Gauguin, Paul (Eugène Henri Paul), frz. Maler, Bildhauer, Grafiker, Schriftsteller, Kunstkritiker, *7.6.1848 Paris, †8.5.1903 Atuona/Hiva Oa (Marquesas-Inseln).
Gauguin, Paul (1848)
G.s Vater Clovis G. war als politischer Journalist der Ztg National tätig. G.s Mutter Aline Chazal war die Tochter des Graveurs André Chazal und von Flora Tristan, einer sozialistischen Schriftstellerin und politischen Aktivistin, die die Gründung von Frauengewerkschaften in Frankreich unterstützte und Berichte über ihre Reisen in Südamerika verfasste. Obwohl er sie nie kennengelernt hatte, ließ G. sich später von ihrem Leben als Schriftstellerin, wenn nicht sogar von ihrem leidenschaftlichen Feminismus inspirieren. 1849 emigrierte seine Fam. infolge der politischen Unruhen von 1848 in Paris nach Lima in Peru. Der Vater hoffte, dort eine neue Ztg gründen zu können. Doch er starb noch während der Reise vor der Küste Chiles, in der Bucht von Port-Famine, an einem Herzinfarkt. Aline G. setzte die Reise nach Lima fort, um dort mit ihren Kindern bei ihrem Onkel Don Pio Tristan Moscoso zu leben. In Peru verbrachte G. eine privilegierte Kindheit. Die Erinnerungen an diese Zeit nährten seine späteren Sehnsüchte, an einen exotischen Ort zurückzukehren, wo er ein Leben in Überfluss führen könnte. 1855 kehrte die Fam. zurück nach Frankreich und ließ sich in Orléans nieder. Zw. 1854 und 1864 besuchte G. ein kath. Seminar, das Petit Séminaire de la Chapelle-St-Mesmin in der Nähe von Orléans. Hier wurden ihm umfassende Kenntnisse der kath. Liturgie, der Fremdsprachen, der klass. Lit. und der Phil. beigebracht. Teilweise wurde er von Bischof Dupanloup unterrichtet, dessen reformistische Lehren Antinaturalismus, Vorstellungskraft und die Wichtigkeit innerer Vision innerhalb mod. Spiritualität hervorhoben (Silverman, 2000). Da G. 1865 bereits zu alt war, um an der Aufnahmeprüfung der Marineakademie teilnehmen zu können, heuerte er bei der Handelsmarine an und segelte an Bord des Schiffes Luzitano nach Rio de Janeiro. Anschl. diente er an Bord der Chili, die von Cardiff nach Peru fuhr. 1867 starb G.s Mutter. Sie übertrug ihrem Freund (und vermutl. Liebhaber) Gustave Arosa die Vormundschaft für ihre fast erwachsenen Kinder. Arosa betätigte sich als Kunstsammler, Fotograf, Finanzier und Verleger von Kunstdrucken. Arosas Slg, die G. sehr vertraut war, umfasste Gem. der Schule von Barbizon wie auch Werke von Courbet und Delacroix. Zu dieser Zeit begann G. zu malen, wahrsch. in Gesellschaft von Arosas Tochter Marguerite, die die Malerei als Hobby ausübte. Arosa vermittelte G. eine Anstellung als Makler bei Paul Bertin. Dort lernte er Emile Schuffenecker kennen, der zu seinem guten Freund und künstlerischen Weggefährten wurde. Durch die Arosas traf G. die junge Dänin Mette-Sophie Gad. 1873 heiratete das Paar, 1874 wurde ihr erstes Kind Emil geboren. In demselben Jahr besuchte G. auch die erste Impressionisten-Ausst. und interessierte sich immer stärker für die neuen Strömungen der mod. Kunst. Wahrsch. durch die Verbindungen zu Arosa begegnete G. im Sommer 1874 Camille Pissarro und arbeitete mit ihm zusammen an der Acad. Colarossi in Paris. G. begann impressionistische Werke zu sammeln, und obwohl er im offiziellen Salon von 1876 eine Landschaft präsentierte, schloss er sich dieser Bewegung immer enger an. E. 1876 gab er seine Anstellung bei Bertin auf und konzentrierte sich mehr auf seine Kunst. 1877 wurde G.s Tochter Aline geboren, 1879 der Sohn Clovis Henri. Degas und Pissarro luden ihn 1879 zur Teiln. an der 4. Impressionisten-Ausst. ein. Er begann, das Café de la Nouvelle-Athènes zu frequentieren, wo er Bekanntschaft mit Manet, Renoir, Degas und Duranty schloss. 1880 nahm er mit acht Werken an der 5. Impressionisten-Ausst. teil. Seine frühen Werke weisen im Einsatz von Licht und Farbe sowie in der Motivwahl deutl. den Einfluss Pissarros auf. In bestimmten Ausschnitten ist sein Pinselstrich stark von Cézanne beeinflusst. G., Pissarro und Cézanne malten 1881 zus. in Pontoise. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt verkaufte G. seine ersten Gem. an die Gal. Durand-Ruel. Zugleich erweiterte er selbst noch seine Slg und erwarb einen Manet von demselben Händler, an den er seine eig. Werke veräußerte. 1881 wurde G.s viertes Kind Jean-René geboren. Mit der wachsenden Fam. erhöhte sich der finanzielle Druck auf G., v.a. 1882, als der Aktienmarkt zusammenbrach und G.s beruflliche Zukunft ungewiss wurde. Bei der Geburt seines fünften Kindes Pola im Jahre 1883 bezeichnete G. sich hauptberuflich als Maler. Zur gleichen Zeit bekam er Kontakt zu span. Republikanern und ihrer radikalen Politik und reiste im Sommer 1883 nach Cerbère an die span. Grenze. Die Entscheidung, 1884 mit seiner Fam. umzuziehen, wurde u.a. aufgrund seiner Geldnot getroffen. In der Ehe nahmen die Spannungen zw. G. und seiner Frau zu, die zwischenzeitlich mit einigen ihrer Kinder nach Dänemark zurückgekehrt war. Trotz alledem konzentrierte G. sich auf seine Kunst. Während er einen Winter in Kopenhagen verbrachte, verfasste er einige kunstkritische Beiträge und organisierte eine Ausst. seiner Werke in der Ges. der Freunde der Kunst. Als er 1885 mit seinem Sohn Clovis nach Paris zurückkehrte, besaß er kaum Geld und sah sich gezwungen, Bilder aus seiner Kunstsammlung zu verkaufen. Als sich seine finanzielle Krise zuspitzte, nahm er zuerst eine Arbeit als Plakatkleber an und war dann als Sekretär für die Pariser Bahnhöfe tätig. Seine Malerei entwickelte sich in dieser Zeit immer mehr zum impressionistischen Stil hin. 1886 nahm er mit 19 Gem. und einem Holzrelief an der 8. Impressionisten-Ausst. teil. Der Grafiker Bracquemond stellte ihm den Keramiker Ernest Chaplet vor, und so begann G. beachtliche Experimente mit handgeformten Keramiken auszuführen. Durch die ausbleibende Anerkennung seiner Werke in der Impressionisten-Ausst. entmutigt und vom Erfolg Seurats und der Neoimpressionisten abgestoßen, beschloss G., eine neue Motivik und einen neuen Stil in der Malerei zu entwickeln. Er wandte sich von Seurats städtischen Darst. von La Grande Jatte ab und suchte nach einem neuen ländlichen Ort, um zu malen. Auf Anraten des Künstlerkollegen Felix Jobbé-Duval, der wusste, dass die Bretagne ein Sammelpunkt für Künstler war und es sich dort günstiger als in Paris lebte, reiste G. erstmals im Juli 1886 nach Pont-Aven. Er quartierte sich in der Pension Gloanec ein, wo er mehrere junge Maler der Avantgarde traf, so auch Charles Laval und Emile Bernard. Im Herbst kehrte er nach Paris zurück und setzte den Winter über in Chaplets Atelier seine Arbeit an den Tonplastiken fort. Über den Laden für Künstlerbedarf des Père Tanguy lernte er Vincent van Gogh kennen, der allein und unabhängig Bilder - beeinflusst von jap. Drucken - in Reaktion auf die hellen Farbtöne und die Themen der Neoimpressionisten malte. G. begann die Vorteile zu erwägen, in einer entfernten Kolonie zu arbeiten, die ihm bei relativ geringen Lebenshaltungskosten die Schönheiten einer tropischen Landschaft bot. Aufgrund einer familiären Verbindung entschied er, 1887 mit seinem Künstlerfreund Charles Laval nach Panama zu reisen und später weiter nach Martinique, wo er aber die Stadt Saint-Pierre ausblendete, um statt dessen üppige, tropische Landschaften und einfache Strandszenen zu malen. Seine hier entstandenen Gem. weisen leuchtende Farben und einen dünnen Farbauftrag auf und sind in ihrer Komposition von jap. Kunst beeinflusst. Bei seiner Rückkehr nach Paris wurden G.s neueste Werke mit einigem Interesse aufgenommen; als einer der ersten kaufte Theo van Gogh, der Bruder von Vincent van Gogh, ein auf dieser Reise entstandenes Bild. Außerdem unterstütze Theo van Gogh G., seine Werke bei Boussod & Valadon in Paris auszustellen und über diese Gal. zu verkaufen. 