Mondrian (Mondriaan), Piet (Pieter Cornelis), niederl. Maler, Zeichner, Grafiker, Kunsttheoretiker, *7.3.1872 Amersfoort, †1.2.1944 New York. Sohn des Grafikers und Zeichenlehrers Pieter Cornelis Mondriaan.
Mondrian, Piet
Ausb. bei seinem Onkel, dem Porträt- und Lsch.-Maler Frédéric (Frits) Hendrik Mondriaan; 1892-97 Stud. an der Rijks-ABK Amsterdam (Zeichenlehrerexamen). Als Lsch.-Maler Orientierung an der Haager Schule. 1906 Willink van Collenprijs der Ges. Arti & Amicitiae (dort Mitgl. 1894-1910). Seit 1908 Auseinandersetzung mit Symbolismus, Fauvismus und Pointillismus. 1909 erste bek. theoretische Äußerung in einem Brief an Emanuel Querido und Eintritt in die Theosophische Gesellschaft in Amsterdam. In diesem esoterischen Kontext einschlägig: Evolutie (1911, A647 [Cat. raisonné 1998, auch alle folgenden Werknachweise nach diesem WV zit.]; Den Haag). 1910 Mitbegr. der Künstler-Vrg Mod. Kunstkring in Amsterdam. 1911/12 Begegnung mit dem Kubismus. M. streicht in seiner Sign. das zweite a im Fam.-Namen. 1911-14 Aufenthalt in Paris, kubistische Baumstudien und sog. Fassadenbilder, bereits nahezu abstrakte Komp. auf der Grundlage linearer und geometrischer Elemente. 1912-14 Theorie des Universalen. Während des 1. WK erzwungener Aufenthalt in den Niederlanden, 1914 erste Einzel-Ausst. in Den Haag. Radikalisierung der orthogonalen Komp.-Struktur in der Pier-Ozean-Ser. (1915). 1916 Bekanntschaft mit Bart van der Leck. Zusammenführung der linearen Elemente mit intensiv hellfarbigen Flächen in Compositie 1916 (B80; New York, Guggenheim). Übernahme des Terminus "Neue Gestaltung" (De Nieuwe Beelding) von dem Theosophen Mathieu Schoenmakers. 1917 Mitbegr. der De-Stijl-Gruppe. In der von Theo van Doesburg hrsg. Zs. De Stijl entfaltet M. seine Theorie des Neoplastizismus. 1917-20 Theorie des 'universalen Gestaltungsmittels'; er veröffentlicht De Nieuwe Beelding in de schilderkunst (in: De Stijl 1-2:1917/18) und Le Neo-Plasticisme (P. 1920). Ab 1919 bis 1938 wieder in Paris. 1918 Vorstufe zum modularen Raster: Composition with Color Planes and Gray Lines 1 (B92, Priv.-Slg). 1919 Entwicklung des modularen Rasters in linearen Komp. und in den buntfarbigen sog. Schachbrettkompositionen. 1920 Lösung vom modularen Raster: Composition A (B105; Rom), Composition B (B106; Ludwigshafen). 1920-44 entwickelt M. eine Phil. der reinen Bezüglichkeit. 1921 erwägt er wegen des ausbleibenden kommerziellen Erfolges das Malen aufzugeben, malt Blumenbilder als Auftragsarbeiten, Beginn der 'klassischen' Periode mit Dehnung der farbigen Flächen: Tableau I, with Black, Red, Yellow, Blue, and Light Blue (B126; Stuttgart). Einf. eines zentralen Achsenkreuzes: Tableau 3 with Orange-Red, Yellow, Black, Blue, and Gray (B123; Basel) 1922 Einf. einer großen, dezentriert gelegenen hellen Fläche: Composition with Blue, Yellow, Black, and Red (B145; Stuttgart). 1922 zu seinem 50. Geburtstag zweite Einzel-Ausst. in Amsterdam. Bereits 1921-30 entstehen Rautenbilder, die zunehmend auf das lineare Element reduziert werden, u.a. Tableau No. I: Lozenge with Three Lines and Blue, Gray, and Yellow, 1925 (B165; Zürich). 1923-25 aus Geldnot überwiegend Blumenbilder. 1925 Bruch mit Van Doesburg, der ihn aus der De-Stijl-Gruppe ausschließt. M. erlernt den Charleston und gestaltet sein Atelier neu für die wachsende Schar der Besucher. Ab 1925 verstärkter Einsatz einer großen, an den Rand grenzenden Rechteckform: Tableau No. II, with Black and Gray (B166; Bern); 1927 Compositon with Yellow and Red (B198, Priv.-Slg). 1929 maximale Gleichwertigkeit von Linie und Fläche, bunten und unbunten Flächen: Composition No. III, with Red, Blue, Yellow, and Black (B213; Priv.