Frei zugänglich

Menzel, Adolph

Geboren
Breslau, 8. Dezember 1815
Gestorben
Berlin, 9. Februar 1905
Land
Deutschland
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Menzel, Adolph; Menzel, Adolph Friedrich Erdmann von; Menzel, Adolph von; Menzel, Adolf Friedrich Erdmann
Berufe
Maler*in; Zeichner*in; Grafiker*in; Illustrator*in; Stilllebenmaler*in; Genremaler*in; Lithograf*in; Gouachemaler*in
Wirkungsorte
Berlin
Zur Karte
Von
Czok, Claudia
Zuletzt geändert
30.08.2024
Veröffentlicht in
AKL LXXXIX, 2016, 117; ThB XXIV, 1930, 400 s

VITAZEILE

Menzel, Adolph (Adolph Friedrich Erdmann von), dt. Maler, Zeichner, Grafiker und Illustrator, *8.12.1815 Breslau, †9.2.1905 Berlin, lebt ab 1830 ebd.

LEBEN UND WIRKEN

M.s Mutter ist die Tochter eines Zeichenlehrers, der Vater anfangs Lehrer und Vorsteher einer Mädchenschule; M. hat zwei jüngere Geschwister. 1818 gründet der Vater eine lithogr. Wkst., in der M. spätestens ab 1829 mitarbeitet; erste Zchngn des künstlerisch talentierten Jungen werden 1828-29 ausgestellt. Fam. M. siedelt 1830 nach Berlin um, einerseits, damit M. eine akad. Ausb. erhält, andererseits, um bessere Absatzmöglichkeiten für die Wkst.-eig. Akzidenzdrucksachen zu haben. Nach dem unerwarteten Tod des Vaters 1832 betreibt der 16-jährige M. die Wkst. allein und bildet sich bei kurzem, unregelmäßigem Akad.-Besuch 1833-34 unter Johann Gottfried Niedlich autodidaktisch weiter. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er bereits ca. 30 Lith. als Porträts, Karikaturen und Genrebilder, darunter Szenen aus Luthers Leben (1831-32 bei L.Sachse & Co., Berlin), angefertigt, die zumeist auf graf. Vorlagen and. Künstler basieren. Beim Fabrikanten Carl Heinrich Arnold knüpft M. Kontakte zu Berliner Künstlern, z.B. zu Karl Eduard Biermann, Friedrich Drake, Eduard Magnus und Eduard Meyerheim. 1834 veröffentlicht er elf großformatige Lith. zu Goethes Künstlers Erdenwallen (bei L.Sachse & Co., Berlin), die als erste eigenständige Bilderfindungen M.s betrachtet werden können. Da sie auch vom Akad.-Dir. Johann Gottfried Schadow sowie vom Kunsthistoriker Franz Kugler gelobt werden, v.a. für den Reichtum an Fantasie, für die Sicherheit der zeichnerischen Umsetzung und aufgrund der schon sichtbaren hist.-wiss. orientierten Bildung M.s, nimmt der Ver. der Jüngeren Künstler Berlins M. als Mitgl. auf. Für den auch in Paris agierenden Kunsthändler und -verleger Louis Friedrich Sachse fertigt er 1834-36 zwölf Lith. zu den Denkwürdigkeiten der Brandenburgisch-Preußischen Gesch., die hist. Begebenheiten in einer malerischen Komp. zeigen; parallel arbeitet M. mit and. Berliner Verlegern wie Adolf Asher und Gustav Lüderitz zus., sodass ca. weitere 17 Lith. - darunter Titel-Bll., Briefköpfe, Tisch- und Festkarten - entstehen. Seit 1836 ist M. befreundet mit dem Vorsteher des Potsdamer KV Wilhelm Puhlmann, M. wird mit dem Sohn des Malers und Gal.-Inspektors Johann Gottlieb Puhlmann lebenslang in engem geistigen Austausch stehen; in dieser Zeit studiert M. ital., holl. und frz. Malerei des 17. und 18. Jh. in Berliner Kunst-Slgn und -handlungen. Ab 1835 entstehen rund 50 Lith., darunter befindet sich die Ill. zu Emilie Feiges Der kleine Gesellschafter für freundliche Knaben und Mädchen (bei G. Gropius, Berlin), die später Ausgangspunkt für 44 Gouachen des Kinderalbums bilden. M. übt sich daneben im Malen mit Wasser- und Ölfarben. 1836 wird Die Schachpartie (Öl/Lw., Priv.-Bes.) als erstes seiner Gem. auf der Berliner Akad.-Ausst. präsentiert. Seine ersten Malversuche orientieren sich sowohl an zeitgen. engl. als auch an frz. Malerei. Unter den 1837 erscheinenden ca. elf Lith. befindet sich das allegorisch-fantasievolle Vater Unser. 1838 wird M. Mitgl. des Älteren Berliner Künstler-Ver.; er arbeitet an mindestens zwölf Lith., bis 1840 an drei Med.-Entwürfen sowie am Gem. Gerichtstag (1839 voll., Öl/Lw., verschollen). 1839 entstehen 16 Hschn.-Ill. zu Adelbert von Chamissos Peter Schlemihl's wundersame Geschichte (bei J.L. Schrag, Nürnberg), zu denen Kugler M. geraten hatte. Der Leipziger Verleger Johann Jacob Weber beauftragt M. daraufhin mit rund 400 Hschn.-Ill. zu der von Kugler verf. Geschichte Friedrichs des Großen (1842 voll.), für die M. 4.130 Taler erhält. 1840 und '41 führen ihn Studienreisen nach Leipzig, Dresden und Kassel. Ab 1842 fertigt er 436 Lith. für das Mappenwerk Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung (1857 voll., bei L.Sachse & Co., Berlin) an. König Friedrich Wilhelm IV. beauftragt ihn 1843 mit 200 Hschn.-Vignetten zu den 30-bändigen Werken Friedrichs des Großen (1849 voll., bis 1857 ersch. bei der Deckerschen Hof-Buchdruckerei, Berlin), die M. in freier und anspielungsreicher Interpretation der Textvorlagen ausführt; durch den Auftrag entstehen Kontakte zum Hof und zu den Kgl. Museen. Beeinflusst durch in Berlin ausgestellte Bilder der belg. Maler Edouard de Biefve und Louis Gallait malt M. Die Störung (1846 voll., Öl/Lw., Karlsruhe, SKH). Ab 1843 erprobt er das Radieren, studiert 1844 niederl. und ital. Grafik im Kpst.-Kab. Berlin und veröffentlicht Sieben Radir-Versuche, doch bleibt diese Drucktechnik eine Ausnahme in seinem Werk. Im selben Jahr folgt eine Schlesienreise. 