Bandinelli, Baccio (Bartolom[m]eo), eigtl. Bartolommeo Brandini, ital. Bildhauer, Maler, *12.11.1493 Florenz, †7.2.1560 ebd.
Bandinelli, Baccio
Arbeitete vorwiegend in Florenz und Rom. Vor 1539 heiratete B. Jacopa Doni. Der 1534 geb. Sohn Clemente entstammte nicht dieser Ehe, wurde aber 1552 legitimiert. Ein zweiter legitimer Sohn Michelangelo (1552) wird in B.s Memoriale 1552 noch als Kind erwähnt; er soll ebenfalls als Bildhauer gearbeitet haben, ist aber jung verstorben. B.s Vater, der 1459 geb. Michelangelo di Viviano de Brandini war einer der bedeutendsten Goldschmiede seiner Zeit. B. lernte zunächst bei seinem Vater und ab etwa 1505 bei dem Bildhauer Giovanni Francesco Rustici. Er beschäftige sich eingehend mit Michelangelos Cascina-Karton. Während sener Lehrzeit bei Rustici lernte er auch Leonardo kennen. B. erlangte als bevorzugter Künstler der Medici, für die auch schon sein Vater arbeitete, bedeutende Aufträge. 1515 erhielt er durch die Vermittlung Giuliano de Medicis den Auftrag für einen Hl. Petrus, der für den Dom in Florenz bestimmt war. Zur selben Zeit übernahm er auch Teile der Dekoration für den Einzug Leos X. in Florenz. Giulio de'Medici erteilte ihm wahrsch. 1519 den Auftrag für die Plastik Orpheus und Cerberus. Zw. 1517 und 1519 sandte ihn Papst Leo X. nach Loreto, um mit Andrea Sansovino an den Reliefs für die S.Casa zu arbeiten (Zahlungen zw. 18.4.1518 und 31.12.1525; Loreto, Arch. stor. della S.Casa, Mitt. F.Grimaldi). 1520 erhielt B. von Giulio de' Medici den Auftrag für eine 1:1 Kopie der Laokoon-Gruppe, die er 1525 fertigstellte. Zu dieser Zeit war er ein sehr aktiver Zeichner, viele seiner Kompositionen wurden gestochen. 1525 entstanden Skizzen B.s für Fresken in der Hauptchorkapelle von S.Lorenzo (Projekt nicht ausgef.). 1527 ging B. zunächst nach Lucca, später nach Genua, wo er die Arbeit an dem Standbild des Andrea Doria als Neptun begann, das jedoch unvoll. blieb. Eine heute verlorene Statue des Merkur wurde um 1529 von Giovanni Battista della Palla für Franz I. von Frankreich gekauft. Zu dieser Zeit wurde B. auch Ritter von S.Iago und nahm den Namen der sienes. Aristokratenfamilie Bandinelli an, von der er vorgab abzustammen. Nach der Rückkehr der Medici wurde ihm im selben Jahr ein zunächst an Michelangelo vergebener riesiger Marmorblock für eine Herkules-Kakus-Gruppe zuerkannt. 1534 voll. er diese Gruppe in Konkurrenz zu Michelangelos David, sie steht noch heute vor dem Pal. Vecchio. 1536 erhielt er den Auftrag für die Gräber der Päpste Leo X. und Clemens VII. in S.Maria sopra Minerva in Rom. 1538 versprach er dem Papst eine Reihe von Bronzestatuen für Castel Sant' Angelo. Er entwarf jedoch nur eine Serie von Bronze-Statuetten als Modelle. B. verpflichtete sich 1540, das Mon. für Giovanni delle Bande Nere zu erstellen. Im selben Jahr übernahm er zus. mit Giuliano di Baccio die Ausschmückung der Udienzia im Pal. Vecchio; die endgültige Gestalt erhielt der Raum erst später durch Vasari. B. wurde 1547 Leiter der Florentiner Dombauhütte. Diese Arbeiten und die an seinem Grabmal in SS. Annunziata beschäftigten ihn bis zu seinem Tod. Seit 1550 bemühte er sich zudem um die Ausführung des Brunnens für die Piazza Signoria, er trat damit in Konkurrenz zu Cellini und Ammanati. Während der