Repin, Il'ja Efimovič

Repin (Rjepin; Répine), Il'ja Efimovič (Illja Juchymovyc; Elie; Il'ya Yefimovich; Elias Efimovich; Elie; Ilja Jefimowitsch), russ. Maler, Zeichner, Illustrator, Pädagoge, Schriftsteller, Kunstkritiker, *24.7.(5.8.)1844 Čuguev (Charkiv), †29.9.1930 Kuokkala. Vater des Malers Jurij Il'ič R., in zweiter Ehe mit der Fotografin Natalija Borisovna Nordman-Severova verheiratet.

R. entstammt der Fam. eines Militärsiedlers. Ausb.: 1854-57 Militärtopografieschule, wo er im techn. Zeichnen und im Zeichnen unterrichtet wurde; 1857-63 Ausb. bei dem Ikonenmaler Ivan Mychajlovyč Bunakov und Mitarb. bei der Ausstattung von Dorfkirchen in der Umgebung und im Gouv. Voronež; 1863 Zeichenschule der Ges. zur Förderung der Künste, St. Petersburg und Bekanntschaft mit Ivan Nikolaevič Kramskoj, Besuch der Zeichenabende des St. Petersburger "Künstlerartels", wo sozial-utopische Schriften u.a. von Pierre-Joseph Proudhon, Nikolaj Černyševskij und Dmitrij Pisarev diskutiert wurden; seit 1864 Gasthörer, dann Stud. an der Kaiserlichen AK. In dieser Zeit schloss R. Freundschaft mit Mark Matveevič Antokol'skij, Vasilij Maksimovič Maksimov, Konstantin Apollonovič Savickij, Bekanntschaft mit Vasilij Dmitrevič Polenov und 1866 mit den Brüdern Mstislav und Adrian Viktorovič Prachov, die ihn intellektuell beeinflussten. Seit 1865 Teiln. an Ausst. der AK; 1867 Sommeraufenthalt in Čuguev, 1870 zus. mit Fedor Aleksandrovič Vasil'ev, Evgenij Kirillovič Makarov und R.s Bruder Vasilij Reise entlang der Wolga, im Herbst Auftrag für das Bild Burlaki na Volge von Großfürst Vladimir Aleksandrovič, Bekanntschaft mit dem Komponisten Aleksandr Serov, 1871 mit Ivan Turgenev, Nikolaj Nikolaevič Ge, Pavel Petrovič Čistjakov und Beginn der Freundschaft mit Vladimir Vasil’evič Stasov, dessen Musikabende er besuchte. Ausz.: Große Gold-Med. der AK für das Bild Voskrešenie dočeri Iaira. 1872 erster Besuch von Pavel Michajlovič Tret'jakov im Atelier von R., Heirat mit Vera Alekseevna Ševcova. 1873-76 Auslandsaufenthalt als Stipendiat der AK hauptsächlich in Paris, Reisen nach Wien, Rom, Neapel, London, Windsor, Briefwechsel mit Kramskoj und Stasov. 1873 Bekanntschaft mit Savva Ivanovič Mamontov. Für das Bild Sadko v podvodnom carstve wurde ihm der Akademikertitel zuerkannt. Im Herbst 1877 Übersiedlung nach Moskau, 1878 Eintritt in die Genossenschaft für Wanderausstellungen (Peredvižniki) und erster Aufenthalt in der Künstlerkolonie Abramcevo. Erhält im Folgenden zahlr. Aufträge von Tret'jakov. 1880 Reise durch die Ukraine und Südrussland zus. mit Valentin Aleksandrovič Serov nach dem Plan des Historikers Nikolaj Kostomarov, Bekanntschaft mit dem Sammler von Zaporoger Altertümern Vasilij Vasil'evič Tarnovskij; nach einem Besuch des Ateliers von R. in Moskau Beginn der Freundschaft mit Lev Tolstoj, den R. 1887 erstmals in Jasnaja Poljana besuchte. 1883 Reise durch Westeuropa zus. mit Stasov, 1884 Auftrag vom Hofministerium für das Gem. Priem volostnych staršin Aleksandrom III vo dvore Petrovskogo dvora v Moskve, 1885 Ausstellungsverbot für das Bild Ivan Groznyj i syn ego Ivan 16 nojabrja 1581 goda. 1887 Reise nach Deutschland und Italien, Austritt aus der Genossenschaft für Wanderausstellungen wegen Differenzen bezüglich der Administration, aber weiterhin Teiln. an deren Ausst.; 1888 Bekanntschaft mit Nikolaj Leskov, Reise mit Jurij R. durch Südrussland und den Kaukasus, 1889 Besuch der Pariser WA, Reisen nach London, Zürich und München, 1890 reist R. an die Wolga, in die Ukraine und auf die Krim. 1891-92 Personal-Ausst. in St. Petersburg und Moskau mit 298 Werken. 