Gaulli, Giovanni Battista (gen. il Baciccia [Baciccio]), ital. Maler, Zeichner, *8.5.1639 Genua (get. 10.5. in S.Siro), †1.4.1709 Rom (beigesetzt in S.Tommaso in Parione). Vater von Alessandro G.
Gaulli, Giovanni Battista
Über Leben und Werk G.s berichten Nicola Pio (1720), Lione Pascoli (1730) und - am genauesten - Carlo Giuseppe Ratti (1769), der sich 1760 bei G.s Sohn Giulio informierte. G.s Ausb. begann in Genua, aber nicht, wie Ratti schreibt, bei Luciano Borzone (†1645), sondern vermutl. bei einem seiner drei Söhne, und fand durch die Pestepidemie, der 1657 nicht nur seine Eltern und die neun Geschwister, sondern auch zwei Söhne von L.Borzone zum Opfer fielen, ein brüskes Ende. Lt. Ratti gelangte G. per Schiff nach Rom, wo er durch die Vermittlung des Genueser Gesandten Agostino Franzone zunächst bei einem "pittore franzese" gearbeitet habe, in dem Newcome-Schleier (1985, 95) den dritten der Söhne von L.Borzone vermutet, der auch in Frankreich tätig gewesen war. Nach diesem offenbar kurzen Intermezzo fand G. bei dem ebenfalls aus Genua stammenden wohlhabenden Maler und Bilderhändler Pellegrino Peri Wohnung und Beschäftigung als Maler. Ratti zufolge waren es einige von G. für Peri gemalte Bambocciate, die Gian Lorenzo Bernini auf ihn aufmerksam werden ließen. Diese und and. gängige Sujets wie jene dekorativen Blumenstilleben, in denen G. als "figurista" auch später noch, u.a. in Zusammenarbeit mit den Stillebenmalern Abraham Brueghel (Kat. Ariccia, 2001, Nr 8) und Franz Werner von Tamm (Der Frühling, Nantes, MBA), die Figuren zu malen hatte, ließ Peri möglicherweise auf Vorrat malen. Die von Pascoli und Ratti erw. Freundschaft G.s mit dem Stillebenmaler Mario dei Fiori (Mario Nuzzi) ist durch dessen von G. 1666 gezeichnete Karikatur belegt (Kat. Ariccia, 1999, 287). G.s erstes öff. Werk, das Altarbild Die Hll.Rochus und Antonius Abbas bitten die Madonna um Schutz vor der Pest (um 1660/61; Rom, S.Rocco), zeigt im Figurenstil und der Farbigkeit noch deutl. seine künstler. Herkunft aus Genua, wo er nicht nur die Werke der Genueser Maler Bernardo Strozzi, Domenico Piola, Valerio Castello und Giovanni Battista Carlone studiert hatte, sondern auch die von Rubens und Van Dyck. Newcome-Schleier (1989, 169) verwies auf eine noch in Genua entstandene Kopie G.s nach G.B. Castigliones Anbetung der Hirten von 1645. Er muß sich während seiner ersten Jahre in Rom bereits einen Ruf als Maler und auch eine wirtschaftl. Basis erworben haben, denn 1662 verheiratete er sich mit Caterina Morani, die ihm die vier Söhne Lorenzo (1665-84), Alessandro (1666-1728), Giulio (1669-1760) und Ludovico (1676-1710) schenkte. Noch im gleichen Jahr wurde G. in die Accad. di S.Luca aufgenommen, wo er in den folgenden Jahren wechselnde Ämter übernahm. 1673, erst 34jährig, wurde er zum Principe der Akad. gewählt. G. verdankte seinen raschen und unaufhaltsamen Aufstieg der Fürsprache und Förderung durch G.L. Bernini, der auf G.s besondere Begabung als Porträtmaler aufmerksam geworden war und ihn beim röm. Adel und bei Papst Alexander VII. Chigi einführte. 1666 berichtet Ugone Ranconi, Agent des Herzogs von Modena in Rom, G. habe den Papst und dessen Bruder Don Mario Chigi porträtiert. G. sei sehr viel besser als Giovanni Maria Morandi, "et e più pittore", und Ranconi empfiehlt ihn dem Herzog als Porträtmaler. Pascoli berichtet, G. habe eine Unzahl von Portr. gemalt, von allen Kardinälen, allen großen Persönlichkeiten im Rom seiner Zeit und allen sieben Päpsten von Alexander VII. bis zu Clemens XI. (cf. Petrucci, 1997, 37-57; id., in: Kat. Ariccia, 1999, 89-121). Auch sich selbst hat G. mehrfach dargestellt. Sein schönstes Selbstbildnis (um 1667/68) für die von Kardinal Leopoldo de' Medici in den Uffizien eingerichtete Gal. von Künstlerselbstbildnissen entstand zu der Zeit, als G. mit dem Portr. dieses Kardinals eines seiner bemerkenswertesten Bildnisse malte. Die Chigi waren seine ersten wichtigen Auftraggeber. Für sie malte er 1666/67 das Altarbild Die Himmelfahrt Mariens (São Paulo, Crespi Coll.), die Pietà (Rom, Gall. Naz. d'Arte Antica) und 1668 das für den Alkoven von Kardinal Flavio Chigi bestimmte Bild Diana und Endymion. In diesen Gem. setzt sich G. mit Guido Renis Genueser Assunta, der Kunst Van Dycks, aber auch Annibale Carraccis Pietà-Darst. auseinander. Seit dem E. der 1660er Jahre zeigt er sich jedoch zunehmend von der Formensprache Berninis beeindruckt. Unter dessen Einfluß und steter Förderung wurde G. der bedeutendste Freskomaler der zweiten Jh.-Hälfte in Rom, neben Carlo Maratti der herausragende Maler von Altar-Gem. und Galeriebildern und nicht zuletzt der bevorzugte Maler von Porträts. Auf Empfehlung Berninis erhielt G. 1666 von den Pamphilj den Auftrag, die vier Kuppelpendentifs ihrer Patronatskirche S.Agnese in Piazza Navona mit Allegorien der Kardinaltugenden auszumalen. Die lange und intensive Vorbereitung G.s auf diese Aufgabe, die auf Veranlassung Berninis auch eine Reise 1669 nach Parma zum Studium der Fresken Correggios und weiter nach Modena an den Hof der d'Este einschloß, ist durch Zchngn und zahlr. Ölskizzen G.s belegt (Kat. Ariccia, 1999, 125-130). Die Arbeiten waren E.1671 abgeschlossen. Am 21.1.1672, dem Festtag der hl.Agnes, wurden die Fresken enthüllt. Mit der reichen, kostbaren und blühenden Farbigkeit dieser vielfigurigen Darst. erwies sich G. als der beste Kolorist unter den röm. Malern seiner Zeit. Bereits im Okt. 1671 hatte er von der Äbtissin des Konvents von S.Marta al Colleggio Romano den Auftrag zur Ausmalung des Deckengewölbes der Klosterkirche erhalten, der auch Entwürfe für die reich ornamentierten stukkierten Rahmungen der Deckenbilder und für die Stuckfiguren des Altarraumes einschloß. An der Ausf. der Fresken nach den Entwürfen G.s beteiligten sich, wie vertragl. festgelegt, Girolamo Troppa und Paolo Albertoni. Ebenfalls 1671/72 entstanden im Auftrag von Papst Clemens X. Altieri G.s Lünettenfresko der Trinität in der vom Papst renovierten Fam.