Arbeit an einem 1:1 Modell stirbt er. Nach B.s Tod wird der Brunnen von den gen. Künstlern ausgeführt. - Durch die Beschr. Vasaris, die Hinweise in Benvenuto Cellinis Autobiogr. und durch B.s Memoriale, ist sehr viel über den Charakter dieses Künstlers bekannt. Diesen Informationen hat man jedoch krit. gegenüberzustehen, Vasari z.B. konstruierte mit B. ein negatives Gegenbild zu dem von ihm verehrten Michelangelo. B. verstrickte sich ehrgeizig in eine Rivalität zu Michelangelo, dessen Werk für B. in Florenz gegenwärtig und herausfordernd war, wodurch er den Unwillen anderer Florentiner Künstler auf sich zog. Als einer der wenigen Bildhauer des Cinquecento war B., wie auch Michelangelo, ein ausgesprochen guter Zeichner, von daher arbeitete er, anders als Michelangelo, gerne Reliefs; B. war sogar einer der wenigen zu dieser Zeit, die diese Technik noch ausführten. In Florenz und in Rom hielt B. Zeichenakademien ab, die von vielen jungen Künstlern besucht wurden. Sein erstes großes Werk, die 1515 entstandene Petrusstatue für den Florentiner Dom, zeigt eine deutl. Anlehnung an Donatellos Matthäus und die Propheten für den Campanile. Diese Bezogenheit auf die Werke Donatellos bleibt bestehen bis hin zu B.s letzten Werken, z.B. den Chorschranken für den Dom. In B.s Œuvre zeigt sich auch sein Bezug auf die Antike, bes. deutl. in seiner frühen Plastik des Orpheus, der den Apoll von Belvedere nachahmt und seiner bemerkenswerten Kopie der Laokoon-Gruppe. Die Herkules-und-Kakus-Gruppe sollte zunächst von Michelangelo ausgef. werden; 1525 ging der Auftrag an B., 1528 nach der Vertreibung der Medici wieder an Michelangelo und bei deren Rückkehr wurde die Ausführung wieder dem loyalen B. übertragen. Er fertigte versch. Modelle für diese Gruppe, von denen der Papst die ausgef. Version wählte. Die Gruppe ist, obwohl oft als hart und brutal bez., ein innovativer Gegenpart zum David Michelangelos. B. will mit dieser Gruppe die von ihm gesehenen Unzulänglichkeiten des Davids sichtbar machen. Das Strukturelle wird in der Herkules-Gruppe im Gegensatz zum David stärker betont, dies hat eine eher statische Wirkung zur Folge. Nachdem Michelangelo 1534 Florenz verlassen hatte, etablierte sich B. unter der Protektion Cosimos I. de' Medici zum führenden Bildhauer großformatiger Marmorskulpturen, lehnte es aber ab, Auftgräge mit anderen Künstlern, z.B. Cellini, zu teilen. Daß sich B. trotz Konkurrenz zu Michelangelo dessen Einfluß nicht entziehen konnte, zeigt seine Statue des Giovanni delle Bande Nere - Vorbilder sind hier die Capitani Statuen aus der Neuen Sakristei in S.Lorenzo - sie erreicht aber nicht deren Qualität. Bemerkenswert hingegen ist das Sockelrelief. Es zeigt B.s Interesse an den röm. Sarkophagen und weist zudem in der Art der Darst. der Bewegungen eine Nähe zur Malerei des Manierismus auf. Der Vertrag für die Ausführung der Grabmäler Leos X., und Clemens VII. in S.Maria sopra Minerva sicherte B. eine der größten bildhauer. Aufgaben des 16. Jh. Die Archit. wurde von Andrea da Sangallo entworfen. Der Vertrag enthielt genaue Angaben über Größe und Anzahl der Statuen und Reliefs. Zu diesem Projekt entstand eine große Anzahl von Entwurfs-Zchngn. Die Ausführung, v.a. der Papststatuen überließ B. allerdings Assistenten (Raffaello