Warhol, Andy (eigtl. Warhola, Andrew), US-amer. Maler, Bildhauer, Zeichner, Druckgrafiker, Fotograf, Filmemacher, *6.8.1928 Pittsburgh/Pa., †22.2.1987 New York.
Warhol, Andy
W.s heterogenes Werk umfasst Gem., Zchngn, Druckgrafik, Fotogr. und Film sowie Collagen und Ill. für Schallplatten- und Magazincover. Bereits als Kind besucht er den Kunstunterricht im Carnegie Mus. seiner Geburtsstadt Pittsburgh. Nach dem Schulabschluss absolviert er ebd. am Carnegie Inst. of Technology eine Ausb. zum Werbegrafiker (1945-49, BFA Grafikdesign). Parallel fertigt er Porträtzeichnungen am Pittsburgh Arts and Crafts Center an und hilft in der Dekorationsabteilung eines Warenhauses aus. Er interessiert sich für experimentelles Theater und mod. Tanz. Im Herbst 1948 reist W. mit einer Studiengruppe nach New York, wo er in Mus. und Gal. erstmals Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse und Paul Klee im Orig. sieht. Neben diesen Künstlern prägen ihn George Grosz, Ben Shahn und Jean Cocteau; W. begeistert sich für ihre figurativen Linienzeichnungen, wohingegen ihn rein gestische Ausdrucksformen weniger anziehen. So sind auch W.s frühe Zchngn reine Konturzeichnungen mit flächiger Binnenkolorierung. In den Zchngn der Jahre 1948-49 wählt W. eine "gebrochene" Linie, mit der er wohl Spontaneität zu imitieren und Dynamik zu evozieren versucht. Auf Schraffuren und Lavierung oder Plastizität suggerierende Hell-Dunkel-Modulierung verzichtet er, auch in seinem künftigen Werk. Im Juni 1949 zieht W. nach New York, wo er seinen Geburtsnamen ablegt, sich fortan A.W. nennt und seinen ersten Auftrag erhält: Er illustriert eine Artikelserie und zeichnet Schuhe für eine Werbekampagne. In den 1950er Jahren etabliert sich W. als Grafiker in der Werbebranche und arbeitet für Mag. wie Glamour, Vanity Fair, Harper's Bazaar, Vogue und Interiors. Auch illustriert er Buchumschläge, Kochbücher und Plattencover (Untitled [The Nation's Nightmare], 1951, Tusche, Grafit, Acetat/Strathmore-Papier, London, Priv.-Slg). Während seiner Tätigkeit als Werbegrafiker erhält W. einen tiefen Einblick in die Mechanismen der Werbung und des Marktes, was seine spätere künstlerische Praxis entscheidend beeinflusst. In dieser Zeit entstehen zahlr. Zchngn mit Motiven aus der Werbebranche, die künftig eine Schlüsselrolle in W.s künstlerischem Werk spielen, darunter Alltagsgegenstände wie Damenschuhe, Taschen, Telefone, Kameras, Eiswaffeln, aber auch Waffen sowie Porträts junger Frauen und Männer. Auch diese Darst. sind vorrangig als reine Konturzeichnungen angelegt, ausgeführt mit schwarzer Tusche. Häufig wendet W. dabei die Technik der "blotted line" an, ein Umdruckverfahren, bei dem eine manuell gez. Linie mittels Abklatsch auf einen neuen Bildträger übertragen und vervielfältigt wird. Diese Technik gilt als W.s "Entdeckung des gedruckten Orig." (H.Bastian, in: Ausst.-Kat. Berlin 2001-02, S. 16). Er hält an diesem Verfahren bis etwa 1957 fest. Auch die flächige Binnenkolorierung, die seine frühen Zchngn kennzeichnet, behält W. bei. Dabei greift er häufig zu (imitiertem) Blattgold, das er großflächig aufträgt (Golden Nude, 1957, Blattgold, Tusche auf Papier, Stuttgart, Slg Froehlich). Er experimentiert mit weiteren einfachen Vervielfältigungstechniken, u.a. arbeitet er mit Stempeln. In den gestempelten wie auch in den gedruckten Arbeiten zeigt sich bereits das von W. später bevorzugte und bis ins Extreme gesteigerte System der Wiederholung und seriellen Reihung sowie sein Interesse an Druckverfahren (Twelve Cupids, um 