-Kap. der Altieri in S.Maria sopra Minerva sowie das Altarbild des Hl.Louis Beltram in der 1. Seiten-Kap. rechts ebd., das Altarbild Johannes in der Wüste in S.Nicola da Tolentino, das von Flavio Chigi in Auftrag gegebene großformatige Gem. Der selige Giovanni Chigi (Ariccia, Pal. Chigi) und das große, kreisförmige Wandfresko an der Stirnwand der Aula Magna des Pal. della Cancelleria mit der Darst. von Chronos und Apoll, die das Zifferblatt einer Uhr tragen. G.s Hw. im Bereich kirchl. Deckendekoration ist die Ausmalung von Il Gesù, der Mutterkirche der Jesuiten. Wie Pascoli berichtet, hatte der aus Genua stammende Jesuitengeneral Padre Gian Paolo Oliva, durch die Deckenfresken in S.Marta auf G. aufmerksam geworden, ihn für diese Aufgabe bereits in die engere Wahl von Künstlern gezogen. Es waren dies Ciro Ferri, Giacinto Brandi und C.Maratti. Wieder gab die Empfehlung Berninis, der mit dem Padre Oliva eng befreundet war, den Ausschlag für G. Lt. Vertrag zw. Padre Oliva und G. v. 21.8.1672 sollte er innerhalb von acht Jahren die gesamte Gewölbezone oberhalb der Hauptgesimse einschließl. der Kuppel und ihrer Pendentifs mit Fresken ausstatten. Außerdem sollte er die reiche Dekoration der Gewölbe aus vergoldetem Stuck entwerfen, bereichert um Stuckfiguren der vier Kardinaltugenden im Tambour der Kuppel, weitere allegor. Figuren beiderseits der Fenster des Langhauses, Putten, Engelsfiguren, die die Rahmungen der Deckenbilder zu tragen hatten, und Puttenfriese in der Gesimszone. Dieser für die Gesamterscheinung der Dekoration wesentl. Skulpt.-Schmuck wurde nach G.s Entwürfen von Antonio Raggi und Leonardo Reti ausgeführt. G. begann die Ausmalung mit dem Kuppelfresko Duplex Intercessio von Christus und Maria vor Gottvater zur Erlösung der Menschheit. Vorbild waren ihm die Kuppelfresken von Giovanni Lanfranco in S.Andrea della Valle und die von Pietro da Cortona in der Chiesa Nuova. G.s Kuppelfresko mit dieser Vision des Himmels mit Seligen und Hll., darunter Ignatius von Loyola und Franz Xaver, wurde am Ostertag des Jahres 1675 enthüllt. 1675/76 folgten die Fresken der vier Pendentifs mit der Darst. der vier Propheten und der vier Gesetzgeber und Führer Israels für das AT und der vier Evangelisten und der vier Kirchenväter für das NT. Eine Zahlung vom Juli 1676 "per incomminciare l'opera del voltone" gibt den Beginn der Arbeit G.s am Langhausfresko Triumph des Namens Jesu an. Hier vereinigen sich Hll. und Selige, aber auch der Stifter der Kirche, Kardinal Alessandro Farnese, in der ekstat. Verehrung des Namens Jesu (IHS), der, von einer Gloriole von Putten umgeben, im Zentrum des Deckenbildes wie eine mon. Monstranz erscheint. Während die Hll. auf Wolken knien, die außerhalb des Rahmens des Deckenbildes vor der kassettierten Deckenwölbung des Langhauses schweben, scheinen die Gestalten von Häresie, Simonie, Wollust, Geiz u.a. Laster, vom göttl. Licht der Wahrheit geblendet, in den Kirchenraum herabzustürzen. G. hat sicherl. Anregungen durch Pietro da Cortonas Deckenbild im Salone des Pal. Barberini und durch das von Guido Ubaldo Abbatini unter Anleitung Berninis ausgef. Deckenbild der Cornaro-Kap. in S.Maria della Vittoria erhalten. Bernini hat G. auch hier beraten. Dieses Fresko blieb G.s spektakulärstes Werk; 1679 voll. und in der engen Verbindung von Malerei, Archit. und bildner. Schmuck ist es unübertroffen und einmalig in der Gesch. der illusionist. Deckenmalerei des ital. Barock. Es folgten 1683 die Fertigstellung des Apsisfreskos Anbetung des myst. Lammes und des Engelkonzertes im Vorchor. Der Selbstmord seines ältesten Sohnes Lorenzo im Sommer 1684, den G. durch einen heftigen Streit provoziert hatte, ließ ihn die Arbeit am noch fehlenden Deckenbild der Ignatius-Kap. in Il Gesù für viele Monate unterbrechen. Dieses Deckenbild (Ignatius in der Glorie) wurde zum Fest des Hl. am 30.6.1685 enthüllt. Damit hatte G. nach 13 Jahren die Ausmalung von Il Gesù vollendet. Das vom Orden vorgegebene und unter der Beratung durch Bernini inszenierte Bildprogramm ist nicht mehr das strenger theol. Argumentation, sondern das der Ecclesia Triumphans, das den Betrachter mit nie zuvor gesehenen Bildern überwältigt (zu den Bozzetti und Modelli für die Ausmalung von Il Gesù siehe Kat. Ariccia, 1999, 136-148). Sieht man von der gleichbleibend hohen Produktion von Portr. ab, so blieb G. während der Ausmalung von Il Gesù nur wenig Zeit zur Ausf. weiterer Aufträge. Die wenigen Bilder aus der M. der 1670er Jahre entstanden in enger Verbindung zu Werken Berninis, so das um 1675 voll. Altarbild Maria mit Kind und der hl.Anna in der Capp. Altieri der Kirche S. Francesco a Ripa, angebracht oberhalb von Berninis Liegefigur der seligen Ludovica Albertoni (Bozzetto des Bildes in Düsseldorf, Mus. Kunst Pal.). Für die Kap. des hl.Franz Xaver in S.Andrea al Quirinale, der von Bernini erb. Noviziatskirche der Jesuiten, entstand 1676 G.s Altarbild Tod des hl. Franz Xaver (Bozzetto in den Mus. Vaticani). 