1888 war ein entscheidendes Jahr. Vincent van Gogh hatte Paris im Febr. 1888 verlassen und bat G. kurz darauf, nach Arles zu kommen und dort mit ihm zu leben. Er sollte ihm beim Aufbau eines idealistischen "Ateliers des Südens" helfen, in dem die Künstler gemeinsam arbeiteten, inspiriert von der natürlichen Schönheit der Provence und weit entfernt von den Zwängen der Großstadt Paris. Theo van Gogh bot G. ein monatliches Gehalt an unter der Voraussetzung, dass er die Einladung seines Bruders, in Arles zu arbeiten, annehmen und monatlich dem Kunsthändler ein Bild nach Paris schicken würde. G. blieb den Sommer über in Pont-Aven, um von den künstlerischen Neuerungen Emile Bernards zu profitieren, der einen neuen synthetistischen Stil aus Paris mit nach Pont-Aven gebracht hatte. Dieser Stil, der von Bernard und Anquetin in Paris entwickelt worden war, ist als Cloisonismus bekannt (großflächige Bereiche kräftiger, reiner Farben und mit dunkelblauen oder schwarzen Linien umrandete Formen sind char.). G. machte sich den neuen Stil in seinem im Sommer 1888 entstandenen Bild Vision nach der Predigt (Edinburgh, NG) zu eigen. In diesem Gem. verband G. sein Interesse für verdichtete Spiritualität mit einer recht nostalgischen Darst. bretonischer Bäuerinnen in volkstümlicher Tracht. Seine wachsende Vorliebe für exotische und außerstädtische Kulturen ließ ihm die Bretagne nicht nur als ländlich, sondern auch als "wild und primitiv" erscheinen. Er folgerte: "Wenn meine Holzschuhe auf dem Granitboden widerhallen, höre ich den dunklen, dumpfen und starken Ton, den ich in meiner Malerei zu erreichen suche." (März 1888, in Merlhès 1984, 172, Nr 141). Mit der Aussicht auf ein regelmäßiges monatliches Einkommen und auf neue, urspr. Motive für seine Malerei verließ G. im Okt. 1888 hoffnungsvoll Pont-Aven in Richtung Arles. Er verbrachte neun Wochen mit Vincent van Gogh. Sie lebten gemeinsam in dem von Van Gogh sog. Gelben Haus, das Wohnen und Arbeiten unter einem Dach vereinte. Die Künstler empfanden die Gesellschaft des jeweils anderen als anregend und sogar beruhigend. Sie diskutierten über Kunsttheorie (G. arbeitete lieber aus dem Gedächtnis, Van Gogh lieber nach der Natur), Kunstgesch. und über künstlerischen Geschmack. Doch schließlich teilte G. Van Goghs Traum von einem Atelier des Südens, aus dem im Laufe ihrer Diskussionen das Ziel entstand, ein Atelier der Tropen zu gründen (Druik und Zegers, Kat. Chicago 2001). Nach einem Streit im Dez. 1888 kam es zu einem tiefen Bruch zw. beiden, als Van Gogh sich in einem Anfall von Kummer ein Stück seines Ohrs abschnitt. G., der schlecht mit schwierigen, emotional geladenen Situationen umgehen konnte, flüchtete nach Paris. Trotzdem blieb er bis zu dessen Tod im Juli 1890 in schriftlichem Kontakt mit Van Gogh. Die Erinnerungen an ihn und der Traum vom Atelier der Tropen blieben für G. bis in die Zeit auf den Marquesas wichtig, obwohl er sich zunehmend bemühte, seinen eig. künstlerischen Werdegang von dem Van Goghs zu trennen. G. half, in Paris eine kleine Ausst. seiner Werke und der seiner Künstlerfreunde (u.a. Bernard, Laval, Roy, Schuffenecker) in einem kleinen Restaurant, dem Café Volpini, das sich auf dem Gelände der WA von 1889 befand, zu organisieren. Er wünschte, unabhängig vom Ausstellungssystem der großen Kunstgalerien zu arbeiten. Im Rahmen der Ausst. bot er eine Mappe von Lith. zum Verkauf an, um sein Werk einem großen Publikum zugänglich zu machen. Zugleich stellte es seinen ersten von drei bedeutenden Versuchen dar, eine Serie zusammenhängender Drucke zu schaffen. Die Mappe manifestierte sein Interesse an primitiven Themen: bretonische Bauern, bewegte Seestücke, ländliche Hirtenszenen auf Martinique. Dass sie sich als finanzieller Fehlschlag herausstellte, entmutigte ihn nicht, seine Kunst in dieser Richtung weiterzuverfolgen. Er ließ sich tief von den kult. und archit. Darbietungen auf der WA inspirieren: von den stilisierten Gesten der javanischen Tänzer, von den Reproduktionen des kambodschanischen Tempels Angkor Wat, von den Ausst. über die Gesch. der Arbeit und der Siedlungsgeschichte und sicherlich auch von den Fotos von Tahiti, die im Pavillon der Kolonien zu sehen waren. Das alles bewog ihn zu Überlegungen, ein neues künstlerisches Schaffen in einem kolonialen Umfeld aufzunehmen: er zog in Erwägung, nach Tongking, Java oder Madagaskar zu ziehen. Teilweise von Van Gogh und Bernard bedrängt, die beide die Romane von Pierre Loti gelesen hatten, überlegte er letztendlich, auf die Insel Tahiti zu reisen. Das Polynesien seiner Phantasie vereinte eine prachtvolle Natur mit einem leichten Leben und der Möglichkeit, sich auf die Kunst zu konzentrieren: "Käme doch bald der Tag, an dem ich mich flüchten könnte in die Wälder einer einsamen Insel in der Südsee, dort in Verzückung und Ruhe nur meiner Kunst zu leben. [...] Endlich frei! Ohne Geldsorgen! Und ich könnte lieben, singen und sterben." (Febr. 1890, in: M. Malingue [Ed.], P. G. Lettres de G. à sa femme et à ses amis, P. 1992, 184, Nr C). Zur gleichen Zeit, da er diese Ideen zu Papier brachte, kehrte er in die Bretagne zurück. E. 1889 quartierte er sich in Le Pouldu im Gasthaus von Marie-Henry ein, die als Bezahlung der Unterkunft häufig Kunstwerke akzeptierte. 1890 dekorierte er mit Hilfe von Meyer de Haan, Serusier und Filiger den Speisesaal des Gasthauses mit Wandmalereien von bretonischen Bäuerinnen bei der Arbeit, einer "wilden" Frau, einer auf Fensterscheiben gemalten Landschaft und Sonnenblumenmotiven an der Decke, die sicherlich eine Hommage an Van Gogh darstellten. Dieses Projekt kündigte bereits an, dass G. sich immer stärker für den Stellenwert einer dekorativen Ästhetik in der mod. Malerei interessierte. G. suchte auch die Aufnahme und Anerkennung im Pariser Kreis der symbolistischen Dichter und Kunstkritiker. Albert Aurier verfasste einen wohlwollenden Artikel über sein Werk und bezeichnete G. (und nicht Bernard) als den ersten Künstler, der in der bild. Kunst die Grundsätze des Symbolismus verkörpere. G. nahm an den Treffen der Symbolisten im Café Voltaire teil und freundete sich mit Dichtern wie Charles Morice und Mallarmé an. Dabei nahm er ihre Ideen einer Ästhetik auf, die auf Evokation und Suggestion basierte. Vor seiner Abreise nach Tahiti besuchte G. Kopenhagen, wo er seine Frau und seine Kinder zum letzten Mal sah. In Paris ersuchte er das Ministère de l’instruction publ. et des BA um Unterstützung seiner Reise in die Südsee. Er erhielt den offiziellen Auftrag "die Sitten und die Landschaft Tahitis zu studieren und schließlich zu malen" (G. Shackelford, Kat. Paris 2003, 68). Im April 1891 verließ er Frankreich und erreichte über den Suezkanal, die Seychellen, Australien und Nouméa am 9. 