1959, Stempeldruck, Feder in Schwarz, Wasserfarbe/Papier, 36,7 x 27,6 cm, Berlin, NG). Auch gibt W. schon sehr früh einige Arbeitsschritte ab, indem er z.B. die Kolorierung seiner Zchngn Assistenten anvertraut oder seine Sign. von seiner Mutter auf die Zchngn schreiben lässt. Dieses sich hier bereits andeutende kollektive Produktionsprinzip greift W. in seiner späteren Kunstproduktion erneut auf. Unter W.s frühen eigenständigen Zchngn der 1950er Jahre sind auch Blätter mit homoerotischen Darst. zu finden, die 1956 erstmals ausgestellt werden, aber keinen Anklang beim Publikum finden und nach der Ausst. bis zu W.s Tod unter Verschluss bleiben. 1960 kauft W. ein Haus an der Lexington Ave., das er mit seiner Mutter bezieht. Dort entstehen Gem. von mon. vergrößerten trivialen Alltagsgegenständen wie auch von Protagonisten aus Comic-H. und Cartoons (Superman, 1961, Kasein, Wachskreide auf Lw., Slg Gunter Sachs). Mit ihren Anleihen aus Comics stehen die Arbeiten den etwa zeitgleichen Gem. Roy Lichtensteins sehr nahe, weshalb sie von Galeristen abgelehnt werden. W. präsentiert sie im April 1961 eine Woche lang im Schaufenster des Kaufhauses Bonwit Teller, wendet sich jedoch aufgrund der ikonogr. und thematischen Nähe zum Werk Lichtensteins von diesem Motivspektrum ab. Seinen ersten konzentrierten Werkkomplex in Malerei schafft W. 1961-63 mit den Ser. Campbell's Soup Cans, One Dollar Bills und Death and Disasters (z.B. 129 Die in Jet!, 1962, Acryl, Bleistift/Lw., Pittsburgh, A.W. Mus.) sowie mit den Porträtreihen von Stars wie Marilyn Monroe, Elvis Presley, Liz Taylor oder Jackie Kennedy. Für die 32-teilige Ser. Campell's Soup Cans benutzt W. erstmals Matrizen und Schablonen, um das Motiv möglichst ohne Abweichung und ohne individuelle Handschrift zu reproduzieren. Für 192 One Dollar Bills greift er hingegen zu gummierten Stempeln, mit denen er das Motiv dicht an dicht in serieller Reihung auf den Bildgrund setzt und damit die gesamte Bildfläche füllt. Im Juli 1962 entdeckt W. die Technik des Siebdrucks für sich, woraufhin er aufhört zu zeichnen und sich der Fotogr. zuwendet. Eig. Fotogr. wie auch Bilder aus der Werbung, aus Mag. und Broschüren bilden nun die Vorlagen der Druckgrafiken. Der Siebdruck wird zu W.s bevorzugter Drucktechnik, denn er ermöglicht es, vorgefundene Bilder zu vergrößern und noch effizienter zu vervielfältigen als mit Schablonen- oder Stempeltechnik. Auch können satte, leuchtende Farbschichten erzielt und versch. Oberflächen wie schimmernde Folien und metallene Papiere bedruckt werden, zu denen W. aufgrund ihrer visuellen Anziehungskraft eine Vorliebe entwickelt. Ein weiteres für W. entscheidendes Kriterium des Siebdrucks besteht darin, dass damit nahezu unbegrenzte Auflagenzahlen erreicht werden können. Nicht mehr das einem kleinen Kr. von Sammlern und Kennern zugängliche Unikat steht im Interesse des Künstlers, sondern die für ein breites Publikum massenhaft produzierte Kunst. Zu den ersten Bildern, die W. im Siebdruckverfahren herstellt, gehören Porträts von Warren Beatty und Troy Donahue (Warren, 1962, Siebdruckfarbe, Bleistift/Lw., Zürich, Slg Bruno Bischofberger). Dafür wurde dasselbe Porträt als Grundlage für eine Siebdruckschablone verwendet, mit der die Bildfläche in waagerechter Reihung vollst. bedruckt wurde. Nach dem Tod Marilyn Monroes am 4. Aug. 1962 widmet W. der Schauspielerin eine eig. Werkreihe, die den ikonenhaften Status Monroes unterstreicht. 