1676/77 folgte das Gem. Christus und die Samariterin (Rom, Gall. Spada), in dem G. sowohl die Bild-Komp. wie die Gestalt Christi aus Berninis von François Spierre gestochener Illustration der Predigten des Padre Oliva übernommen hat. Bernini, G.s Förderer, künstler. Mentor und Freund, den G. mehrfach porträtierte, stirbt 1680. Aus den 1670er Jahren stammt auch G.s Altarbild Christus am Kreuz zw. den Hll. Antonius Abbas und Antonius von Padua (Genzano, S.Maris della Cima). Wie Pascoli berichtet, hatte G. Altarbilder auch nach Ascoli Piceno, Fermo, Rieti und Portofino geliefert. 1682, noch während der Arbeiten in Il Gesù, aber sicher mit Billigung des Ordensgenerals, malte G. für die Kirche der Jesuiten S.Venanzio in Ascoli Piceno noch einmal den Tod des hl. Franz Xaver (heute in der dortigen Kirche S. Agostino; Bozzetto 1999 bei Sotheby's, London). 1687 entstand im Auftrag von Kardinal G.F. Ginetti, den G. auch porträtiert hat (Rom, Mus. di Roma und Coll. Sgarbi), die nächtl. Szene der Anbetung der Hirten für den Hochaltar von S.Maria del Carmine in Fermo (Modello ehem. in der Coll. F.Apolloni, Rom). Das großformatige Bild setzt die Kenntnis von Correggios Gem. "Notte" voraus, das G. 1669 bei seinem Aufenthalt in Modena in der herzogl. Gal. gesehen hatte. Sicher hat G. aber auch das Altarbild gleichen Themas von Rubens für die Kirche S.Spirito in Fermo beachtet. G.s zahlr. eigenhändige Wiederholungen seiner Bild-Komp. in reduziertem Format als Galeriebilder (Genua, Pal. Spada und Coll. Costantino Nigro sowie Borgotaro, Coll. Luzi) bezeugen den Erfolg seines Altarbildes. Auch für röm. Kirchen erhielt G. weiterhin Aufträge. Um 1685 malte er für S.Margherita in Trastevere, Kirche der Franziskanernonnen, das Altarbild der Immaculata mit den Franziskaner-Hll. Franziskus und Clara, das mit seiner helleren Farbigkeit und einer beruhigteren Formgebung eine neue Phase in seiner Malerei einleitet. Von den röm. Jesuiten, in deren Casa Professa er nach Abschluß der Arbeiten in Il Gesù ein Deckenbild Triumph der göttl. Weisheit ausgef. hatte, erhielt G. um 1685 einen Auftrag zu einem Altarbild, das die Schlüsselszene im Leben des hl.Ignatius zeigen sollte, seine Vision bei La Storta vor den Toren Roms, als ihm Christus erscheint und ihn anweist, nach Rom zu gehen, um einen Orden zu gründen. Zwei Modelli für das nicht ausgef. Altarbild haben sich erh. (Worcester Art Mus. und Gall. Walpole, London), die ebenfalls diese neue, helle Farbigkeit zeigen. 1697/98 malte G. im Auftrag des Genueser Bankiers Paolo Gerolamo Torre für dessen Fam.-Kap. in der röm. Kirche S. Maddalena das Altarbild Christus, Maria und der hl.Nikolaus von Bari, dessen delikate, pastellartig helle Farbgebung die Farbigkeit des Barochetto vorwegnimmt (Modello in der Coll. Banco Naz. del Lavoro, Rom). Etwa gleichzeitig entstand im Auftrag der Altieri für deren Fam.-Kap. in S. Maria in Campitelli das Altarbild mit der Geburt des Joh. Bapt. (Modello in der Accad. di S.Luca, Rom), um 1700 das nach Fiastre gelangte Altarbild Bekehrung des Paulus. Zu den spätesten Werken G.s zählen die Kreuzigung Christi (Rom, Konvent der Chiesa Nuova), das von Kardinal G.B. Spinola d.J. für die röm. Kirche S.Teodoro in Auftrag gegebene Altarbild Der hl.Julian vor seinem Richter (heute Genua, Pal. del Principe, Coll. Doria Pamphilj), das für S.Pietro Martire in Rieti gemalte Altarbild Die Darbringung Christi im Tempel (alle drei um 1704, unter Beteiligung der Wkst.) und das Altarbild Maria mit Kind und dem hl.Antonius von Padua in der Chiesa del Monte Calvario in Imperia (Bozzetto in der Coll. M. Fagiolo dell'Arco, Ariccia, Pal. Chigi). 1707 erhielt G. von Kardinal Giorgio Cornaro den Auftrag zum Deckenbild im Langhaus von SS.Apostoli, seiner Titularkirche, Christus erscheint den Franziskaner-Hll., das er unter Mithilfe der Wkst. in nur wenigen Monaten ausführte. Der eigenhändige Modello zu diesem letzten Fresko (Genua, Priv.-Bes.) zeigt G. noch immer als überlegenen "Regista" in der vielfigurigen Bild-Komp. und als hervorragenden Koloristen. Zu den schönsten Werken seiner Spätzeit gehören die um 1706/07 im Auftrag der Jesuiten entstandenen Lateralbilder Franz Xaver predigend und Franz Xaver tauft eine östl. Königin für die Franz-Xaver-Kap. in S.Andrea del Quirinale, deren Altarbild Tod des hl.Franz Xaver G. bereits 30 Jahre früher gemalt hatte. - Nicht ausgef. Projekte: Pascoli und Ratti berichten von mehreren Projekten G.s, die dieser nicht ausführen konnte, deren Planung sich jedoch durch Zchngn, Bozzetti und Modelli rekonstruieren läßt. Bereits A. der 1670er Jahre hatte G. von Papst Clemens X. Altieri den Auftrag erhalten, Entwürfe für die in Mosaik auszuführende Kuppeldekoration der Tauf-Kap. von St.Peter anzufertigen. Erst Clemens XI. Albani forderte G. 1707 auf, seine in mehreren Etappen entstandenen Entwürfe vorzulegen. G. starb noch vor Beginn der Übertragung seiner Entwürfe in die Kuppel. Das Projekt ist durch zahlr. Zchngn, Bozzetti und einen dreidimensionalen Modello belegt, den Nicodemus Tessin d.J. 1687/88 in G.s Wkst. gesehen und in seinem Tagebuch beschrieben hatte, der seither verschollen war und erst kürzl. durch M.C. Gloton aufgefunden wurde (cf. Kat. Aix-en-Provence, 2005). G.s vergebl. Versuch, 1689, nach dem Tode Ciro Ferris, dessen unfertig hinterlassene Ausmalung der Kuppel von S.Agnese nach eig. Entwürfen neu zu malen, ist durch einen Modello der gesamten Kuppeldekoration, durch einige Teilbozzetti und Zchngn belegt (cf. Kat. Ariccia, 1999, 130-133). G. hatte um 1690 von Luca Capocaccia den Auftrag erhalten, dessen Fam.-Kap. in S.Maria della Vittoria, Rom, mit einem Deckenfresko Der hl.Joseph in der Glorie auszustatten. Nach einem Streit um die Höhe der Bezahlung brach G. die Vorbereitungen ab (zu G.s Modello für dieses Deckenbild s. Kat. Pitt. barocca romana, 1999, Nr 4). 