1845 malt M. u.a. das impressionistisch anmutende Balkonzimmer (Öl/Pappe, Berlin, Alte NG) und das großformatige Transparentbild Anbetung der Hirten nach Rubens (zerst.) für die Weihnachts-Ausst. der Berliner Akad.; weitere Transparentbilder entstehen 1851, '53 und '58; das ca. drei mal vier Meter große Transparent von 1851, Christus im Tempel (zerst.), bleibt vermutlich die einzige repräsentative Darst. M.s, in der er sich einem biblischen Thema widmet. 1846-49 illustriert M. mit 32 Hschn. Eduard Langes Die Soldaten Friedrichs des Großen (bei Avenarius & Mendelssohn, Leipzig). Um 1846-47 entstehen mindestens 14 Gem., u.a. das Schlafzimmer des Künstlers in der Ritterstraße (1847, Öl/Pappe, Berlin, Alte NG) und das Historienbild Gustav Adolf empfängt seine Gemahlin vor dem Schloss zu Hanau (1847, Öl/Lw., Leipzig, MBK), dazu Studien zur Predigt in der alten Klosterkirche Berlin (1847, Öl/Lw., Dresden, GG NM). M. hält sich 1847 auf Einladung des Freundes und Gönners C.H. Arnold in Kassel auf, um für den Hessischen KV die großformatige Historienschilderung Einzug Heinrichs des Kindes, des späteren Landgrafen von Hessen, mit seiner Mutter in Marburg 1247 (Kohle/Karton, Kriegsverlust) auszuführen, die 1848 in Kassel und Berlin ausgestellt wird. Allerdings findet diese mit ihrer gezielt realistischen Darst. nicht die Resonanz, die M. sich erhofft hat. Erst nach den revolutionären Kämpfen 1848 kehrt er nach Berlin zurück und malt die Aufbahrung der Märzgefallenen (unvoll., Öl/Lw., Hamburg, KH). Er arbeitet an Pastellen, Ölstudien und Gemälden. 1849 wendet sich M. in seiner Malerei motivisch der Epoche Friedrichs II. zu, um die bereits seit 1840 geplante Suite von Friedrich II.-Bildern zu verwirklichen. Die Bittschrift (1849, Öl/Lw., Berlin, Alte NG), die Tafelrunde Friedrichs II. in Sanssouci (1848-50, Öl/Lw., Kriegsverlust), das Flötenkonzert Friedrichs II. in Sanssouci (1852 voll., Öl/Lw., Berlin, alte NG) und Friedrich und die Seinen in der Schlacht bei Hochkirch (1856 voll., Öl/Lw., verschollen) entstehen. 1850 unternimmt M. eine Harz-Reise; er beginnt mit der zwölfteiligen Hschn.-Folge Aus König Friedrichs Zeit. Kriegs- und Friedenshelden (1856 voll., bei A. Duncker, Berlin), deren porträthaft aufgefasste Bildentwürfe durchgängig zu späterer Umsetzung in der Malerei geeignet scheinen; außerdem arbeitet er kontinuierlich an Porträt-Zchngn und Gemälden. Im selben Jahr wird M. Mitgl. des lit., politisch konservativen Ver. Tunnel über der Spree, aus dem 1852 der Ver. Rütli hervorgeht, wo u.a. der Kunsthistoriker Friedrich Eggers sowie die Schriftsteller Theodor Fontane, Theodor Storm und Paul Heyse Mitgl. sind. Den dortigen geistigen Austausch wird M. bis zu seinem Lebensende pflegen; selbst seine letzte in Bleistift gez. Atelier-Darst. Kehraus (7.Juli 1895, Verbleib unbek.) enthält noch einen Hinweis darauf. Nach einer kurzen Ostsee-Reise hält er sich 1852 erstmals für längere Zeit in S-Deutschland und Österreich auf; seitdem ist er jährlich in Deutschland, Österreich, in der Schweiz, seltener in Frankreich, Italien, Belgien und Holland auf Studien- und Erholungsreisen. Für den Pariser Kunsthändler Adolphe Goupil malt M. Friedrich II. und die Tänzerin Barbarina (1852, Öl/Lw., Priv.-Bes.) und Friedrich II. und General Fouqué (1852, Öl/Lw., Poznań, MN), womit M.s Rezeption in Frankreich beginnt, die sich in regelmäßigen Ausst.-Beteiligungen und in späteren kunsthist. Publ. dort - etwa 1880 von Edmond Duranty und 1885 von François Guillaume Dumas - fortsetzt. M. malt eine erste Fassung der theatralisch inszenierten Atelierwand (Öl/Papier, Berlin, Alte NG), ein Gem., in dem Hofmann (1982) aufgrund der darin enthaltenen vielfältigen kunst- sowie kulturhistorischen Bezüge ein verschlüsseltes Bekenntnisbild M.s erkennt. 1853 wird M. Mitgl. der Berliner Akademie. König Friedrich Wilhelm IV. beauftragt ihn 1854 mit zehn Gouachen zum 25. Jubiläum des Fest[es] der Weißen Rose (St. Petersburg, Ermitage). 1855 wird seine für den Schlesischen KV ausgef. Huldigung der Stände Schlesiens vor Friedrich II. 1741 (Öl/Lw., Eigentum der Bundesrepublik, derzeit Berlin, Alte NG) ausgestellt. M. reist außerdem zur Marienburg, um dort im Großen Remter neben Eduard Daege, Ludwig Rosenfelder u.a. zwei der Hochmeister zu malen; es folgt eine Paris-Reise zur WA und zum Pavillon du Réalisme von Gustave Courbet. Für die Verbindung für hist. Kunst arbeitet M. an der Begegnung Friedrichs II. mit Joseph II. in Neiße (1857 voll., Öl/Lw., Berlin, Alte NG). M.s bes. ausgeprägte Arbeitsweise, gewissenhafte zeichnerische Studien zu allen möglichen Einzelheiten seiner geplanten Werke durchzuführen, zeigt sich auch auf der Reise 1856 nach Neiße und Lissa, wo Blätter dazu und zum unvoll. Bonsoir, messieurs! (1858 dat., Öl/Lw., Hamburg, KH) entstehen. Das Hochkirch-Bild als M.s einzige Schlachten-Darst. wird auf der Berliner Akad.-Ausst. 1856 von König Friedrich Wilhelm IV. angekauft. 1857 erhält er für dieses Werk die Große goldene Med. für Kunst; 1858 wird es auf der Kunst-Ausst. der dt. Künstlergenossenschaft München gezeigt. 1856 wird M. als Historienmaler zum Prof. an der Berliner Akad. ernannt, arbeitet dort jedoch nicht als akad. Lehrer; sein einziger Schüler bleibt der spätere preußische Hofmaler Carl Johann Arnold. Bis zur M. des 19. Jh. hat M. seine Methode der Gesch.