6. 1891 schließlich Tahiti. G. war aufgrund der fortgeschrittenen Modernität Papeetes, der Hauptstadt der Kolonie, von Tahiti enttäuscht. In der ersten Zeit auf der Insel frequentierte er die ortsansässigen Kolonialherren und hoffte, als Porträtmaler erfolgreich tätig sein zu können. Dieser Plan schlug fehl, als die Bewohner seinen avantgardistischen Malstil sahen. Sehr früh beeindruckten G. die Skulpturen von den Marquesas-Inseln, die er am Hafen sah, und er begann, von den Marquesas inspirierte Muster in einfache Holzschüsseln zu schnitzen (Paris, Orsay). Nach drei Monaten war er der Ges. seiner frz. Landsleute überdrüssig und entschied, seinen Traum vom einfachen Leben in den kleineren Orten an der Südküste der Insel zu verwirklichen. Er ließ sich in dem Dorf Mataiea nieder und suchte dort eine Lebensgefährtin. Die vierzehn Jahre alte Tehemana willigte ein, zu ihm zu ziehen. Er malte einige Landschaften und Figurenstudien, aber auch viele Ansichten des legendären Tahiti, durchtränkt von relig. Mysterien und von den Spuren einer verschwundenen primitiven Vergangenheit (Dort liegt der Tempel [Parahi te marae], Philadelphia, Mus. of Art). Außerdem begann er an einem Ms., Ancien culte mahorie, zu schreiben und fügte es mit Illustrationen zu einer Mappe zusammen. Um diesen Text zu verfassen, bediente G. sich ausgiebig der publ. Forschungsberichte des belg. Ethnographen Moerenhout. Als das Geld für Leinwände immer knapper wurde, widmete G. sich zunehmend der Skulptur, auch aus dem Grund, so leichter die Anregungen durch ozeanische Skulpturen und dekorative Tätowierungen umsetzen zu können. Bereits A. 1892 träumte G. davon, auf die Marquesas-Inseln umzusiedeln, die ihm noch abgelegener und in seiner Vorstellung somit noch primitiver erschienen. So war sein Aufenthalt auf Tahiti fast ständig von einer latenten Unzufriedenheit überschattet, von der er sich auf der sehnsüchtigen Suche nach einem mythischen Paradies nicht frei machen konnte. Zur gleichen Zeit begann er, Werke wieder nach Paris an Galerien (Goupil, Boussod & Valadon) zu schicken, in der Hoffnung, dass seine unverwechselbaren Motive in ihrer Fremdheit Interesse wecken würden. Im Frühjahr 1892 völlig mittellos, bemühte er sich um eine Repatriierung nach Frankreich auf Staatskosten, was allerdings ein Jahr dauerte. Mit 66 Gem. und mehreren Skulpturen kehrte er über Nouméa und Marseille im Sept. 1893 nach Paris zurück. G. richtete sich ein Atelier in Montparnasse ein, zuerst in der Rue de la Grande Chaumière und 1894 in der Rue Vercingetorix. Wahrsch. begann er auf dem Rückweg an Bord des Schiffes den fiktiven Bericht über seinen Aufenthalt auf Tahiti zu verfassen, dem er den Titel Noa Noa gab. In Paris half ihm der symbolistische Dichter Morice, den Text in eine mehr poetisch-dramatische Fassung zu bringen. Sein Versuch, in der offiziellen frz. Kunstwelt Fuß zu fassen, indem er Ia orana Maria (New York, Metrop. Mus.) dem Mus. de Luxembourg anbot, scheiterte. Im Nov. 1893 übernahm er die Kosten, um eine Ausst. seiner tahitischen Werke in der Gal. Durand-Ruel zu organisieren. Die Kritiker äußerten sich skeptisch über die exotischen Bildthemen und die unverständlichen tahitischen Bildtitel. Es wurden nur elf Gem. verkauft (Degas, einer der wenigen Impressionisten, die G. weiterhin unterstützten, erwarb zwei Werke.). Außerdem sandte er Exponate nach Brüssel (Teiln. am Salon der Libre Esthétique). G. fertigte eine Serie von zehn Holzschnitten, die eine Folio-Ausgabe von Noa Noa illustrieren sollte (Chicago, Art Inst.). Die Blätter wurden in Zusammenarbeit von G. und Louis Roy gedruckt. Sie zeigen rauhe, dramatische Szenen, die demselben Themenkreis entnommen sind wie zahlr. Gem. der ersten Tahitireise. Diese sind inspiriert von tahitischem Leben und tahitischer Religion, vermischt mit einer Vorliebe für symbolistische Phantasien und Traumwelten. G. lernte den Kunsthändler Ambroise Vollard kennen, der E. 1893 eine neue Gal. in der Rue Lafitte eröffnete und der später eine wichtige Rolle für G. und seinen Erfolg spielen sollte. Nach einer Schlägerei in der Bretagne für zwei Monate verletzt ans Bett gefesselt, nutzte er die Gelegenheit, sich mit Hschn. und Abklatschdrucken von Aqu. zu beschäftigen. Die Ergebnisse präsentierte er in einer Atelierausstellung. Außerdem fertigte er weiterhin Keramiken. Er nutzte Chaplets Atelier, um Oviri (Paris, Orsay) zu formen, die Skulptur einer "wilden" Frau, die sein eig. Verständnis des tahitischen Konzepts von Fremdheit und Verschiedenheit widerspiegelt (Millaud, Ia Orana Gauguin, 2003). Ermutigt von Freunden und seinen Galeristen, seinen primitivistischen Stil weiterzuentwickeln, entschied er sich, für immer nach Polynesien zurückzukehren. Auf seiner zweiten Reise nach Tahiti legte er einen dreiwöchigen Zwischenstopp in Auckland/ Neuseeland ein. Im Ethnologischen Mus. fertigte er Skizzen von der Slg der Maori-Kunst an und erweiterte somit seine Kenntnisse und seine Wertschätzung der Trad. ursprünglicher ozeanischer Kunst. Als er im Sept. 1895 auf Tahiti eintraf, war er erneut enttäuscht über die fortgeschrittene Europäisierung Papeetes und wollte sofort auf die Marquesas-Inseln weiterreisen. Die Reisekosten und sein schlechter Gesundheitszustand hinderten ihn jedoch daran. Statt dessen siedelte er sich in Punaauia, einem Vorort von Papeete, an und baute eine trad. tahitische Hütte, die zugleich als Unterkunft und Atelier diente. Hier schuf er sich ein dekoratives Umfeld, indem er seine eig. Skulpturen im Garten aufstellte und die Fenster seiner Hütte bemalte. Eine junge Tahitianerin, Pahura, wurde seine neue Lebensgefährtin. Nach dem Tod seiner Tochter Aline in Kopenhagen brach er 1897 jeden Kontakt mit seiner distanzierten Ehefrau Mette ab. G. verschiffte seine Werke nach Hause, damit sie in Paris von seinem Freund Georges Daniel de Monfreid vermarktet und auch in der Gal. Vollard ausgestellt werden konnten. Im Sommer 1897 begann er, eine lange Abhandlung über die Fehler der Kath. Kirche zu verfassen, und den theosophischen Schriften Gerald Masseys folgend ergründete er die Möglichkeiten religionsvergleichenden Denkens (Ms. Diverses Choses am Ende von Noa Noa, Paris, Louvre). Er litt an diversen Herzproblemen sowie unter Depressionen. Sein großes Gem. D’oú venons-nous? Que sommes-nous? Où allons-nous? (Boston, MFA) zeigt ein Abfolge von tahitischen Figuren in einem grünen tropischen Wald. Es evoziert den Zusammenhang von christlicher und asiatischer Spiritualität, von Vergangenheit und Gegenwart sowie von Mensch und Tier. Dieses Werk, das er als sein wichtigstes erachtete, wurde im Nov. 1898 bei Vollard in Paris ausgestellt, umgeben von neun weiteren, inhaltlich verwandten Bildern. Bemüht, eine neue Klientel in Paris anzusprechen, entwarf er außerdem eine Serie von Holzschnitten, die er in dreißig Abzügen an Vollard schickte. Um den Lebensunterhalt zu sichern, nahm G. erst eine Stelle im Bauamt an und arbeitete später als Journalist für die pro-kath. Ztg Les Guêpes in Papeete. Außerdem veröffentlichte er monatlich sein eig. Satireblatt Le Sourire. In dieser Zeit hatte er einen engeren Kontakt als je zuvor während seiner Aufenthalte auf Tahiti zu der kolonialen Gesellschaft. 