Gentile da Fabriano. - Hl. Hieronymus, London, Clark (Richter, s. Lit.). Ober weitere Zuschreib. s. Lit. Als Begründer der Medaillenkunst ist P. einer der Hauptanreger der ital. Porträtkunst. Hat als Medailleur nicht Schule gemacht, aber alle bedeutenden Medailleure von Pasti bis Sperandio stark beeinflußt. Als Zeichner und in der Darstellung der beseelten Natur unerreicht, obgleich er des wissenschaftl. Studiums Leonardos ermangelt. Sehr beachtenswerte naturalist. Einzelheiten in s. figürl. Gemälden, die aber -im Gegensatz zu seinen Medaillen-kein Kompositionsvermögen aufweisen; hat daher die Entwicklung der Malerei nur wenig beeinflußt, zumal er - verglichen mit den Florentinern - für das ihm fehlende geistige Element weder das Studium der Antike noch das der Perspektive als Ersatz bietet. Lit.: Quellen u. Urkunden. Vasari, Le Vite, ed. Milanesi, III 5; ed. A. Venturi, I (Flor. 1896), die gesamten älteren Quellen zusammenfassend. - Ridolf i, Le Maraviglie, ed. D. v. Hadeln, 1(1914) 39/41. - G. Biadego, Pisanus Pictor, in: Atti e Mern. d. R. Istit. Veneto, 67/11 (1907/08) 837; 68/II (1908/09) 229; 69/11 (1909/10) 183, 797, 1047; 72/11 (1912/13) 1315 (grundlegend). - Ital. Forschgn, herausgeg.v. Kunsthist. Inst. Florenz, 4 (1911) 120. - G. Biscaro in Arch. stor, lomb., ser. 4, XV (1911) 171. - Zur Kritik d. Urkunden: L. Testi, Storia d. pitt. venez., 1(1909) 372 (m. Regesten); ders. in Rass. d'arte, 10 (1910) 131; 11 (1911) Cron. Juli.- Kstchronik, N. F. 22 (1911) 68ff. (Gronau). - Zusammenfassend: G. F. Hill, P., London 1903 (m. ält. Lit.). - A. Galabi e G. Cornaggia, P., Mailand 1928. - A. H. Martinie, P., Paris 1930. - J. Babelon, P., Paris 1931.- P. als Maler u. Zeichner: Crowe-Cavalcaselle, Hist. of Páint. in North Italy, ed. Borenius, II (1912) 155. - B. Berenson, North Ital. painters, N. York u. London 1907, p. 7, 282 (vgl. Ital. pictures of the Renaiss., 1932 p. 462). - K. Zoege v. Manteuffel, Die Bilder u. Zeichn. des A. P., Inaug.Diss. 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Richter). - Eremit, Mail., Poldi-Pezzoli, ebda 58 (1931) 235. - Herkules u. Dejanira (florentinisch?), ebda, 55 (1929) 128 (deys.). - Madonna, Rom, Paolini, ebda, 55 (1929) 59 (ders., Schule des Stefano da Zevio, Inschrift gefälscht). - Hieronymus (inschr. v. Bono da Ferrara), London, Nat. Gall.: L'Arte, 25 (1922) 106 (A. Venturi). - Profilporträt, Rom, Kapit. Gal.: L' Arte, 21 (1918) 277 (A. Venturi [venezianisch]). - Über das froher P. zugeschr. Torufo im K. Fr. M. Berlin s. Beschr. Verz. d. Gemälde, 9. Aufl. 1931 Nr 95 A (m. Lit.).-Zeichnungen: Les dessins de P. et de son école cons. au Musée du Louvre, Paris 1911/20. - G. F. Hill, Dessins de P., Paris u. Brüssel 1929 (dazu Anz. v. Z. von Manteuffel in Zeitschr. f. bild. Kst, 65 [1931] Kstchron. p. 48). - Maria Krasceninnikova in: L'Arte, 22 (1919) 8; 23 (1920) 5/23, 125/33, 225/29 (klit. Studie über d. 'Zeichn. im Louvre). -C. F. Murray, Two Lombard Sketchbooks, 1910, pl. 75.- K. Zoege von Man teutfel in Mitteil, d. ksthist. 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