1892 erwarb er das Gut Zdravnevo im Vitebsker Gouv. und stimmte einer Lehrtätigkeit an der AK in St. Petersburg zu, darüber bis 1899 Zerwürfnis mit Stasov. 1893/94 zus. mit Jurij R. Reise durch Europa, er berichtet darüber in der Zs. Teatral'naja gazeta. 1894 Aufnahme der Lehrtätigkeit an der Lehranstalt der AK, sein Atelier erfreute sich bis zu seinem ersten Ausscheiden 1905 und dem endgültigen 1907 regen Zulaufs, auch von Künstlerinnen. 1898 Rektor der Lehranstalt. 1895-99 Lehrtätigkeit an der priv. KS der Fürstin Marija Klavdievna Teniševa in St. Petersburg. 1896 Besuch der Krönungsfeierlichkeiten von Nikolaus II. in Moskau und der All-russ. Industrie- und Kunst-Ausst. in Nižnij Novgorod, 1897 Wiedereintritt in die Genossenschaft für Wanderausstellungen, 1898 Reise nach Palästina. 1899 in der Zs. Niva Polemik mit der Zs. Mir iskusstva und Sergej Pavlovič Djagilev. 1899 Bekanntschaft mit Maksim Gorkij. Im gleichen Jahr erwarb R. auf den Namen von N.B. Nordman-Severova, seiner zweiten Frau, im karelischen Kuokkala (seit 1948 Repino) das Landhaus Penaten. 1900 Besuch der Pariser WA, dort Mitgl. der Internat. Jury und höchste Ausz. außerhalb des Wettb. (Hors concurs), 1901 Aufnahme in die Légion d'honneur durch die frz. Regierung, öffentl. Würdigung des 30-jährigen künstlerischen Jubiläums R.s, Staatsauftrag für das Gem. Toržestvennoe zasedanie Gosudarstvennogo Soveta, 1902 Aufnahme in die Akad. der Wiss., Lit. und Künste in Prag, 1903 Übersiedlung nach Kuokkala, wo der Mittwoch als Gästetag etabliert und 1906 ein Atelier gebaut wurde. 1904 Ehren-Mitgl. der Moskauer lit.-ästhetischen Ges.; 1905 protestierte R. gegen die Niederschlagung der Bittprozession von Arbeitern und Bauern am 9. Januar in St. Petersburg. 1907 Ernennung zum korr. Mitgl. der Serbischen AK. 1909 sprach sich R. gegen die Todesstrafe aus, 1910 kritisierte er in Bezug auf den Salon Izdebskij die mod. Kunst. 1911 Besuch der Internat. Kunst-Ausst. in Rom und Rede auf dem 3. Künstlerkongress in St. Petersburg. 1913 Rest. des bei der Messerattacke eines Ikonenmalers beschädigten Bildes Ivan Groznyj i syn ego Ivan in der Tret'jakov-Gal., Ehren-Mitgl. des Moskauer Psycho-neurologischen Inst. und 1914 der Finnischen Künstler-Gesellschaft. 1914 stirbt R.s Frau in der Schweiz. Im gleichen Jahr Besuch der Futuristen David Davidovič Burljuk und Vasilij Vasil'evič Kamenskij in Kuokkala. 1917 begrüßte R. die Revolution. Als 1918 Kuokkala an Finnland fiel, nahm R. die finnische Staatsbürgerschaft an. 1919 Schenkung von eig. und Werken russ. Künstler an die Finnische Künstler-Ges., die finnische Reg. verlieh R. den Orden der Weißen Rose. 1922 Übersiedlung der Tochter Vera R. nach Kuokkala, 1925 Besuch von Kornej Čukovskij und Il'ja Gincburg, 1926 Besuch einer sowjetischen Delegation unter Ltg von Isaak Izrailovič Brodskij, Schenkung von drei Werken R.s an das Revolutions-Mus. in Moskau. - R. ist einer der wichtigsten russ. Künstler der 2. H. des 19. Jh. und ein Hauptvertreter des russ. Realismus, der sowohl die Herausforderungen der Akad. als auch