da Montelupo und Nanni di Baccio Bigi). Es zeigen sich Anlehnungen an Michelangelo, und in den Reliefs beweist B. wiederum sein zeichn. Talent; sie wurden allerdings später wohl im Zusammenhang mit architekton. Veränderungen verkleinert. Nachdem Cosimo I. 1540 in den Pal. Vecchio gezogen war, übernahm B. die Gestaltung der sogen. Udienze. In diesem Raum sollten in einem dafür konstruierten Architekturzusammenhang Statuen von Cosimo und seinen Vorfahren stehen. Die von B. geschaffenen Figuren sind mehr hist. Abstraktionen als Portr. lebender Individuen, was v.a. bei der Darst. Cosimos ins Gewicht fiel und B. wiederum Kritik einbrachte. B. neigte in seinen Portr. nicht zu realist. Darst. Für ihn war ein Portr. ein Idealbild, das nur in groben Zügen mit der Person übereinstimmen sollte. 1547 legte B. Cosimo I. seine Pläne für den neuen Domchor und den Hochaltar vor. Das Projekt wurde von B. nicht vollendet. Der Chorraum wurde im Laufe der Zeit mehrfach verändert (von B. die Balustrade mit Reliefs von Propheten und Philosophen erh., 1842 Säulen und Pilasterordnungen mit dem Gebälk entfernt, die überzähligen Reliefs wurden ins Mus. gebracht.). Zum Komplex des Hochaltars gehörten zudem ein Toter Christus (S.Croce), Gottvater (ebd.) und Adam und Eva (Bargello). Auch bei diesem Projekt zeigt sich B.s Stärke bes. im Relief. Das vielfältige Repertoire an Posen und die ausdrucksvolle bewegte Darst. des menschl. Körpers konnte er in seinen großformatigen Figuren oft nicht erreichen. Teilweise werden in den Reliefs Figuren aus Michelangelos Sistina aufgenommen und variiert. Nicht alle Reliefs sind von B. ausgef., sicher jedoch die sign. und 1555 dat., die sich an den drei östl. Seiten der Brüstung befinden. Ein großer Teil der verbleibenden sind von B.s Schüler Giovanni Bandini ausgef. worden. Die Pietà für B.s Grab in SS. Annunziata wurde von B. geplant, als er hörte, daß Michelangelo an einem solchen Projekt arbeitete. Das Werk wurde nach B.s Entwürfen von seinem Sohn Clemente begonnen, aber von B. kurz vor seinem Tod voll.; der Nikodemus ist ein idealisiertes Selbstportr. B.s, auf der Rückseite des Sockels finden sich zwei Porträtreliefs, die B. und seine Frau darstellen. - Über das maler. Werk B.s gibt es wenig genaue Aussagen. In den letzten Jahren seines Lebens soll B. für Eleonora von Toledo vier Bilder für die Ausschmückung ihrer Räume im Pal. Vecchio gemalt haben. Dabei handelt es sich um Darst. des Noah, des Moses, der Erschaffung Evas und des Sündenfalls. Unklar ist, ob diese Gem. eigenhändig sind oder ob sie nach Kartons von B. von Andrea del Minga ausgef. wurden. Desweiteren wird ihm ein Fragm. eines Gem. mit der Darst. eines toten Christus, gehalten von Nikodemus, zugeschr. Dasselbe Thema verwirklichte er auch für seine Grabkapelle. 1542 versuchte B., den Auftrag für ein Gem. für die Kapelle der Eleonora di Toledo im Pal. Vecchio an sich zu bringen. Bronzino erhielt diesen Auftrag (Beweinung, Besancon, Mus. des BA), er sollte sich jedoch an einen Entwurf B.s halten, da dieser Eleonora von Toledo zusagte. Da der Entwurf nicht erh. ist, kann nicht entschieden werden, inwieweit sich Bronzino daran hielt. Er stellte jedoch B. in seinem Gem. als Josef von Arimathia dar, eine der dominierenden Fig. des Bildes.