1899 gebar Pahura einen Sohn, Emile G. 1900 schloss G. einen Vertrag mit Vollard ab, als Äquivalent für die Versorgung mit Malmaterialien und der Zahlung eines fixen monatlichen Betrages regelmäßig Bilder nach Paris zu schicken. So ökonomisch gesichert, beschloss G., Tahiti zugunsten der Marquesas zu verlassen. Im Sept. 1901 traf er in Atuona auf der Marquesas-Insel Hiva Oa ein. In der Mitte des Dorfes baute er sein Atelierhaus, das er "Maison du Jouir" nannte, um zu arbeiten, aber auch um mit seinem freizügig-ungebundenen Lebensstil die örtlichen kath. Autoritäten zu irritieren. Er verzierte das Gebäude mit dekorativen Holzreliefs (Paris, Orsay; in dem 2003 eröffneten Gauguin Kulturzentrum auf Atuona ist das Haus naturgetreu nachgebaut worden). Seine neue Lebensgefährtin Vaeoho Marie Rose brachte die Tochter Tahiatikaomata zur Welt. G. fertigte mehrere Skulpturen und Bilder der umliegenden Landschaft sowie einige Figurenstudien, allerdings unregelmäßiger als zuvor auf Tahiti. Er experimentierte weiterhin mit versch. Drucktechniken und produzierte zahlr. Monotypien in der Form von durchgedrückten Zchngn (G. Shackelford, 2003). G. litt an versch. Krankheiten (wahrsch. auch an Syphilis), wodurch seine Mobilität stark eingeschränkt war. Einen Großteil seiner Zeit verbrachte er in seinem Atelier und schrieb (L’esprit mod. et le catholicisme, Avant et après). Aber er träumte immer noch davon, nach Europa zurückzukehren, speziell nach Spanien, wo er arbeiten wollte. Lautstark kritisierte er die frz. lokalen Kolonialbehörden. Kurz vor s Tode wurde er zu einer kurzen Gefängnisstrafe wegen übler Nachrede verurteilt. Er wurde zunehmend kränker. In den letzten Monaten seines Lebens nahm er zur Schmerzlinderung Morphium, bis er am 8. Mai 1903 an Herzschlag starb. Seine Habseligkeiten wurden in Papeete versteigert. Der zu Zeiten eingetroffene Schriftsteller Victor Segalen erwarb zahlr. Dokumente und Kunstwerke aus dem Nachlass G.s. Andere Künstler kamen später auf der Suche nach G.s Spuren nach Tahiti, so der Schriftsteller Somerset Maugham und der Maler Henri Matisse, der auf seiner Reise nach Tahiti im Jahre 1930 die Orte aufsuchte, an denen G. gemalt hatte. Aber G.s wahrhaftiges Vermächtnis kam erst in Paris mit einer Reihe sehr einflussreicher Ausst. (siehe Ausst.-Liste) und der postumen Veröffentlichung seiner Schriften zum Tragen. Pablo Picasso z.B. hegte seine Ausgabe von Noa Noa und war stark von G.s Auseinandersetzung mit außereuropäischer Kunst beeinflusst. G.s Einfluss auf die mod. Kunst wurde zuerst in Europa und Amerika erkannt. Erst 2003 brachte eine große Ausst. in Papeete auf Tahiti (bestückt mit internat. Leihgaben) eine Auswahl seiner besten Werke zurück auf die Insel, die ihn so tief inspiriert hatte. – G. ist als Künstler ebenso für sein dramatisches Leben und den von ihm inspirierten Mythologien des Primitivismus der Moderne berühmt wie für sein vielfältiges, in versch. Kunstgattungen ausgeführtes Werk. Als Maler teilte er die Kritik des ausgehenden Jh. an der Trad. der akad. Staffeleimalerei. Als Druckgrafiker erkundete er neue Möglichkeiten des Mediums und trug zur Wiederbelebung des Holzschnitts bei. Als Bildhauer versuchte er, sich die Ausdrucksformen der ozeanischen Volkskunst anzueignen und auf seine Kunst zu übertragen. Als Schriftsteller trug er zur Kunstkritik bei und verfasste hybride Berichte seiner Erfahrungen mit der polynesischen Kultur. Dabei stützte er sich auf ethnografische Studien, romantische Reiseliteratur (repräsentiert von Pierre Loti) und auf gängige Theorien von Religionsvergleichen. Gezielt kultivierte er seine Person in der Rolle des "Primitiven", der angesichts des Scheiterns der mod. westlichen Kunst und Zivilisation nach neuen künstlerischen Wahrheiten suchte. Sowohl in Paris wie auch während des Überseeaufenthaltes in Polynesien gestaltete er bewusst sein kunsthistorisches Vermächtnis an die Nachwelt. Mit seinem Hang zum Exotischen gilt er als Protagonist eines Künstlerdaseins, das ein von bürgerlichen Konventionen eingeengtes Leben gegen ein Leben von sagenhafter Einfachheit und sexueller Freiheit auf Tahiti und der Marquesas-Insel Hiva Oa tauschte. Seine tatsächlichen Lebensumstände in der Südsee wurden jedoch viel stärker von seiner relativen Armut, einem sich verschlechternden Gesundheitszustand sowie vom Kontext der frz. Kolonialkultur geprägt, als man es seinem idyllischen Werk ansieht, das das Bild eines zeitlosen tropischen Paradieses zeichnet.
Gem. (Öl/Lw.): WV (unvollständig) in: D.Wildenstein, G. A savage in the making, Cat. raisonné of the paint. (1873-1888), I/II, P. 2002; R.Cogniat/D.Wildenstein (Ed.), G., I: Kat., P. 1964; G.M. Sugana, Tout l'œuvre peint de G., P. 1981.
Original-Mss. und Faks.-Ausg.: Ancien culte mahorie, 1892/93 (Paris, Louvre, Dép. des Arts graph.); Cahier pour Aline, 1892/93 (Paris, Bibl. d'Art et d'Archéol., Fond. Jacques Doucet [Faks.-Ausg.: ed. S.Damiron, P. 1963]); Diverses choses, 1896-97 (auf der Rückseite von Noa Noa; Paris, Louvre, Dép. des Arts Graph. [Auszüge in: Oviri. Ecrits d'un sauvage, ed. D.Guérin, P. 1974]); Noa Noa (Getty ms., Okt. 1893, J.Paul Getty Mus., Malibu; Louvre ms., in Zusammenarbeit mit C.Morice, 1893-97, Paris, Louvre, Dép. des Arts graph.); Racontars de rapin, 1898-1902 (Josefowitz Coll.; Faks.-Ausg.: P. 1951); Le Sourire, 1899 (Cambridge, Mass., Houghton Libr., Harvard College Libr.); G./C.Maurice, Noa Noa, P. 1901; L'Esprit mod. et le catholicisme, 1902 (St. Louis, AM); Avant et après, 1903 (Priv.-Slg; Faks.-Ausg.: L. 1918; Repr.: Kph. 1951; Transkription: P. 1923). - Briefe: A.Joly-Segalen (Ed.), Lettres de P.G. à Georges-Daniel de Monfreid, P. 1918 (revidierte Ausg.: P. 1950); A.Fontainas (Einf.), Lettres de G. à André Fontainas, P. 1921; 1994; Lettres de Vincent van Gogh, P.G., Odilon Redon, Paul Cézanne, Elémir Bourges, ... à Emile Bernard, Br. 1942; R.Bacou/A.Redon (Ed.), Lettres de G., Gide, Huysmans, Jammes, Mallarmé, Verhaeren ... à Odilon Redon, P. 1960; D.Cooper (Ed.), P.G., 45 lettres à Vincent, Théo, et Jo van Gogh, D.H./Lausanne 1983; V.Merlhès (Ed.), Correspondance de P.G. Doc., témoignages, I:1873-1888, P. 1984; id., P.G. et Vincent van Gogh, 1887-1888. Lettres retrouvées, sources ignorées, Taravao 1989; M.Malingue (Ed.), P.G. Lettres de G. à sa femme et à ses amis, P. 1992; V.Merlhès, De Bretagne en Polynesie. P.G. Pages inédits, Papeete 1995.