1693 wurde G. auf Vorschlag des Genueser Kardinals G.B. Spinola vom Senat der Republik Genua aufgefordert, Entwürfe zur Ausmalung der Sala del Maggior Consiglio des Pal. Ducale vorzulegen. G.s Präsentation seiner Entwürfe führte nicht zu dem erhofften Auftrag, da den Genuesen die Forderung G.s zu hoch erschien. Ein von Ratti beschriebener, jedoch verschollener Modello G.s und zahlr. Entwurfs-Zchngn erlauben eine Rekonstr. des Projekts (cf. Schaar, 1972; Kat. Ariccia, 1999, 298-301). 1707 bot sich G. die Möglichkeit, in der Sala del Minor Consiglio des Pal. drei Wandbilder zu malen. Auch dieses - nicht durch Entwürfe belegbare - Projekt kam nicht zustande, da G. in Rom mit der Ausmalung der Kirche SS. Apostoli beschäftigt war. - Galeriebilder: Die Mehrzahl der ca. 20 erh. Galeriebilder G.s ist erst nach der Ausmalung von Il Gesù zw. 1685 und 1700 entstanden. Zu den frühesten gehören das Bacchanal (São Paulo, Klabin Coll.) und das verschollene Gem. Rinaldo und Armida (Modello in Austin/Tex., Blanton Mus.). Einige der im Format größten und damit anspruchsvollsten Galeriebilder, darunter die Pendants Joseph erzählt seine Träume und Joseph gibt sich seinen Brüdern zu erkennen (Ajaccio, Mus. Fesch), das jüngst von R. Vodret (2004) identifizierte Gem. Pasces oves meas (Cosenza, Gall. Naz.) sowie das noch nicht wieder aufgefundene Bild Raub der Proserpina (Bozzetto 2005 in Paris, Gal. Canesso), befanden sich noch 1760, beim Tode von G.s Sohn Giulio, im Hause des Malers, das Giulio bewohnte und das, wie Pascoli berichtet, voll von Bildern G.s gewesen sei, wie das von M. Fagiolo dell'Arco und R. Pantanella 1996 entdeckte Nachlaß-Inv. Giulios bestätigt. Verschollen ist das ebenfalls großformatige Bild Die Großmut des Scipio, das G. 1687 für den Marchese N.M. Pallavicini gemalt hatte (Bozzetto in Ajaccio, Mus. Fesch; ein zweites Exemplar 2004 bei Sotheby's, London; eine spätere, um 1695 entstandene Fassung in Genua, Slg Doria). Einige der Galeriebilder sind von G. als Pendants konzipiert worden, so das Opfer Noahs und die Opferung Isaaks (Atlanta, High Mus. of Art) und die beiden Bilder Domine quo vadis und Christus als Gärtner (Genua, Priv.-Bes.). Bei diesen u.a. Bildern, wie beim Dankopfer Noahs (Genua, Pal. Bianco) und dem 1693 entstandenen großformatigen Bild Der Streit zw. Agamemnon und Achill (Beauvais, Mus. départemental de l'Oise), einem seiner Hauptwerke in dieser Gattung, sind die Auftraggeber nicht bekannt. Das Gem. Diana als Jägerin (Minneapolis, Inst. of Art) dagegen malte G. für den Kardinal Pietro Ottoboni. Bei drei weiteren Bildern G.s für Ottoboni nennt Pascoli nicht das Thema. Die beiden Bilderpaare Christus im Hause des Simon (Burghley House) und Die drei Marien am Grabe (Cambridge, Fitzwilliam Mus.) sowie Venus und Adonis (Burghley House) und Der Tod des Adonis (Oberlin, Allan Memorial AM) wurden von John Cecil, 5th Earl of Exeter, während seines Aufenthaltes 1684/85 (oder eher noch bei seinem letzten Aufentahlt 1699) - möglicherweise direkt bei G. - in Rom erworben. G. hat seine Bild-Komp. nicht nur in Zchngn vorbereitet, sondern auch in Ölskizzen, in denen er für sich die Farbgebung erprobte, und in den detaillierter ausgef. Modelli, die er zur Approbation den Auftraggebern vorzulegen hatte. Über 50 dieser Bozzetti und Modelli G.s haben sich erh., bei weitem mehr als von jedem and. Maler des röm. Barock. - Zchngn: G. war ein hervorragender Zeichner, doch hat sich offenbar nur ein Bruchteil seiner Entwürfe und Studien erhalten. Von den sicher weit über 100 Zchngn, in denen er die Ausmalung und den figürl. Schmuck von Il Gesù vorbereitet haben muß, hat sich nur ein gutes Dutzend finden lassen. Den größten Bestand mit über 200 Bll. bewahrt das Mus. Kunst Pal. in Düsseldorf. Die Mehrzahl der etwa 150 weiteren Zchngn G.s verteilt sich auf die großen graph. Slgn (s.u.). Bei den frühen in Rom entstandenen Zchngn G.s handelt es sich fast ausschl. um Komp.-Entwürfe. Diese sind in den 1660er Jahren vorwiegend mit der Feder in einem flüssigen, schwingenden Duktus gezeichnet und in der Regel mit dem Pinsel leicht laviert. Mit dem Beginn der 1670er Jahre wird der Strich heftiger, vibrierende Doppelungen der Linien von Umriß und Binnenzeichnung werden zur Regel. G. verwendet jetzt zunehmend beiges, bräunl. oder graugrünes Tonpapier und setzt zudem neben der Lavierung auch die Weißhöhung ein, um derart mit Licht und Schatten eine akzentuiertere Modellierung der Figuren und deren Position im Bildraum seiner Entwürfe zu erzielen. Von figürl., in Kreide gezeichneten Einzelstudien dieser ersten 15 Jahre haben sich nur wenige Beispiele erhalten. Erst zu den ab der M. der 1670er Jahre, nach der Ausmalung von Il Gesù entstandenen Gem. G.s finden sich nicht nur Entwürfe zur ganzen Komp., sondern auch eine große Zahl präziser, nur gelegentl. in Kreide auf Tonpapier, vorwiegend aber mit der Feder auf weißem Papier gezeichneter und lavierter Studien zu den einzelnen Figuren seiner Bildkompositionen. Dagegen sind die wenigen erh. Portr.-Zchngn, röm. Trad. und v.a. Bernini folgend, in Kreide ausgeführt. G. zeichnete auch zahlr. Entwürfe für den Kpst., vielfach bestimmt als Antiporta oder Frontispiz von Büchern (cf. Fagiolo dell'Arco und Graf in: Kat. Ariccia, 1999, 311-327). Sein bedeutendster Entwurf auf diesem Felde galt einem Papst Innozenz XII. gewidmeten großformatigen Thesenblatt mit der Darst. des Streits zw. Achill und Agamemnon, das 1693 von Robert van Audenaerde gestochen wurde. Zu den Reprod.-Stichen nach Gem. von G. vgl. ThB13, 1920, 277.