die der mod. Kunst annahm. Er agierte als toleranter Pädagoge und gleichzeitig als leidenschaftlicher, sich der Polemik nicht verschließender Kunstkritiker. Ungeachtet seiner Verbundenheit mit der Genossenschaft für Wanderausstellungen pochte er auf das Recht persönlicher Meinungsäußerung. Als hervorragender Zeichner wusste R. wie kein and. die Lebendigkeit der Natur einzufangen; als Maler widmete er sich ges. aktuellen Themen, ohne parteiisch zu sein, und trug durch seine zunehmend lockere Malweise und ein buntfarbiges Kolorit wesentlich zur Erneuerung der russ. Malerei und deren Ansehen im Ausland bei. Eine der frühesten Arbeiten von R. ist das ca. 1858 entstandene Aqu. Vid na školu voennych topografov in Čuguev, gekennzeichnet durch perspektivische Genauigkeit und Detailgenauigkeit, die auch noch das kleinformatige, biedermeierlich anmutende Bild Prigotovlenie k ėkzamenu von 1865 bestimmen. In Porträts aus den 1860er Jahren, darunter Portret Vasilija Repina und Portret Very Ševcovoj, machen sich eine gelockerte Pinselführung, die Verwendung von Komplementärfarben und die Neigung zu ungewöhnlichen Bildausschnitten bemerkbar. Dagegen knüpft R. in Avtoportret von 1860 an das die Mittelachse betonende Bildschema der Ikonen an. Mit dem Historien-Gem. Voskrešenie dočeri Iaira gelang R. eine erste Synthese akad. Prinzipien und der von Kramskoj, anknüpfend an Nikolaj Černyševskij und Vissarion Belinskij, geforderten Lebenswahrheit. Das großformatige Gem. Burlaki na Volge (Öl/Lw., 1870-73), das R. mit vielen gezeichneten und gemalten Landschafts- und Figurenstudien und Entwürfen vorbereitete, begründete seinen Weltruhm als mod. russ. Künstler und Meister der realistischen Genremalerei. In dem 1879 entstandenen Bild Provody novobranca sind noch romantische Reminiszenzen auszumachen. Doch R. verzichtete im Unterschied zu and. Vertreter der Genossenschaft für Wanderausstellungen bald auf anklagende Tendenzen und setzte wie in Krestnyj chod v Kurskoj gubernii (Öl/Lw., 1880-83) auf eine Mischung aus Sachlichkeit im Blick auf die soziale Realität und malerischer Bravour, was in Russland als Provokation empfunden wurde. Nicht nur in diesem Gem. sind R.s Paris-Erfahrungen aufgehoben. Der Einfluss von Édouard Manet spiegelt sich z. B. in Portret Very Repinoj (1875), der Einfluss des Impressionismus, angepasst an Szenen patriarchalisch geprägten Lebens, bestimmt u.a. Na dernovoj skam'e (1876) und Devočka s buketom. V.I. Repina (1878) sowie Osennij buket. Portret V.I. Repinoj (1892, alle Öl/Lw.). In einer Reihe von Porträts bed. Zeitgen. aus den 1870er Jahren, darunter die von Turgenev, Stasov und Afanasij Fet oder Nikolaj Ivanovič Pirogov (Öl/Lw., 1881), knüpfte R. an Alte Meister wie Tizian, Jacopo Tintoretto oder Diego Velázquez an. Seit den 1880er Jahren entwickelte R. unkonventionelle Porträtkonzeptionen, z.B. in Portret Nad'i Repinoj (1881) und Portret Jurija Repina (1882), die er von einem stark erhöhten Standpunkt oder in Untersicht wie Strekoza. V.I. Repina (1884, alle Öl/Lw.) malte und damit bildhafte Metaphern für versch. Stadien der Kindheit schuf. Die Bildnisse V.I. Ikskul' fon Gil'denbandt (1889) und Lev Tolstoj, bosikom (1901, beide Öl/Lw.) überraschen durch extreme Hochformate. Eine lockere Pinselführung, attraktive koloristische Lösungen und die sensible Wiedergabe