Einzelausstellungen:
Paris: 1893 Gal. Durand-Ruel: Expos. d'œuvres récentes de P.G.; Drouot: Vente de tableaux et dessins par P.G.; 1896, '98, 1903, '10 Gal. Ambroise Vollard; 1906 Grand Pal.: Salon d'Automne, 4me expos.: œuvres de G. / 1907 Budapest, Nemzeti Szalon: G., Cézanne u.a. / 1910 Paris, Gal. E.Blot; London, Stafford Gall.: Exhib. of pictures by Paul Cézanne and P.G. / 1923 Paris, Gal. L.Dur: Expos. rétr. de P.G. / 1926 Moskau: G.; Oslo, NG: Foreningen Fransk Kunst: P.G. / 1927 Paris, Mus. du Luxembourg: Sculpt. de G. / 1928 Paris, Mus. du Luxembourg: P.G. sculpt. et gravure; Basel, Kunsthalle: P.G.; Berlin, Gal. Thannhauser: P.G. / 1931 London, Leicester Gall.: Exhib. of the Durrio Coll. of works by P.G. / 1936 New York, Wildenstein: P.G. 1848-1903; Cambridge, Fogg AM: P.G.; Baltimore Mus. of Art: P.G. A retrospective exhib. of his paint.; San Francisco, Mus. of Art: P.G. Exhib. of paint. and prints; Paris, GBA: La Vie ardente de P.G. / 1938 Paris, Gal. Charpentier: Georges-Daniel de Monfreid et son ami P.G. / 1946 New York, Wildenstein: A loan Exhib. of P.G. for the Benefit of the New York Infirmary / 1948 Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek: P.G. 1848-1903 Retr. / 1949 Paris, Gal. Kléber: G. et ses amis; Orangerie: G. Expos. du centenaire / 1949 Basel, KM: Ausst. G. zum 100. Geburtsjahr / 1950 Lausanne, Mus. Cantonal des BA: G. Expos. du centenaire; Quimper, MBA: G. et le groupe de Pont-Aven / 1953 Pont-Aven, Hôtel de Ville: Commemoration du cinquantenaire de la mort de P.G. / 1954 Houston, Mus. of FA: P.G. His place in the meeting of East and West / 1955 Edinburgh, RSA u.a.: P.G. Paint., sculpt. and engravings; Oslo: P.G. Kunstnerforbundet / 1956 New York, Wildenstein: G.; Kopenhagen, Winkel and Magnussen: G. og hans Venner / 1959 Chicago, Art Inst. u.a.: G. (K: T.Rousseau) / 1960 München, Haus der Kunst: P.G.; Wien, Belvedere: P.G. / 1966 London, Tate Gall.: G. and the Pont-Aven Group; New York, Guggenheim: G. and the Decorative Style / 1969 Philadelphia, Univ. Mus., Univ. of Pennsylvania: G. and Exotic Art (K: W.Davenport u.a.) / 1973 Philadelphia, Mus. of Art: P.G. Monotypes (K: R.Field) / 1981 Paris, Mus. Marmottan: G. et les chefs-d'œuvre de l'Ordrupgaard de Copenhagen / 1982 Humlebaek, Louisiana Mus.: G. pa Tahiti / 1984 Kopenhagen, Ordrupgaard: G. and Van Gogh in Copenhagen in 1893 / 1985 Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek: G. og Denmark; Saint-Germain-en-Laye, Mus. dép. du Prieuré: Le chemin de G. / 1986 Amsterdam, RM: Vincent van Gogh u.a. The Prints of the Pont-Aven School: G. and his circle in Brittany (K: C. Boyle-Turner) / 1987 Tokio, NMMA: P.G. / 1988 New Brunswick, Jan Voorhees Zimmerli AM, Rutgers Univ.: The Lure of Tahiti: G., his predecessors and followers (K: M.Kushner); Washington, D.C., NG of Art: The Art of P.G. (K: R.Bretell u.a.) / 1993 Martigny/Schweiz, Fond. Pierre Gianadda: G. (K: R.Pickvance) / 1995 Auckland, Auckland City AG: G. and Maori Art (K: B.Nicholson); ebd.: P.G. Pages from the Pacific (K: D.Druick/P.Zegers); Lüttich, Salle St.Georges: G. Les XX et la Libre Esthétique (K: F.Dumont [Ed.]) / 1996 Vulaines-sur-Seine, Mus. dép. Stéphane Mallarmé: Un apres midi avec Mallarmé et G. / 1998 Essen, Mus. Folkwang u.a.: P.G. Das verlorene Paradies (K: K.Börner u.a.); Stuttgart, SG: Paul G.-Tahiti (K: C.Becker u.a.) / 2000 Pont-Aven, Mus. de Pont-Aven: G. et le Christ jaune / 2001 Chicago, Art Inst. u.a.: Van Gogh and G. The Studio of the South (K: D.Druick/P.Zegers); 2001 Hartford, Wadsworth Atheneum: G.s Nirvana. Painters at Le Pouldu 1889-90 (K: E.Zafran [Ed.]) / 2002 New York, Metrop. Mus.: The Lure of the Exotic: G. in New York Coll. (K: C.Ives u.a.) / 2003 Papeete, Mus. Tahiti et ses îles: Ia Orana G. (K: J.-F. Rebeyrotte [Ed.]); Paris, Grand Pal. u.a.: G. Tahiti: l'atelier des tropiques (K: G.Shackelford u.a.); Pont Aven, Mus. de Pont-Aven: Kenavo Monsieur G. (K: C.Puget) / 2004 Madrid, Mus. Thyssen-Bornemisza: G. and the Origins of Symbolism (K: G.Solana [Ed.]) / 2005 Edinburgh, NG of Scotland: G.s Vision (K: B.Thomson); Fort Worth, Kimbell: G. and Impressionism (K: R.Brettel/A.B. Fonsmark) / 2006 Brescia, Mus. della Città: G.-Van Gogh. L'avventura del colore nuovo / 2015 Riehen, Fond. Beyeler (K) / 2018-19 Amsterdam, Van Gogh Mus. (mit Laval) / 2022 Berlin, Alte NG (K). -
Gruppenausstellungen:
Paris: 1876, '95 Salon; 1879-82, '86 Expos. de peint. / 1885 Kopenhagen: Exhib. of the Soc. of the Friends of Art / 1887, '92 Paris, Boussod et Valadon / 1889 Brüssel: Lex XX; Paris, Café Volpini: L'expos. de peint. du groupe impressionniste et synthétiste; Kopenhagen, Soc. of the Friends of Art: Nordiske og Franske Impressionister / 1891 Brüssel: Les XX; Paris: Peintres impressionnistes et symbolistes / 1893 Kopenhagen, Kleis Gall.: Martsudstillingen; Paris, Le Barc de Boutteville: 5e expos. des peintres impressionnistes et synthétiste / 1894 Brüssel: Première expos. de la Libre Esthétique / 1898 Stockholm, Swedish Acad. of Arts: Exhib. of Modern French Art / 1900 Paris, Expos. universelle: L'exposition centennale de l'art franç de l800 à 1889 / 1901 Béziers, Salle Berlioz: Soc. des BA / 1903 Paris, Petit Pal.: Salon d'Automne / 1904 Brüssel, La Libre esthétique: Expos. des peintres impressionnistes / 1906 Berlin: Berliner Sezession / 1910 München, Mod. Gal. Thannhauser u.a.: Die Slg Vollard; London, Grafton Gall.: Manet and the Post-Impressionists / 1912 Köln, Städt. Ausst.-Halle: Internat. Kunst-Ausst. des Sonderbundes / 1913 New York, 29th Infantry Armory u.a.: The Armory Show: Internat. Exhib. of Modern Art; Frankfurt am Main: KV; Stuttgart, Kgl. Kunstgebäude: Große Kunst-Ausst. / 1914 Dresden, Ernst Arnold Kunstsalon: Frz. Malerei des 19. Jh. / 1917 Zürich, Kunsthaus: Frz. Kunst des 19. und 20.Jh. / 1921 New York, Metrop. Mus.: Loan Exhib. of Impressionist and Post-Impressionist Paint. / 1926 Paris, Assoc. Paris-Amérique Latine: Expos. rétrospective: Hommage au génial artiste Franco-Péruvian. / 1960 Paris, MNAM: Les sources du XXe s.: les arts en Europe de 1884 à 1914 / 1972 London, Hayward Gall. u.a.: French symbolist painters: Moreau, Puvis de Chavannes, Redon and their followers / 1973 San Diego, FA Gall.: Dimensions of Polynesia / 1976 Paris, MAD: Ernest Chaplet / 1979 London, RA: Post-Impressionism: Cross-Currents in European paint. / 1980 Washington, D.C., NG: Post-Impressionism: Cross-Currents in European and American paint. 1880-1906 / 1981 Toronto, AG of Ontario u.a.: Vincent van Gogh and the birth of Cloisonism; G. to Moore: Primitivism in Modern Sculpt. / 1983 Lugano, Coll. Thyssen-Bornemisza: Capolavori impressionisti e postimpressionisti dai musei sovietici (K: A.Barskaja) / 1984 Los Angeles, County Mus. of Art u.a.: A day in the country: Impressionism and the French landscape; New York, MMA: "Primitivism" in 20th c. art (K: W.Rubin/K.Varnedoe u.a.) / 1987 Charleroi: Pal. des BA: Exotisme au quotidien (K: D.Soutif u.a.) / 2001 St. Louis, St. Louis Art Mus. u.a.: Vincent van Gogh and the painters of the Petit Boulevard (K: C.Homburg [Ed.]) / 2002 Toronto, AG of Ontario u.a.: Voyage into Myth: French painting from G. to Matisse from the Hermitage Mus. (K: K.Silver u.a.).