Weitere Gem., Bozzetti und Modelli in öff. und priv. Slgn:
Einzelausstellungen:
1967 Oberlin (Ohio), Allen Memorial AM / 1999-2000 Ariccia, Pal. Chigi.
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB13, 1920.
Weitere Lexika:
M.V. Brugnoli, in: Enc. cattolica, II, Città del Vaticano 1949 (s.v. Baciccia); DEB V, 1974; PittItalSeic II, 1988; R.Enggass, in: DA XII, 1996; M.Bartoletti, in: DBI LII, 1999 (Lit. bis 1998)
Gedruckte Nachweise:
Quellen: F.Titi, Studio di pitt. ... nelle chiese di Roma (R. 1674), ed. B. Contardi/S.Romano, I, Fi. 1987; Pio, ed. Enggass, 1977, 23, 243; L.Pascoli, Vite de' pittori, scultori, ed architetti mod. (R. 1730-36), ed. V.Martinelli, Pe. 1992, 274-286 (Vita G.s bearb. von D.Leoni); C.G. Ratti, Storia de' pittori e scultori, et architetti liguri... (ms. 1762), ed. M.Migliorini Leoni, Ge. 1997, 76-83; Soprani, Vite, ed. Ratti, II, 1769 (Repr. Ge. 1965), 74-90; O.Sirén, Nicodemus Tessin d.y., ... Sth. 1914, 157, 161 s., 177, 192 s. - Weitere Lit.: H.Voss, Die Malerei des Barock in Rom, B. 1924, 316-327; I.Budde, Beschr. Kat. der Hand-Zchngn in der Staatl. KA Düsseldorf, Dd. 1930, Nrn 297-326; K.Lanckorońska, Dekoracja kościoła "Il Gesù" na tle rozwoju baroku w Rzymie, Lwów 1935; E.K. Waterhouse, Baroque paint. in Rome, Lo. 1937, 65-69; M.V. Brugnoli, Arti figurative 1:1945, 49-54; ead., Bd'A 34:1949, 225-239; ead., Paragone. Arte 7:1956, 21-33; A.Blunt/H.L.Cooke, The Roman drawings of the 17th and 18th c. in the coll. of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, Lo. 1960, 39-42; R.Enggass, The paint. of Baciccio, G.B. G., 1639-1709, Univ. Park 1964 (Standardwerk; mit vollst. Bibliogr. bis 1963); id., BurlMag 106:1964, 76-79, 320; 108:1966, 365 s.; 109:1967, 184-188; M.V. Brugnoli, Il Baciccio, Mi. 1966; E.Spear, Allen Memorial AM Bull. 23:1966, 98-112; H.L. Cooke, ibid. 24:1967, 61-137 (Ausst.-Kat.); P.Dreyer, Röm. Barock-Zchngn aus dem Berliner Kpst.-Kab. (K), B. 1969, Nr 76-90; R.Enggass, The Minneapolis Inst. of Art Bull. 58:1969, 42-45; D.Graf, BurlMag 113:1971, 650-654; A.T. Lurie, The bull. of the Cleveland Mus. of Art 58:1971, 98-106; id., BurlMag 114:1972, 170-173; D.Graf, Rev. du Louvre 22:1972, 155-162, 449 s.; H.Macandrew, Master drawings 10:1972(2)111-125; id./D.Graf, ibid. (3)231-259; M.Newcome, Genoese baroque drawings (K), Binghamton 1972, Nr 111-117; E.Schaar, Jb. der Hamburger KS 17:1972, 53-66; D.Graf, in: Master drawings of the Roman baroque from the KM Düsseldorf (K), Lo./Edinburgh 1973, Nr 50-72; id., Pantheon 31:1973, 162-180; 32:1974, 35-47; R.Enggass, BurlMag 116:1974, 178-189; id., Bull. of the Worcester AM 4:1975(3)1-7; id., BurlMag 118:1976, 589 s.; D.Graf, Die Hand-Zchngn von Guglielmo Cortese und G.B. G., I-II, Dd. 1976; E.K. Waterhouse, Roman baroque paint., Ox. 1976, 50-52; R.Enggass, in: Ars auro prior, War. 1981, 533-535; M. Newcome-Schleier, Le dessin à Gênes du XVIe au XVIIIe s. (K Louvre), P. 1985; A.Brejon de Lavergnée, in: Seicento - le s. de Caravage dans les coll. franç. (K Paris/Mailand), P. 1988, Nr 5-9; M.Newcome Schleier, Disegni genovesi dal XVI al XVIII sec. (K), Fi. 1989; O.Ferrari, Bozzetti ital. dal Manierismo al Barocco, N. 1990, 132-141; D.Graf, in: Kunst in der Republik Genua 1528-1815 (K Schirn KH), Ffm. 1992, Nr 98-101; F.Matitti/D.Graf, Il Baciccio illustratore, R. 1994; G.Sestieri, Repert. della pitt. romana della fine del Seicento e del Settecento, T. 1994, I, 77-79; II, 439-451; H.Brigstocke/J.Somerville, Ital. paint. from Burghley House (K Wander-Ausst.), Alexandria, Va. 1995, Nr 17 s.; M.Fagiolo dell'Arco/R.Pantanella, Mus. Baciccio. In margine a quattro inv. inediti, R. 1996; F.Petrucci, Fimantiquari. Arte viva 1996(9)54-64; 1997(10)37-57; id., Castelli romani 37:1997(1)12-19; B.Canestro Chiovenda, Incontri con il G., [Omegna] 1998 (Wiederabdruck wichtiger Aufsätze aus Commentari 10:1959; 13:1962; 17:1966; 20:1969; 21:1970; 23:1972; 26:1975; 28:1977; 33:1982); D.Graf, in: Gedenkschrift für Richard Harprath, M. 1998, 184-192; M.Fagiolo dell'Arco/D.Graf/F.Petrucci (Ed.), Il Baciccio. G.B.G., 1639-1709 (K Ariccia), Mi. 1999 (mit WV und vollst. Bibliogr. bis 1999); Pitt. barocca romana. Das Cavalier d'Arpino a Fratel Pozzo, la coll. Fagiolo (K Ariccia), Mi. 1999; N.Turner, Roman baroque drawings, Lo. 1999 (Ital. drawings in the Dept. Prints and Drawings in the BM); D.Graf, in: P.Boccardo/C.Di Fabio (Ed.), El s. de los Genoveses (K), Ge. 1999, 344-363; E.Schleier, Studi di storia dell'arte 11:2000, 265-274; M.Fagiolo dell'Arco/F.Petrucci (Ed.), Il Baciccio un anno dopo. La Coll. Chigi (K Ariccia), Mi. 2001; Les cieux en gloire. Paradis en trompe-l'oeil pour la Rome baroque (K), Ajaccio 2002, 65-70, 243-266, 276-286; M.