Einzelausstellungen:
1988 Cambridge, Fitzwilliam Mus.: B.B. 1493-1560. Drawings from British coll (Kat.).
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB2, 1908
Weitere Lexika:
DBI V, 1963 (Lit.); DEB I, 1972, DA II, 1996
Gedruckte Nachweise:
A.Jansen, ZBK 11: 1876, 65-251; A.Colasanti, I Memoriali di B.B., RepertKw 28: 1905, 406-443; Paatz, Kirchen, 1954, Reg.; W.R. Valentiner, B., Rival of Michelangelo, ArtQu 18: 1955, 241-263; H.Keutner, MüJb 7: 1956, 138-168; J.Shearman, Rosso, Pontormo, B. and others at SS. Annunziata, BurlMag 102: 1960, 152-156; D.Heikamp, Die Bildwerke des Clemente B., FlorMitt 9: 1960, 130-136; id., Giorgio Vasari. Vita di B.B. scultore fiorentino, Mi. 1964; id., Poesie in vituperio del B., Paragone 15: 1964 (175) 59-68; id., B. nel Duomo di Firenze, ibid., 32-42; id., Die Entwurfszeichnungen für die Grabmäler der Mediceer-Päpste Leo X. und Clemens VII., Albertina Stud. 4:1966, 134-153; id., In margine alla'Vita di B.B.' del Vasari, Paragone 17: 1966 (191) 51-62; M.G. Ciardi Duprè, Commentari 17: 1966, 146-170; id., Antichità viva 5: 1966 (1) 22-31; A.E. Pérez Sanchez, Arch. español de arte 39: 1966, 192 s.; J.Holderbaum, The birthdate and a destroyed early work of B.B., in: Festschr. Rudolf Wittkover, L.1967, 93-97; M.G. Ciardi Duprè, in: Festschr. Ulrich Middeldorf, B.1968, 269-275; C.Lloyd, BurlMag 111:1969, 373 s.; C.Avery, Florentine Renaiss. sculpt., Lo. 1970, 194-203; Pope-Hennessy, Sculpt. III, 1970. S.Androsov, Soob. Gos. Ermitaža 37:1973, 12 s.; J.H. Beck, Precisions conserning B. 'pittore', Antichita viva 12: 1973 (5) 7-11; V.Bush, Colossal sculpt. of the Cinquecento, N.Y. 1976; E.Langedijk, B.B.s Orpheus: A political message, FlorMitt 20:1976, 33-52; Pal. Vecchio: committenza e collezionismo medicei (Ausst.-Kat.), F.1980; V.L. Bush, in: Stud. in Ital. art and archit., R.1980, 163-206; D.Heikamp, A bonze bust of Cosimo I. de' Medici for the courtyard of the Pitti Palace, in: Art the ape of nature, Festschr. H.W. Janson, N.Y. 1981, 265-273; K.Weil-Garris, B. and Michelangelo: A problem of artist. identity, ibid., 223-251; R.Ward, Some late drawings by B.B., Master Drawings 19: 1981 (1) 3-14; id., B.B. as a draughtsman, Diss., Lo. 1982; id., Art Bull. of Victoria 23: 1983, 19-37; K.Weil-Garris, On pedestals: Michelangelo's David, B.s Hercules and Cacus and the sculpt. of the Piazza della Signoria, RömJb 20: 1983, 377-415; H.Keutner, in: Festschr. Roberto Salvini, Fi. 1984, 417-426. H.T. Van Veen, A note on B.s Giovanni delle Bande Nere in Piazza San Lorenzo Florence, BurlMag 128: 1986, 346 s.; U.Kleefisch-Jobst, Die Errichtung der Grabmäler für Leo X. und Clemens VII. und die Projekte für die Neugestaltung der Hauptchorkapelle von S.Maria sopra Minerva, ZKg 51: 1988, 524-541; J.Cox-Rearick, From B. to Bronzino: the genesis of the Lamentation for the Chapel of Eleonora di Toledo, FlorMitt 33: 1989, 37-84. R.B. Simon, Giulio Clovio's portrait of Eleonora di Toledo, BurlMag 131: 1989, 481-486; L.Weil-Garris Brandt, The self-created B., in: World art II, Lo. 1989, 497-508.
