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Brokof, Ferdinand Maximilian

Geboren
Rothenhaus, (vor) 1688.09.12
Gestorben
Prag, (vor) 1731.03.08
Land
Tschechien, Österreich, Polen
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Brokof, Ferdinand Maximilián; Brokof, Ferdinand Maxmilian; Brokof, Ferdinand Maximilian; Brokoff, Ferdinand Maximilian; Prokoff, Ferdinand Maximilian; Prokop, Ferdinand Maximilian; Brackhoff, Ferdinand Maximilian; Brokov, Ferdinand Maxmilian; Brokoff, Johann Ferdinand (Irrtümlicher Name); Prokof, Johann Ferdinand (Irrtümlicher Name); Prokop, Johann Ferdinand (Irrtümlicher Name); Brackhoff, Johann Ferdinand (Irrtümlicher Name)
Berufe
Bildhauer*in; Zeichner*in
Wirkungsorte
Böhmen, Schlesien, Prag, Breslau, Wien, Grüssau
Zur Karte
Von
Alsterová, Alena
Veröffentlicht in
AKL XIV, 1996, 344; ThB V, 1911, 52 s

VITAZEILE

Brokof (Brackhoff; Brokoff; Prokoff; Prokop usw.), Ferdinand Maximilian, böhm. Bildhauer, Zeichner, get. 12.9.1688 Rothenhaus (Červený Hrádek), begr. 8.3.1731 Prag (in St.Martin in der Mauer). Zweitgeborener Sohn von Johann B., Bruder von Joseph B. und von Anton Sebastian (Antonín Šebestián) B. (get. 26.1.1693 Prag, Bakkalaureus der freien Künste der dortigen Univ. und später Dichter in Wien; das Todesdatum bei ThB ist eine Verwechslung mit Joseph B.).

