Thorvaldsen, Bertel (Alberto; Albert), dän. Bildhauer, Kunstsammler, *19.11.1770 Kopenhagen, †24.3.1844 ebd. Sohn von Gotskalk T.
Thorvaldsen, Bertel
T. wurde in Anerkennung seines außergewöhnlichen Zeichentalentes bereits mit elf Jahren als Schüler an der KA von Kopenhagen angenommen. Sein Vater, ein aus Island eingewanderter Holzschnitzer, schuf Ornamente für Schiffe der Zivilflotte, eine Arbeit, an der T. sich mit Entwurfszeichnungen beteiligte. In T.s Relief Ruhender Amor von 1789, für das er die Silbermedaille der Akad. erhielt, waren bereits alle stilistischen und expressiven Elemente angelegt, die für sein späteres Werk char. werden sollten: Der kontemplative, ruhende und introspektive Ausdruck in Verbindung mit einem harmonischen Aufbau der Figur. Die Kopenhagener KA war in diesen Jahren ein künstlerisches Zentrum Nordeuropas. Einer ihrer Professoren, der Bildhauer Johannes Wiedewelt, war in den 1760er Jahren ein enger Freund und Anhänger Johann Joachim Winckelmanns in Rom gewesen und hatte dessen Theorien über die Zukunft einer neuen, im Licht der Antike geschaffenen Kunst als einer der ersten verbreitet. Ein weiterer Prof. der Akad., Nicolai Abildgaard, hatte in den 1770er Jahren zu den radikalen experimentierenden Künstlerkreisen Roms gehört. T. wurde von beiden beeinflusst, v.a. aber von Abildgaard und dessen Vorstellungen von einer Ges. der Zukunft, der neuen, freien Menschheit in der F. der großen Revolutionen in Europa. Stilistische Eigenschaften sowohl Wiedewelts als auch Abildgaards finden sich in T.s Relief Die Apostel Petrus und Johannes heilen einen Lahmen vor dem Tempel, für das er 1793 die große Goldmedaille der Akad. erhielt. Abildgaard wurde T.s Mentor und Fürsprecher an der Akad. und beteiligte ihn an einigen seiner eig. Arbeiten, darunter die Dekoration eines der von der Königsfamilie genutzten Schlösser in Kopenhagen. Abildgaard vermittelte ihm auch den Kontakt zum dän. Premierminister, Graf Andreas Peter Bernstorff, von dem T. eine Porträtbüste schuf und damit die Aufmerksamkeit einflussreicher Kreise der dän. Ges. erlangte. In den Jahren vor seiner Abreise nach Rom nahm T. aktiv am kult. Leben Kopenhagens teil, wie zahlr. Porträtbüsten und gez. Porträts von Schauspielern, Schriftstellern und Freunden belegen. Obwohl die Begegnung mit Rom für T. von höchster Bedeutung war, wurden die Grundlagen und Kenntnisse alles Neuen seiner eig. Zeit bereits in seiner Jugend in Kopenhagen gelegt. Im Aug. 1796 konnte T. mit dem 6-Jahres-Stip. der Akad., das mit dem Gewinn der Großen Goldmedaille verbunden war, seine Reise nach Rom antreten, um seine künstlerischen Fertigkeiten weiterzuentwickeln. Am 8. März 1797 traf er in Rom ein. Diesen Tag sollte er - im Bewusstsein der außerordentlichen Bedeutung der Stadt, ihres internat. künstlerischen Milieus und ihrer Kunstsammlungen für sein eig. Werk - für den Rest seines Lebens als seinen röm. Geburtstag feiern. T. war anfangs eng mit den Künstlern Asmus Jakob Carstens aus Schleswig und Joseph Anton Koch aus Tirol verbunden. Der einige Jahre ältere Carstens, dessen Komp. und radikalen Visionen einer neuen Ges. der Zukunft in Rom von T. und anderen Künstlern sehr bewundert wurden, war ein Revolutionär gewesen und schon 1781 der KA verwiesen worden. Carstens starb bereits 1798, und T. und Koch kümmerten sich um seinen künstlerischen Nachlass. Auch der berühmte, in Rom lebende dän. Archäologe und Antiquar Georg Zoëga, der den jungen T. in röm. Künstlerkreise einführte und ihm profunde Kenntnisse der Kunst und Kultur der Antike vermittelte, übte großen Einfluss auf ihn aus. T.s bahnbrechendes Werk in Rom, die Statue Jason mit dem goldenen Vlies von 1802/03, ging auf eine Komp. von Carstens zurück, wurde jedoch allgemein als unabhängiges, originelles Werk neuen Stils gepriesen, das genau die Vorstellung der neuen, im Licht der Antike geformten Menschheit verkörperte. Die Skulptur unterscheidet sich von vielen späteren Arbeiten T.s insofern, als sie die Bedeutung des Willens hervorhebt und ihren Umraum so nachdrücklich beteiligt. Dieselbe Eindringlichkeit zeigt auch das Relief Achill und Briseis von 1803, das gleichzeitig auf die weitere Entwicklung der Kunst T.s vorausweist. Die Figur des Achill verkörpert die gesamte Vehemenz und fast unerträgliche Kraft des sog. Sturm und Drang, während Briseis in Reflexion verharrt, bevor sie von den Herolden weggeführt wird. Kurz darauf erhielt T. weitere Aufträge, darunter von der russ. Fürstin Irina Ivanovna Vorontsova. Sie gab die Skulpturen Bacchus, Apoll, Ganymed, Amor und Psyche sowie Venus in Auftrag, die sie alle unter Lebensgröße wünschte. Char. für diese Skulpturen, die in tiefer Kontemplation in ihrem eig. Raum stehen, war ein Eindruck der Gelassenheit, ein Merkmal, das T.s Werke lange Zeit prägen sollte. Zu dieser Fokussierung auf geistige Werte hatte wahrscheinlich der Einfluss der Baronin Jacqueline Schubart beigetragen, die mit ihrem Ehemann, Baron Herman Schubart, dem dän. Chargé d'affaires in Italien, in einer Villa in Montenero bei Livorno lebte. Schubart war als Bruder zweier Schwestern, die mit in Dänemark sehr einflussreichen Männern verheiratet waren, von unmittelbarer Bedeutung für T. und die Bekanntheit seines Werkes in seinem Heimatland. Sein erster Auftrag aus Dänemark war ein Taufbecken für die Kirche von Brahetrolleborg auf Fünen (1805-07), das eine der Schwestern Schubarts bestellt hatte. 