1963 bezieht W. ein neues Atelier in einem ehem. Gebäude der Feuerwehr an der 88. Straße. Aus dieser Zeit stammen zahlr. Werke mit Szenen von Katastrophen und Unglücksfällen, Bilder von Autounfällen, Rassenunruhen und Hinrichtungsvorrichtungen wie dem Elektrischen Stuhl. Als Vorlagen dienen Archivbilder und Pressefotografien. Mit dem Kauf seiner ersten Filmkamera im Sommer 1963 beginnt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Film. Damals etabliert sich in New York eine lebendige Filmszene und W. entdeckt sein Interesse für den Experimentalfilm. Mit seiner Kamera studiert er Lichtsetzungen, Perspektiven und Komp. im dreidimensionalen Raum, meist inspiriert von kunsthist. Vorbildern wie Andrea Mantegna oder Michelangelo Merisi Caravaggio. Zudem erweitert er seine Ausdrucksmöglichkeiten, denn nun finden Aspekte wie Zeit, Dauer und reale Bewegung, ab 1964 außerdem Klang Eingang in sein Schaffen. A. 1964 wechselt W. erneut das Studio und zieht in einen größeren Raum in einem Fabrikgebäude an der 231 East 47th Street. Dieses Loft beklebt W.s Freund Billy Linich mit Silberfolie und so erhält es den Namen Silver Factory. Es ist W.s erste Factory, ein offenes Atelier, das zahlr. Gäste besuchen, darunter bild. Künstler und Musiker wie Bob Dylan, Mick Jagger und Salvador Dalí, aber auch Tänzer und Schauspieler wie Edie Sedgwick. Auch halten sich die Mitgl. der von W. produzierten Rockband The Velvet Underground häufig in der Silver Factory auf, da ihnen die Fabrik als Proberaum dient. Zahlr. Gäste werden zu Protagonisten in W.s Filmen, neben ihrer visuellen Präsenz v.a. durch Stimme und Worte, so dass die Sprache zu einem der wichtigsten Elemente dieser frühen Filme wird. Auch befasst sich W. in seinen Filmen mit dem Thema Homosexualität (Blow Job, Couch, Three, alle 1964). Wie seine Kollegen des Experimentalfilms bricht W. mit den Standards der klassischen Filmproduktion, indem er z.B. Filme von mehreren Stunden Länge produziert, ohne dass das Geschehen auf einen Höhepunkt zusteuert oder eine Gesch. erzählt wird (Empire, 1964, 16 mm, 485 Minuten). Er experimentiert mit Nahaufnahmen und Unschärfen, um Abstraktionen zu erzeugen, variiert die Filmgeschwindigkeit und blendet mehrere Projektionen ineinander. Zw. 1963 und 1969 produziert W. mehr als 60 Filme sowie etwa 500 kurze Screen Tests in S/W mit Porträts der Factory-Besucher. Selten filmt W. seine eig. Kunstwerke; eine Ausnahme bildet Elvis at Ferus, 1963. Umgekehrt integriert W. nur wenige Filmausschnitte in seine Gem. und Druckgrafiken (Sleep, 1963, 16 mm, 311 Minuten; Large Sleep, 1965, Siebdruck/Plexiglas, Pittsburgh, A.W. Mus.). Gemeinsam ist seinen Filmen, Gem. und Grafiken, dass ihre Motive aus Mag. und Ztgn stammen, v.a. von Coverfotos. Der Künstler selbst zeigt sich äußerst selten in seinen Filmen und ist dort v.a. stimmlich zugegen, ganz im Gegensatz zu seiner bildkünstlerischen Produktion, die ab 1964 zahlr. Selbstporträts umfasst (Selbstbildnis, 1966, Siebdruck/Metallpapier, Ex. 139/300, Berlin, SMPK, Kpst.-Kab.). Mit der Gründung der Silver Factory 1964 verändert sich W.s bildkünstlerische Produktion maßgeblich: Die Kunstwerke werden als wiederholbare Einheiten konzipiert, die in unbegrenzter Anzahl, folglich in sehr hohen Aufl. produziert werden können. Die Möglichkeit der seriellen Vervielfältigung, der Vergrößerung von Motiven und ihrer farblichen Modifikation bestimmt das künstlerische Konzept. Bes. deutlich zeigt sich dieses Prinzip in den zahlr. Auftragsarbeiten, die die Factory in den 1960er Jahren erhält, und in der Werkreihe Flowers, die erstmals im Nov. 1964 in