-Slg). 1930 erscheinen Fotogr. von M.s Atelier in den Zss. Das Kunst-Bl. und Cercle et Carré, für die M. den Text The Realist and Superrealist Art verfasst. Theoretische Definition der Linie als entscheidendem Träger der Bildidee: "The planes are only the means". 1931 Mitgl. der Gruppe Abstraction-Création. Unveröff. bleibt der 1931 verfasste Text The New Art - The New Life. 1932 Einf. der Doppellinie: Composition B, with Double Line and Yellow and Gray (B231; Priv.-Slg). 1933 Wandlung der Linie zur farbigen Fläche: Lozenge Composition with Four Yellow Lines (B241; Den Haag). 1938 versucht M., um dem bevorstehenden Krieg mit Nazideutschland zu entgehen, in die USA zu emigrieren, was jedoch scheitert, daher Exil in England. Nach den ersten Bombenangriffen auf London mit Einschlägen in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung 1940 Flucht in die USA. 1943 Distanzierung von seinem früheren Werk als "merely 'drawing'" in einem Brief an James Johnson Sweeney. 1944 stirbt M. an einer verschleppten Lungenentzündung, er arbeitet bis zuletzt an Victory Boogie Woogie (B324; Den Haag). Vier Jahrzehnte später erscheinen seine gesammelten Texte (H.Holtzman, The new art, the new life. The collected writings of P.M., Boston 1986). 1994-96 retrospektive Ausst. des Lebenswerks in Den Haag, Washington und New York. 1998 Cat. raisonné. - M. orientiert sich, ausgehend von einer zunächst gemäßigt mod. Landschaftsmalerei, an den seinerzeit fortgeschrittensten künstlerischen Praktiken und artikuliert hierdurch sein Interesse an der Auflösung trad. Konzepte der Gest. des Bildraums. Sein Augenmerk gilt - etwa in den Ser. der Dünen- und Leuchtturm-Bilder (1909) - sowohl der Rhythmisierung des Bildes durch Ausbildung serieller Sequenzen im Symbolismus als auch der flächenbezogenen Gliederung der Impressionisten. M. erforscht gleichsam in seiner künstlerischen Arbeit die Möglichkeiten, die Einheit des Bildes in seinen materiellen Gegebenheiten, Linie und Fläche, selbst zu begründen. Wie andere zeitgen. Künstler reagiert M. hierbei auf die seit Mitte des 19. Jh. sich zuspitzende Krise der Repräsentationsfunktion des Bildes, das die Fähigkeit einbüßt, eine außerhalb seiner selbst gegebene Totalität im Schein wiederzugeben, was wiederum an das Verschwinden der Materialität in der malerischen Form gebunden war. Die Ausrichtung auf die Bildmittel selbst, Linie und Fläche, initiiert aber unverkennbar einen Konflikt zw. diesen im Sinne der Gefahr ihrer jeweiligen Dominanz. In den neuen Bilderfindungen des Kubismus erkennt M. für sich eine Möglichkeit, diesen Konflikt produktiv zu lösen. Die der wechselvollen Spannung zw. Linie und Fläche, Figur und Grund entspringende Tendenz zu einer Fragmentierung findet er hier entfaltet zu einer Methodik, die Bild-Gest. mit Bildanalyse verschränkt. Dem Weg der Integration von Realpartikeln in die Collage folgt er jedoch nicht. M. konzentriert sich, zw. Linie und Farbfläche trennend, auf die weitere Durcharbeitung der trad. malerischen Mittel, die er zunehmend von darstellenden Charakteristika abstrahiert, exemplarisch am Motiv des Baums, aus dem er zw. 1911 und 1913 ein dichtes, über die gesamte Bildfläche gebreitetes Liniengespinst entwickelt, in dem Vertikalen und Horizontalen vorherrschen (Tableau No 2 / Composition VII, 1913, B35; New York, Guggenheim). Mit der Kondensierung des kubistischen Bildmodells in den sog. Rasterbildern von 1918 setzt M. zu seiner Überschreitung an. Hier löst er die Taf.