1805 wurde T. in Abwesenheit zum Prof. der Kopenhagener KA ernannt, und ab 1807 wurden bei ihm mehrere Statuen und Reliefs für das Kopenhagener Königsschloss in Auftrag gegeben, das um diese Zeit nach einem Brand wiederaufgebaut wurde. Daneben schuf T. Skulpturen nach seinen eig. Vorstellungen, ohne bestimmten Auftrag und Zweck, die später von Romreisenden aus ganz Europa in Marmor bestellt wurden. So wurde z.B. die 1808 modellierte Statue des Adonis sofort von Kronprinz Ludwig von Bayern in Marmor in Auftrag gegeben. T. wurde zunehmend in das kult. Leben Roms integriert und mit dem Relief A Genio Lumen an die Accad. di S.Luca aufgenommen (1808). Ein Höhepunkt seines Ruhms war erreicht, als er innerhalb von kaum mehr als drei Monaten den 35 Meter langen Fries Der Einzug Alexanders des Großen in Babylon schuf (1812). In diesem Jahr erwartete man Kaiser Napoleon I. in Rom und der Quirinalspalast musste für seine Ankunft sehr kurzfristig neu dekoriert werden. Napoleon kam wegen seiner Niederlage in Russland nicht nach Rom, doch der Fries befindet sich noch in Gips an Ort und Stelle im Palast. Später wurden eine Marmorversion des Frieses für die Villa Carlotta am Comer See und weitere Versionen für München, Rom und das Königsschloss in Kopenhagen geordert. Die Jahre von ca. 1810 bis ca. 1820 werden als "klassische" Periode der Kunst T.s bez., weil seine Skulpturen aus dieser Zeit stilistisch eng mit der griech. Kunst der klassischen Epoche, bzw. mit unseren Vorstellungen davon, übereinstimmen. Dazu gehören die perfekte Harmonie und Ausgewogenheit sowie eine von Einfachheit geprägte skulpturale Sprache. Hervorzuheben sind aus dieser Zeit die Skulptur Venus mit dem Apfel (1813-16), das Grabmonument für Philipp Bethmann-Hollweg (1814), die Reliefs Der Tag und Die Nacht (beide 1815, und noch zu Lebzeiten T.s in großer Anzahl in Marmor realisiert), Grazien mit Cupido (1817/18), Ganymed mit dem Adler (1817), Hirtenjunge (1817), Merkur im Begriff Argus zu töten (1817) und die Porträtstatue von Maria Fjodorovna Barjatinskaja (1818). Eine völlig untypische Skulptur für diese Jahre ist die Statue Göttin der Hoffnung (1817), die von der archaischen Bildhauerei inspiriert ist und in den Jahren entstand, als T. für Kronprinz Ludwig von Bayern die Marmorskulpturen aus dem 6. Jh. v.Chr. vom Aphaiatempel in Aegina rekonstruierte. Im Juli 1819 reiste T. für ein Jahr nach Kopenhagen, um Verh. über Aufträge für die öff. Gebäude der Stadt abzuschließen, die in jenen Jahren entweder nach Brandschäden oder nach Zerstörungen während des englischen Bombardements 1807 wiederaufgebaut wurden. Für die Frauenkirche wurde T. mit den Statuen von Christus und den Zwölf Aposteln beauftragt (1821-24). Im Dez. 1820 kehrte er nach Rom zurück. In den Jahren danach bis zu seinem Weggang aus Rom 1838 dominierten Aufträge aus versch. europ. Ländern zur Realisierung mon. Denkmäler. Deren gemeinsamer Ausgangspunkt war die gewünschte Stärkung der nat. Identitäten, die in diesen Jahren nach den Napoleonischen Kriegen so stark spürbar waren. Die früheste dieser Arbeiten ist der Schweizer Löwe (1819) in Luzern, der von dem Schweizer Bildhauer Lukas Ahorn nach T.s Entwurfsmodell direkt in den Fels gehauen wurde. Es folgten das Reiterstandbild des poln. Prinzen Józef Antoni Poniatowski (1826-27) und die Statue des Astronomen Nikolaus Kopernikus (1822), beide zur Aufstellung in Warschau bestimmt. Die Statue von Friedrich Schiller (1836) wurde für seine Geburtsstadt Stuttgart in Auftrag gegeben und von dem Bildhauer Wilhelm Matthiä nach T.s Entwurfsmodell ausgeführt. Trotz der nationalistischen Bestimmung einiger dieser großen Denkmäler bestand T. darauf, die hist. Persönlichkeiten nicht nationalistisch und - mit wenigen Ausnahmen - fast immer inspiriert von der Kunst der Antike darzustellen. Dies sollte ihn gelegentlich mit den Vorstellungen von hist. Genauigkeit in Konflikt bringen, wie sie angesichts der nationalgeschichtlichen Sympathien der Auftraggeber zu erwarten waren. Besonders deutlich wurde dies in den Verh. mit der poln. Kommission, die sich um die Gest. des Reiterstandbildes Poniatowskis kümmerte. T. wählte schließlich das antike Reiterstandbild Mark Aurels als Ausgangspunkt. Mehrere Denkmäler der 1830er Jahre, so das Reiterstandbild von Kurfürst Maximilian I. für München (1833-35) und die Statue von Johannes Gutenberg für Mainz (1833/34 von Hermann Wilhelm Bissen nach T.s Entwurfsmodell ausgef.), sind, v.a. hinsichtlich der Kleidung der Figuren, vom Historismus beeinflusst. Ein besonders prestigereicher Auftrag T.s war das Grabmonument Papst Pius' VII. für den Petersdom (1823-31). Die ersten Entwürfe des Mon. zeigen eine intensive seelische Empathie und ein Verständnis der Physiognomie und Persönlichkeit des Papstes und seiner im Tod reduzierten Bedeutung als