Leo Castellis New Yorker Gal. ausgestellt wird: Mehr als 250 Gem. versch. Größe sind dort wandfüllend über- und nebeneinander gehängt, so dass sie wie ein Environment den gesamten Raum einnehmen (Flowers, 1964, Siebdruck/Lw., Saskatoon, Kanada, The Sonnabend Coll.). Zu den Auftragsarbeiten zählen v.a. Porträts, deren Fotovorlagen W. nun mit seiner eig. Sofortbild-Kamera herstellt. Im Schnellverfahren des Siebdrucks werden die Porträts auf eine meist quadratische Lw. gedruckt und mit wenigen manuellen Retuschen fertiggestellt. Während nahezu alle Porträts das gleiche Format aufweisen, sind die 1967 entstandenen Selbst-Porträts des Künstlers von unterschiedlichem, z.T. überlebensgroßem Format. Mit diesen Selbstporträts reiht sich W. unter seine Star-Porträts ein und erklärt sich selbst zur Ikone. Das Prinzip der Vervielfältigung trivialer Motive überträgt W. auch auf die Objektkunst, als er 1964 seine Brillo, Heinz und Del Monte Boxes herstellt und zu skulpturalen Arrangements anordnet. Im gleichen Jahr lädt der Architekt Philip Johnson W. ein, die Fassade des Pavillons für den Staat New York auf der WA in New York City zu gestalten. W. entwirft Siebdrucke, wobei ihm FBI-Plakate der 13 steckbrieflich meistgesuchten Kriminellen der USA als Vorlagen dienen. Doch noch vor der Eröffnung der WA wird W. dazu aufgefordert, die Bilder zu entfernen. Er übermalt die Bilder, nutzt jedoch die Vorlagen für die Ser. Thirteen Most Wanted Men, 1964. Die Tendenz, seine Kunst in Form eines Environments raumfüllend in Szene zu setzen, führt W. im April 1966 in seiner Ausst. in der Leo Castelli Gall. fort. Die Wände der Gal. beklebt der Künstler mit dicht nebeneinandergesetzten Siebdrucken gelbroter Kuhköpfe (Cow Wallpaper), in einem zweiten Raum lässt er mit Helium gefüllte, silberne Ballons (Silver Clouds) bis unter die Decke steigen. Ähnlich inszeniert W. seine Ausst. im Whitney Mus. 1970, wo die Wände ebenfalls mit einer farbig leuchtenden Kuhtapete tapeziert und darauf W.s Leinwandarbeiten präsentiert werden. Am 3. Juni 1968 verübt Valerie Solanas ein Attentat auf W., das er schwer verletzt überlebt. Nach diesem einschneidenden Ereignis wandelt sich sein künstlerisches Werk radikal: Er gibt die Malerei nicht auf, nimmt aber nur noch wenige Auftragsarbeiten an. W. wechselt vom Filmemacher zum Filmproduzenten und gründet einen Verlag, in dem er 1969 das Mag. Interview herausgibt. Auch bezieht er ein neues Atelier am 33 Union Square West. Ab 1972 widmet er sich wieder vermehrt der Malerei (z.B. Mao und Ladies and Gentlemen) und beginnt erneut zu zeichnen (bes. Linienzeichnungen wie die Mao drawings). 1974 wechselt W. erneut das Atelier und richtet sich am Union Square, 860 Broadway ein. Im gleichen Jahr experimentiert er erstmals mit der Collagetechnik, die er 1975 für die Herstellung druckgrafischer Ed. heranzieht. M. der 1970er Jahre widmet er sich dem Thema Stillleben und es folgen die Ser. Skull (Skull, 1976, Acryl und Siebdruck auf Lw., Coll. Larry Gagosian) und Hammer and Sickle (Hammer and Sickle, 1976, Acryl und Siebdruck auf Lw., New York, Mugrabi Coll.). Die dargestellten Objekte Hammer und Sichel hatte W.s Ass., Ronnie Blaise Cutrone, in einer Eisenwarenhandlung gekauft, W. den Totenschädel auf einem Flohmarkt in Paris entdeckt. Im Studio werden die Elemente verschiedenartig angeordnet und dann so beleuchtet, dass sie harte Schatten werfen. Cutrone fotografiert die Objekte in S/W und ergänzt sie um weitere Gegenstände: mit einer Glühbirne, einer Zahnpastatube, einem