-Aneignung in den druckgrafischen Medien wie Lith., Hschn. und Rad. voll entwickelt: Sie besteht darin, hist. Stoffe so darzustellen, als seien sie noch gegenwärtige Lebenswirklichkeit. Dieses Gest.-Prinzip wirkt im reduzierten Format auf Papier gelegentlich überzeugender als in der repräsentativeren Malerei. M.s Schwester Emilie, mit der er zeitlebens einen gemeinsamen Haushalt führt, heiratet 1859 den Kgl. Musik-Dir. Hermann Krigar, dadurch u.a. Bekanntschaft mit dem Musiker Joseph Joachim. Für den Jüngeren Berliner Künstler-Ver. fertigt M. Chodowiecki auf der Jannowitzbrücke Berlin (Öl/Lw., Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer) und beginnt das letzte, unvoll. Gem. des Friedrich-Zyklus, die Ansprache Friedrichs II. an seine Generale vor der Schlacht bei Leuthen (bis 1861, Öl/Lw., Berlin, Alte NG). Keisch sieht darin ein - wenn auch gescheitertes - Meisterwerk des Malers. Seit 1860 führt M. für den Industriellen August Wilhelm Kahlbaum neun Gouachen aus, u.a. Kronprinz Friedrich besucht den Maler Pesne auf dem Malgerüst in Rheinsberg (1861 voll., Eigentum der Bundesrepublik, derzeit Berlin, Alte NG). 1860 reist M. nach Rheinsberg; er liefert zu Berthold Auerbachs Der Blitzschlosser zu Wittenberg (1861 in Auerbach's Volkskalender) zwölf Hschn.-Illustrationen. 1861 unternimmt M. eine Antwerpen-Reise zum Künstlerkongress; eine Einzel-Ausst. findet im Ver. der Kunstfreunde im Preußischen Staate Berlin statt. In diesem Jahr erhält er außerdem den ehrenvollen Auftrag, die Krönungszeremonie Wilhelms I. in Königsberg zu malen, daher reist er mit dem ihm befreundeten Maler Fritz Werner (1827) dorthin. Ab 1862 arbeitet er im Berliner Schloss an dem Werk (1866 voll., Öl/Lw., Potsdam, SPSG); er zeichnet dazu bis 1865 die Teilnehmer an der Krönungszeremonie und nach ma. Rüstungen. Bekanntschaft mit dem frz. Maler Ernest Meissonier. 1863 findet in der Berliner Akad. eine Ausst. aller Friedrich-Werke M.s. statt; er beginnt, für die beiden Kinder der Schwester ein sog. Kinderalbum (1883 voll. mit 44 Gouachen, Berlin, Kpst.-Kab.) zu zeichnen. 1865 schließt er Bekanntschaft mit dem russ. Dichter Iwan Sergejewitsch Turgenew und reist nach Bad Kösen. Nachdem das Krönungsbild, für das 15.000 Taler gezahlt werden, beendet ist, bereist er 1866 die Schlachtfelder des Preußisch-Österr. Krieges bei Königgrätz und Sadowa-Chlum, wo er verstörende Zchngn von Verwundeten, Sterbenden und Toten anfertigt; in M.s Selbstzeugnissen findet sich 1878 die darauf bezogene Bemerkung, dass Kriegsgräuel nicht gemalt werden sollten. Gleichzeitig unterzieht er sein Hochkirch-Bild einer kritischen Revision. Mit dem Maler Paul Meyerheim weilt M. 1867 zur WA in Paris, wo er für das Hochkirch-Bild eine Med. 2.Klasse erhält, außerdem das Kreuz der Ehrenlegion. Er besucht den Louvre und Courbets Ausst.-Pavillon, trifft u.a. die frz. Maler Jean-Léon Gérôme und Gustave Ricard. Die dritte Paris-Reise führt 1868 zum Salon, wo das Krönungsbild ausgestellt ist; M. wird Ehren-Mitgl. der Österr. Akad. der Künste. 1869 besucht er die Münchner Kunst-Ausst.; unter mehreren Gem. der Pariser Wochentag (Öl/Lw., Düsseldorf, Mus. Kunst-Pal.), der für 2.500 Taler verkauft wird. M., der seit 1850 immer wieder anspielungsreiche Adressen-Bll. zu meist offiziellen Anlässen zeichnet, fertigt die Adresse zum 50-jährigen Jubiläum der Fa. Heckmann Berlin (Gouache, Berlin, Kpst.-Kab.). 1870 erhält er den Orden Pour le mérite mit der Begründung, seine Gesch.-Malerei sei der wiss. hist. Forsch. ebenbürtig. 1871-1904 unternimmt M. fast jährlich Reisen nach S-Deutschland und Österreich. 1871 arbeitet er an fünf Gem., z.B. an der Abreise Wilhelms I. zur Armee am 31. Juli 1870 (Öl/Lw., Berlin, Alte NG); er besucht die Holbein-Ausst. in Dresden. Nach Voll. des Krönungsbildes versucht M., seine Bildthemen verstärkt im gegenwärtigen Leben zu finden. Seine Komp. in sehr unterschiedlichen Formaten bewältigen häufig auch die Aufgabe, große Menschenmengen und komplizierte Beleuchtungsverhältnisse darzustellen. Zur Vorbereitung des Eisenwalzwerks (1875 voll., Öl/Lw., Berlin, Alte NG) für den Bankier Adolph Liebermann reist M. 1872 nach Königshütte/Oberschlesien. Er wird Ehren-Mitgl. der Münchner ABK und malt eine zweite Fassung der Atelierwand (Öl/Lw., Hamburg, KH), die 1885 erstmals öff. gezeigt wird. 1873 fährt M. zur WA nach Wien. Ab 1874 folgen häufige Aufenthalte in Hofgastein beim Mäzen Magnus Herrmann; Gouachen wie z.B. Biergarten in Kissingen (Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer) entstehen. M.s letztes Lebensdrittel ist geprägt von zahlr. öff. Ehrungen; seine Kunst wird dabei z.T. mit den betont patriotisch geprägten Arbeiten Anton Werners gleichgesetzt oder als zu rückwärtsgewandt beurteilt. 1875 wird M. zum Mitgl. im Senat der Berliner Akad. ernannt; die Kgl. Mus. erwerben das Flötenkonzert und das Eisenwalzwerk. Eine Reise führt M. 1876 nach Holland, wo er als letzte Ill.-Arbeit 30 Hschn.-Ill. zu Heinrich von Kleists Der zerbrochene Krug (1877 bei Albert Hofmann & Co, Berlin) vorbereitet; er bleibt dabei nicht beim bewährten Hschn., sondern lässt zum ersten Mal fotogr. Reprod.-Zchngn in ein Buch einfügen. 