LEBEN UND WIRKEN

B. lernte zunächst zus. mit dem älteren Bruder Joseph beim Vater, dessen Wkst. er nach Josephs Tod (1721) mit der Mutter weiterführte, die ihm aber erst 1730 offiziell übertragen wurde. Sein Talent entfaltete sich v.a. durch einen Aufenthalt bei Peter und Paul Strudel an der ABK Wien (vor 1708). Kontakte mit Wien, hauptsächl. mit Johann Bernhard und Josef Emanuel Fischer von Erlach, begleiteten B. sein gesamtes Leben hindurch. Eine Schulung beim Prager Andreas Philipp Quitainer ist nicht nachgewiesen, der Einfluß wird wohl umgekehrt gewesen sein. B. wirkte nicht nur auf seine direkten und indirekten Schüler und Nachfolger; im Unterschied v.a. zu Mathias Bernhard Braun endet sein Einfluß nicht mit dem Barock, sondern währt in gewissem Sinne (V.V. Štech) bis heute. Erwähnenswert ist auch die gegenseitige Beeinflussung der beiden bedeutendsten Vertreter des böhm. Barock B. und Braun. An den künstler. Qualitäten von Ferdinand B. zweifelte schon die ältere Lit. nicht, die ihm aber auch Werke zuschrieb, die heute als Arbeiten seines Bruders Joseph angesehen werden. Den Anteil beider genauer einzugrenzen, gelang erst vor relativ kurzer Zeit (O.J. Blažíček u.a.). Die Anfänge von B.s Schaffen legte die älteste Lit. (Ehemant) schon in das Jahr 1706 (Engelsgestalten in der Gruppe der Christustaufe für die Prager Karlsbrücke, heute im Lapidarium des NM Prag), was - so scheint es - zu früh ist. Umgekehrt kann die Zuschr. der Hl. Elisabeth in der Gruppe der drei Hll. Barbara, Margarethe und Elisabeth (1707) an B. angenommen werden, die bis auf letztere Joseph B. zugeschr. wurden. Das erste selbständige Werk Ferdinand B.s, die Statue des Hl.Adalbert (1709, ebenfalls bisher auf der Karlsbrücke) wurde noch von Štech Joseph B. zugewiesen. Auf Ferdinand B. als Autor verweist jedoch ein erh. Holzmodell im Bes. des NM Prag. Eine ausgeprägtere Handschrift hat die Statue des Hl.Kajetan (1709, Karlsbrücke), wo der junge B. v.a. im Motiv des Obelisken mit Wölkchen auf die zeitgen. Wiener Plastik reagiert (Säule Am Graben). Auf dieses Werk bezieht sich auch einer von Augustin Neureuters Stichen nach einer Zchng von B. Zu den strittigen Werke gehört ebenfalls die Statue des Hl.Johann von Nepomuk (1710) auf der Ratstreppe der Prager Burg, die häufiger Joseph B. zugeschr. wird. Die Thematik des hl. Johann v. Nepomuk gehört ebenso wie der Schmuck der Karlsbrücke zu der schon vom Vater Johann B. 1683 beg. Linie. Zum Brückenschmuck trug Ferdinand B. hauptsächl. durch drei Gruppen mit Jesuitenthematik bei: Der Hl.Franz Borgia mit Engeln (1710) ist eine char.- realist. empfundene, obwohl immer noch rein additiv konzipierte Gruppe. 1711 folgt die schon vollplast. komponierte Gruppe des Hl. Ignatius von Loyola mit Allegorien der Nationalitäten (Spanier und Pole) und Erdteile (nach der Überschwemmung 1890 gerettete Fragm. im Lapidarium des NM; das polychrome Holzmodell in der NG). Höhepunkt der geschlossenen Komp. über drei Ebenen ist die Gruppe des Hl. Franz Xaver (1711). Das Modell lag hier als Zchng vor (heute in Budapest, SzM), Autor ist Johann Georg Heintsch, wie auch bei der Borgia-Gruppe (nicht ausgef. Entwurf im Muz. hlavního města Prahy). Eine andere Variante der Komp., die diese pyramidale Lösung verleugnet, ist die zeitl. nachfolgende Gruppe der Hll. Vinzenz Ferrer und Prokop (1712). Die Gruppe des Hl. Veit (1714) strebt zur Lösung von Johann Georg Bendl und korrespondiert mit den Statuen in Raditsch (Radič), die allerdings Joseph B. zugeschr. werden. Die Brückengruppe der Trinitarier mit dem Hl. Felix von Valois, Johann von Matha und dem hl. Iwan (1714) ist einer der Höhepunkte in Ferdinand B.s Schaffen und eines der typischsten Werke des barocken Prag. Als eines der wenigen Werke B.s, in denen das Prinzip der psycholog. Expressivität zur Geltung kommt (in den Gestalten der in Höhlen gefangenen Christen und ihres Wärters, des sog. Prager Türken), das dem Autor bis auf Ausnahmen (Kalvarienberg in der Galluskirche) fremd ist, reiht es ihn unzweifelhaft unter die Künstler des Hochbarock ein. Ein weiteres sign. Werk von B. ist die Giebelverzierung des Morzin-Pal. (Nerudastr.) mit den Gestalten der Wache haltenden Mauren, den Allegorien von Tag und Nacht und der Erdteile (1714, sign.: Hoc Mauros Fecit Brokoff), genauso wie die Malteser-Statue (1714-15) mit dem hl. Joh.Bapt. und einer Dreiergruppe Engel mit Schriftbändern (in tschech., dt., lat.), der "tschech." Engel ist ein Krypto-Portr. B.s. Ein anderes Selbstporträt, vorausgesetzt die zeitgen. Graphik diente als Grundlage für erh. spätere Bll. (Stich von Karl Salzer zu Abb. von F.M.Pelzl, 1773; Rad. von Joseph Karl Burde nach Zchngn von Johann Quirin Jahn, 1800), läßt sich erahnen in der Gestalt des Jungen mit Buch in Čeněk Vosmíks Kopie der Franz-Xaver-Gruppe, die heute an der Stelle der urspr. Gruppe von B. steht. 1715-16 führte B. das Grabmal des Wratislav aus Mitrovice in der Jakobskirche nach Entwurf des J.B. Fischer von Erlach aus, wiederum mit Portr. (Wratislav) und Allegorien (Chronos, Meditation, Fama) römisch-Wiener Provenienz. Der geschnitzte Leidensweg bei der Kastuluskirche (1716), bis vor kurzem dem Umkreis B.s zugeschr., ist eine Vorstufe des Leidensweges in der Galluskirche (Hl.