-C. Gloton, Rev. de l'art 140:2003, 61-65; M.Newcome, in: Arte, collezionismo, conservazione. Scritti in onore di Marco Chiarini, Fi. 2004, 326-328; D.Graf, in: Studi sul Barocco romano. Scritti in onore di Maurizio Fagiolo dell'Arco, Mi. 2004, 353-359; R.Vodret, ibid., 361-365; F.Petrucci (Ed.), I volti del potere (K Ariccia), R. 2004, Nr 13 s., 17, 77; V.Damian, Artistes gênois du XVII e s. (K Gal. Canesso), P. 2005, 40-60; De Saint-Pierre de Rome à Aix-en-Provence. Un trésor de l'art ital. retrouvé dans le patrimoine Aixois (K Mus. du Vieil Aix), Aix-en-Provence 2005.
Gaulli, Giovanni Battista, gen. Bacciccio oder Baciccia, Historien- u. Porträtmaler, geb. in Genua am 8. 5. 1639, † in Rom am 2. 4. 1709; Vater des vor. War zuerst Schüler von L. Borzone u. studierte nach den alten Meistern; kam dann jung nach Rom, wo er für einen Bilderhändler arbeitete und die Aufmerksamkeit Bernini's, der sein Lehrer und Gönner wurde, auf sich zog. "Er war die Hand, deren sich Bernini bediente, um seine neuen und eigenartigen (piquantes) Ideen in der Malerei auszuführen" (Mariette). Er trat, mit Empfehlungen von Bernini versehen, als Bildnismaler auf, malte sein erstes Altarbild für S. Rocco, machte sich bald selbständig und heiratete eine Römerin. Für die allegorischen Fresken, die er im Auftrag des Fürsten Pantfili in der Kuppel von S. Agnese an Piazza Navona malte, unternahm er (1669) eine Reise nach Parma, um Correggio zu studieren, und bekam zugleich auf Bernini's Empfehlung hin am Hofe von Modena Bildnisaufträge. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir auch, daß er bereits ein Bildnis Bernini's (s.u.) gemalt hatte. Nach seiner Rückkehr malte er das Porträt Alexanders VII., bei dem er ebenfalls von Bernini eingeführt wurde, die Fresken sowie das Altarbild für eine Kapelle in S. Maria sopra Minerva und die Decke in S. Marta. Hier erregte er die Aufmerksamkeit eines Landsmannes, des Jesuitengenerals Oliva, der auch Bernini's Gönner war, und erhielt von ihm den Auftrag, die umfangreichen Fresken in der Kirche il Gesù zu malen, ein Werk, das ihn volle 15 Jahre (1668-83) in Anspruch nahm. Auch die von Ant. Raggi und Leonardo Reti ausgeführten Stukkaturen hat er entworfen. Er malte hier den Triumph des Namens Jesu an der Decke des Hauptschiffs, die Krönung der Maria mit den Zwickelfiguren der Evangelisten in der Kuppel, die Anbetung des Lammes in der Tribuna, das Engelskonzert am Triumphbogen sowie die Apotheose des hl. Ignatius in der Capp. S. Ignazio. Um diese Zeit entstanden auch die Altarbilder für S. Andrea al Quirinale und S. Francesco a Ripa. Den Auftrag die Decke in S. Andrea della Valle zu malen, lehnte er aus Bescheidenheit - um nicht mit Domenichino u. Lanfranco zu konkurrieren - ab. G. war ein berühmter Mann geworden, dem die Aufträge von allen Seiten, nicht nur von den Päpsten Klemens IX., Klemens X., Innocenz XI., deren Bildnisse er gemalt hat (siehe unten), sondern auch von ihren Nepoten, den Kardinälen und vielen anderen vornehmen Personen zuflossen. Auch König Johann V. von Portugal bestellte bei ihm ein großes Bild - der Gegenstand wird nicht genannt -, wofür er ihn zum Ritter machte, eine Würde, von der G. aber keinen Gebrauch machte. Auch daß er Bildnisse von Engländern, die sich vorübergehend in Rom aufhielten, malte, wird berichtet. Gönner in der. Heimat, zu denen der Kardinal Spinola gehörte, verschafften ihm den Auftrag, das Fresko im großen Saal des Palazzo Ducale zu Genua zu malen. Er begab sich (1693) mit dem fertigen Entwurf, der die "Liguria triumphans" darstellte, dorthin, aber die Ausführung kam wegen der übertriebenen Preisforderung G.'s - für die Malereien von il Gesù hatte er 12 000 Scudi d'oro erhalten - nicht zustande. (Sie wurde dann dem M. A. Franceschini aus Bologna übertragen.) Ebensowenig, wie die Fresken in der Sala del Minor Consiglio, die er später auf Empfehlung des Kardinals Spinola malen sollte. Er war nämlich damals mit den Malereien der Decke von S. Apostoli in Rom, den Triumph der Franziskaner darstellend, beschäftigt. Während seines Aufenthaltes in Genua hatte er u. a. das Porträt des Dogen Invrea (nicht mehr nachweisbar) gemalt. Der letzte Papst, dessen Bildnis er malte, war Klemens XI. Albani (reg. seit 1700), und seine letzten Arbeiten überhaupt waren die Seitenbilder für die Kap. des hl. Franz Xaver in S. Andrea al Quirinale und der Entwurf für die Mosaiken der Taufkapelle