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB13, 1920
Weitere Lexika:
DBF XV, 1982; Bénézit V, 1999
Gedruckte Nachweise:
Allg. Lit.: G.-A. Aurier, Mercure de France 1891(März)155; C.Morice, P.G., P. 1920; J. de Rotonchamp, P.G., P. 1925; H.Perruchot, G., sa vie ardente et misérable, P. 1948; C.Chassé, G. et son temps, P. 1955; B.Danielsson, G. in the South Seas, Lo. 1965; M.Bodelsen, BurlMag 112:1970, 590-615; M.Roskill, Van Gogh, G. and the Impressionist Circle, Greenwich, Conn. 1970; W.Jaworska, G. and the Pont-Aven School, Lo. 1972; H.R. Rookmaaker, G. and 19th c. art theory, Am. 1972; V.Jirat-Wasiutyński, G. in the context of symbolism, Diss. Princeton Univ., 1975; H.Dorra, GBA, 6.Per., 87:1976, 175-180; R.S. Field, P.G. The paint. of the first voyage to Tahiti, N.Y. 1977; F.Orton/G.Pollock, Art hist. 3:1980, 314-344; J. Teilhet-Fisk, Paradise reviewed. An interpretation of G.'s Polynesian symbolism, Ann Arbor 1983; Z. Amishai-Maisels, G.'s relig. themes, N.Y. 1985; B.Braun, Art hist. 9:1986(1)36-54; M.Hoog, P.G. Life and work, N.Y. 1987; V. Jirat-Wasiutyński, ArtJ 46:1987(1)22-28; M.Prather/C.F. Stuckey (Ed.), G. A retr., N.Y. 1987; B.Thomson, G., Lo. 1987; G.Beauté, P.G. vu par les photographes, Lausanne 1988; F.Cachin, G., P. 1988; R.P. Clement, P.G. A bio-bibliogr., N.Y. 1991; G. Actes du colloque G., Mus. d'Orsay (1989), P. 1991; P.Landon (Ed.), Recontres G. à Tahiti (Kolloquium 1989), Papeete 1992; K.Esielonis, G.'s Tahiti. The politics of exoticism, Diss. Cambridge, Mass. 1993; C.Harrison u.a., Primitivism, cubism, abstraction. The early twentieth c., New Haven/Lo. 1993, 3-34; F.S. Connelly, The sleep of reason. Primitivism in mod. Europ. art and aesthetics 1725-1907, University Park, Penn. 1995; D.Sweetman, P.G. A complete life, Lo. 1995; N.M. Maurer, The pursuit of spiritual wisdom. The thought and art of Vincent van Gogh and P.G., Madison, N.J. u.a. 1999; V. Jirat-Wasiutyński/H.T. Newton, Technique and meaning in the paint. of P.G., C. u.a. 2000; E.Childs, in: L.Jessup (Ed.), Antimodernism and artistic experience. Policing the boundaries of modernity, To. 2001, 50-70; T.Dussard/E.Eckermann, Dans le sillage de G., Brest/Papeete 2003; V.Segalen, Hommage à G., l'insurgé des Marquises, Vorw. v. J.-L.Coatalem, P. 2003 (Traces et fragments); D.Silverman, Van Gogh and G.: the search for sacred art, N.Y. 2000; S.Guégan, G. Le sauvage imaginaire, P. 2003; J.-F. Staszak, Géographies de G., Rosny-sous-Bois 2003; J.-Y. Tréhin, G., Tahiti et la photogr., Punaauia/P. 2003; P.G. Héritage et confrontations (Kolloquium Faa'a, Tahiti, 2003), Papeete 2003; F.Heilbrun/J.Faure-Conorton, BSHAF 2003 (2004). - G. und Gender: A. Solomon-Godeau, AiA 77:1989, 118-129; P.Brooks, Yale J. of criticism 3:1990, 51-90; G.Pollock, Avant-garde gambits 1888-1893. Gender and the color of art hist., N.Y. 1992, 7-72; S.F. Eisenman, G.s skirt, N.Y. 1997; E.Childs, in: F.S. Connelly (Ed.), Modern art and the grotesque, C. u.a. 2003, 175-192. - G. und die Kritik: E.Eckermann, "En lutte contre une puissance formidable". P.G. im Spannungsfeld von Kunstkritik und Kunstmarkt, Weimar 2003. - G. als Schreibender: B.Danielsson/P.O'Reilly, G. journaliste à Tahiti et ses articles des "Guêpes," P. 1966; M.Tavernier/P.O'Reilly, L'écriture de G. Et. graphologique, P. 1968; M.L.Z. Vance, G.s Polynesian Pantheon as a visual language, Diss. Santa Barbara 1983; N.Wadley, Noa Noa. G.'s Tahiti, Ox. 1985; B.S. Winslow, The French myth of Tahiti. Bougainville to Segalen, Diss. Stanford, Calif. 1989; E.Childs, Van Gogh Mus. J. 2003, 70-87; I.Cahn u.a., G. ecrivain. Noa Noa, Diverses choses, Ancien culte mahorie, P. 2003 (CD-ROM). - Los Angeles, The Getty Center for the Hist. of Art and the Humanities: unveröff. Briefe G.s und Briefe von De Monfreid an Vollard über G.; Peintres de la Bretagne et quête spirituelle (K), Pont-Aven 2006
Onlinequellen:
Grove dict. of art, 2006
Gauguin, Paul, Maler, Bildhauer in Holz u. Ton, Keramiker u. Graphiker, geb. S. 6. 1848 in Paris, †9. 5. 1903 auf Dominika (Marquesas-Inseln), Vater von Jean u. Pola G. War 1852/55 bei einem Großonkel span. Abkunft in Lima (Peru), bis 1865 in Orléans, danach bei der Marine. 1871 trat er in das Bankhaus Bertin in Paris ein, 1873 heiratete er eine Dänin und soll durch Spekulationen zeitweilig viel verdient haben. Seine erste Arbeit als Maler war ein Kinderkopf von 1875 (diese u. andere frühe Arbeiten im Besitz der Witwe). 1876 stellte er im Salon eine Landschaft aus, schloß sich an Pissarro an, malte in dessen Sinn Landschaften u. sammelte Gemälde der "Impressionisten" Renoir, Cézanne, Monet, Guillaumin u. a. 1880 stellte er zus. mit den Impressionisten Landschaften aus, 1881 einen Frauenakt, eine bemalte Holzskulptur, ein Medaillon u. Landschaften aus Vaugirard (cf. die gleichzeitigen Kritiken v. Huysmans). Jan. 1881 gab er seine Bankstellung auf und versuchte, sich durch den Verkauf v. Gemälden zu erhalten, lebte in Rouen, in der Normandie u. in Kopenhagen, wo er sich Juni 1885 von seiner Frau u. 4 Kindern trennte. Er lebte wieder in Paris, fast ohne Geldmittel, schickte 1886 neunzehn Bilder zur Ausstellung u. ging nach Pont-Aven (Bretagne), wo der junge Em. Bernard bereits gemalt hatte, ehe G. ihn dort kennen lernte. Im Winter 1886 wurde er in Paris mit van Gogh bekannt. 1887 reiste G. nach Martinique (Antillen), wo er bis Anfang 1888 blieb. In Paris wohnte G. bei Schuffenecker, war vorübergehend Lehrer an der Académie Vitti, machte Versuche in Keramik u. ging zum zweitenmal nach Pont-Aven, wo damals unter den jungen Malern als Gegensatz zum Impressionismus die "Synthese" angestrebt wurde. G. hatte bereits 1887 u. a. eine Landschaft mit Frauen v. Martinique im Sinne der neuen Richtung gemalt. 1888 veranstaltete er seine 1. Sonderausst. in Paris bei Boussod et Valadon (Firma v. van Gogh's Bruder Theo). Im Herbst nahm G. die Einladung Vincents van Gogh an, zu ihm nach Arles zu gemeinsamer Arbeit zu kommen. In einem Anfall von Wahnsinn machte van Gogh einen Angriff auf den Freund, worauf G. ihn verließ, statt sich des Kranken anzunehmen, der sich, noch während G. in Arles war, das Ohr abschnitt, woraufhin G. aus Arles abreiste (siehe van Gogh's gleichzeitige Briefe u. die Verteidigung, die G. in dem Ms. "Avant et après" später schrieb). 