1881-82 bereist er Oberitalien, u.a. Verona. M.s Ernennung zum Vizekanzler des Ordens Pour le mérite für Wiss. und Künste erfolgt 1883. Zu M.s 50-jährigem Künstlerjubiläum (1884) organisiert die Kgl. NG eine große Einzel-Ausst.; das nun voll. letzte großformatige Gem. M.s, die Piazza d'Erbe in Verona (Öl/Lw., Dresden, GG NM), wird im Ver. Berliner Künstler mit den dazugehörigen Zchngn ausgestellt. M. wird Ehren-Mitgl. der Dt. Kunstgenossenschaft Düsseldorf; unter mehreren Gouachen entsteht die Hofballszene (Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer). 1885-1904 hält sich M. fast jährlich in Bad Kissingen auf, wo er zahlr. Gouachebilder anfertigt. Zum 70. Geburtstag 1885 erscheint die erste von 30 Lfg der dreibändigen Monogr. "Das Werk A.M.s", bearb. von den Kunsthistorikern Max Jordan und Robert Dohme, die auch ein WV beigeben. 1886 wird M. zum Kanzler der Friedensklasse Pour le mérite, zum Ehrendoktor der Berliner Univ. und zum Ehrenbürger der Stadt Breslau ernannt; er erhält bei der Berliner Jubiläums-Ausst. den Stern zum Kronenorden, 2.Klasse. Darüber hinaus wird er zus. mit den Malern Gustav Eilers und Ludwig Knaus Vorstands-Mitgl. des Ver. für Orig.-Rad. zu Berlin und Ehren-Mitgl. der Ges. für vervielfältigende Kunst, Wien. 1887 wird M., vermittelt vom Dir. der Hamburger KH Alfred Lichtwark, beauftragt, den Ehrenbürgerbrief der Stadt Hamburg für Gustav Christian Schwabe (Gouache/Pergament, Hamburg, KH) zu fertigen; weitere Gouachen wie die Jap. Näherin (Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer) entstehen. Die "Ausst. von Aqu., Pastell-Gem. und Hand-Zchngn" in Dresden zeigt 26 Werke M.s, der dort auch als Preisrichter fungiert. Er schließt Bekanntschaft mit dem Komponisten Johannes Brahms. Neben Max Liebermann, Wilhelm Leibl, Fritz Uhde u.a. nimmt M. 1889 inoffiziell an der Pariser WA teil, worin regierungstreue Kreise die nat. Ehre und Würde verletzt sehen; er verkauft für 5.000 Taler Nach Schluss des Hoffestes (Öl/Lw., Poznań, MN). Zu seinem 75. Geburtstag 1890 ist die repräsentative Monogr. "Das Werk A.M.s. Vom Künstler autorisierte Ausg." im Bruckmann-Verlag München vorerst abgeschlossen (Royal-Folioformat, 600 Mark, 1. Nachtr. 1895, 2. Nachtr. 1905). M.s letzte Werke entstehen, wie z.B. Kahnfahrt (Öl/Lw., Hamburg, KH). Für die WA in Chicago malt er 1893 die Gouache Frühstücksbuffet der Feinbäckerei Kissingen (Priv.-Bes.). 1895 gibt Wilhelm II. anlässlich M.s 80. Geburtstag ein Fest; Jubiläums-Ausst. finden in Berlin statt, wo er zum Ehrenbürger ernannt wird. Außerdem wird er Wirklicher Geheimer Rat (Prädikat "Excellenz") und Mitgl. der Akad. in Paris und London. Er erhält das österr. Ehrenzeichen für Kunst und Wiss.; eine kleinere Version des sog. Menzel-Werkes erscheint; die Rad. Das Letzte (Berlin, Kpst.-Kab.) entsteht. 1897 malt er die Gouache Marienburg (Berlin, Kpst.-Kab.). 1898 scheidet er als Ehren-Mitgl. aus dem Akad.-Senat aus, wird Ritter des Schwarzen Adler-Ordens und 1898 in den Adelsstand erhoben. 1900 Beteiligung an der Pariser WA (Ehren-Med. für seine Radierkunst). Einige Gouachen, etwa das Ende des Versöhnungsfestes (Priv.-Bes.) und der Besuch im Eisenwalzwerk (Berlin, Kpst.-Kab.) entstehen noch bis 1901; im Jahr seiner 50-jährigen Akad.-Zugehörigkeit wird eine Einzel-Ausst. in der Londoner French Gall. veranstaltet; 1903 zeigt das Künstlerhaus Berlin seine Werke. Nach M.s Tod findet am 13. Febr. 1905 im Alten Mus. Berlin eine nat. Begräbnisfeier mit Aufbahrung statt; die Beisetzung erfolgt auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof Berlin-Kreuzberg. Am 28. März 1905 eröffnet eine Gedenk-Ausst. in der Kgl. NG Berlin, die den Nachlass 1906 erwirbt, nachdem dort schon Gem. und Zchngn als Tle des Puhlmannschen Nachlasses, das Kinderalbum sowie Fridericiana-Zchngn vorhanden sind. - M.s Œuvre umfasst rund 1.200 Druckgrafiken, schätzungsweise 12.000 Zchngn versch. Techniken in Einzel-Bll. und Skizzenbüchern (darunter ca. 600 farbige Bll.) sowie ca. 180 Gem., außerdem sind etwa 1.600 Briefe und diverses Schrifttum erfasst. - M.s Bildkunst gründet auf priv. Ausb. und selbst erworbene Gelehrsamkeit, zugleich auf der Abwendung vom Einfluss akad. Lehren. Mit einem an eig. Bildentwürfen reichen druckgrafischen Frühwerk zeigt M. seine ausgeprägte Fähigkeit als Illustrator. Darin beginnt schon die erst E. des 19. Jh. kulminierende Wiederbelebung der künstlerischen Orig.-Grafik in Deutschland. Gleichzeitig versucht M., sich als Historienmaler mit Bildern zu etablieren, die Gesch. und hist. Trad. vergegenwärtigen, denen die idealistische Kunstkritik z.T. aber ablehnend gegenübersteht. Seine anspielungsreichen, oft historisierenden Bilder, anfangs in der Druckgrafik, später in der Malerei umgesetzt, widmen sich meist der preußischen Gesch., zeigen aber ebenso häufig die eig. Lebensgegenwart des 19. Jahrhunderts. Einen Schwerpunkt bilden darin die Darst. Friedrichs II., die seitdem Identifikationsfläche für versch. politische Ansprüche sind. Gleichermaßen jedoch greift M. zeitgen. Themen auf, indem er Szenen des Ges.- und Arbeitslebens malt. Durch eine Vielzahl akribisch-sachlicher Zeichenstudien, die bewusstes, die Dingwelt beinahe protokollierendes Sehen vorführen, formt M. die objektive Realität mit einer stark subjektiv gefärbten Wahrnehmung zugunsten der Kunstwirkung um: M.s Bilder sind weder narrativ-distanziert noch objektiv-wiss. zu deuten; sie wenden sich mit konfliktorientierter Bildrhetorik direkt an den Betrachter.