in S. Peter (nicht ausgeführt). Schon 1662 Mitglied der Akad. S. Luca (u. der Congregazione de' Virtuosi al Panteon) geworden, wurde er 1674 zu ihrem Princeps gewählt. G. hat auch Bilder für Kirchen der Romagna, in Umbrien und Ligurien geliefert (s.u.). - Eine Monographie, die seiner Bedeutung als Fresken- u. Bildnismaler gerecht würde, wäre eine dankbare Aufgabe, erforderte aber umfangreiche Nachforschungen. In seiner guten Zeit, etwa bis zum Tode Bernini's, ist G. harmonisch, anmutig und kräftig im Kolorit (Ratti), wie die weiblichen Allegorien in S. Agnese beobachten lassen; "die leichte Farbengebung verblüfft. . es sind zierliche lächelnde Gestalten mit schmachtenden Augen, ein kokett sinnlicher Ausdruck dominiert" (Schmerber). Aber auch über das Pathetische verfügt er, wie Lanzi hervorhebt (Tod des hl. Franz Xaver in S. Andrea al Quirinale). In den großen Fresken der Gesùkirche offenbart er einen außerordentlichen Erfindungsreichtum und eine wunderbare Vielseitigkeit. Er verfügt über alle Mittel der "dal sotto in su"-Malerei und erscheint sogar vielseitiger als Pozzo, indem ihm nicht nur die Wiedergabe der schwierigsten Verkürzungen und Gruppierungen, sondern auch die Lösung der Beleuchtungsprobleme in den Licht- und Schattenmassen gelingt. Für das Thema der Apotheose dürfte ihm die berühmte Barberini-Decke des Pietro da Cortona manche Anregung geboten haben. Freilich wirkt er im Gesamteindruck des Ganzen erfreulicher als in den Einzelheiten, wo man allerdings die Vorzüge dieser Art von M alerei sucht. Aber alles in allem bedeuten diese Fresken eine wichtige Etappe in der Entwicklung der Deckenmalerei, die von Michelangelo u. den Carracci über Pietro da Cortona zu Pozzo und Tiepolo führt. Das blendende Kolorit verrät den Nachahmer Barocci's (Venturi). - Von Gaullis Bildnissen, denen die Zeitgenossen "energia e vivezza" nachrühmten, haben sich nur wenige in Originalen erhalten. Die größere Zahl ist uns durch Stiche bekannt. G.'s zahlreiche Kardinalsbildnisse - fast sämtlich verschollen - wurden für die beiden im Verlag des Giov. Giac. de' Rossi erschienenen Folgen "Effigies ... Pontificum et Cardinalium et Cardinalium defunctorum. . " 2. vols., Rom o. J., u. "Effigies Innocentii IX. papae et Cardinalium nunc viventium", o. J., gestochen. Als Stecher erscheinen: R. van Audenaerd, J. Blondeau, A. Clouwet (Kard. Celsi 1664 u. a.), Coenradt, Farjat, Guigou, A. Haelweg, Lauwers, P. Schenk (Kard. Radziezowski, Abb. in Zeitschr. f. Gesch. usw. Ermlands 20 H. 2 [1919] Taf. 20 cf. p. 570), van Schuppen, P. Simon, Spierre, G. Vallet und Westerhout. Den hohen Grad von Natürlichkeit und Lebenswahrheit - er malte ausschließlich Kniestücke - soll er dadurch erreicht haben, daß er seine Modelle nicht zum Stillsitzen zwang, sondern sie sich frei bewegen, auf- und abgehen usw. ließ, wie er es von Bernini gelernt hatte. Besonders ausdrucksvoll sind auch die Hände. Schöne Beispiele seiner Porträtkunst sind vor allem der Bernini der Gall. Nazionale in Rom - "das schönste Bernini-Porträt" (Venturi, Abb. L'Arte III [1900] 316), Klemens IX. (Rom, Pal. Rospigliosi, Abb. Zeitschr. f. bild. Kst N. F. XXII [1911] 176) und der Kardinal Leopoldo de' Medici in den Uffizien zu Florenz (kurz vor 1675 gem., Abb. Rivista d'arte VI [1909] 337). Die Kunst, mit der hier Intelligenz, Grandezza und die Resignation des Alters zugleich wiedergegeben sind, bedeutet einen Höhepunkt der Bildnismalerei überhaupt. - Ein zweites Bernini-Bildnis G.'s war im Besitz von Geymüller's u. 1889 in der Pariser Ecole des Beaux-Arts ausgest. (vgl. Arch. stor. dell'arte II [1889] 268), ein drittes, das verschollen ist, wurde von A. van Westerhout für Dom. Bernini's "Vita del Cav. Bernino" (1713) gestochen (auch als Titelbild in Fraschetti's "Bernini" abgeb.). Wir erwähnen noch 2 Bilder, Alexander VII. und Mario Chigi, der 1918 in München versteigerten Sammlung Messinger (Abb.: L'Arte, XVI [1913] 144). Ein jugendliches Selbstbildnis G.'s befindet sich in der Samml. der Uffizien zu Florenz (um 1660 gem. - gest. von P. Campana für das Museo Florentino III 295, von Perini als Vignette für Soprani-Ratti, Vite usw. u. von Cornelis van den Berg). - Nach verschollenen Historien u. Allegorien G.'s haben gestochen: R. van Audenaerd ("Zorn des Achilles", Thesenbl. u. "Poesie u. Gerechtigkeit", Frontispiz); Desplaces ("hl. Clara", Cab. Crozat); N. Dorigny ("hl. Venanzio als Schutzheil. von Camerino"); J. Frey ("Gottvater" u. "hl. Julian") u. Gomier ("hl. Ignatius" - nach dem Bilde in Genua, s.u.?). - Zeichnungen G.s in Florenz (Uffizien), Genua (Pal. Blanco), Paris, Louvre (33 Bl.), Montpellier, Rennes, Düsseldorf (Samml. der Akad.; 72 Bl., nicht älles echt) u. a. O. Erhaltene Werke (mit Angabe der Stecher). A) Italien. 