weltlicher Herrscher. Das fertige Mon. wirkt angesichts des überwältigend großen Kirchenraums und im Vergleich zu den raumgreifenden barocken Grabmonumenten vieler Päpste allerdings eher kraftlos. Von seinen ersten Jahren in Kopenhagen an bis zu seinem Tod schuf T. fast 200 Porträtskulpturen, in seiner Jugend meist als Medaillons, später als Büsten. Die frühen, in Rom entstandenen Büsten zeigen sehr deutlich, wie sehr T. von der Kunst der Antike inspiriert war. Einige mon. Büsten von 1803-05 sind stark dem heroisierenden Klassizismus verpflichtet. Ab um 1815 steigt die Zahl der Porträtbüsten stark an. Meist in Lebensgröße realisiert, eignet ihnen ein gewisser gemeinsamer Ausdruck, dessen Hauptziel die Idealisierung des Modells ist. Sie zeigen dabei aber auch präzise erfasste individuelle, von Büste zu Büste unterschiedliche Züge. Es sind Beschr. erhalten, aus denen hervorgeht, wie leicht es T. fiel, in wenigen Stunden ein Porträt nach dem lebenden Modell zu schaffen. Andere Male musste er sich auf Totenmasken oder gemalte oder gez. Porträts der Darzustellenden verlassen. Nach 40 in Rom verbrachten Jahren kehrte T. im Herbst 1838 dauerhaft nach Kopenhagen zurück (unterbrochen von einem letzten längeren Romaufenthalt von Sept. 1841 bis Okt. 1842). Er wurde von versch. Seiten zu diesem Schritt gedrängt, damit die Gipsmodelle seiner zahlr. Skulpturen und Reliefs und seine nunmehr große Slg antiker und internat. zeitgen. Kunst in einem Mus. zusammengeführt werden könnten, das in seiner Geburtsstadt gegr. werden sollte. Nach der Schenkung von T.s gesamtem Kunstbesitz an die Stadt Kopenhagen, entstand dieses 1839-48 als erster Museumsbau Dänemarks. Während seiner letzten sechs Lebensjahre in Kopenhagen, als Prof. hatte er eine Wohnung und ein Atelier in der KA und im Herrenhaus Nysø etwa 80 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, arbeitete er weiter, v.a. an einer R. kleiner Reliefs, die von Anmut und Humor geprägt sind. In diesen Arbeiten ist das idealisierende Bestreben weniger stark betont. Andererseits wird der Ausdruck bodenständiger und direkter. In einigen Reliefs sind die Motive fast genreartig dargestellt. Größere Arbeiten der letzten Jahre sind Werke wie Christi Einzug in Jerusalem und Die Kreuztragung (beide 1839/40) für die Frauenkirche in Kopenhagen und T.s Statue Selbstbildnis mit Göttin der Hoffnung (1839). T.s letzte große Skulptur ist eine Statue des Herkules (1843), deren Extrovertiertheit und Selbstbewusstsein an Jason mit dem goldenen Vlies anknüpft. T. starb am 24.3.1844 in Kopenhagen. Er wurde in einer Gruft in der Frauenkirche beigesetzt und vier Jahre später, im Sept. 1848, im Hof des T.-Mus. beerdigt. Dort ist auch annähernd das gesamte Œuvre des Künstlers - insgesamt über 90 freistehende Skulturen, fast 200 Reliefs und über 150 Porträtbüsten - im orig. Gipsmodell und in Stein bzw. Bronze aufbewahrt, darüber hinaus fast 1000 Zchngn und Bozzetti.
Einzelausstellungen:
1973 London, Heim Gall. / 1977 Köln, WRM / 1982 Reykvavik, Kjarvalsstadir / 1991-92 Schleswig, Schleswig-Holsteinisches LM / 1994 Warschau, Zamek Królewski w Warszawie / 2011 Stendal, Winckelmann Mus. (alle K) / 2021 München, Staatl. Antikensammlungen und Glyptothek. -
Gruppenausstellungen:
Kopenhagen: 1794, 1815 Salon der KA; 1918 T.-Mus.
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB33, 1939
Weitere Lexika:
S.Schultz, in: Weilbach III, 31952 (Lit.); ELU IV, 1966; Gunnis, 1968; Schede Vesme III, 1968; RoyalHibAcad III, 1987; Ries, 1992; DA XXX, 1996; S.Miss, in: Weilbach VIII, 41996 (Lit.)
Gedruckte Nachweise:
M.Thiele, Den danske Billedhugger B.T. og hans Værker, vol. 1-4, Kph. 1831-50; id., T.s Biogr., vol. 1-4, Kph. 1851-56 (dt. Ausg. L. 1852-56); E.K. Sass, T.s Portrætbuster, vol. I-III, Kph. 1963 (WV Porträtbüsten); M.Saabye, in: T. Unters. zu seinem Werk und zur Kunst seiner Zeit (K WRM), Köln 1977 (Lit.); B.T. (K GNAM), R. 1989; Künstlerleben in Rom: B.T., der dän. Bildhauer und seine dt. Freunde (K GNM), Nü. 1991; S.Grandesso, B.T., Mi./Kph. 2015; Canova/T. La nascita della scultura mod. (K Gall. d'Italia), Mi. 2019.
Onlinequellen:
Über 10000 Briefe und and. schriftliche Quellen: arkivet.thorvaldsensmuseum.dk
Thorvaldsen, Bertel (unterzeichnete in Italien Alberto), Bildhauer, * nach eigener Aussage: 19. 11. 1770, nach neuerer Annahme: 13. 11. 1768, Kopenhagen, †24. 3. 1844 ebda. Hauptmeister des Hochklassizismus. Sohn eines aus Nordisland gebürtigen Pfarrerssohnes, Gotskalk T. (• um 1743 Reynistadur, †24. 10. 1806 Kopenh.; um 1762 Schüler des Bildh. Peder Pedersen Leed in Kopenh.), der als handwerkl. Holzbildh. auf den Kopenh. Schiffswerften arbeitete (Gallionsfiguren u. ornament. Schnitzwerk). Die Mutter, Karen Dagnes, gen. Grönlund (†7. 1. 1804 Kopenh., 56 J. alt), eine jütländ. Bauerntochter. Kam 11jährig als Zeichenschüler auf die Freischule der kgl. Akad., wo E. H. Löffler sein Lehrer war, und wo er so schnelle Fortschritte machte, daß er bald s. Vater helfend zur Seite gehen konnte. 