WERKE

Berlin, Akad. der Künste. - Alte NG. - SM. - Alte NG. Dresden, GG AM. Düsseldorf, Mus. Kunst-Pal. Hamburg, KH. Kassel, MHK, GrS. Liberec, Oblastní gal. München, BSGS. Nürnberg, GNM. Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer.

SELBSTZEUGNISSE

G.Lammel (Ed.), A.M., Münster/Ha. 1995 (Schr.); C.Keisch u.a. (Ed.), A.M. - Briefe, 4 Bde, B. 2006-09.

AUSSTELLUNGEN

Einzelausstellungen:

Wien: 1870 Künstlergenossenschaft; 1885 Österr. KV; 1985 Albertina / Dresden: 1877 Kunsthandlung E.Arnold (Zchngn); 1955, 2005 (K) SKS / Berlin: 1885, '92 Akad.; 1905 Kgl. NG (K); 1923 Künstlerhaus; 1928 Gal. Thannhauser; 1935 NG und Akad. der Künste; 1955 (K), '80, '84 (K), '97, 2005 (K), '12 Staatliche Mus. (SMPK); 1965 Haus am Tiergarten (K); 2002 Gal. Pels-Leusden; 2015 SM / 1905 Leipzig, KV / 1915 Stuttgart, Kpst.-Kab. / München: 1932 Gal. Caspari; 2008 KH Hypo-Kulturstiftung (K) / 1935 Chemnitz, Kunsthütte / 1957 Moskau, Puškin-MBK / 1963 Bremen, KH / 1965 London, Arts Council Gall. / 1971 Erlangen, Altes Rathaus / 1977 Essen, Mus. Folkwang / 1981 Kiel, KH / 1982, '99 Hamburg, KH (beide K) / 1984 Cambridge, Fitzwilliam Mus. / 1996 Paris, Mus. d'Orsay; Washington (D.C.), NG of Art / 1998 (K) / 1998 Rheinsberg, Schloss (K) / 2023 Schweinfurt, Mus. Georg Schäfer. -

 

Gruppenausstellungen:

1878 Paris: WA / 1888 Berlin: Ausst. Akad.; Berliner Künstler-Ver.; Wien: Internat. Jubiläums-Ausst. / 1891 München: Dritte Münchener Jahres-Ausst. / 1894 Hamburg: Große Kunst-Ausst.

 

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB24, 1930; Vo24, 1930

 

Weitere Lexika:

Andresen, MR V, 1877; Boetticher II.1, 1898, Bogen 15-25; NDB III, 1936; Pavière, Flower III.1, 1964; Bauer, GEM VI, 1978; Ries, 1992; Flemig, 1993; NDB XVII, 1994; DA XXI, 1996

 

Gedruckte Nachweise:

A.M. Abb. seiner Gem. und Studien (Kgl. NG), M. 1905 (WV); E.Bock, A.M. Verz. seines graphischen Werkes, B. 1923 (WV); R.Weinhold (Ed.), M. Bibl., L. 1959 (Lit.); F.Forster-Hahn, ArtB 59:1977, 242-261; A.M. Gem., Zchngn (K Staatliche Mus.), B. 1980; H.C. Ebertshäuser (Ed.), A.M. Das graphische Werk, 2 Bde, Herrsching 1980 (WV); U.Ellwart, M.s Friedrichsbilder, Diss. Univ. Tübingen, Tb. 1985; Börsch-Supan, Malerei, 1988; I.Wirth, Berliner Malerei im 19. Jh., B. 1990; G.Lammel (Ed.), Exzellenz lassen bitten, L. 1992 (Biogr.); C.Zangs, Die künstlerische Entwicklung und das Werk M.s im Spiegel der zeitgen. Kritik, Diss. TU Aachen, Aachen/Mainz 1992 (Lit.); J.E. Howoldt, A.M. in der Hamburger KH, St. 1993; M.Riemann-Reyher (Ed.), A.M. Reiseskizzen aus Preußen, B. 1992; H.Kohle, Kunstchronik 46:1993, 192-202 (Lit.); D.Entrup, A.M.s Ill. zu Franz Kuglers "Gesch. Friedrichs des Großen", Weimar 1995; A.M. 1815-1905 (K Wander-Ausst.), Köln 1996; M.Diener, "Ein Fürst der Kunst ist uns gestorben", Rb. 1998; U.Küster, Der junge A.M., Münster u.a. 1999; S.Ehringhaus, A.M. in Weimar, Köln u.a. 1999; C.Grummt, A.M. - Zw. Kunst und Konvention, Diss. FU Berlin, B. 2001; H.Kohle, A.M.s Friedrich-Bilder, M. u.a. 2001; T.W. Gaehtgens (Ed.), A.M. im Labyrinth der Wahrnehmung, B. 2002; J.Probst, A.M. Die Skizzenbücher, B. 2005; M.Fried, M.s Realismus, M. 2008; M. in Verona (K Ingelheim am Rhein), L. 2008; A.Heese, in: K.Gehrmann (Red.), A.M. und J.G. Schadow, B. 2011; C.Keisch, So malerisch! (K Alte NG), L. 2012; J.Kloosterhuis, M. Militaris, B. 2015

 

Archive:

Berlin, Landes-Arch.

 

Onlinequellen:

C.Dörr, "Eine schöne Vereinigung der Meriten Krähwinkels mit den Prätenssionen von wenigstens Berlin.", Diss. Univ. Marburg, 1997; Œuvres de Frédéric le Grand - Werke Friedrichs des Großen (digitale Ausg., Univ.-Bibl. Trier); GNM-Arch.

 