-Malerei nicht nur von jeglichem außerbildlichen Objektbezug, er eliminiert zugleich weitgehend auch die individuelle Prägung des malerischen Duktus. Die gleichförmige Durcharbeitung des Bildfeldes verunmöglicht eine Trennung von Figur und Grund sowie die Identifikation von Lichteinfall und Schattenwurf. Die weiteren Veränderungen, die M. seinen Bilderfindungen angedeihen lässt, zeigen aber auch, welche Probleme das Raster aufwirft. Als das eigentlich strukturbestimmende Element droht die Linie, sich zum Träger der Bildidee aufzuwerfen und die tradierten Rollen von Disegno und Colore zurückkehren zu lassen. Zugleich verlieren Linienraster und ihm gleich geformte Farbflächen an Spannung gegenüber der Gesamtheit des Bildfeldes, werden ihr gegenüber tendenziell tautologisch. Der durch die zarten Linien der Schachbrett-Komp. keineswegs unterbundene Farbkontrast ruft zudem illusionistische Raumwirkungen hervor. In der Folgezeit beginnt M., diese strukturellen Probleme konsequent durchzuarbeiten und treibt das Raster gleichsam über sich hinaus. 1920 beginnt er, die Abstände der Linien wieder zu variieren; er verbreitert und schwärzt die Linien, sodass sie, was in Compositie in lijn (1917, B83; Otterlo) experimentell vorweggenommen worden war, zu geometrisch begrenzten Formen werden, die alle gesturale Expressivität verneinen (Composition with Yellow, Red, Black, Blue, and Gray, 1920, B114; Amsterdam). Unter Beibehaltung rechteckiger Formationen entstehen nun unterschiedlich proportionierte Komp. aus buntfarbigen, grauen und weißen Farbflächen sowie schwarzen Linien. Zumal M. Größe und Format des oft dem Quadrat angenäherten Bildfeldes kaum verändert, obwohl er es zeitweilig, in seinen Rautenbildern, um 90 Grad dreht, entwickeln sich wechselnde spannungsvolle Bezüge zum Bildinneren. Das Bildfeld als Ganzes gewinnt auch dadurch an Kraft, dass M. die bemalte Oberfläche vor den Rahmen setzt, sodass dieser das Bild nicht mehr im Sinne einer klassischen Repoussoirwirkung optisch aushöhlt, sondern seine Materialität ausstellt. Zugleich arbeitet M. mit der Intensivierung der farbigen Flächen einer Dominanz der wie beschrieben verstärkten Linien entgegen. Ein wesentliches Moment hierbei ist, dass er auch die Größe der Farbfelder variiert, ihnen teilw. mächtige Dimensionen verleiht. So können sie fast bildbeherrschend energisch einer Vormacht des Liniengeflechtes entgegentreten, wie z.B. die rote Fläche im Kölner Tableau I, with Black, Red, Yellow, Blue, and Light Blue (1921, B121; Priv.-Slg). Im Dienst einer Emanzipation der Fläche gegenüber einer Dominanz der Kontur steht die Begrenzung der Fläche durch sich selbst, also die Lösung von einer verbindlichen Umrahmung durch die Linie. So können die Farbfelder etwa mit dem Bildrand enden und profitieren im Sinne einer Selbstrahmung ebenso wie die Linien von der Zurücksetzung des Bildrahmens. Die einer illusionistischen Raumwirkung entgegentretende Gest. der Farbgebung bewirkt M. durch die zunehmende Konzentration und schließlich vollst. Beschränkung auf die Grundfarben Rot, Blau und Gelb. Sie nehmen in der Ordnung der Farben gleichberechtigte Positionen ein und werden in M.s Bildwerken mit einer enormen und doch in sich ruhenden Strahlkraft ausgestattet, denn jedes buntfarbige Feld bleibt für sich. Der Farbkontrast mit seinen vibrierenden Raumeffekten ist gebannt. M. erreicht auf diesem Wege eine weitgehende Aufhebung des die Gesch. der Malerei begleitenden Kontrastes zw. Figur und Grund; seine Komp. führen an diesem Punke über den Kubismus und auch über den abstrakten, im Oszillieren zw. Figur und Grund noch aufrechterhaltenen Illusionismus der Rasterbilder hinaus. M.s Bildidee konstituiert sich in einer dialektischen Spannung zw. Konturlinie und farbiger Fläche. In dem Maße, wie beide in Konkurrenz zueinander verbracht werden, treiben sie auch aufeinander zu, negieren Linie und Fläche einander in ihrer Position als Produzenten des Bildes. Ununterscheidbar wird, ob sich die Fläche in das gegebene Gefüge der Linien einordnet oder nicht vielmehr die Linie sich einer durch die farbige Fläche gegebenen Ordnung begleitend angliedert. Einer Negation des Gestaltsehens dient v.a. auch die Ausbreitung der unbunten Fläche. Bes. im Komp.