Bandinelli, Bartolommeo, gen. Baccio Bandinelli, geb. am 12. 11. 1493 in Florenz, Sohn des angesehenen, von den Medici viel beschäftigten Goldschmieds Michelangelo di Viviano de' Brandini da Gaiuole, nahm 1530 statt seines eigentlichen Familiennamens de' Brandini unberechtigterweise den Geschlechtsnamen der altadeligen Sieneser Familie Bandinelli an (Vasari-Milanesi VI 133, Anm. 2). Er bildete sich als Schüler seines Vaters und des Giovanfrancesco Rustici, unter dem Einfluß der Schlachtenkartons von Michelangelo und Lionardo. Die zeitgenössischen Quellen über sein Leben sind nicht ungetrübt: teils stehen sie unter dem Eindruck des Hasses, den sein unseliger Charakter sich selbst gesät, teils der verlogenen Schönfärberei, mit der er die eigene Entwickelung der des von ihm beneideten Michelangelo anzunähern suchte. Cellinis Ausfälle wie Vasaris ausführliche, auf eigene Angaben B.s zurückgehende Notizen wollen darum mit gleicher Kritik aufgenommen sein. Von dem Vorwurf, aus Mißgunst Michelangelos Karton 1516 zerschnitten zu haben, hat ihn die neuere Forschung befreit. Schon Vasari, auf dessen Biographie diese Nachricht zurückgeht, widerspricht sich selbst im Leben Michelangelos; auch erwähnen weder Condivi noch Benedetto Varchi in seiner Leichenrede auf Buonaroti diese Tatsache, und nicht einmal Cellini, der 1518 noch vor dem Karton studierte, weiß davon zu melden. Herrscht über seinen Charakter bei Mit- und Nachwelt ziemliche Einmütigkeit, so ist seine künstlerische Persönlichkeit desto mehr umstritten. Als Bildhauer hat er sich selbst geschädigt, indem er sich ohne Aufhören neben die Größten stellte und ihre Wege kreuzte, dabei in ewiger Gier nach Erwerb Auftrag über Auftrag an sich reißend, seine unausgereiften Arbeiten halb fertig ließ oder flüchtig durchführte. Die Malerei hat er nach geringen Versuchen, über die Vasari anekdotisch berichtet, aufgegeben (sein gutes Bildnis in der Malersammlung der Uffizien soll von B.s eigener Hand herrühren). Als Meister der Zeichnung hat der Vielgetadelte der Florentiner Schule zweifellos Ehre gebracht. So hat nach ihm Marcanton den Kindermord und das berühmte große Blatt mit dem Martyrium des hl. Laurentius gestochen, Agostino Veneziano anatomische Studien, eine Komposition der Iphigenie, eine nackte Cleopatra. Als Bildhauer begann er seine Laufbahn mit einer 1 ½ Ellen hohen in Wachs anatomisch subtil und naturalistisch durchgeführten Hieronymusstatue, die Lionardo gelobt haben soll (vielleicht eine der ersten dieser später so beliebten anatomischen Akademien), und einem jugendlichen Merkur, der später an Franz I. nach Frankreich kam. - Mit der Rückkehr der Medici setzte für B. die Protektion dieser Familie ein. Der Herzog von Nemours verschaffte ihm den Auftrag zu einer der Apostelstatuen für den Dom, dem hl. Petrus. Beim Einzug Leos X. in Florenz fiel sein Kolossalentwurf einer Gruppe Herkules und Cacus auf, sein größter künstlerischer Gedanke, dessen Ausführung oft durchkreuzt, sich durch sein ganzes Leben hinziehen sollte. Besonders reich ist er in Rom mit Aufträgen bedacht worden: die Arbeit für den Papst an der Santa Casa in Loreto unterbrach er zwar nach einem Zerwürfnis mit Sansovino, soll aber doch 1531 sein Relief der Geburt Mariä selbst vollendet haben. Auf Verwendung des ihm besonders gewogenen Kardinals Giulio bestellte Leo