THIEME-BECKER

Menzel, Adolf Friedrich Erdmann, Maler, Zeichner u. Graphiker, *8. 12. 1815 Breslau, †9. 2. 1905 Berlin. Siedelte mit seiner Familie 1830 nach Berlin über, wo er nach dem Tode seines Vaters, 1832, die väterliche lithogr. Werkstatt übernahm. Im wesentlichen Autodidakt, besuchte er nur kurz im Sommer 1830 die Berl. Akad. Bildete sich an praktischen Aufgaben der lith. Gebrauchsgraphik (Etiketten, Vignetten, Einladungs-, Geschäfts-, Glückwunschkarten usw.) früh zu einem selbständigen Künstler aus. Im Auftrage des Berl. Kunstverlegers Sachse ergänzte und verbesserte er die lith. Darstellungen eines Freih. von Löwenstein nach Szenen aus Luthers Leben (1833). Aufmerksamkeit erregte der junge M. durch seine nach Goethes gleichnamigem Gedicht geschaffenen 6 Feder- (Umriß-) zeichnungen auf Stein "Künstlers Erdenwallen" (1833). Eine 1834/36 von M. ausgeführte Serie lith. Kreidezeichnungen: "Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte", zeigt bei noch altertümelnder Technik reichste Erfindungsgabe und ungewöhnliche Begabung für das Erfassen geschichtl. Stoffe. Der Historiker Kugler, auf M. durch diese Arbeit aufmerksam gemacht, übertrug ihm die Illustration seines Werkes "Leben Friedrichs d. Großen", für das M., 1840/42, 400 Federzeichn. als Vorlagen für den Holzschnitt lieferte. Die von M. selbst auf die Stöcke gezeichneten, zuweilen in winzigem Format ausgeführten malerischen Zeichnungen wurden unter seiner Leitung von den hervorragendsten Holzschneidern s. Zt, u. a. Unzelmann, Kretzschmar, A. u. O. Vogel, ausgeführt. Das Werk bedeutet nicht nur einen Aufstieg, sondern einen entscheidenden Wendepunkt in der Gesch. des deutschen Holzschnittes. Aus dem alten schematisierenden Linienschnitt hatte sich ein, der Technik der Radierung verwandter, mit wesentlich malerischen Mitteln arbeitender Holzschnitt in wenigen Jahren entwickelt, der auf das getreueste die individuelle Art des Zeichners spiegelt. - Im Anschluß an diese Folge entstanden 1844/49 zweihundert in Federzeichnung ausgeführte Vorlagen für die Holzschnitte zu einer von Friedrich Wilh. IV. veranstalteten kritischen Neu -Herausgabe der Werke Friedrichs d. Gr., u. zwar, nach M.s Aufzählung: "Bildnisse", "Historisches u. Militärisches", "Genre und Vermischtes", "Alter Geschichte Entnommenes" sowie "Burleskes". Parallel diesen Arbeiten liefen die Studien zu den kolor. Lithogr., die "Uniformen und Ausrüstungsgegenstände der Soldaten Friedrichs des Großen" zum Gegenstand hatten, u. unter dem Titel "Die Armee Friedrichs des Großen" (Armeewerk) 1845/51 (Ergänzungsband 1857) erschien. 1852 wurde in den Holzschnittzeichn. zu dem Werk von Lange "Die alte preußische Armee" das Thema nochmals aufgenommen. Die 1851 entstandenen "Versuche auf Stein mit Pinsel und Schabeisen" sind Meisterleistungen der lith. Technik und gehen in der freien künstler. Erfassung des Gegenstandes selbst über die besten älteren lith. Arbeiten M.s hinaus. 1877 erschien M.s Holzschnittfolge (30 Bl.) - seine Zeichn. sind z. T. durch Phot. auf die Holzstöcke übertragen - zu H. v. Kleists: "Der zerbrochene Krug". Als Radierer hat sich M. nur wenig betätigt. Unter den etwa 25 bekannten Blättern ragen die "Schlafende Näherin am Fenster" (M.s Schwester Emilie), der "Holzplatz" und die überaus geistvolle u. graziöse "Speisekarte für den Herzoglichen Hof in Meiningen" hervor. Bei täglichem "exerzieren" (= zeichnen) entstanden im Laufe der Jahre zahllose Bleistift-. Buntstift- u. Federzeichnungen, aber auch Aquarelle u. Deckfarbenbilder (Gouachen) malerischen Charakters u. realistischer Auffassung, die bei zunehmendem Alter des Künstlers immer mehr ausgeführt wurden und in der Spätzeit bisweilen an einer störenden, weil übertriebenen Detailbehandlung leiden. Studien nach der Natur aus dem ganzen Bereiche der sichtbaren Welt, dann aber auch historische Skizzen u. Entwürfe auf der Basis genauester archivalischer, wissenschaftl. sowohl wie künstlerischer Vorarbeiten. Bei aller Hinneigung zum Naturalismus und einer angeborenen preußisch-nüchternen Empfindungsart fehlt es M. keineswegs an der Fähigkeit zu fabulieren. Seine geistvollen Einfälle lassen ihn häufig das Gebiet der Allegorie, der Satire u. des Humors betreten. Bildliche Niederschriften solcher Einfälle liebt er im Geiste des Alten Fritz mit Rokoko-Ornamenten zu umrahmen oder mit dem Rankenwerk zu umspinnen, das, im Anschlug an A. Dürer, die Romantik für die Buchillustration ersonnen hatte (Neureuther). Kaum ein Meister der neueren Zeit hat den Stift mit solcher Sicherheit beherrscht wie M., der in seinen Frühzeichn. einen runden, harten, spitzen Bleistift oder Silberstift, fast immer unter gleichzeitiger zarter Verwendung des Wischers ("Estompe"), benutzte, um später zu dem vierkantigen, weicheren Schreinerstift überzugehen, dessen geschickte Handhabung ihm ermöglichte, in schnellem Wechsel bald scharfe harte, bald weiche breite Striche auf das Papier zu setzen, während der Wischer eine immer größere Bedeutung für die Überarbeitung erlangte. Daß M. vornehmlich mit der linken Hand zeichnete, sei nur nebenbei erwähnt. - In farbigen Zeichnungen (Pastellen) erreicht M. völlig bildartige Wirkungen, so in der malerischen "Dame im Sessel bei Licht lesend" (1850). Aquarelle sind verhältnismäßig selten. Eines der schönsten u. eindrucksvollsten ist die "Klosterkirche in Berlin" (SIg A. Sommerguth, Berlin). Mit besonderer Vorliebe bediente sich M. hingegen der Deckfarbe, die ihm ein schnelles Arbeiten ermöglichte, oder einer Mischtechnik aus Aquarell u. Deckfarbe. Hauptwerke dieser Art: "Platz für den großen Rafael!", "Das Maskensouper", "Die Gesellschaft ist aus", ferner der bekannte "Hofball in Rheinsberg" (1862), "Die badenden Knaben in der Saale bei Kösen", "Hofinneres", "Blick aus dem Fenster in der Marienstraße", verschiedene Ansichten aus Hofgastein, der "Hochaltar in der Damenstiftskirche in München", die "Spinettspielerin", der "Aschermittwochmorgen" u. die berühmten "Darstellungen aus dem Kinderalbum" (1881/83). Als Maler war M. zu seinen Lebzeiten vorwiegend durch seine Bilder nach Szenen aus dem Leben Friedrichs d. Großen u. seiner Zeit bekannt. Die kurz nach seinem Tode in der Nationalgal. veranstaltete Menzel -Gedächtnisausstell. (s. Lit.) förderte erst die von ihm selbst geringgeschätzten, in Wirklichkeit aber hochbedeutsamen Studien u. Gemälde aus den 40er u. 50er Jahren zutage, in denen sich ein freier malerischer Stil