1785 besuchte er die Gipsklasse, 1786 unter C. F. Stanley u. J. Wiedewelt die Modellierklasse der Akad., die ihn 1787 durch Verleihung einer Silbermed. für ein Aktrelief auszeichnete. Nach weiteren, allerdings vielfach unterbrochenen Studien in der Modellklasse bei Abildgaard erhielt er 1789 die gr. silb. Med. für das im T.-Mus. bewahrte Relief: Ruhender Amor. Obgleich derVater die künstler. Ausbildung des Sohnes damit als abgeschlossen anzusehen geneigt war, gelang es Abildgaard, mit Gotskalk T. einen Kompromiß zu schließen, dahingehend, daß der Sohn seine Zeit zwischen der Unterstutzung des Vaters u. weiteren akadem. Studien teilte. In gemeinsamer Arbeit mit Gotskalk entstanden damals u. a. 4 (jetzt verschwundene) Löwen für 2 Tore am Frederiksberg Rundell, das dan. Wappen über der Tür der ehem. Hofapotheke in Kopenh. (bem. Sandstein; T.-Mus.) u. eine hölzerne Stubenuhr (ebda); in dens. Zeitraum fallen Arbeiten nach Vorlagen des Malers Nie. Wolff (Giebelrelief, Amaliegade 43, um 1790) u. des Bildh. F. C. Willerup (Giebelrelief [Holz] über d. Tür im Hause Ny Vestergade 17, seit 1936 im T.- Mus; vorzügl. Frühwerk). Die selbständigen, vielfach nach Zeichn. Abildgaards ausgef. Arbeiten der beginnenden 90er Jahre, darunter die jetzt im T.-Mus. bew. Reliefs der Vertreibung des Heliodor (kl. Goldmed. der Akad., 1791) u. Priamus bei Achilles (1791/92) tragen noch ganz akademischen u. unpersönlichen Charakter. Am Abschluß dieser Frühzeit steht das Relief der Heilung des Lahmen durch Petrus (T.- Mus.), das T. 1793 die höchste akad. Ehre, die gr. gold. Med., und damit das Stipendium für einen 3 jähr. Aufenthalt in Rom eintrug. Da das Stipendium für Bildhauerkunst zur Zeit nicht verfugbar war, mußte sich T. zunächst mit einer Unterstützung der Akad. und dem Erlös fur eigene kleinere Arbeiten durchschlagen. Er zeichnete Buchvignetten, Stammbuchblätter u. Bildnisse, die er leicht tönte, u. führte Bildnismedaillons (Schauspieler M. Rosing u. Gem., 1793 [Ny Carlsberg Glyptotek]; Prof. M. Saxtorph u. Gem., 1793; Maler E. H. Löffler, 1795 [T.-Mus.]) u. Holzschnittarbeiten aus. Der Einfluß Abildgaards tritt am stärksten zutage in den gemeinschaf tl. ausgef. Bildwerken fur das Levetzau'sche Palais (Erbprinzenpalais) am Amalienborg Slotsplads: Statuen der Musen Euterpe u. Terpsichore u. 2 Reliefdarst. der Jahreszeiten u. der Tageszeiten (Orig.-Modelle im T.-Mus.); weiter entstanden in diesen Jahren die Modelle der Büsten des dän. Staatsministers A. P. Bernstorff (Statens Mus. f. Kunst, Kopenh., T.-Mus. ebda, Schloßmus. Gammel Estrup [Jütland]) u. der Frau Soph. Doroth. Höyer (T.-Mus.), deren stark abweichende Marmorausführung T. indes erst in Rom vornahm. Am 29. 8. 1796 trat T. seine Romreise an, die ihn nach allerlei Irrfahrten u. einem längeren unfreiwilligen Quarantäne-Aufenthalt in Malta am 8. 3. 1797 ans Ziel brachte; diesen Tag pflegte er später gern als seinen Geburtstag zu bezeichnen. Der erste röm. Eindruck wurde für ihn nicht die Antike, sondern sein alter Bekannter aus der 1. Akademiezeit, A. J. Carstens, dessen Zeichnungen er eifrig kopierte u. sammelte (T.-Mus.). Wenn T. im späteren Verlauf seiner Tätigkeit den heroisch-pathetischen Charakter der Carstens'schen Kunst in das idyllisch-Bukolische umsetzte, so paßte er sich damit ganz der die Anfänge des 19. Jh.s beherrschenden burgerlichen Geistesrichtung an. Während er an dem Maler J. A. Koch einen verständnisvollen Freund fand, knüpfte er im Hause des dän. Archäologen Zoöga, wenig später auch bei der dän. Schriftstellerin Frederikke Brun u. im Humboldt'schen Hause seine ersten freundschaftl. Beziehungen an. Zunächst kopierte er nach Antiken (Bildnisköpfe, Pollux-Statue auf d. Montecavallo) und erwarb seinen Lebensunterhalt u. a. damit, daß er die Landschaften des Engländers John William Wallis mit Figuren staffierte. Die erste auf röm. Boden entstandene, selbständige bildhauer. Arbeit, gleichzeitig das erste Zeugnis seiner Beeinflussung durch die Antike, ist die im T.-Mus. bewahrte Gruppe : Bacchus u. Ariadne (1799). 1801 entstand - durch Carstens' Argonautenzug angeregt - das 1. Modell zum Jason, das T. in einer Unmutsstimmung zerstörte, um das Thema 1802 von neuem aufzunehmen (Gipsorig. u. Marmorausf. von H. V. Bissen im T.-Mus.). Die 1803 erfolgte Bestellung des engl. Bankiers Sir Thomas Hope (vgl.: Thorvaldsens Mus. [Berichte], 2 [1918] 16/20) auf Ausführung dieses Modells in Marmor (1917 vom T.-Mus. erworben), die übrigens erst 1828 vollendet wurde, brachte T. endlich die ersehnte Besserung seiner anfänglich recht bedrängten wirtschaftl. Lage. Ein jahrelang unterhaltenes Liebesverhältnis mit der schönen Anna Maria Magnani (1772/1846), der geschied. Gattin des preuß. Gesandten Wilh. v. Uhden, blieb auf seine Kunst ohne Einfluß (vgl. jedoch die Gruppe Achilles u. Penthesilea [Frühwerk, T.-Mus.]). Seit dem Hope'schen Auftrag flossen die Bestellungen reichlich. Bereits Herbst 1803 bestellte die Gräfin Woronzoff bei T. mehrere Büsten u. 5 Marmorwerke, die 1806 bzw. 1809 abgeliefert wurden: die Gruppe Amor u. Psyche, das erste völlig reife, weil sich von allzu enger Anlehnung an antike Vorbilder freihaltende Werk T.s (Marmorausf. im Schloß Putbus auf Rügen), Bacchus (Orig.-Mod. im T.