-Kreuz-Kap., um 1720). Der Schmuck der Kirche der Barmherzigen Brüder, von denen die Schnitzereien des Hl. Johann von Gott und des Erzengels Raphael bes. hervorzuheben sind, stammen von 1724 und wurden nach der Rest. in den 1970er Jahren B. zugeschr. (als Leihgabe in der NG). V.a. in den Holz-Skulpt. ist B.s Ausdruck weniger offiziell als bei den Steinplastiken, es wurden hier sogar got. Reminiszenzen konstatiert. Manchmal fand B. Inspiration im Werk von J.G.Bendl (Statuen in der Kirche in Petrovice b. Rakovník, Schnitzerei und weißer Stuck, in der Lit. unterschiedl. zw. 1719 und 1723 dat.). Von den Steinplastiken, die parallel dazu entstanden, seien gen.: die Statuen des Hl. Johann von Nepomuk, heute bei St. Johann an der Bleiche (1715, sign. mit Johanns Namen) und des Hl. Philippus Neri, urspr. Johann Sarkander, bei der neuen Schloßtreppe (1715, sign.: Opus Johannes Brokoff), die Statuen der Hll. Jakob, Philipp und des Salvator in Malvazinky (Prag) bei der Friedhofskirche (urspr. in der Pfarrk. Smíchov, 1715), die Luft aus dem Allegoriekomplex der Elemente in Most (1715-18) und beide Mohrenwächter vor dem Morzin-Schloß in Kaunitz (Kounice; 1718-19). In der dortigen Kirche befindet sich auch eine zeitgen. Schnitzerei des Hl. Jakob Major, der Hl. Johann von Nepomuk mit Engeln über dem Eingang in die Georgs-Kap. in Prag (1721-22). 1722 bereitete B. den Schmuck der neuen Schloßtreppe (Ölberg und 12 Passionsszenen in Sandstein) vor, der jedoch nicht ausgef. wurde. Im gleichen Jahr beendete B. im Dom zu Breslau die Ausschmückung der Kurfürstl. Kap. von J.B.Fischer v. Erlach (Statuen auf dem Altar und dem Säulengebälk, Reliefs und Figürchen der Supraporta). Die Altarstatuen des Aaron und Moses, von B. in Wien in Marmor gehauen, symbolisieren das AT und NT. Sie gehören zu den Höhepunkten seines Schaffens, typolog. kommen sie einerseits von J.G.Bendl, andererseits aber eher direkt von röm. Vorbildern (Aaronstatue von Niccolò Cordieri in Sa. Maria Maggiore). Die Grabstätte des Ratsherren Wolff in der Elisabethkirche in Breslau (1721-23, Entwurf J.B. Fischer von Erlach) wandelt erneut das Schema der Gestalten auf dem Obelisk der Wratislav-Grabstätte in Prag ab. Die Statue des Hl. Johann von Nepomuk vor dem Schloß in Horschin (Hořín; 1725) mit dem Motiv des Stehens auf einem Fisch und die Figur des Hl. Johann von Nepomuk heute bei der Hl.-Geist-Kirche in Prag (um 1725, Sockel 1727) mit der begleitenden Gestalt des Bettlers führen eine Reihe der Hl.Johann-Darst. fort. Letztere steht den karitativen Hll. nahe (Carl Borromäus, Elisabeth von Thüringen), wobei die Zentralfigur der Immakulata wiederum die trad. Vorstellung von J.G.Bendl respektiert. An der bildhauer. Verzierung der Trautson-Grabstätte in Wien (bis 1727) arbeitete B. schon mit dem jüngeren Fischer von Erlach, Josef Emanuel, zus. Zum dritten Mal verwendete er hier den Typ Grabstätte mit Portr. des Verstorbenen in einem Kreis von Allegorien. Offensichtlich lieferte B. nicht nur das Modell (Štech, 1938-39; Schikolová, 1970), sondern realisierte auch selbst das Werk (Blažíček, 1976). Trotz der neuen, schon spätbarocken Komp. stehen die Gestalttypen denen anderen Spätwerken nahe (Statuen der Hll. Monika, Ludmila und Augustina auf dem Hauptaltar der Thomaskirche in Prag, 1730). Nur das Modell lieferte B. dagegen für den Hauptaltar der Carl-Borromäus-Kirche in Wien (Štech, Nejedlá, Blažíček). Auch sein Autorenanteil im schles. Grüssau (Krzeszów; 1729-30) beschränkt sich letztendlich auf zwei Hauptfiguren des Giebels, Moses und den Papst (Gregor?), als Symbole des AT und NT. Obwohl er auch die Entwürfe der umfangreichen Verzierungen des Giebels im Innern der Kirche des Zisterzienserklosters lieferte, wurde das Werk von B.s Schülern ausgeführt. B.s ausgeprägt barocker Ausdruck beschränkte sich nicht nur auf die plast. Werke. 1714 lieferte er die zeichnerische Vorlage für A.Neureuter zu dessen Dokumentationsgraphiken des gerade voll. Schmucks der Karlsbrücke (Gruppen: Hl. Kajetan, Hl. Franz Xaver, Hll. Vinzenz und Prokop, der Trinitarier). Andererseits hatten B.s bildhauer. Werke in vielen Fällen zeichner. oder graph. Vorlagen anderer Autoren (J.G.Heintsch, J.B.Fischer von Erlach). B. schließt motivisch an die heimische Trad. an (Adriaen de Vries; Bendl u.a.), von den ersten Bernini-Nachf. v.a. an Johann Georg Heermann (Atlanten im Lustschloß Troja/Prag in den Gestalten der Wächter-Mauren) in seinem von Permoser beeinflußten materiellen Ausdruck. Von den Strudels erhält B. nicht nur die aktuelle Stilausrichtung, Fertigkeiten der Studie nach der Natur und qualitätvollen Gusses, sondern auch die nicht alltägl. Fähigkeit der stilbezogenen Selektion der Einflüsse. Seine individualisierten Heiligengestalten mit betont porträt-, auch selbstbildnishaften Zügen, die Typen der Exoten und Orientalen genauso wie die allegor. Gestalten bringen in die böhm. barocke Bildhauerei den plast. Ausdruck, der prinzipiell verschieden ist von der piktoralen Auffassung bei Mathias Bernhard Braun.