Radio oder einem Stiletto. Die Mehrzahl der fast 90 Fotogr. entsteht im Sept. 1975. Von diesen Fotogr. ausgehend, fertigt W. nahezu 85 Zchngn, darunter Linienzeichnungen, Aqu. und Collagen an. Die Fotogr. bilden auch die Grundlage für die meisten der farbig leuchtenden Skull-Gemälde. Im Gegensatz dazu basieren die Bilder der R. Hammer and Sickle auf 17 versch. fotogr. Vorlagen und die Farbpalette umfasst neben S/W auch zwei Rottöne. An beiden Werkreihen arbeitet er parallel, wobei mal die Variation der Farbe, mal die Variation der Form im Vordergrund steht. Beide Werkkomplexe veranschaulichen exemplarisch das Zusammenwirken von Fotogr., Zchng und Malerei in W.s Werk. Gegen E. des Jahres 1976 bis ins Frühjahr 1978 nimmt W. mit seiner Polaroidkamera Genitalien und Gesäße von nahezu 50, vorrangig männlichen Models auf, woraus die Ser. Torso und Sex Parts hervorgehen (Sex Parts, 1978, Portfolio mit sechs Siebdrucken, Aufl.: 30, New York, Leslie-Lohman Mus. of Gay and Lesbian Art). 1977-80 fertigt W. zudem die Porträtreihe Athletes (1977), die prominente Sportler zeigt, sowie die R. Joseph Beuys (1980) an. Einen Bruch mit diesen figurativen Arbeiten bilden die abstrakten Gem. aus Urin und Sperma, die Piss, Oxidation und Cum Paint. von 1977-78. Ebenso abstrakt gibt sich die R. der Schattenbilder (Shadows, 1978-80), die erstmals 1979 in der Gal. Heiner Friedrich in New York ausgestellt wird. Die 1980er Jahre sind durch Kooperationen mit jüngeren Künstlern wie Jean-Michel Basquiat und Francesco Clemente (1952) gekennzeichnet. Ein letztes Mal wechselt W. im Dez. 1984 sein Atelier: In der 22 East 33rd Str. entstehen 1985-87 die Bilder zum Letzten Abendmahl, die auf Leonardo da Vincis gleichnamigem Fresko im Refektorium von S.Maria delle Grazie in Mailand beruhen. Als diese Werke im Pal. delle Stelline in Mailand im Febr. 1987 ausgestellt werden, stirbt W. Auf Initiative von W.s Bruder John Warhola wird 1991 das MMK A.W. in Medzilaborce, Slowakei, gegr., das Kunstwerke und persönliche Gegenstände W.s beherbergt und präsentiert. 1994 eröffnet das A.W. Mus. in Pittsburgh, wo etwa 4000 Fotogr., nahezu 2000 Zchngn, mehr als 1000 Druckgrafiken, 900 Gem., ca. 100 Skulpturen sowie Filme und Videos ausgestellt und Archivmaterialien aufbewahrt werden. - W.s Kunstproduktion fördert maßgeblich den "Great Graphic Boom" der 1960er und 70er Jahre, dessen Protagonisten mittels der massenhaften Produktion von Kunst deren Enthierarchisierung und Demokratisierung bewirken wollen. Nicht nur die Kunst wird zu einem Produkt erklärt, sondern sie selbst zeigt Alltagsgegenstände und Waren, die zu Ikonen avancieren. Die banale Alltagswelt findet Eingang in die bild. Kunst und erhält damit den Status der Bildwürdigkeit. Dieser Prozess beginnt mit der frühen Pop-Art von Eduardo Paolozzi und Richard Hamilton in Großbritannien und findet in der US-amer. Pop-Art von W., aber auch Lichtenstein, Robert Indiana und James Rosenquist ihre Fortsetzung. Die US-amer. Konzeptkünstlerin Elaine Sturtevant verwendet mit W.s Erlaubnis dessen Vorlagen für die Siebdrucke und schafft damit eig. Werke, wobei sie W. immer als Urheber des Motivs ausweist. Die US-amer. Pop-Art strahlt auch nach Europa aus, wo sich eig. Formen, darunter der "German Pop" von Sigmar Polke und KP Brehmer, etablieren. In Frankreich ist Ulrike Ottinger aktiv, zuweilen wird auch Maria Lassnig der österr. Pop-Art zugeordnet. W. gilt als einer der maßgeblichen Künstler der Pop-Art und als die treibende Kraft für die Verbreitung dieser Strömung.