-Mus.), Apollo (Orig.-Modell der 2. Fassung im T.-Mus.), den die Schale reichenden Ganyrned (1. Fassung m. d. Adler, 1804 [Marmorausf. von 1818/21 im Muz. Wielkopolskie in Posen; Abb. in: M. Gumowski, Muz. W. w Pzn., Krakau 1924, Nr 230, m. Abb.]; 2. Fassung m. Baumstamm, 1805 [T.-Mus.]; eine veränderte Fassung, der ebenfalls stehende einschenkende Ganymed, 1816 [T.-Mus.]; auf viel bedeutenderer Erfindung beruht die 1817 entstand., streng reliefmäßig gebaute Gruppe des den Adler des Zeus tränkenden Ganymed [Marmorausf. im T.-Mus., im Schloß Klein-Glienicke bei Potsdam, im Mus. d. B. K. Leipzig u. in der Pinacoteca Tosio-Martinengo in Brescia]) u. die Venus Victrix (1. Fassung von 1805; das Orig.-Modell von T. zerstört nach Herstellung zweier Kopien, von denen die eine, größere, in das Art Institute in Chicago gelangte; 2. Fassung von 1813/16, von der sich mindestens 3 Marmorexemplare in England [im Nov. 1934 ein Exempl. zur Verst. bei Sotheby & Co., London], 1 im Pal. Pitti in Florenz, 1 im T.-Mus. in Kopenh. befinden). Das 1803/05 von T. ausgef. Relief der Entfuhrung der BrisAis (T.-Mus.; ein 1815 bestelltes Exempl. im Bes. des Herzogs v. Bedford in Woburn Abbey) darf als das erste Zeugnis seines klass. Flachreliefstils angesehen werden. Während der Sommer weilte T. in diesen Jahren wiederholt in der Villa Montenero bei Livorno, dem Landsitz des dän. Gesandten in Neapel, Baron Herrn. Schubart, u. dessen auf die Geistesentwicklung T.s entscheidenden Einfluß ausubenden Gattin Jacqueline van Wieling; außer dem Modell der obengen. Gruppe Amor u. Psyche entstanden hier 1804 die 1. Fassung des Reliefs "Der Tanz der Musen auf dem Helikon" (2. Fassung v. 1816), 1805 das Relief der Taufe Christi (Orig.- Modell in der Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenh.) für den Taufstein der Schloßkirche Brahetrolleborg auf Fünen (Marmoransf. 1814, eingeweiht 2. 11. 1817; etwas abweichende Wiederholung von 1827 im Dom zu Reykjavik), die erste kirchliche Arbeit T.s, u. 1810 das Relief "Amor u. d. ohnmächtige Psyche", angeregt durch Canovas berühmte gleichnamige Gruppe. Am 6. 3. 1808 erfolgte die Ernennung T.s zum Mitgl. der röm. Accad. di S. Luca, für welche er als Aufnahmestück das fein abgestimmte Relief "A genio lumen" (Orig.-Modell u. Marmorausf. aus der Sig Hope im T.-Mus.) ausführte. Die etwa gleichzeitig einsetzende Häufung von Aufträgen zwang T. zu weitgehender Heranziehung von Gehilfen, unter denen Pietro Tenerani an erster Stelle steht. Eine der wenigen von T. völlig eigenhändig gearbeiteten Marmorstatuen ist der auf eine Bestellung des Kronprinzen Ludwig v. Bayern zurückgehende, ubrigens erst 1832 abgelieferte Adonis der Münchner N. Pinak., eine der reinsten Inkarnationen des aus der Quelle des Griechentums, wie es T. verstand, abgeleiteten T.- Stils. Für den nach dem Brande von 1794 beschlossenen Neubau des Schlosses Christiansborg in Kopenhagen lieferte T. die durch unzählige Nachbildungen sehr populär gewordenen 4 Rundmedaillons mit Zweiergruppen antiker Gottheiten (1807/10). Den Jahren 1809/11 gehören die Statue der Psyche mit dem Salbgefäß (Orig.-Modell u. Marmorausf. aus der Slg Hope im T.-Mus.) u. die Kolossalstatue des Mars mit dem das Schwert des Kriegsgottes tragenden Amor (T.-Mus.), sowie zahlr. Reliefs an, dar, das ergreifende 3teilige Relief für ein von d. Philosophen Schelling ursprünglich an G. Schadow u. J. D. Fiorillo (1800/01), dann an C. F. Tieck (1801/04) u. schließlich an T. (der architekton. Entwurf von Fr. v. Gärtner) in Auftrag gegebenes, aber nie ausgeführtes Grabmal seiner jung verstorb. Stieftochter Auguste Böhmer auf d. Friedhof in Bad BocIdet bei Kissingen (Brief an T. v. 7. 6. 1811; Orig.-Mod. u. die nicht zur Aufstellung gekommene Marmorausf. von 1814 im T.-Mus.; vgl. P. v. Bojanowski in: Westermanns Monatsh., 45 (Jan. 1901) 520, F. Schelling in: Amtl. Kurliste von Bad Kissingen v. 20. 6. 1937, m. Abb., u. E. Kai Sass in: Medd. fra T.s Mus., 1938, p. 109/25, m. Abb.); die dieser Komposition entnommene Figur des Genius des Todes kommt mehrfach auf Grabmälern T.s vor, u. a. in einer Mannorausf. von 1830 auf dem Grabmal der Isabella Alfani Ricci in der Chiesa di S. Giovenale in Rieti (Abb. in: A. Sacchetti-Sassetti, Guida ill. di Rieti, *1930, p. 78). Für den beabsichtigten Rombesuch Napoleons entwarf T. für einen Saal des Quirinalpalastes den Fries des Alexanderzuges, dessen künstler. Bedeutung mit seiner räumlichen Ausdehnung (ca. 140 Fuß lang) nicht Schritt hält; der Komposition haftet etwas Lahmes, ermüdend Gleichförmiges an, und die Hauptfiguren leiden unter einer unempfundenen Theatralik. Nachdem der geplante Besuch des Kaisers fallen gelassen worden war, entschädigte Napoleon den Künstler durch die Bestellung einer für die Pariser Madeleine bestimmten Marmorausführung des Gipsfrieses, für die T. nach Napoleons Sturz schließlich in der Person des Grafen Sommariva einen Abnehmer fand, der dieses riesige Marmorband in einem Saale seiner Villa am Comersee ("Villa Carlotta") unterbrachte (1828). Das Originalgipsmodell hat seinen Platz in der sog. Sala della Marchesa des Quirinals behalten. Ein 2. Gipsmodell befindet sich im Bethmann-Mus. in Frankfurt a. M. Das T.