WERKE

Děčín, ehem. Schloßspeicher: Allegor. Nischenstatuen der Hll. Isidor und Joseph von Ägypten, gen. Bauer und Türke, 1725-26. Duchcov (Dux), Schloßkirche: Schmerzensreiche Mutter Gottes und hl. Johann, aus dem Leidensweg des ehem. Spitals der Kirche, 1725. Mělník, Peter-Paulskirche: Kreuzabnahme, nach 1724. Prag, NG: Herkules mit Zerberus aus dem Kolowrat-Garten, um 1710; Paar kniender Mauren, um 1720; Hll. Veit und Ludmila, 1725-30. - Muz. hlavního města Prahy: Christus am Grab, um 1725. - NM: Skizze des Joh. Ev. zur Statue in der Ägidiuskirche, um 1720; Modell der Adalbertgruppe für die Karlsbrücke. - Haus U Hopfenštoků: Portal, 1710. - Nostitz-Pal., Attika: vier Statuen antiker Heerführer, um 1720. - Ägidiuskirche, Katharinenaltar: Statuen, um 1720. - Tomášská ul. 26: Gruppe des hl. Hubert mit Hirsch und drei Imperatorenbüsten, 1726. Skřivany, Annenkirche: Peter der Büßer, nach 1720.

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB5, 1911 (Lit.).

 

Weitere Lexika:

Toman I, 1947 (Lit.; s.v. Brokov, Ferdinand Maxmilian); NDB II, 1955; EČVU, 1975; ÖKL III, 1977; Dict. de la sculpt., P. 1992.