-Typus mit dezentriertem großen Quadrat (Composition with Blue, Yellow, Black, and Red, 1922, B145; Stuttgart) und in Rautenbildern (z.B. Tableau I: Lozenge with Four Lines, and Gray, 1926, B176; New York, MoMA) stärkt M. die unbunte Fläche und vermeidet hierdurch, dass sie in die Rolle eines neutralen Hintergrundes eintritt. Ein wesentliches Moment ist stets ihre Gest. durch einen feingeschichtet massiven, fast plastisch wirkenden Farbauftrag, ein Phänomen, das sich in seiner ganzen Wirkung erst vor dem Orig. entfaltet und in fotogr. Reprod. nicht genügend wiedergegeben werden kann. Die nicht selten enorme Ausmaße annehmenden hellen Flächen schieben sich in den Vordergrund; sie liegen deutlich sichtbar in derselben Ebene wie die schwarzen Linien und die bunten Farbfelder, haben Teil an derselben Textur. Indem M. sie in dieser Art und Weise vergesellschaftet, gelingt es ihm, die unbunten Flächen als Katalysator einer weiteren Zuspitzung des Konfliktes zw. Linie und Fläche einzusetzen. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung in den späteren 1920er Jahren gelingt M. eine überraschende, wenn auch durch frühere Arbeiten schon vorbereitete Wendung, die an Composition with Red, Black, Blue, and Yellow (1928, B204; Ludwigshafen) gut zu studieren ist. Die Identitäten von Linie und Fläche, aber auch von Bildrahmen und Bildfeld, sind ins Schwanken geraten. M. erreicht dies durch eine Verschmälerung der bunten wie auch der unbunten Farbflächen, die am unteren Bildrand quasi linear gestreckt in den Vergleich mit der schwarzen horizontalen Linie darüber ebenso wie mit der Rahmenleiste darunter treten. Die flächenhafte Ausdehnung der schwarzen Farbe und ihre 'Rahmung' durch schwarze Linien entkräftet wiederum die ideelle Funktion der Linie gegenüber der Fläche, macht sie zu einer Differenz der Faktur. Jedes der antithetisch aufgestellten Elemente, die Linie wie das farbige Feld, fasst zugleich auch den Gegensatz seiner selbst in sich. Damit entfaltet sich der Widerspruch nicht mehr zw. den Medien Linie und Farbe, sondern in ihnen selbst. M. erreicht hier eine bisher nicht gegebene Entfaltung der abstrakten Kunst im Sinne einer Selbstreflexion der Malerei und ihrer Konstituanten, was in seinen Eigenkommentaren nur bedingt zum Ausdruck kommt. Wie bei and. Künstlern seiner Zeit zeigt sich auch in seinen Schriften eine Tendenz, den in der künstlerischen Arbeit sichtbar werdenden Bruch mit der Trad. zu überwinden durch eine neuartige Bestimmung des Kunstbegriffs und eine veränderte Bewertung zurückliegender Kunstepochen.Greifbar wird bei M. ein Bemühen, das umwälzend Neue seiner malerischen Schöpfungen in die Kunstgesch. einzubinden und ihnen über diese Verklammerung mit dem Vergangenen der Kunst auch ein Aufgehobensein im ges. Lebenszusammenhang zu bewahren. Obwohl von Seiten der Forsch. bescheinigt wurde, dass M.s Schriften von eher eklektischer Beschaffenheit sind und es ihnen an der Konsistenz und Originalität seiner bildkünstlerischen Arbeiten mangelt, sind sie gleichwohl häufig zur Grundlage der Deutung und Wertung seiner Malerei herangezogen worden. Die Relevanz von M.s Kunsttheorie erweist sich jedoch als eine ambivalente. M. hat sich zeitweilig als Theoretiker an Van Doesburg und der Gruppe De Stijl orientiert, ist aber deren Tendenzen zur Ausweitung der künstlerischen Praxis ins Archit. und in die Produktion von Gebrauchsgegenständen letztlich nicht gefolgt, sondern bleibt auf die Malerei konzentriert, sieht man von der Gest. seines eig. Ateliers und Auftragsarbeiten für Ida Bienert (B167. 