der Körpersprache der Modelle tragen zur bes. Vitalität und sozialpsychologischen Treffsicherheit der Porträts von R. bei, z.B. Portret M.P. Musorgskogo, Portret L.N. Tolstogo (1887), Portret L.N. Andreeva (1904) sowie Portret A.F. Kerenskogo (1917-18, alle Öl/Lw.). Vergleichbares gilt für die z.T. großformatigen Porträt-Zchngn wie Portret Ėleonory Duze (1891) und Portret V.A. Serova (1901), aber auch für die zahlr. Zchngn von Tolstoj; erh. sind auch Porträtbüsten R.s wie Portret N.B. Nordman (Bronze, 1902). In seinen Ill., z. B. zu Gogol', Tolstoj und Leskov passte sich R. dem Stil der lit. Werke an. Sowohl thematisch als auch ästhetisch suchte er wiederholt den Bezug zu seiner ukr. Heimat wie in Protodiakon (1877), Večornici (1881) und Portret S.M. Dragomirovoj (1889, alle Öl/Lw.). Das Gem. Zaporožcy, sočinjajuščie pis'mo tureckomu sultanu (Öl/Lw., 1880-91) gehört zu den Höhepunkten der russ. Historienmalerei der 2. H. des 19. Jahrhunderts. Aus der F. von Bildern mit volkstümlichen Themen, z.B. Pered ispoved'ju (Öl/Lw., 1879-85) ragt das Bild Ne ždali (Öl/Lw., 1884, '88) durch die psychologische Tiefe heraus, dessen erste Fassung die Rückkehr einer Terroristin, dessen zweite die eines Terroristen in den Kr. der Fam. zeigt. Immer wieder beschäftigte sich R. mit der Persönlichkeit Aleksandr Sergeevič Puškins, z.B. in dem Bild Duėl' (Öl/Lw., 1896), von dem insgesamt drei Fassungen existieren. Ein Beispiel für R.s zeitweise Zuwendung zu symbolistischen Tendenzen ist das in expressiver Pinselführung gemalte Bild Kakoj prostor! (Öl/Lw., 1903). In seiner Spätzeit kehrte R. neben zahlr. Bildnissen zur Beschäftigung mit relig. Themen, z. B. Golgofa (Öl/Lw., 1921-22) zurück und wandte sich märchenhaften Sujets zu. In der Sowjetunion wurde R., der sich Vereinnahmungen selbst immer widersetzt hatte, für die Legitimierung des Sozialistischen Realismus missbraucht.

Abramcevo, Mus.-Komplex. Archangel'sk, KM. Charkiv, KM. Čeljabinsk, GG. Ekaterenburg, MBK. Erevan, NG Armeniens. Helsenki, Ateneum. Jasnaja Poljana, Tolstoj-Mus. Irkutsk, KM. Kazan', NM. Kiel, KH. Kirov, KM. Kyjiv, Mus. für russ. Kunst. Minsk, Nat. KM. Moskau, Bachrušin-Theater-Mus. - Lit.-Mus. - Mus. der neueren Gesch. Russlands. - P.I. Čajkovskij-Konservatorium. - Puškin-MBK. - Tret'jakov-Gal. - Tolstoj-Mus. Nižnij Novgorod, KM. Odesa, KM. Paris, Turgenev-Bibl. Pensa, GG. Perm', KM. Poltava, KM. Princeton/N.J., Univ. AM. Pskov, Mus.-Komplex. Repino, Mus.-Komplex Penaty. Riga, KM. St. Petersburg, Brodskij-Haus. - Puškin-Mus. - Russ. Mus. Saratov, KM. Simferopol, KM. Smolensk, Mus.-Komplex. Sumy, KM. Tbilisi, NM. Tver', GG. Ul'janovsk, KM. Velikij Novgorod, KM. Vicebsk, KM. Wiesbaden, Mus.

N.B. Severova (Ed.), Vospominanija, stat'i i pis'ma iz zagranicy, Mo. 1901; Pis'ma I.E. R. Perepiska s P.M. Tret'jakovym, Mo.-Le. 1946; I.E. R. i V.V. Stasov, I-III, Mo.-Le. 1948-50; I.E. R. i L.N. Tolstoj. Perepiska s N. L. Tolstym i ego semëj, I-II, Mo.-Le. 1949; I.E. R. Pis'ma k pisatel'jam I lit. kritikam, Mo. 1950; I.E. R. Pis'ma k chudožnikam i chudožestvennym dejatel'jam, Mo. 1952; Dalëkoe blizkoe, Mo. 1953; Iz vospominanij, Mo. 1958; Novoe o R. Stat'i i pis'ma chudožnika, Le. 1969; T.Stephanowitz (Ed.), Fernes und Nahes, B. 1970; I.R. Kornej Čukovskij. Perepiska, Mo. 2006; Vospominanija o sovremennikach, StP. 2014.