 

Gedruckte Nachweise:

J.Ch.Kundmann, Promtuarium rerum naturalium et artificalium..., Vratislaviae 1726; L.Ehemant, in: Neuer Titulatur... auf das Schaltjahr 1772, Prag 1772, III; id., Etwas zur Kunstgesch. Böhmens, Prag 1779; F.Ekert, Posvátná místa, I-II, Praha 1883-84; A.Podlaha, Posvátná místa království českého, I-VII, Praha 1907-13; J.Herain, Karlův most v Praze, Praha 1908; K.Chytil, Zum Aufsatze J. und F.M.B. von O.Pollak, Prag, in: JbZK Wien 3:1909, 113 s.; A.Podlaha, Mat. k slovníku umělců... v Čechách, Pam. archeol. 23:1914 - 34:1926; P.Bergner, Mitt. des Ver. für die Gesch. der Deutschen in Böhmen 54:1915; V.V. Štech, Z dílny M.Brauna, Sb. k 70. narozeninám K.B.Mádla, Praha 1929, 143-160; A.Matějček, Umění (Štenc) 3:1930; V.V. Štech, Pražské sochy a pomníku, Kniha o Praze II, Praha 1931, 87-102; A.Matějček, Umění Nového věku 3:1932; E.Poche, F.M.B., Ročenka Kruhu pro pěstování dějin umění, Praha 1932, 48-60; V.V. Štech, Brokovové, Kniha o Praze IV, Praha 1933, 41-52; id., Československé malířství a socharství nové doby, Praha 1938-39; E.Poche, Pražské portaly, Praha 1944; A.Novotný, Praha "Temna", Praha 1946; O.J. Blažíček, F.M.B., řezbář: Cestami umění, Sb. k počte šedesátých narozenin A.Matějčka, Praha 1949, 176-182 (dass. Thema im Kat. Národní gal., Praha 1981); id., Výtvarná kronika Karlova mostu, in: Karlův most, Praha 1955; id., Sochařství baroku v Čechách, Praha 1958; H.Smíšková, Brokofové a Děčín, Z minulosti Děčínska (Liberec) 1:1965, 243-248; V.Nejedlá, Příspěvek k dílu bratří M.J.J. a F.M.B., Umění 16:1968, 444-494; I.Kořán, Cyriacký klášter a chrám sv. Kříže Většího, ibid. 173-195; H.Smetáčková, Zahradní schodiště vily Troje v Praze, ibid. 515-526; J.Neumann, Český barok, Praha 1969; G.Schikola, Wiener Plastik der Renaiss. und des Barock, W. 1970, 138 s.; M.Koller, Die Akad. Peter Strudels in Wien, Mitt. der Österr. Gal. 14:1970, 5-70; O.J. Blažíček, Prag und Wien im Spiegel der Barockplastik, ibid. 16:1972/73, 155-164; id., F.M.B., Praha 1976 (Lit.); K.Kalinowski, Barock in Schlesien, M. 1990.

 

Archive:

Prag, Arch. der Hauptstadt, fol. 51-53, rukopis 4619: Kniha mostního úřadu, Liber contr. oblig. et officii pontis 1710-39. Archivalien auch bei Herain, 1908; Podlaha, 1914-26; Bergner, 1915.

 