1-3; Dresden, SKS) und Michel Seuphor (B178; zerst. durch M.) ab. Seine Verwandtschaft zur De-Stijl-Gruppe erweist sich jedoch deutlich in seiner Idee des Entwurfs eines übergreifenden 'universalen Gestaltungsmittels'. Wie and. Zeitgen. frönt er dabei unverkennbar Vorstellungen synthetisierender harmonischer Einheit der Kunst, die den von ihm entwickelten spannungsvollen Wechselbeziehungen zw. Linie und Fläche in seinen Werken kaum gerecht werden. Im Besonderen betont er selbst einseitig die von ihm vollführte Annäherung von Linie und Fläche unter Vernachlässigung der so jeweils geschaffenen Nicht-Identität beider mit sich selbst. Letztendlich ist auch für M. selbst ein Auseinanderklaffen von Theorie und Werk unübersehbar, das sich angesichts fehlender theoretischer Alternativen in den Veränderungen zeigt, die im Vergleich zu den Arbeiten der 1920er Jahre sein spätes Werk aufweisen. M. geht dabei so weit, sein früheres Werk, das doch der Entfaltung der malerischen Mittel galt, als bloß 'gezeichnet' zu disqualifizieren, wobei ihm die Forsch. in der Wertschätzung seines Spätwerkes in gewisser Weise gefolgt ist. Bei dem Versuch, sich als Maler seiner Theorie anzupassen, kehren die früheren Hierarchien zw. Figur und Grund, zw. Disegno und Colore erneut zurück, wie die Einf. der Doppellinie (Composition B, with Double Line and Yellow and Gray, 1932 B231; Priv.-Slg) markiert, denn sie weist den Weg in eine dem Rasterstil wieder verpflichtete illusionistische Räumlichkeit des linearen Geflechts. Auch die mit Lozenge Composition with Four Yellow Lines (1932, B241; Den Haag) anhebende farbige Gest. linearer Elemente, welche die frühere 'autonome' Präsenz der Farbfelder in die Linie reintegriert, wodurch die Flächen des Bildes selbst wieder in den Hintergrund zu treten beginnen, lassen erneut einen vibrierenden optischen Raum entstehen. Assoziationen an Stadt-Archit. oder musikalische Rhythmik hat M. folgerichtig in Titel seiner späten Werke einfließen lassen (New York City, 1942, B301; Paris, MNAM; Broadway Boogie-Woogie, 1942/43, B323; New York, MoMA). - M. ist unbestritten einer der Protagonisten der nicht-gegenstandsbezogenen Malerei und einer der wichtigsten Künstler des 20. Jh. überhaupt. In beeindruckender Konsequenz und Stringenz entwickelt er eine ihm eig. originäre Bildsprache. Die radikalen Veränderungen, denen er die Bildmittel unterwirft, sind allerdings in der Rezeption seines Werkes nicht immer vollst. erfasst. Selbst Theodor W. Adorno, der doch in seiner Analyse der Kunst der Mod. die Elemente der Negation und des Nicht-Identischen ins Zentrum seiner Überlegungen stellt, hat sich unter Vernachlässigung dieser Qualitäten in M.s Werk eher an den kubistischen Künstlern orientiert. Obwohl sich gerade einige nord-amer. Künstler, u.a. Barnett Newman, in ihren Selbstäußerungen teilw. schroff von M. und seinem Werk absetzen, hat M.s Arbeit am Bild in der Kunst der USA ihre wichtigste Fortsetzung erfahren. Ohne seine hist. Leistung wären die Bildschöpfungen des Abstrakten Expressionismus, der Farbfeldmalerei und der Minimal-Art kaum vorstellbar. Seine Dynamisierung von Linie und Fläche wirkt selbst in die Pop-Art hinein.