-Mus. besitzt Abgusse nach den Exemplaren im Quirinal u. in der Villa Carlotta, sowie ein Marmorexemplar in kleinerem Maßstabe nach der 1829/31 entstand. Marmorausf. für Christiansborg, die beim Brande des Schlosses (1884) zwar ernsten Schaden litt, aber von Lauritz Jensen restauriert wurde u. jetzt den "Alexandersaal" im neuen Schlosse Christiansborg schmückt, wo im "2. Speisesaal" auch die "Tänzerin" von T. (1817; in 2 zeitlich nahestehenden Varianten bekannt) steht. Aus der Masse der 1814/15 entstand. Relief kompositionen seien hervorgehoben das Grabdenkmal des Philipp Bethmann-Hollweg in der Bethmann'schen Gruft auf dem Neuen Friedhof in Frankfurt a. M. (1814; aufgest. 1831) sowie das für das Grabmal der am 5. 2. 1814 † Baronin Schubart auf dem Arrglik. Friedhof in Livorno bestimmte Relief (Marmorausf. im T.-Mus.), ferner Raub der Dejanira, Priamus im Zelte des Achill u. die beiden Rundbilder: Nacht u. Morgen, die in unzähligen Nachbildungen T.s Ruhm in alle Welt getragen haben. Von 1816 stammt das Grabdenkmal der Gräfin J6zefa Dunin-Borkowska in der Dominikanerkirche in Lemberg, von 1817 das Grabdenkmal der Gräfin Anna Maria Porro Serbelloni (†25. 6. 1813) im Park von Cassina Rizzardi bei Como (Orig.-Mod. im T.-Mus.). 1818 schuf T. die in einem streng archaisierenden Stil gehaltene Statue der Hoffnung, deren Marmorausführung Karoline v. Humboldt bestellte (Schloß Tegel bei Berlin; Marmorkopie von C. F. Tieck [1829] auf hoher Granitsäule am Familiengrabmal der Humboldt im Tegeler Schloßpark; im Schloß ebda ferner Marmorbildnisbüste Wilh. v. Humboldts [1808] u. 2 Büsten der Karoline v. H.). Diese höchst stimmungsvolle Statue wählte T. als Beigabe zu seinem eigenen statuarischen Bildnis, das sein Schüler Emil Wolff nach T.s Entwurf im Vorgarten des Pal. Barberini in Rom zur Aufstellung brachte (1874; Orig.-Mod. von 1839 in der T.-Slg auf Nysö; 2. Marmorexemplar von H. V. Bissen im T.-Mus.). Die Statue der Hoffnung ist der Niederschlag der Beschäftigung T.s mit den 1811 auf Ägina aufgefundenen Giebelskulpturen des Aphaiatempels, die Kronprinz Ludwig von Bayern 1812 erwarb und in den folg. Jahren bis 1818 von T. ergänzen ließ - nach damal. Restauratorenbrauch leider nicht in Gips, sondern in Marmor, was eine Abschleifung der Bruchstellen erforderte, die es in alle Zukunft unmöglich macht, weitere Fragmentfunde eindeutig zu identifizieren u. den Originalen anzupassen. Nur ganz gelegentlich ist T. später auf diesen archaisierenden Stil der "Hoffnung" zurückgekommen; sein Vorbild blieb vielmehr nach wie vor der Schönheitskanon des Praxiteles: davon zeugen der 1814 entstand. Triumphierende Amor (T.-Mus.), die Hebe (1816; 1. Fassung von 1806; Marmor-Orig. beider Fassungen seit 1939 im T.-Mus.), die Bacchantin (1817, T.-Slg auf Nysö), die Sitzstatuen des Hirtenknaben (1817, T.-Mus.) u. des Merkur als Argustöter (1818, Modell im T.-Mus.; ebda die Orig.- Statue in Marmor; ein 2. Marmorexemplar im Mus. f. mod. Kunst, Madrid), die 1817/18 entstandene 1. Fassung der Freigruppe der 3 Grazien (Modell im T.-Mus.; Marrnorausf. von 1820/23 auf d. Herrensitz Lehmkuhlen bei Preetz; eine Entwurfzeichnung [Feder und Blei] von 1817 in der StnIg Heumann in Chemnitz) und das vollendet komponierte Hochrelief der 3 Grazien für ein Denkmal des 1817 † Malers Andrea Appiani in der Brera-Akad. zu Mailand (1821; errichtet 1826; Marmorwiederholung im T.-Mus.). Für die Anwendung dieses Idealstils auf das Porträt sind die Hauptbeispiele die der röm. Agrippina nachgebildete, 1815 modell., 1819 ausgef. Sitzstatue der Gräfin Elis. Ostermann (Marmorwiederh. von H. V. Bissen im T.-Mus.) u. die Statue der Fürstin M.. F. Bariatinskaja (Kontrakt v. 4. 8. 1818; Marmor-Orig. von T. im T.-Mus.) sowie die Bildnisbüsten der Ida Brun (1810, ebda), des Dichters Byron (1817; mehrere Marrnorex., u. a. im T.-Mus.) u. der Herzogin Wilhelmine v. Sagan (Marmorex. im Albertintun Dresden [Nr 960], Orig.-Mod. im T.-Mus.). Am 14. 7. 1819 verließ T. Rom, um s. N'aterstadt einen Besuch abzustatten. Zunächst führte ihn sein Weg nach Luzern, wo er das ihm 1818 vom Obersten Karl Pfyffer von Altishofen in Auftrag gegebene, damals in Arbeit befindliche Löwendenkmal besichtigte, das Lukas Ahorn aus dem natürlichen Felsen nach T.s Modell herausmenfelte; das Denkmal verdankt seinen Ruhm weniger der recht trockenen Bildung des Tieres, als seiner romantischen Umgebung. Auf der Weiterreise besuchte er Dannecker in Stuttgart. Am 3. Okt. traf T. in Kopenhagen ein. Der künstler. Ertrag dieser Reise war der Auftrag auf die plast. Ausschmückung der Kopenh. Frauenkirche, sowie auf einige Büsten, die zu T.s besten gehören (König Friedrich VI., Königin Marie Sophie Frederikke u. Erbprinzessin Caroline). Er verließ Kopenhagen am 11. 8. 1820 u. reiste über Berlin u. Dresden nach Warschau, um nähere Vereinbarungen über das ihm schon 1818 in Auftrag gegebene Reiterdenkmal des Fürsten Joseph Poniatowski für Warschau zu treffen (Kontrakte v. 8. 7.1818 u. V. 19. 10. 