W./R.T. Ward, A is an alphabet, N.Y. 1953; W./S.Frankfurt, Wild raspberries, N.Y. 1959; W./u.a., The index book, N.Y. 1967; The phil. of A.W. (from A to B and back again), N.Y./Lo. 1975; W./P.Hackett, Popism, N.Y./Lo. 1980; America, N.Y. 1985.
Einzelausstellungen:
New York: 1952 Hugo Gall.; 1964, '66, '77 Leo Castelli; seit 1986 Gagosian Gall.; 1987 Dia; 1989 MoMA (K Retr., Wander-Ausst.); 1997-98, 2018 Whitney (beide K Wander-Ausst.) / Paris: 1964, '74 Gal. Ileana Sonnabend (1964 K); 2015 MAM / Köln: 1977 Gal. Heiner Friedrich; 2020-21 Mus. Ludwig (K Wander-Ausst.) / 1981 Hannover, Kestner-Ges. (K) / 1988 Houston (Tex.), Menil Coll. (K) / 1987 Salzburg, Gal. Thaddaeus Ropac / Basel: 1993 KH (K Wander-Ausst.); 2000 Fond. Beyeler (K) / Hamburg: 1993 Deichtorhallen (K Retr., Wander-Ausst.); 1999 KH (K Wander-Ausst.) / 2000 Humlebæk, Louisiana / 2000 Kochi, MoA (K Wander-Ausst.) / Berlin: 2001-02 Neue NG (K Retr., Wander-Ausst.); 2021 Hamburger Bahnhof; 2024 Neue NG / 2004 Edinburgh, Scottish NG of Mod. Art / 2005-06 Beacon (N.Y.), Dia / 2010-11 London, Tate Mod. / 2011 Washington (D.C), NG of Art (K Wander-Ausst.) / 2013 Belfast, Metropolitan Arts Centre / 2014 Instanbul, Pera Mus. (K) / 2014-15 Chemnitz, KS (K) / 2015, '24-25 (mit Keith Haring) München, Mus. Brandhorst / 2016 Oxford, Ashmolean Mus. (K) / 2017 Santiago de Chile, Centro Cult. La Moneda / 2020-21 Wien, MUMOK (K). -
Gruppenausstellungen:
1976 Birmingham, MoA: Aspects of Amer. Realism / 1977, '82 Kassel: documenta (beide K) / Venedig: 1980 Bienn. (K); Pal. Grassi: Pop Art (K) / Berlin: 1982 Neue NG: Slg Marx (K Wander-Ausst.); 2019-21 Hamburger Bahnhof: Fragmente; 2020 Kpst.-Kab.: Pop on Paper (K); 2021-22 Martin-Gropius-Bau: The Cool and the Cold. Malerei aus den USA und der UdSSR 1960-1990 (K) / 1987 Madrid, CARS: Coll. Sonnabend (K Wander-Ausst.) / 1989 Köln, Mus. Ludwig: Bilderstreit (K) / London: 1991 RA: Pop Art (K Wander-Ausst.); 1996 Tate Gall.: The Froehlich Found. (K Wander-Ausst.); 2009 Tate Mod.: Pop Life (K Wander-Ausst.); 2019 BM: Troy / 2000 Düsseldorf, KS NRW: Ich ist etwas And. (K) / 2001 Aspen, AM: W., Koons, Hirst (K) / 2011 Montclair (N.J.), Montclair AM: W. and Cars (K Wander-Ausst.) / 2012 New York, Metrop. Mus.: Regarding W. (K Wander-Ausst.) / 2013 Tokyo, Nat. AC: Amer. Pop / 2014 Madrid, MN Thyssen-Bornemisza: Pop Art Myths (K) / 2016-17 München, Haus der Kunst: Postwar - Kunst zw. Pazifik und Atlantik 1945-1965 (K) / 2017 Oslo, NM: The Great Graphic Boom (K Wander-Ausst.) / 2017-18 Assen (NL), Drents Mus., und Emden, KH: The Amer. Dream (K) / Bonn: 2019 Bundes-KH: Goethe (K); 2022 KM: Welt in der Schwebe (K) / 2019-20 Linz, Schloss-Mus.: A.W. bis Cindy Sherman (K) / 2024 Bietigheim-Bissingen, StG: Reiche Ernte - Früchte in der Kunst des 20. und 21. Jh.; Herford, Marta Herford und Bielefeld, KH: Zw. Pixel und Pigment.