Le Néo-Plasticisme, P. 1921 (dt. Neue Gestaltung [...], M. 1925 [Bauhausbücher, 5]); M./R.Motherwill/H.Holtzman, Plastic art and pure plastic art [1937] and other essays [1941-43], N.Y. 1945.
Einzelausstellungen:
1909 Amsterdam, Sted. Mus. (mit Cornelis Rudolf Hendrik Spoor und Jan Sluyters) / Den Haag: 1914 Kunsthandel W. Walrecht; 1955, '81, '88, '94-95 (Wander-Ausst.), 2011-14 (Dauer-Ausst.) Gemeente-Mus. / 1915 (mit Henri Le Fauconnier u.a.), '25 Rotterdam, Kunstkring / 1925 Dresden, Kunst-Ausst. Kühl (mit Man Ray) / 1926 München, Gal. Goltz (mit El Lissitzky, Man Ray) / 1935 Hartford/Conn., Wadsworth Atheneum (mit Naum Gabo, Antoine Pevsner, César Domela) / 1956 Rom, GNAM (Wander-Ausst.) / 1957 Houston (Tex.), Contemp. AM. / New York: 1957, '62, '63, '74 Sidney Janis Gall.; 1957, '71 Guggenheim; 1970 Pace Gall. (Wander-Ausst.); 1981, '83 MoMA / Basel: 1964 Gal. Beyeler; 2013 KM (mit Barnett Newman und Dan Flavin) / 1965 Santa Barbara, Mus. of Art / 1966 Toronto, AG / 1968 Berlin, NG / Paris: 1969 Orangerie des Tuileries; 2010-11 Centre Pompidou / 1972 Bern, KM / 1979 Washington, NG / 1980 Stuttgart, SG (Wander-Ausst.)/ 1981 Baltimore, Mus. of Art / 1987 Tokio, Seibu Mus. (Wander-Ausst.) / 1994 Amsterdam, Gemeentearchief / 2001 Cambridge (Mass.), Harvard Univ. AM (Wander-Ausst.) / 2003-04 Riehen, Fond. Beyeler (mit Kazimir Malevič) / 2005 Wien, Albertina / 2007 Köln, Mus. Ludwig / 2011 München, Lenbachhaus / 2012 London, Courtauld Gall. / 2014 Hamburg, Bucerius Kunst Forum (Wander-Ausst.) 2015 Berlin, Martin-Gropius-Bau (K) / 2018-19 Wiesbaden, Mus. -
Gruppenausstellungen:
1899, 1910 Amsterdam, Sted. Mus.: Jahres-Ausst. Lukasgilde / 1909, '10 Brüssel, MMK: Jahres-Ausst. Doe Stil Voort / 1912 Köln: Internat. Sonderbund-Ausst. / 1913, '14 Paris: Salon des Indépendants / 1913 Berlin, Lepke-Räume (veranstaltet durch Gal. Der Sturm): Erster dt. Herbstsalon / New York, MoMA: 1936 Cubism and abstract art; 2012-13 Inventing abstraction / 1937 München, Hofgartenarkaden: Entartete Kunst / 1956 Venedig: Bienn. / 1981 Köln, Rheinhallen: Westkunst / 1986 Washington/D.C., Phillips Coll.: Centennial exhib. / 1991 Kassel, Mus. Fridericianum: Symbolismus in den Niederlanden / 2014 Düsseldorf, KS NRW: Kandinsky, Malewitsch, M. - der weiße Abgrund Unendlichkeit. - alle mit Kat. oder Falt-Bll.