1820; 1828 im Modell vollendet). Bei dieser Gelegenheit gelang es ihm, Kaiser Alexander I. von Rußland zu porträtieren und einen 2. Auftrag für Warschau zu erhalten: die Kopernikus-Statue, die indes erst am 11. 5. 1830 enthüllt wurde (Orig.-Modelle im T.-Mus. u. in der Gipsabgußslg d. Univ. Warschau). In das Jahr 1831 fällt die Errichtung des Grabdenkmals des poln. Kronmarschalls Stan. Malachowski in der Kathedr. zu Warschau durch F. M. Laboureur nach einem Entwurf T.s (Abb. in: A. Lauterbach,Warschau [Ber. Kststätten, Bd 66], 1918, p. 187f.). Erst im Nov. 1832 waren die Arbeiten an dem 1830 von K.-F. u. E. Gregoire in Erz gegossenen (Ziselierung von J. Tatarkiewicz) Poniatowski-Denkmal abgeschlossen, das, obwohl eine ziemlich getreue Nachbildung der röm. Marc-Aurel-Statue, doch zu den hervorragendsten Leistungen T.s zu rechnen ist. Der Guß fand infolge der veränderten politischen Lage keine Abnahme seitens der russ. Regierung und gelangte 1840 in den Besitz des Statthalters von Polen, des Fürsten I. F. Paskiewicz, der das Denkmal 1842 auf s. Landsitz bei Homel (Weißrußland) aufstellen ließ; 1922 der poln. Regierung ausgeliefert, hat es auf dem Pilsudski-Platz in Warschau seine endgültige Aufstellung gefunden (Enthüllung 3. 5. 1923; das Urmodell von 1818/19 verschollen; 2. u. 3. Modell von 1822 bzw. 1827 im T.-Mus.; eine kleinere orig. Vorarbeit zu letzterem [1826] im Stadtgesch. Mus. in Leipzig [vgl. V. Thorlacius-Ussing in: Tilskueren, 50 (1933) I, p. 376/82, m. Abb.]). Ein 3. poln. Auftrag: Mausoleum für den 1811 im Alter von 22 J. † poln. Oberst Grafen Wladimir Potocki, den T. 1816 für Krakau erhalten hatte, reduzierte sich schließlich auf eine Porträtstatue des Grafen (1821), die auf s. Grabstätte in einer Kapelle der Kathedr. zu Krakau Aufstellung fand (Orig.-Mod. u. Marmorausf. von C. Peters im T.-Mus.), wo sich auch ein Relief mit betenden Kindern (1834) von T. über der Grabstätte des Grafen Arthur Potocki befindet (Orig.-Modell im T.- Mus.; Marmorbüste des Grafen A. Potocki im Schlosse Laneilt [Polen]). Von Krakau ging T. nach Troppau, wo ihn Kaiser Franz mit dem Entwurf für ein Schwarzenberg-Denkmal betraute, von dem aber nur ein ruhender Löwe zur Ausführung kam (Abb. der entzückenden Gesamtskizze in Gips [1821] bei : Th. Oppermann, Thorvaldsen, 3 [1930] 27). über Wien, wo T. längeren Aufenthalt nahm (2.-26. Nov.) erfolgte die Ruckreise nach Italien. Am 16. 12. 1820 traf T. wieder in Rom ein und machte sich eifrig an die Arbeiten für die Kopenh.Frauenkirche. Von ihm selbst sind der Christus (das früher in S. Luca in Rom bei Mdl. Orig.-Mod, wurde is au: den Kopf 1926 bei der Restaur. der Kirche zerstört!) u. der Paulus ausgeführt, fÜr alle übrigen Statuen hat er nur die Modelle geschaffen (1821127; T.-Mus.). Am besten gelungen ist der Petrus von L. Bienaime, dem späteren Atelierleiter T.s. Im Sommer 1828 waren die Christusfigur, die Apostelreihe bis auf den Thaddäus u. die endgültige Passung des Andreas (alles in Gips; Marmorausf. erst 1838 bzw. 1843 voll.), der edle, knieende Taufengel (Orig.-Mod. von 1827 in der Staatsgal. Stuttgart, in Marmor 1832; Marmorausf. der 1. Fassung m. stehendem Engel im Nat.-Mus. Stockholm) u. die in den Seitenschiffen der Kirche angebrachten 2 Reliefs (Abendmahl u. Taufe; Marmor; beide schon 1820 in Kopenh. modelliert) auf ihrem endgült. Platz aufgestellt, zu denen dann die Giebelgruppe mit der Predigt Joh. d. T. (Gipsmod. 1827; ursprüngl., 1838 enthüllte Ausführung in Terrakotta [jetzt im Mus. Aalborg], die nächste in Marmor [1873/78; jetzt in der St. Markus-Kirche in Aalborg), seit 1928 in Bronze; vgl. Nationaltidende v. 13. 11. 1938) sowie die beiden von Schülerhand ausgef. Relieffriese "Gang nach Golgatha" u. "Einzug in Jerusalem" (1839 auf Nysö modell.) hinzukamen. Nov. 1823 erhielt T. vom Kardinal Ercole Consalvi den Auftrag auf ein Grabdenkmal des Papstes Pius VII. für die Capp. Clementina der Peterskirche; dieses statuarische Hauptwerk T.s, das nach mancherlei Anfeindungen des Protestanten durch die röm. Künstlerschaft am 2. 4. 1831 enthüllt wurde, schließt sich kompositionell an den durch Bernini geprägten röm. Papstgrabmaltypus an. Die Architektur desselben von Schinkel 13./18. 10. 1824 entworfen (4 Skizzen dazu im Schinkel-Mus. in Berlin) u. v. Gius. Valadier (15 Werkzchngn im T.-Mus.) ausgeführt (vgl.: Medd. fra T.s Mus., 1938, p. 95/108). Etwa gleichzeitig entstand die Statue des Eugène de Beauharnais, Herzogs v. Leuchtenberg, des Schwagers Ludwigs I. v. Bayern, für sein Grabdenkmal in der St. Michaelskirche in München, deren Aufstellung im Febr. 1830 T. persönlich überwachte. (1829 Bruch mit seinem langjähr. Gehilfen P. Tenerani, der das Beiwerk ausführte.) Bei dieser Gelegenheit erhielt T. vom König den Auftrag auf ein Reiterstandbild des Kun. Maximilian 1. v. Bayern fiir München (Kontrakt V. 2. 3. 1830). In diesem Münchner Denkmal hat eine neue, seit dem Kopernikus-Denkmal mehr u. mehr hervortretende Stilrichtung im Schaffen T.s ihren augenfälligsten - nicht aber künstlerisch bedeutendsten - Ausdruck gefunden: die Anpassung an die Wandlung des Zeitgeschmacks (u. bes. der Kunstanschauung des königl. Bestellers) vom klassischen zum mittelalter1.