1)Rom. S. Agnese a Piazza Navona, Pendentifs der Kuppel: Tugenden; S. Andrea al Quirinale: Tod des hl. Franz Xaver (von B. Farjat gest.) u. 2 Seitenbilder mit Szenen aus sein. Leben; S. Apostoli: Deckenfresko; S. Francesco a Ripa, 4. Kap. 1.: Madonna; Gesù: Deckenfresken; S. Margherita: Immaculata; S. Maria in Campitelli, 2. Kap. 1.: Geburt Johannes des Täufers; S. Maria Maddalena, 3. Kap. 1.: Madonna mit dem hl. Nikolaus von Bari; S. Maria sopra Minerva, 2. Kap. r.: Trinità (Fresko) u. hl. Luis Beltran (gest. von Bailliu); S. Marta (profaniert): Tondi der Decke; S. Niccol0 da Tolentino, Vierung: hl. Johannes Evangelista; S. Teodoro: hl. Julian (das von J. Frey gest. Bild?). - Gall. Naz.: Bernini u. Olskizze (Entwurf für das Hauptbild in Gesù; Abb. Boll. d'arte II 119081 85); Accad. S. Luca: Innocenz XI. (gest. von 13. Farjat), Geburt Joh. d. Täufers u. a.; Pal. Doria-Pamphilj: Principe Camillo Pamphilj (gest. von Vischer) u. Olimpia Pamphilj, Principessa von Rossano (um 1669 gem., vgl. Arch. stor. dell' arte II (1889] 153); Pal. Rospigliosi: Klemens IX.; Pal. Spada: Kard. Capodiferro, Christus u. die Samariterin u. Olskizze (Entwurf für die Tribuna in Gesù); Casa Ghigi: Alexander VII., Endymion. 2) auDerholb Roms: Ascoli Piceno, S. Venanzo: 2. Altar r.: Tod des hl. Franz Xaver; Florenz, Uffizien: Selbstbildnis (s. o.), Kard. Leopoldo de' Medici; Principe Taminaso Corsini: Kard. Neri Corsini (gest. von Guigou); Genua, I'al. Rosso: Das Christuskind als Weltheiland, "in der Art des Guido Reni", Pal. Giorgio Doria: Großmut des Scipio; Pal. Ga- 'otti: Vision des hl. Ignatius; Pal. Spinola (Piazza Pellicceria): Geburt Christi (Olskizze); l'al. Spinola (Via Garibaldi): Kard. Spinola (gest. von Blondeau u. Farjat). Porto Maurisio (Ligurien), Collegiata: Madonna mit dun hl. Antonius. B) Ausland. Dessau, Ainalienstiftung: Der Olytnp, Olskizze; Dijon: Predigt Johannes des Täufers (gest. von Lépicié); Karlsruhe: Kard. \Ibani, später Papst Klemens IX. (gest. von Llouwet); Rouen: Himmelfahrt Mariä; Stockholm: Alexander VII.; Wien, Graf Czcrnin: hl. Familie. Biographisches und Allgemeines: Paseoli, Vite de' pitt. etc. mod. 1730ff. I 194ff., 321, :330; II 343. - Soprani-Ratti. Vite de' Pitt. etc. genov., II (1789) 74ff. - Missirini, Stor. della Rom. Accad. di S. Luca, 1823 p. 131, 467, 481. - Bertolotti, Artisti Subalpini in Roma, r 1884. - Arch. stor. (tell' arte II (1889) 153ff. - Füssli, Kstlerlex. T. I u. II. - Lanzi, Stor. piff. - M a - riette, Abeced. - Burckhardt, Der Cicerone, 1855. - H. Schmerber, Betracht. üb. die ital. Mal. im 17. Jahrh. (Zur I:stgesch. des Auslands H. 42), 1906. - A. Venturi in L'Arte, XVI (1913) 144 fi. - einzelne Bilder, Guider, Inventare u. Kat.: Titi, Descr. di Roma, 1783. - D. Angeli, Le Chiese di Roma, o. J. - D. Angeliin Arteital. decor. ed industr. XV (1906) 22ff. (Gesù). - P. Misciatelli in Vitad'arte XI(1913) 144ff., 175 f. (desgl.). - Lafenestre-Richtenberger, Rome (La Peinture en Europe), 1898. - St.Frasehetti, II Bernini, 1900. - ICarboni,) Ise I'itture. . di Brescia, 1760 p. 183 (Pal. Avogadro: "Der Sommer"). - ltatti, Instruz. di Genova, 1780. - P. A Iizeri, Guida di Genova, 1875 p. 134, 194, 216, 242. - E. Jacobsen, Repert. f. Kstwiss. XXXIV (1911) 195. - Suida, Genua (Ber. Kststätteu), 1906 p. 189. - G. A. Carducci, Su le mcm. ... di Ascoli ncl Piceno, 1853 p. 193. - 1). Bertolotti, Viaggio nella Liguria, 1834 1292. - Engerand, Ins ent. des Tableaux du Roy par llailly, 1899 (Bild in Dijon). - G. Campori, Race. di cataloghi etc., 1857. - Parthey, Dtscher Bildersaal, I (1863). - Cat. Mosten del ritratto ital., Florenz 1911. - Zeichnungen: Cat. Mus. Rennes, 1884 p. 163. - Th. Levin, Florenz 1870. - Reiset, Notice des dessins du Louvre T. - Inv. gén. des Richess. (l'art de la France. I'rov. Mon. civ. I (Montpellier). - Cat. Race. di disegni (Coll. Santarelli), Uffizi, Repert. der bei der Kgl. Kst-Akad. zu Düsseldorf aufbcw. Samml., 1883 p. 109. - Mireuur, Dict. des Ventes d'art III. - Stiche: Füssli 1. c. - Nagler, Kstlerlex. - H uber, Cab. Winckler II. - Duplessis-Lernoisne, Cat. Portr. franc. et étr. Ptbl. Nat. Iff. passim. - Ritratti ital. Racc. Cicognara-Morbio, Cat. XV I I I C. Lang, Rom, o. J., passim. - Bottari-Ticozzi, Nuova race. di lett. V 336. - Strutt, Dict. of cngrav. I (1785) 322. - Notiz von F. Noack. - Vgl. auch die im Text zit. Literatur. B. C. K.