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB25, 1931; Vo3, 1956 (Lit. bis 1955)
Weitere Lexika:
EAAm II, 1969; Scheen II, 1970; Bauer, GEM VI, 1978; ContempArtists, 1983; EAPD, 1989; Witte II, 1991; DA XXI, 1996; R.Kostelanetz, A dict. of the avant-gardes, N. Y. 22000; Schweers II, 2008 (31 Werke).
Gedruckte Nachweise:
H.L.C. Jaffé, De Stijl 1917-1931, Am. 1956 (dt. 1965); M.Seuphor, P.M., Köln 1957; R.Welsh, The early career of P.M., Diss., Univ. Princeton 1965, N.Y. 1977; J.Joosten, Mus.-j. voor mod. kunst 13:1968(4-6)208-215, 267-270, 321-326; J.Joosten/R.Welsh (Ed.), Two M. sketchbooks 1912-1914, Am. 1969; H.L.C. Jaffé, P.M., N.Y. s.a. [1970] (dt. 1971); M. 1872-1944 (K Guggenheim), N.Y. 1971; J.Joosten, ibid., 53-66; id., Artforum 11:1973(8)55-59; M. (K NG), Wa. 1979; E.A. Carmean, ibid., 17-66; C.Weyergraf, P.M. und Theo van Doesburg, M. 1979; M.Schapiro, Mod. Kunst. 19. und 20. Jh., Köln 1982, bes. 258-290 (Erst-Veröff. N.Y. 1978); H.L.C. Jaffé, Nederl. kunsthist. jb. 31:1980, 533-543; K.S. Champa, M. Studies, Chicago/Lo. 1985; B.Wismer, M.s ästhetische Utopie, Baden 1985; Y.-A. Bois, Paint. as model, C., Mass./Lo. 1990, bes. 157-183; J.Milner, M., Lo. 1992; C.Blotkamp, M. the art of destruction, Lo. 1994; S.Deicher, P.M. Protestantismus und Modernität, B. 1995; T.Scheer/A.Thomas-Netik, P.M. Komp. mit Rot, Gelb und Blau, Ffm./L. 1995; R.P. Welsh/J.M. Joosten, P.M., Cat. raisonné, 2 Bde (1 [A]: Naturalistic works until early 1911), (2 [B]: Work of 1911-1944; Bibl.), M. 1998; B.Grigull, P.M. Das kubistische Werk [,,,], Kiel 2005; R.Prange, Das ikonoklastische Bild. M. und die Selbstkritik der Kunst, Paderborn/M. 2006; M.White, BurlMag 148:2006, 98-106; Wilhelmi, 2006; C.Blotkamp, Les cahiers du MNAM (P.) 114:2010, 74-98; E.Schrepfer, P.M. [...] Ein Bild wird entschlüsselt, St. 2010; H.Janssen/M.White, The story of De Stijl. M. to Van Doesburg, N.Y. 2011; M.van Bommel , Inside out Victory Boogie Woogie, Am. 2012; N.Troy, The afterlife of M., Chicago 2013; L.Veen, Simiolus 37:2013/14, 61-85
Onlinequellen:
Website M.