bei Ba. eine Marmorgruppe Orpheus u. Cerberus für den Hof des Pal. Medici, die später ins Casino di S. Marco kam. Die Kopie des Laokoon, die der Papst an Stelle des versprochenen Originals für Franz I. bestimmt hatte, ist noch heute in den Uffizien erhalten. Für den Eingang der Villa des Kardinals am Monte Mario (später Villa Madama) hat B. damals zwei "giganti" gearbeitet, die zugrunde gegangen zu sein scheinen. Als Günstling des mediceischen Hauses mußte er zwischen 1527 und 1530 die Vaterstadt meiden. Zu Genua und Bologna tritt er damals in Beziehungen mit Karl V.; auf das Geschenk eines Bronzereliefs der Kreuzabnahme machte ihn der Kaiser zum Ritter von S. Jago. Das Standbild des Andrea Doria als Neptun für die Genueser Republik ließ er trotz empfangener Bezahlung unvollendet. Unausgeführt blieb auch das Modell eines hl. Michael, der nach dem Wunsch des Papstes die Engelsburg krönen sollte. Die Wiederkehr der Medici bringt eine Zeit der Triumphe für B.: der mächtige Marmorblock aus Carrara, seit 1508 bestimmt von Michelangelo zu einer Gruppe des Herkules und Cacus am Eingang des Palazzo vecchio dem David gegenüber verarbeitet zu werden, wurde unter Einwirkung seiner jetzt fürstlichen Gönner dem republikanisch gesinnten Meister aberkanrit und dem loyalen Bandinelli übergeben. Die 1534 erfolgte Aufstellung der Gruppe, die seither ihren Platz vor dem Pal. Vecchio (anders wie ihr Gegenstück) behauptet hat, bedeutete zwar den ersten wirklichen Triumph über sein mit Neid verfolgtes großes Vorbild, brachte aber die abfällige Meinung über den künstlerischen Charakter seiner Arbeiten in vernichtender Schärfe zum Ausdruck. Dafür äußerte sich die Zufriedenheit seiner Auftraggeber in Belohnungen, wie der Dedikation eines Landgutes oder in neuen großen Aufträgen. Die Gräber der beiden Medici-Päpste - heute im Chor der Minerva in Rom - waren ihm von Clemens VII. zugedacht, sollten aber nach des Papstes Tode 1554 an Alfonso Lombardi vergeben werden. Durch die Gunst der Donna Lucrezia Salviati, einer Schwester Leos X., wußte B. den Auftrag wieder an sich zu bringen, erfüllte ihn aber erst nach Jahren, wobei er gerade die Hauptfiguren dem Raffaello da Montelupo und dem Nanni di Baccio Bigio überließ. Denn inzwischen hatte er sich dem Monument zugewandt, das der junge Herzog Cosimo I. seinem Vater Giovanni delle bande nere in S. Lorenzo setzen wollte. Der Sockel mit seinem historischen Relief wird zu B.s befriedigendsten Arbeiten gerechnet; mit der unfertigen Statue ist er erst 1850 zu dem heutigen unerfreulichen Ensemble vor der Kirche zusammengefügt. Durch seine Berufung als Baumeister und Bildhauer bei Vollendung der von Michelangelo begonnenen Kirche der Madonna della Quercia vor Florenz zum Renommee eines Architekten gekommen, wurde er ähnlich wie Michelangelo bei Paul III. vom Herzog zum Leiter aller Arbeiten beim Dom bestellt. Als der Herzog 1540 den alten Familienpalast der Witwe Alessandros, Margareta von Österreich überließ und selbst den Pal. Vecchio bezog, projektierte B. gemeinsam mit Giuliano di Baccio Bigio einen großen Audienzsaal, dem in Wirklichkeit später Vasari die endgültige Gestalt geben durfte. Ausgeführt wurden von ihm nur die Porträtstatuen der Medici: Herzog Alessandro, Leo X., und die nur zum Teil von ihm gearbeitete Krönung Karls V. durch Clemens VII. Als Leiter