1889 stellten die Synthetiker von Pont-Aven während der Weltausstellung aus; darunter G. 17 Landschaften (aus Martinique, Bretagne, Arles), Em. Bernard 23 Landschaften (aus Bretagne, Paris) u. beide zus. ein Album mit Lithographien. Die "Schule v. Pont-Aven" war inzwischen mit G. in das benachbarte Le Pouldu übergesiedelt (über ein dort entstandenes Deckengemälde cf. Kstchron. N. F. XXIV Sp. 604). Damals malte G. die Hauptwerke des neuen Stiles, den "Christ jaune" u. den Kampf Jacobs mit dem Engel, (außerdem: Kalvarienberg, Gethsemane) u. fertigte auch mehrere Holzreliefs. Ende 1889 zog G. wieder nach Paris zu Schuffenecker; seit 1890 arbeitete er im Atelier des Malers Daniel de Montfreid, der G. bis über den Tod hinaus ein ergebener Freund blieb. Damals schloß G. auch mit den Schriftstellern Charles Morice u. Albert Aurier Freundschaft. Es entstand die Kopie nach Manet's Olympia u. 1891 das radierte Bildnis Mallarme's. Um wieder in die Tropen reisen zu können, ließ G. im Febr. 1891 30 seiner Bilder versteigern, die 9860 Franken brachten. Das Ministerium bewilligte freie Fahrt. Beim Abschiedsfest waren außer den nächsten Freunden auch Odilon Redon u. Eug. Carrière anwesend u. der Dichter Jean Moréas (Mallarmé war krank u. schrieb einen Brief). Eine Benefizvorstellung für G. u. Verlaine zeigte im Foyer Gemälde von G. Am 4. 4. 1891 verließ er Faris. liber den zweijähr. Aufenthalt in Tahiti (bis 1893) hat G. den autobiogr. Roman Noa Noa geschrieben (die Kapitel 3, 5, 7 u. 9 der Buchausgabe stammen v. Morice, der auch das übrige überarbeitet hat; s. Lit.). Außerdem sandte G. regelmäßig Briefe an Daniel de Montfreid. Im Dez. 1892 schickte er 8 Bilder nach Kopenhagen zur Ausstellung, in der Hoffnung auf Verkauf. Am 30. 8. 1893 traf er wieder in Marseille ein, mietete im Sept. ein Atelier in Paris u. stellte im November die Bilder aus Tahiti bei Durand-Ruel aus (46 Nrs; Katal. v. Ch. Monte); 11 der Bilder wurden verkauft. Um diese Zeit erbte er 13 000 Franken u. richtete sich in Paris ein. Jan. 1894 war er in Belgien, dann, zum letzten Male, in Pont-Aven. Um wieder nach Tahiti gelangen zu können, ließ er am 18. 2. 1895 49 Gemälde nebst Zeichnungen u. Graphik versteigern (2 Bilder erwarb Degas). Diesmal kehrte G. nicht wieder nach Europa zurück. Briefe an D. de Montfreid unterrichten über sein Leben in diesen Jahren, über seine Entbehrungen u. seine schwankende Gesundheit; erbittert war er vor allem darüber, daß man ihm nicht die unbedingte Priorität gegenüber Em. Bernard zuerkannte u. daß Bernard seinen u. den vorübergehenden Einfluß van Gogh's als einen tiefgehenden hinstellte. Zeitweilig mußte G. im Katasterbureau sich durch Schreibarbeit Geld verdienen. Dez. 1398 schickte er 9 Bilder an Vollard u. erhielt für sie u. den Verkauf früherer Bilder so viel, daß er wieder in sein Haus ziehen konnte, das er mit Holzschnitzereien geschmückt hatte. Seit August 1889 verfaßte er die satirische Zeitschrift "Sourire" (bis 1901; Auszüge bei Rotonchamp). Im Herbst 1901 siedelte G. nach Dominika über; auch hier baute er sich seine Behausung nach eigenem Entwurf und schmückte sie mit Holzschnitzerei (Beschreibung im Mercure de France, Juni 1904). Den Behörden gegenüber vertrat G. stets die Sache der Eingeborenen; noch kurz vor seinem Tode wurde er wegen Ungebühr zu 3 Monaten Gefängnis u. 1000 Franken Geldstrafe verurteilt. - Im Gegensatz zu den Impressionisten legten G. u. sein Kreis um 1890 den höchsten Wert auf ausdrucksvolle Flächen u. Umrisse. "Primitive Götzenbilder oder solche aus dein äußersten Osten, bretonische Kreuzigungsbilder, Bilderbogen aus Epinal" erschlossen sich ihren Augen als Ausdruck einer bis jetzt verkannten Kunst. Der "gelbe Christus" (v. 1889) u. die ihm verwandten Gemälde nehmen als persönliche Leistung G.'s das vorweg, was zu Anfang des 20. Jahrhunderts die sog. Expressionisten schulmäßig herstellen. Wirklich fruchtbar, u. zwar in jenen Jahren noch, sind die Anregungen G.'s nur in Edward Munch geworden; auch die Anfänge v. Toulouse Lautrec liegen in dieser Richtung; u. selbst die "neue Linie" in der kunstgewerblichen Dekoration (van de Velde, Lemmen, Gallé-Nancy; in Deutschland Eckmann u. der Jugendstil) ist Ausfluß 'aus dem gleichen Quell. Gauguin selber hat (zum Unterschied v. Em. Bernard) dieses Stadium bald überwunden; möglich daß das Beispiel des ungleich kräftigeren van Gogh ihm den Mut zu sich selber für immer gab. Was Gauguin, seitdem er endgültig auf den Inseln der Südsee lebte, an Malerei, Graphik u. Holzschnitzerei geschaffen hat, ist ebenso persönlich u. unnachahmlich wie die Kunst v. Puvis de Chavannes oder Degas. Nur daß Puvis an Griechenland, Degas an Paris glaubte, während G.'s Ideal die Primitiven, die Unzivilisierten waren. Eines seiner Bekenntnisse lautet: "Das Barbarische ist für mich ein Verjüngungsmittel. Ich bin weit, weit zurückgegangen, weiter als bis zu den Pferden des Parthenon, zurück bis zum Holzpferdchen meiner Kindertage". - Die Holzschnitzereien G.s sind, seit der junge Picasso die Negerplastik in die Malerei eingeführt hat, das Vorbild für zahlreiche Plastiker geworden. G.'s Holzschnitte (und Lithographien) sind weniger verbreitet als die Graphik Munch's, sind mit ihr aber der Ausgangspunkt des linken Flügels der gegenwärtigen Graphik. Bilder in öffentlichen Samml.: Museen in Amsterdam, Bremen, Göteborg, Hagen i. W. (cf. Die Rheinlande u. Deutsche Monatshefte 1905, p. 88, 97 ff; 1913 p. 169; Die Kunst XXVII, 1913, p. 441 Abb.; Kai u. Kstler 1914, p. 256ff. m. Abb.), Helsingfors (Athenäum), Köln (cf. Kst u. Kstler 1915 p. 657 m. Abb.), Kopenhagen, München, Paris (Luxembourg). Werke in Privatsamml.: Gustave Fayet, Béziers, Hérault (größte G.-Samml.); Dan. de Montfreid, Schloß Clément, Süd-Pyrenäen (Ms. Noa Noa mit Nachtr., Briefe, Bilder etc.); Maurice Fabre, Schuffenecker, Ambr. Vollard, G. u. J. Bernheim in Paris; die Witwe des Künstlers in Dänemark; ebend. die Samml. TetzenLund (cf. Cicerone, X [1918] 164ff. m. Abb.); Curt Herrmann, Berlin (cf. Dtsche Kst u. Dek., XXXI [1912) 134, Abb.); Leop. Biermann, Bremen (cf. Kst u. Kstler, XVII [1919] 178, 189 Abb.); Aug. Kohner, Budapest (cf. Kstchron., XVIII [1907] 343ff.); Ose. Schmitz, Dresdenlilasewitz (cf. Kst u. Kstler VIII [1910] 25, Abb.); Hugo Nathan-Frankfurt (cf. Kst u. Kstler, XV [1917] 115 Abb.); Morosoff, Moskau (11 Nrs.; cf. Apollon [russ.], 1912 Heft Iff p. 20ff. Abb.); Stschukin, Moskau (16 Bilder; cf. Kat. der Samml.; cf. Apollon [russ.] 1910, Heft XI, p. 3ff. nt. Abb.; cf. Kstchron., N. F. XXVII [1915/16] 329 f.; cf. Kst u. Kstler, XVII [1919] 90ff. m. Abb.). Literar. Werke von G.: Ch. Morice et Paul Gauguin, Noa Noa. 1891-03 auf Tahiti [= Noa Noa] geschr., v. Morice überarbeitet u. ergänzt. Zuerst in der Revue Blanche; 1900 als Buch, Edit. de La Plume (2. Aufl. 1908). Der von G. herrührende Teil, deutsch, Berlin 1907 u. ö.; Auswahl: Kst u. Kstler, VI (1907] m. Abb.; desgl. Toisin d'or, (Petersburg) 1909 Heft 1 p. IV - VII, Heft 8 p. 68ff. Das Originalttts. (Bes. Daniel de Montfreid) enthält auf 204 Seiten Fol. 40 Guaschmalereien, Holzschnitte, farbigen Buchschmuck, Photographien (Auszüge aus der Orig.