Mondriaan (Mondrian), Piet, holl. Maler u. Kstschriftst., *7. 3. 1872 Amersfoort, †1. 2. 1944 New York. Neffe d. Vor. Schüler s. Vaters Pieter M. (1839-1921) u. s. Onkels Frits M., weitergebildet bei J. Braet von Ueberfeld u. an d. Akad. Amsterdam. 1915/16 u. 1919/38 in Paris, dann in London, seit 1940 in New York. Anfängl. gegenständliche Malerei (Figürliches, Landschaften), ging später zur abstrakten Richtung über, zu deren extremsten Vertretern in Holland er gehört. Begründer u. Hauptmeister des Neo-Plastizismus. Ist zur Zeit große Mode in den USA. Seine Bilder stellen rhythmisch aneinandergefügte Quadrate u. Rechtecke dar, die gewisse Zusammenhänge mit der Jazzmusik betonen u. in der Farbe äußerste Zurückhaltung üben; Haupttöne: Rot, Gelb, Blau ("Broadway Booggie Woogie"). Vertreten im Stedel. Mus. Amsterdam u. im Kaiser-With.-Mus. in Krefeld. Koll.- u. posthume Ausst.: Febr. 1942 u. März 1946 in d. Valentine Gall. in New York; April 1945 im Mus. of Mod. Art ebda; Jan. 1947 im Stedelijk Mus. in Amsterdam; Okt. 1949, Febr. 1951 u. Nov. 1953 in d. Sidney Janis Gall. New York; Frühjahr 1955 in Den Haag (Kat. m. Abbn sämtl. 129 ausgest. Arbeiten); Juni/Juli 1955 im Ksthaus Zürich. - Eigene Schriften: Le Néoplasticisme, 1921; Plastic Art and Pure Plastic Art, 1937; Other Essays, 1941-1943, New York 1945. Lit.: Th.-B., 25 (1931). - Wie ist dat?, 1935. - Bénézit, 6, m. Taf. - Bau, m. 2 Abbn. - Haftmann. - Hall, 1 (1936); 2 (1949). - Schmidt. -Waay.-Waller.-L'Amourde l'Art, 1934, p. 399ff. passim; 25 (1945) 35, m. Abb. - The Art News, 1946, Nr 1, p. 54, m. Abb.; 46 (1947) Nr 9, p. 22ff., 52 passim, m. Abb.; Nr 10, p. 25ff., 51ff. passim, m. Abb. - Arts and Architect., 63 (1946) 32f., 50ff. - Beaux-Arts, 3.1.1947, p. 1, in. Abb. - Cahiers d'Art, 7 (1932) 79f., m. Abb.; 22 (1947) 103/16, m. 14 Abbn. - College Art Journal, 8 (1948) 14/16. - Emporium, 105 (1947) 171. - Forum, 1 (1946) 264f., m. Abb. - Journal of Æsthetics and Art Criticism, 2 (1943) 62 70. - Kroniek van Kunst en Kultuur, 8 (1947) 233 37. - D. Kst u. das schöne Heim, 49 (1951) Beil. p. 140. - Kunst ins Volk (Wien), 1952, p. 245 (Abb.). - D. Kstblatt, 14 (1930) 66 (Abb.), 67. - D. Kstwerk (Baden-Baden), 4 (1950) H. 8/9 p. 94 (Abb.), 95; 6 (1952) H. 6, p. 47 (I. Sp.). - Maandbl. v. beeld. Kunsten, 5 (1928) 81 f. - Mededeel. v. d. Dienst v. Kunsten en Wetensch. d. Gem. 's-Gravenh., 3 (1933/34) 116. - The Museum of Mod. Art Bull., 12 (1945) 1/12, m. 12 Abbn; 13 (1946) 35/37. - Pennsyiv. Mus. Bull., 38 (1942/43) Nr 198 (Abb.). - Pro Arte (Genf), 2 (1943) 206. -The Studio, 139 (1950) 113 (Abb.); 143 (1952) 131 (farb. Abb.). - Die Umschau, 3 (1948) 505 f. - D. Werk (Zürich), 36 (1949) 412 (Abb.); 38 (1951) 349/55; 42 (1955) Beil. p. 132/34. - Kat.: P.M. 1872-1944. Ged.-Ausst. Ksthalle Basel 6.2./2.3. 1947, m. 5 Abbn u. Bildnis. Mit Einleitg u. biogr. u. bibliogr. Notizen von R.Motherwill. - Kat. d. Ausst. Holl. Kst d. Gegenwart, Berlin, Schl. Charlottenbhrg, 1955, m. Abb. - Kat. d. Ausst. "documenta", Kassel Juli/Sept. 1955, m. Abb.