-romant. Stilideal. An die Stelle des Idealkostüms der Antike war die historische Tracht zu setzen. T. kleidete seinen Reiter in das Kostüm der Zeit des 30 jähr. Krieges und entfernte sich auch im Pferdetypus von dem antiken Ideal seines Poniatowski-Rosses zugunsten eines mehr der Wirklichkeit nachgebildeten Individualtypus. 1836 izo Modell vollendet, wurde das Denkmal - von Stiglmaier gegossen - am 12. 10. 1839 enthüllt. - Im letzten röm. Dezennium (1828/38) entstanden ferner außer zahlr. Reliefarbeiten (dar. das Tobiasrelief für das Grabmal des Augenarztes Vacca Berlinghieri im Camposanto zu Pisa [1828/30), das Todesgeniusrelief für das Grabmal der Kinder der Fürstin Helena Poninska in der Schloßkapelle Czerwonogröd [Podolien; Orig.- Mod. von 1835 im T.-Mus.] u.d. von P. Galli nach T.s Mod. [1837] für die Villa Torlonia in Castel Gandolfo ausgef. Giebelrelief "Apollo unter den Hirten") die *Sitzstatue des begeistert aufschauenden Byron in der Bibl. des Trinity College in Cambridge (1830/31), das Gutenberg-Standbild in Mainz (von H. V. Bissen nach T.s Skizze 1833/35 modell., am 14. 8. 1837 enthüllt), das Schillerdenkmal in Stuttgart (von H. Matthiä nach T.s Skizze 1835 modell., am 8. 5. 1839 ent- Künstlerlexikon. Bd. XXXIII. hüllt; Hauptwerk der Spätzeit), die im Auftrag des Kronprinzen Maximilian v. Bayern gefertigte, durch ihre vornehme Zurückhaltung großartig wirkende Grabstatue Konradins v. Hohenstaufen in S. M. del Carmine in Neapel, letztere auch im Modell 1836 von T. selbst ausgeführt (Marmorausführung von Peter Schöpf [II], enthüllt am 11. 5. 1847), die Tänzerin von 1837 in der Villa Torlonia in Rom u. die 1838 modell. Kolossalstatue des Vulkan im T.-Mus. Nach langwierigen Verhandlungen mit den dän. Behörden über das zukunf tige Schicksal seiner eigenen Werke u. seiner Kunstsammlungen (endgült. Testament zugunsten der Stadt Kopenh. v. 24. 8. 1837 bzw. 10. 4. 1838; vgl.: Medd. fra T.s Mus., 1938, p. 43/74) entschloß T. sich endlich, der Einladung der Heimat zu folgen u. nach Kopenhagen überzusiedeln, wo er am 17. 9.1838 mit fürstlichen Ehren empfangen wurde (vgl. das Bild von C. W. Eckersberg von 1839 [SIg C. Salomonsen, Kopenh.; eigenhänd. Wiederh. im T.-Mus.; vgl.: Ill. Beilage zu Berlingske Tidende v. 2. 10. 1938, m. Abb.)). Um T. der Unruhe der Hauptstadt zu entziehen u. ihm ein Heim sowie günstige Arbeitsbedingungen in ländlicher Stille zu geben, lud ihn seine Beschutzerin, die Baronin Christine Stampe, ein, nach Nysö, dem in Südseeland gelegenen Landsitz der Stampes, zu kommen, wo T. die letzten 5 Jahre seines Lebens (1839/44) verbrachte; dieser Aufenthalt wurde im wesentlichen nur unterbrochen durch eine in Begleitung seiner Gastgeber unternumm. Reise nach Rom, der ein Besuch der Hauptstädte Deutschlands voranging (Mai 1841/Okt. 1842). Dieser letzte röm. Aufenthalt zeitigte u. a. die Fertigstellung der Modelle des Andreas u. des Thaddäus für die Kopenh. Frauenkirche u. der 2. Fassung der Gruppe der 3 Grazien für König Wilh. I. v. Württemberg (Marmorausf. v. H. V. Bissen im T.-Mus.). Aber auch die Jahre in Nysö u. Kopenhagen, das T. gelegentlich besuchte, trugen reiche Frucht, wiewohl so manche Entwürfe dieser Spätzeit nicht mehr zur Ausfuhrung kamen. Außer zahlr. Reliefs mit Darstellgn aus dem bibl. Stoffkreise u. sinnbildl. Vorwürfen ("Weihnachtsfreude im Himmel" [1842], Die Genien der Künste [1843]) entstammen dieser Zeit einige bedeutende Großplastiken wie das obengen. Selbstbildnis mit d. "Hoffnung", die Statue Christians IV. von Dänemark im Dom zu Roskilde (1840) u. die Herkulesfigur vor der Seitenfassade des Schlosses Christiansborg (1843). Inzwischen hatte der großartige Plan zu einem dem Gedächtnis T.s geweihten Ruhmestempel weitgehende Verwirklichung gefunden, aber es sollten noch 4 Jahre nach seinem Tode verstreichen, ehe der von M. G. Bindesböll 1839 begonnene Bau des T.- Mus, soweit vollendet war, daß er (am 6. 9. 1848) die irdische Hülle des Künstlers aufnehmen konnte. Die meisten Werke T.s sind in mehreren Exemplaren überkommen, die teils Atelier-Wiederholungen, bisweilen vom Meister übergangen, z. T. aber auch erst nach s. Tode entstanden, teils Gipsabgüsse darstellen. Das T.-Mus. in Kopenh. bewahrt außer zahlr. Gipsskizzen, Modellen, Abgussen u. Entwurfzeichnungen nicht weniger als etwa 120 Marmor-Arbeiten. In der Kunst T.s, jener beschaulichen, weltabgewandten Idealwelt, gipfeln die seit etwa 1760 von Kunsthistorikern, an ihrer Spitze Winckelmann, verfochtenen und bei den zeitgenöss. Künstlern in steigendem Maße zutagetretenden Bestrebungen, die Plastik wieder unter die ästhetischen Gesetze der Antike zu stellen und dem Kanon u. der Linienschönheit der Skulptur der Alten u. der ruhigen, gemessenen Würde ihrer Haltung als dem höchsten Ideal nachzueifern. In der Verwirklichung dieses neuen Formprinzips wetteiferte T. mit Canova, dessen Kunst im übrigen einer ganz anderen Gefühlssphäre angehört. Denn obgleich stets in einem Atem mit Canova genannt, ist T. doch innerlich eine völlig andere Natur. Zwar gehören beide auf den röm. Boden, aber während die 97