-Fassung bei Rotonchamp p. 79, 113/5). - Diverses Choses, 1896/7 (im Ms. bei de Montfreid als Anhang zu Noa Noa); enthält verstreute Notizen u. Artikel über Kunst u. über das Leben G.'s, über Moral, Religion usw. - Satirisch-polit. Aufsätze in den kl. französ. Blättern "Les Guespes" u. "Indépendant", die in der Hauptstadt Tahitis erschienen. - Le Sourire. Satir. Zeitschrift. Von G. verfaßt, geschrieben, autographiert u. mit Holzschnitten geschmückt. (Vollst. Exemplar, gebunden, bei de Montfreid). - Racontars d' un Rapin. Sept. 1902 in Atouana geschrieben. Aperçus über Kritik, Zeichnung, Farbe u. über die Malerei itn 19. Jahrh. (fast vollständig gedruckt bei Rotonchamp p. 202/09; Auszug bei Meier-Graefe). - Avantet Après, 1903; publ. v. Ch. Morice in "Vers et prose". Das Ms. (200 pp. mit 29 z. T. autographierten Zeichnungen; cf. Kunstmarkt, XV 11917/181 56) jetzt im Besitz v. Erik Ernst Schwabach; Faksimile-Reprod. Leipzig 1919. Daraus "Van Gogh's Wahnsinn u. Ende" bei Rotonchamp p. 49,57, deutsch: in Kst u. Kstler 1910 p. 579ff., u. in: Genius I 1919; dänisch in: Tilskueren, 1909, 26/2, p. 1/28 m. Abb.; "Notiz über Harmonie" in: Kst u. Kstler, XI [1913] 421ff. u. in: Das Kunstblatt, I [1917], 42ff.; Über "Degas" in: Kst u. Kstler, X [1912) 333ff. - Lettresde P. G. à G. D. de Montfreid, Paris, 1919 (cf. Kstchron. 1919 p. 8H'ff.; Auszüge bei Rotonchamp). Allgemeines: Vincent van Gogh, Biefe an Theo, an Emile Bernard u. a., Paris, Antbr. Vollard (s. Lit. unter Gogh). - Picose Louis [-Maur. Denis), Notes d'art in: Art et Critique, 1890. - Roger Mar x: Maitres d'hier et d'aujourd'hui, 1914 p. 325/37. - G. Albert Aurier, OEuvres posthumes, 1893 (Le Symbolisme en peinture; Les Peintres Symbolistes; vorher: Merc. de France 1891 p. 155/165 u. in: Revue Encycl., 1892 Sp. 474ff.). - Mercure de France Juni 1895 Nr 66 (Em. Bernard gegen G.). - Delphi Fabrice, Peintres de la Bretagne, 1898, p. 75ff. - Revue universelle, III (1903) p. 535 f. m. Abb. (H. Castets; ungenau). - In der Toulouscr Zeitung "La Dépêche" (Marius-Ary Leblond: la vie anarchiste d'un anarchiste; Auszug in: Rev. univers. 1903 p. 536 f.; cf. Daniel de Montfreid in: La Depeche. 10. 10. 1903). - Zeitschrift L'Ermitage, XIV, Dez. 1903 p. 265ff. (D. de Montfreid). - Merc. de France, 1903 p. 100ff. (Ch. Morice); Nr. 168 (Em. Bernard. Erwiderung v. Ch. Morice, ebend. Nr. 170, p. 413ff.). Ders. in: Hommes d'aujourd'hui. - L'Occident, März/Mai 1903 (A. Seguin; auch in: Voiné sméry, X [Prag 1906] 183, 207); Okt. 1903 (P. L. Maud=Maur. Denis) L'influence de P. G.; auch in Volné sméry, X (1906) 47. - Merc. de France, 1904 p. 679ff., (Vict. Sega] en: G. dans son dernier décor). - Meier - Graefe, Entwicklungsgesch. d. mod. Kst, 1904 I 371ff. - Klossowski in: Die Zeit, XXXV II I (Wien 1904) 127ff. - Jean de Rotonchamp: P. G. Weimar-Paris, 1906 (Hauptwerk über G.; cf. R[oer]. M[arx] in: Chron. d. Arts. 1906 p. 353). - Mu^B6vészet VI (1907) 82ff.; VII 34ff. - Arktos, I (Stockholm 1908/09) 22ff. - M. Denis: De G. et de van Gogh au classicisme, in L'Occident, Mai 1909 u. in: Toison d'or (Petersburg), Mai 1909 p. 63/68; deutsch in: Kst u. Kstler 1910 p. 86ff. mit Abb. - Ch. Morice in: Art Mod., 1909 Nr 80 p. 247/52. - L'Art décoratif XXV (1911) 173/88 (M. Puy. m. 14 Abb.). - J. Havelaarin: Elseviers geillustr. Maandschrift, 1912 II 411ff. - Jens Thijsin: Kunst og Kultur, III (Kopenhagen 1912/13) 27ff. - Warnodin: La Publicidad, Barcelona 23. 10. 1913 (G. y la Bretaña). - S. Makowsky, Kstkrit. Studien (russ.), Petersburg 1913, p. 25, 47, 27 f., 177ff. - Ch. Moricc, P. G., Paris 1919. Versteigerungen: P. G., Drouot Paris, 1891 (30 Bilder; Vorrede zum Katal. v. Oct. Mirbeau; vorher im Echo de Paris vom 16. Febr.; cf. Roger Marx im:. Voltaire, 20. Febr.). - P. G., Drouot Paris, 1895 (Als Vorwort des Kataloges ein Brief von Strindberg an G.; cf. Rotonchamp p. 128/136). - Henri Rotzart, Paris 1912 (cf. Les Arts, 1912 Nr 152 p. 23, m. Abb.: L'art décor., XXVIII [1912] 343 Abb.; Kstmarkt, X [1912/13] 117). - Nemes, Paris 1913 (Abb. Les Arts 1913, Nr 138, p. 31). - Roger Marx, Paris 1914 (cf. Cicerone, VI [1914] 394). - Julius Stern, Berlin, 1916 (cf. Cicerone, VIII [1916] 246). - A.W. Heymel, Berlin 1917 (cf.Kstblatt, I [1917] 96). - Degas, Paris 1918 (9 Nrs; cf. Cicerone, X [1908] 156). - Sternheim, Amsterdam 1919 (cf. Kst u. Kstler, XVII [1919] 280). - über Preise vgl. Mireur, Dict. d. Ventes d'art, III [1911]. Ausstellungen: Paris: 1876 Salon (cf. Gaz. d. B.-Arts 1876 II 86). - 1880 Indépendants (cf. Gaz. d. B.-Arts 1880 I 487). - 1881 Indépendants (cf. J. K. Huysmans, wiederholt in: L'Art moderne p. 234 u. Anhang über Ausst. 1832). - 1888 (cf. Felix Fénéon, Les Impressionistes). - Nov. 1893: G.-Ausst. bei Durand-Ruel (Kat. v. Ch. Morice; cf. Merc. de France 1893 p. 289/300 u. Roger Marx in Revue Encycl. IV, 1894, Beilage La Revue v. 1. 2., p. 33ff. m. Abb.). - 1903 Gal. Vollard (cf. Chron. des Arts, 1903 p. 294 u. Ch. Morice in: Merc. de France, 1904 p. 386ff.). - 1906 Salon d'Automne (227 Nrs, cf. Gaz. d. B.-Arts 1906 II 466/471, m. Abb.; cf. Zeitsehr. f. B.-Kst, N. F., XVIII [1907] 47 f.). - März/April 1907 Wien Gal. Miethke (cf. Kat. u. Kstchron. N. F. XVIII [1907] 343ff.). - 1910 München, Gal. Thannhauser, tt. Dresden, Arnold (cf. Dtsche Kst u. Dekor., XXVI [1910] 109ff., m. Abb.). - 1912 Köln, Intern. Ausst. d. Sonderbundes (cf. Kat. p. 34ff. Abb.; cf. Die Kst, XXVII [1913], 87 Abb.). - 1917 Zürich, Kunsthaus, Französ. Kst 19. u. 20. Jahrh. (Kat. p. 20). Plastik: (Samml. G. Fayet, Schuffenecker usw.): Toison d'or (Petersburg), 1909, Heft 1 p. 5-14 (16 Abb.) u. Text p. I-II; Heft Titi p. 132/5 (C lt. Morice); Heft 10, p. 47 fi. (Ch. Morice). - L. Vauxelles in: Art décoratif, 1911 137 f. (3 Abb.). - Abb. bei Rotonchamp (2 Taf.) u. in: Der Blaue Reiter. München = 1914 p. 60. Keramik: Roger Marx in: Revue Encycl. 1891 p. 872 f. Graphik: Meier -Graefe: Impressioni'.mus (Samml. "Die Kunst", herausg. v. R. Muther). - Einzelne Abb. in: Die Kunst, XXV (1912) 230; Kat u. Kstler X (1912) 184. - über Neudrucke v. einigen Holzschnitten in "Volne sméry" cf. Cicerone, XI (1919) 386 f. - über Preise cf. Jahrh. d. Bilder- u. Ksthlätterpreise. Wien 1911ff. II 112, III 142 f. Abbildungswerk: P. G.-Mappe (15 Autotypien) München, Piper, 1913. L. Burchard.