des Dombaus ging er im Auftrag des Herzogs an die Verwirklichung von Brunnellescos ursprünglichem Plan für den "coro", Schranken, die in weitem Achteck mit architektonischen Abschlüssen den riesigen Altar unter der Kuppel umziehen sollten. Die Einzelstatuen hatten ihre Schicksale: eine, den Adam. arbeitete er gleich zu einem Bacchus um (Pal. Pitti); die schließlich aufgestellten Figuren der Voreltern sind als indezent unter Spott entfernt und ins Bargello gekommen; die Statue Gottvaters (von Vincenzio de' Rossi ausgeführt) und die Gruppe des toten Christus stehen heute in der Kirche und im vorderen Klosterhof von S. Croce. Die 88 Relieffüllungen mit Propheten und Heiligen an der Balustrade zeigen ihn endlich von seiner glücklichsten Seite: als Zeichner voll Grazie und Kraft, mit feinem Sinn für die Füllung eines gegebenen Raums und unermüdet im Finden neuer Motive für das gleiche Thema. Als man die Chorschranken enger machte, brachte man 24 Reliefs in die Opera del Duomo. Die unglücklichen Arbeiten der Altarfiguren haben das günstige Urteil, das diese Reliefs verdienten, beeinträchtigt. In den Augen des Herzogs begann die Menge der Arbeiten, die er an sich gerissen und dann unvollendet gelassen, gegen ihn zu sprechen. Der schwunglose, aber gewissenhafte und brauchbare Vasari hat ihn für die letzten Lebensjahre zurückzudrängen vermocht. Dem Einfluß des Aretiners mag auch zuzuschreiben sein, daß des abwesenden Michelangelo Bedeutung für den Herzog und Florenz wieder stieg. An Bandinellis Stelle hat Vasari dann den Ausbau u. die Ausschmückung der neuen Säle im Pal. Vecchio besorgt. Doch hat jener gegen sein Ende hin wenigstens die Gunst der Herzogin Eleonora v. Toledo zurückzugewinnen gewußt; einige dekorative Arbeiten im Giardino Boboli mögen am Ende der langen Reihe für die Medici geschaffener Werke stehen. Der Herzogin dankt er auch den vornehmen Platz für sein eigenes Grab in der SS. Annunziata; hierfür hatte sein Sohn Clemens die Gruppe des toten Christus und Nikodemus (dem er die Züge des Vaters gab) begonnen. Kurz nachdem diese Gruppe ihren Platz erhalten, ist Bandinelli am 7. 2. 1560 (1559 flor. St.) gestorben. Baccios vielumstrittene Erscheinung verknüpft auch da, wo sie unbefriedigt läßt und durch Mangel an Seele und Gewissen verletzt, kunstgeschichtlich sehr interessant die alte toskanische Herrschaft über den Stein mit der Bravour der Barockzeit. Alle Vorzüge der Florentiner Schule aber offenbaren die Zeichnungen. Bandinellis Züge überliefern uns außer dem erwähnten ihm selbst zugeschriebenen Porträt der Künstlergalerie in den Uffizien und dem Holzschnitt bei Vasari das Marmorrelief der Opera del Duomo in Florenz und das Tonmodell dazu im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin, eine Medaille von Leone Leoni (Armand I 163) und schließlich ein dem Sebastiano oder Salviati zugeschriebenes Porträt (Sammlg. Mrs. Gardener, Boston) in ganzer Figur, sitzend, im Schmuck des S. Jagoordens, mit einer Rötelzeichnung des Herakles u. Cacus, seiner Lieblingsschöpfung. Biographien in Meyers Kstlerlex. III (H. Lücke) und Zeitschrift f. bild. Kst. XI (1876) (Jansen), in denen wichtigste ältere Lit. - Dazu: Molini, La metrop. florentina 1820 p. 43 ff. - Berenson, Drawings of the Flor. Painters, 1903. - Colasanti, Il memoriale di B. B. (Repert. f. Kstwiss. XXVííI 406 ff.).