THIEME-BECKER

Artikel von: Oskar Pollak-Prag

Brokoff (auch Prokof, Prokop, Brackhoff etc.), Ferdinand Maximilian (nicht "Johann Ferdinand"), Bildhauer, tätig in Böhmen und Schlesien, geb. im Sept. 1688 in Rothenhaus bei Komotau (N.-W.-Böhmen), † März 1731 in Prag. Sohn und Schüler des Johann B. Sein erstes selbständiges Werk ist die Gruppe der hl. Margaret, Barbara und Elisabeth (1707) für die Prager Brücke, der auch die Tätigkeit der folgenden Jahre fast ausschließlich gewidmet war. So entstand u. a. 1708 die Gruppe des hl. Franz Seraph, 1709 die des hl. Adalbert, 1711 die beiden großen (1892 ins Wasser gestürzten) Gruppen des hl. Ignatius von Loyola und des hl. Franz Xaver, 1712 die der hl. Vincenz und Prokop. 1714 die der hl. Johann v. Matha, Felix und Iwan und die des hl. Veit. Gleichzeitig arbeitete er aber auch viel für Paläste und öffentliche Plätze; so entstand u. a. 1710 das Portal des Hauses "Zum Hopfenstock", 1713 bis 14 die berühmten Mohrenkaryatiden am Palais Morzin in der Spornergasse, 1715 die Statue des hl. Philippus Nerius auf der neuen Schloßstiegc. Im J. 1715-16 arbeitete er das prächtige Grabmal des Oberstkanzlers von Böhmen Grafen Wratislaw von Mitrowitz (i" 1712) in der Prager Jakobskirche, zu dem J. B. Fischer von Erlach den Entwurf geliefert hatte. 1718 entstand das große Marmorrelief der Familie Christi für die Theinkirche in Prag, bald nachher, neben kleineren Arbeiten, die Olberggruppe und die vier Evangelisten für die Totenkapelle in der S. Galluskirche. Zu Beginn des Jahres 1722 berief ihn J. B. Fischer von Erlach nach Breslau, um die von ihm erbaute kurfürstl. Kapelle am Dom mit plastischen Werken auszuschmücken: die überlebensgroßen Marmorstatuen Moses und Aaron am Altar und vier Reliefs über den Türen sind sein Werk. Kurz nachher arbeitete er auch das Grabmal des 1722 verstorbenen Herrn Johann Georg von Wolff, das sich in der Elisabethkirche zu Breslau befindet. In den folgenden Jahren kehrte er wieder nach Prag zurück und schuf hier neben kleineren Werken die reiche Mariensäule am Hradschincr Platz (1726), die mit zehn Statuen, resp. Gruppen geschmückt ist. Am 23. 6. 1728 erwarb er das Bürgerrecht auf der Neustadt. Im selben Jahre folgte er einer Berufung nach Wien, wo er den Hochaltar der von Fischer von Erlach erbauten S. Karl Borromäus-Kirche im Modell entwarf und wohl auch selbst ausführte. Die Übertragung dieser Arbeit spricht für die Schätzung, die er genoß. Im Jahre 1729 wurde er zum zweiten Male nach Schlesien berufen, diesmal zur Ausschmückung der im Bau befindlichen Zisterzienserkirche in Grüssau bei Landeshut; er hat dort bis zum März des Jahres 1730 gearbeitet. Auf ihn gehen zwei von den riesigen Portalfiguren (Moses und S. Gregor), im Innern zwei Altäre und verschiedene andere Holzfiguren zurück. Eine schwere Krankheit (die Schwindsucht) zwang ihn, die Arbeit abzubrechen und nach Prag zurückzukehren. In Prag übernahm er noch einen Auftrag, nämlich sechs Modelle für Statuetten, die in Silber geschlagen und auf dem Hochaltare der Thomaskirche aufgestellt werden sollten, auszuführen. Er hat aber nur drei davon (S. Monica, S. Ludmila, S. Augustinus) ausführen können. Die Krankheit und der frühe Tod hinderten ihn an der Vollendung. Der Künstler war der bedeutendste Barockbildhauer Prags; in der Formengebung schloß er sich der Berninischule an. Neuräutter, Statuae Pontis Pragensis (1714). - (Kamenicky), Prager Brucken (1716). - Hammerschmid, Prodromus gloriae Prag. (1723). - Hahn, Grüssau (1735). - Kundmann, Silesii in nummis (1738). - (Pelzel), Abbild. böhm. u. mähr. Gelehrter u. Künstler (1775) II. - Schaller, Prag (1794-97). - (Zimmermann), Breslau (1794). - Dlabacz, Kstlerlex. (1815). - Schottky, Prag (1830). - Erdmann, Kathedr. S. Johann. . in Breslau (1850). - Schlager, Donner (1853) p. 138. - Mádl im "Světozor" XVII (1883) p. 407. - Ilg in Allg. Deutsche Biographie XXVI (1888). - Ottuv Slovnik naucnY (Tschechisches Konversationslexikon) IV (1891). - Ilg, Fischer v. Erlach (siehe Register I). - Matějka in "Památky archaeol. a místop." (čech. Kunstzeitschr.) XVII (1896197) Sp. 126ff. - Herain, Stará Praha (Alt-Prag) (Register!). - Pollak-Prag im Kunstgesch. Jahrb. der k. k. Zentral-Kommission (1908) p. 150ff. u. in Forschungen zur Kunstgeschichte Böhmens V (Prag, 1910 "Johann und Ferdinand Maximilian Brokoff").