mit impressionistischer Auffassung verbindet. Auf diese Naturstudien wie "Das Balkonzimmer" (1845), den "Bauplatz mit Weiden" (1846), die "Berlin-Potsdamer Bahn" (1847), das "Schlafzimmer in der Ritterstraße", den "Schafgraben" (1841), den "Treppenaufgang in einer Berliner Mietswohnung", die (unvollendete) "Aufbahrung der Märzgefallenen" (1848), die "Abendgesellschaft bei Märker" (1848), "Das Théâtre Gymnase" (1856), Werke, die fast sämtlich in der Nationalgal. vereinigt sind, gründet sich heute vornehmlich der Ruf M.s als eines bahnbrechenden, seiner Zeit um Jahrzehnte vorauseilenden Malers. Im "Palaisgarten des Prinzen Albrecht" (1846) und dem schon genannten "Théâtre Gymnase" berührt er sich direkt mit den Führern der französ. Malerei der damal. Zeit. Paris hat er dreimal: 1855, 1867 (beide Male anläßlich einer Weltausstell.) u. 1868, für kurze Zeit, aufgesucht. Beachtenswert ist sein Zusammentreffen mit Courbet. Ein dreimaliger Besuch in Verona (1880, 81 u. 82) hat nur für die Wahl der Motive (Piazza dell'Erbe in Verona, Gal. Dresden) Einfluß gewonnen. Bedeutungsvoller für die weitere Ausbildung seines Stils waren wiederholte Reisen nach Süddeutschland u. Österreich, Länder, in deren malerischen Städten er ähnlichen Barock- u. Rokokobauten begegnete, wie er sie in Potsdam u. Dresden oft gezeichnet u. gemalt hatte. Die friderizianischen Gemälde entstanden auf der breiten Grundlage der Studien für die Holzschnitte zum Kuglerschen Buche und der sich anschließenden, verwandte Themen behandelnden Illustrationsfolgen (s. oben). In der Technik gebundener u. in der Farbe nicht so frisch wie die obenerwähnten Bilder, stellen sie gleichwohl einen neuen Typus des Historienbildes für Deutschland auf. Er charakterisiert sich durch den Verzicht auf deklamatorisches Pathos ebenso wie durch tiefes Eindringen in den historischen Stoff. In Verbindung mit den genannten Illustrationen haben diese Bilder die Vorstellung der friderizian. Epoche neu gestaltet. Zu den wichtigsten Werken dieser Art gehören: "Der Spazierritt Friedrichs des Großen" od.,Die Bittschrift" (1849), "Friedrichs des Großen Tafelrunde in Sanssouci" (1850), "Das Flötenkonzert Fr. d. Gr. in Sanssouci" (1852), "Fr. d. Gr. auf Reisen" (1854), "Fr. d. Gr. und die Seinen bei Hochkirch" (1856), wohl das bedeutendste Schlachtenbild der Neuzeit, sowie das unvollendete Werk: "Fr. d. Gr. Ansprache an seine Generale am Abend vor der Schlacht bei Leuthen". - Seit den 60er Jahren wandte sich das Interesse des Historienmalers M. vorwiegend der Person und Zeit Wilhelms I. zu. Die "Krönung König Wilhelms 1. in Königsberg am 18. Okt. 1861", mit zahlreichen nach dem Leben gemalten Porträts, bildet den großartigen Auftakt für die Reihe farbiger, meist in Öl ausgeführter Darstellungen mit Motiven aus der Geschichte der jüngsten Vergangenheit, vor allem des preußischen Königs- u. deutschen Kaiserhauses. Besonders zu erwähnen sind: "König Wilhelms Abreise zur Armee am 31. Juli 1870" (gemalt 1871), "Das Ballsouper" im Kgl. Schloß zu Berlin (1878), "Cercle Kaiser Wilhelms 1." (1879), "Im Weißen Saal" (1888). "Nach Schluß des Hoffestes" (1889). - Ein neues Stoffgebiet erschloß M. der deutschen Malerei mit seinem "Eisenwalzwerk" (1875), dessen Schauplatz eine der großen Werkstätten für die Herstellung von Eisenbahnschienen zu Königshütte in Oberschles. bildet. Die wichtigsten Werken M.s befinden sich, wie schon angedeutet, heute in der Berliner Nationalgal.: etwa 90 in Öl ausgeführte Studien u. Gemälde u. mehrere tausend (I) Zeichnungen, Pastelle, Deckfarbenbilder u. Aquarelle. Der Verein Berliner Künstler besitzt M.s berühmtes Ölgemälde "Chodowiecki, auf der Waisenbrücke zu Berlin zeichnend"; eine vortreffliche kleine Sammlung Macher Ölbilder u. Studien ist im Bes. der N. Pinak. München. Einzelne Gemälde in verschiedenen öffentl. deutschen Galerien u. vornehmlich Berliner Privatsammlungen wie Smlgn Prof. Max Liebermann, Reg.- u. Baurat A. Sommerguth, Jul. Freund, Erben Agathe Herrmann, Erben Prof. Krigar-Menzel, LudwigGinsberg(die beste Privatsamml. Macher Graphik u. M.scher Zeichnungen aus der Frühzeit), Exz. R. v. Kühlmann und Ravene. Im Berl. Kupferstichkab. eine fast vollständige SmIg des graph. Werkes. Lit.: J. E. Wessely in Andresen, Die dtschen Maler-Radirer, V (1878) 1/50 (Werkverz. p.16ff.); auch separat. - Fr.Dingelstedt, Einl. zu Kleist, Der zerbroch. Krug, ill. v. M., Hamb. 1877. - M. Jordan u. R. Dohme, Das Werk A. M.s, 3 Bde, München 1885/90. - F. G. Dumas, Maitres mod.: A. M., Paris 1885. - A. Dorgerloh, Verz. d. durch Kstdruck vervielfält. Arbeiten M.s, Lpzg 1896 (Neudru:k 1913). - H. Knackfuß, A. v. M. (KstlerMonogr. Nr 7), 1900. - F. H. Meißner, A. v. M. (Das Kstlerbuch Bd VIII), Berlin u. Lpzg 1902. - H. Rosenhagen, Würdigungen, Berlin 1902, p. 17/25. - R. Klein, M. (Mod. Essays, 44. Heft), Berlin 1904. - H. W. Singer, The drawings of A. v. M. (Mod. Master Draughtsmen), London 1904. - M. Jordan, Das Werk A. 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Scheffler), 147/50; XIX 216, 217 (Abb.), 286f., 335, 336 (Abbn), 400 (Abb.); XX (1921/22) 33f.; XXI 182f. (Abb.), 184 (Abb.), 196; XXII 23/26 (E. Bock),124/31 (O. Pniower, Eine Autobiogr. M.s); XXIII 97 (Abb.), 437 ff.; XXVI (1927/28) 202, 203 (Abb.), 276/78; Abb. geg. p. 291; 293 (Abb.), 295 (Abb.), 318, 484. - Münch. Jahrbuch d. bild. Kat, 1908/I p. 52/56. - Die Kst, 31 [= Kst f. Alle 30], 1915 p. 401/11 (A. Rümann); 33 [= K. f. A. 31], 1916 p. 81/104 (G. J. Kern); 37 K. f. A. 33], 1918 p. 33/40 (A. Rümann), 97,103 (H. Mackowsky); 45 [= K. f. A. 37], 1922 p. 18, 169f. - Amtl. Ber. a. d. preuß. Kstsmmlgn, XXXI (1909/10) 15/18; XXXIII (1911/12) 60/65. - Kstchron., N. F. XXI (1910) 77f., 168, 261f., 315; XXVIII (1916/17)16; XXX (1919)53 f., 58 (Abb.); XXX/VII (1922/23) 446/50; XXXV 487/93 (G. Kirstein). - Ex Libris, 33 (1923) 22ff. - The Print Coll. Quarterly, VI (1916) 299ff.; XII (1925) 49 (Abb.), 54f. - Hessenkst, 1928 p. 1128 (K. Rumpf). - Der Kstwanderer, 12 (1930) 353 ff. (G. J. Kern). - Katal. d. Berl. Akad.-Ausstell. 1834/1888, 1892, 1895. - Kat. der M.-Ausstell.: Paris 1885 (Einl. v. F. G. Dumas); Berlin (Nat.-Gal.) 1895, 1905; Wien (Künstlerhaus), m. Einl. v. C. Bodenstein Hamb. (Kunsthalle) Febr. 1896; Berlin (Gal. Tbannhauser), April 1928, m. Einl. von G. J. Kern u. 32 Abb. (cf. Cicerone XX p. 263 ff., 276 u. Pantheon 1 [1928] 266). - Kat. Ausst. 100 Jahre Berliner Kst, Berlin 1929. G. J. Kern.