Weitere Lexika:
List, 1967; Bauer, GEM VIII, 1978; ContempArtists, 1983; EAPD, 1989; DA XXXII, 1996; I.F. Walther, Künstler-Lex., in: Kunst des 20. Jh., II, Köln u.a. 1998; R.Kostelanetz, A dict. of the Avant-Gardes, N.Y. 22000; Delarge, 2001; H.-M. Koetzle, Das Lex. der Fotografen, M. 2002; R.Mißelbeck (Ed.), Prestel-Lex. der Fotografen, M. u.a. 2002
Gedruckte Nachweise:
G.R. Swenson, ARTnews 1963(1)26; D.Bourdon, Arts Mag. 1975(Nov.)87; H.-R. Crone, Das bildnerische Werk A.W.s, B. 1976 (Diss. FU Berlin 1976); R.Williams/D.Williams, Print Quart. 1987(4)379-403; Artstudio 1988(8)6-149 (Spécial A.W.); P.Hackett (Ed.), The A.W. diaries, N.Y. 1989; B.H.D. Buchloh, October 1994(70)33-54; S.Shore/L.Tillman, The velvet years, Lo. 1995; H.Bastian (Ed.), Slg Marx im Hamburger Bahnhof, Berlin, Bd 2, M. 1996; J.D. Dillenberger, The relig. art of A.W., N.Y. 1998; G.Frei/N.Printz (Ed.), The A.W. cat. raisonné, 5 Bde, Lo. 2002-18 (WV Gem., Skulpturen); F.Feldman/J.Schellmann, A.W. prints, N.Y. 2003 (WV); K.Goldsmith (Ed.), The selected A.W. interviews, 1962-87, N.Y. 2004; C.Angell, A.W. screen tests, Bd 1, N.Y. 2006 (WV Filme); P.Maréchal, A.W. The record covers 1949-87, M./Lo. 2008 (WV); B.H.D. Buchloh, October 2009(127)3-24; A.Danto, A.W., New Haven 2009; I.Brugger (Ed.), W. - Basquiat, He./B. 2013; J.J. Curley, A conspiracy of images, New Haven 2013; R.Golde (Ed.), A.W. Polaroids 1958-87, Köln 2017; B.Kunz, A.W.s Selbstporträts der 1960er-Jahre, B./Münster 2018 (Diss. Bonn 2014); J.Sichel, Oxford Art J. 2018(41)59-83; M.D. Hermann (Ed.), W. on Basquiat, Köln 2019; B.Gopnik, W. Ein Leben als Kunst, M. 2020; U.M. Reindl, Kunstforum internat. 279:2022(Jan.-Febr.)317-221 (Interview mit den Kuratoren); S.Boecker, ibid. 281:2022(Mai-Juni)269-271; J.Davis u.a., Kunst der Vereinigten Staaten 1750-2000, B. 2024; J.Drexler, Kunstforum Internat. 298:2024(Sept./Okt.)242-244; M.Stoeber, ibid. 217-219.
Onlinequellen:
The W. Mus.