Cambiaso, Luca, ital. Maler, Bildhauer, *18.10.1527 Moneglia/Genua, †6.9.1585 San Lorenzo de El Escorial.
Cambiaso, Luca
Sohn und Schüler des Giovanni C., der ihn zum Zeichnen nach Wachsmodellen und zum Stud. der eben voll. Dekorationsmalereien des Perin del Vaga, Domenico Beccafumi und Pordenone im Genueser Pal. Doria anhält. In den 1540er Jahren ist C. als Mitarb. des Vaters tätig, der sich aufgrund nachlassender Aufträge in Genua zunehmend um Arbeiten in der Prov. bemüht. 1542 entsteht die Fassadendekoration eines Hauses an der Piazza S.Siro in Genua (nicht erh.); 1545 liefert C. für das Triptychon der Himmelfahrt Christi in der Pfarrk. von Breccanecca/Cogorno die Szene der Verkündigung, 1545/46 für die Pfarrk. in S.Cipriano/Serrra Riccò die Predella und einige Partien im Hauptteil der Altar-Taf. mit den Hll. Kornelius und Zyprian (alle Öl/Holz). Als Mitarb. bei Gemeinschaftsaufträgen des Vaters und des Francesco Brea aus Nizza führt C. 1547 eine Prophetenlünette für den Freskenzyklus von Madonna del Canneto in Taggia aus und im selben Jahr in der Pfarrk. ebd. eine Auferstehung sowie evtl. Teile der dortigen Madonna mit Hll. (Öl/Holz). C.s Frühwerk kennzeichnet ein gesuchter 'Gigantismus', der - vermittelt durch Druckgraphik oder eine röm. Studienreise - die Kenntnis der Werke Michelangelos nahelegt. Gegenüber den schweren, wuchtigen Formen des Vaters erstrebt C. eine gesteigerte perspektiv. Räumlichkeit. Diese beruht v.a. auf der suggestiven Verkürzung bewegter, maler. aufgefaßter Figuren, wie sie in den Decken- und Lünettenfresken des ehem. Pal. Doria in Genua (Herkules im Kampf gegen die Amazonen; Apollo schießt seine Pfeile gegen die Griechen vor Troja, ca. 1545-50), im Freskenzyklus des Pal. Grillo ebd. (Merkur geleitet Psyche zum Konzil der Götter, um 1550) und schließl. im michelangelesken Weltgericht in S.Maria delle Grazie bei Chiavari (ehem. dat. 1550) erscheinen. Nach diesen Gemeinschaftswerken gehen Vater und Sohn versch. Wege: Der Auftrag für das verlorene Triptychon von S.Lorenzo di Lago/La Spezia dok. den mittlerweile über 25jährigen C. als Leiter der Genueser Wkst.; Giovanni C. sucht in Erkenntnis seiner künstler. und techn. Grenzen einen neuen Wirkungskreis an der w. Riviera, als sich mit dem Eintreffen röm. Künstler (Gebr. Seminni) und des vielseitigen Giovanni Battista Castello (gen. Bergamasco) ein bedeutsamer Generationenwechsel innerhalb des Genueser Kunstkreises vollzieht, dem die Vermittlung einer mod. manierist. Bildsprache entspricht. Die Begegnung mit dem seit E. der 1540er Jahre für die lokale Aristokratie tätigen Architekten Galeazzo Alessi aus Perugia führt C. lt. Soprani zur Erprobung expressiver Farbwirkungen, die sich bes. an den Genueser Werken des Perin del Vaga orientieren. Die aus dem Umland (Triora; San Pietro di Vara; Pontremoli) und von den Bruderschaften um Genua (Genova-Quarto) eingehenden Aufträge bieten ihm zugleich Anlaß, den für eine ähnl. Auftraggeberschaft entstandenen Werken des Florentiners Perin geeignete Formeln zu entlehnen, die es ihm erlauben, einen zeitgemäßen Stil mit dem altertüml. Wunsch nach mehrteiligen Altar-Taf. zu versöhnen. Zwei char. Werke in der Entwicklung des Malers sind die Hirtenanbetung in SS.Annunziata in Pontremoli (Öl/Holz, dat. 1558) sowie Auferstehung (Öl/Holz, 1569) und Transfiguration (Öl/Holz, 1561) für S.Bartolommeo degli Armeni in Genua. Sie verraten eine größere Sicherheit im Einsatz der Gestaltungsmittel, bes. der Farbbehandlung, die allerdings nie die Rolle der Formbezeichnung übernimmt. Zur gleichen Zeit nehmen die Aufträge für dekorative Arbeiten in Genua zu. Bis in die 1560er Jahre arbeitet C. dabei häufig mit G.B. Castello zus., der sich dem Genueser Adel als Architekt und Entwerfer von z.T. sehr detailliert ausgearbeiteten Dekorationen empfiehlt, deren Malerei er organ. mit den umgebenden Skulpt. und Stukkaturen verbindet. E. der 1550er Jahre freskiert C. zus. mit G.B. Castello die Villa Giustiniani Cambiaso (Diana) und die Villa Pallavicino delle Peschiere (Diana und Satyr) in Genua. Die Fresken im Pal. Imperiale di Campetto ebd. (Tod der Kleopatra, um 1560, zerst.) belegen die Fruchtbarkeit dieser Zusammenarbeit, sichtbar v.a. in den komplex ausgearbeiteten Perspektivwirkungen mittels verkürzter Archit.-Bühnen und naturalist. Details. Ähnliches gilt für die wenig späteren Fresken im Pal. Spinola Pessagno (Heros im Parnaß) in Genua und für die Dekoration von S.Matteo, der Hauskirche der Doria ebd. (Äthiop. Drachenwunder; Matthäusmartyrium; Auferweckung der äthiop. Königstochter, alle Fresko, um 1561; zus. mit G.B. Castello). Ein Aufenthalt in Pontremoli 1557 und ein 1657 von Francesco Scanelli gen. Gem. in S.Maria di Campagna in Piacenza (nicht mehr nachweisbar) könnten evtl. eine Auseinandersetzung C.s mit Correggio bestätigen, den er nachweisl. für Genueser Auftraggeber kopierte. Correggios Einfluß einer zarten, weich modellierten Farbigkeit wird offenkundig in Werken wie der Hl. Familie in S.Maria della Cella in Sampierdarena, der Ruhe auf der Flucht der Accad. Ligustica in Genua und der nächtl. Hirtenanbetung der Pin. Bologna vom A. der 1560er Jahre. Das Vorbild Correggios half C. zudem, jugendl. Härten der Zchng und perspektiv. Verzerrungen zu mildern. Die beständige Auseinandersetzung mit den Werken des G.B. Castello bewirkte einen weiteren Stilwandel. So diente Castellos großes Altar-Gem. der Sebastiansmarter, ausgef. 1562 für S.Sebastiano in Genua, in der horizontalen Zweiteilung als Vorbild für C.s 1564 geschaffenes Bartholomäusmartyrium (zerst.) in S.Bartolomeo dell'Olivella, einer anderen Augustinerinnenkirche Genuas. Während dieser sehr produktiven Periode vermittelte C. der enge Verkehr mit dem Genueser Adel zahlr. Anregungen einer zur Höhe der Zeit findenden Elitekultur. Erwogen wird daher neuerdings die Möglichkeit einer Verbindung C.s zu dem Theoretiker Claudio Tolomei und dem Mathematiker Alessandro Citolini - beides Mitgl. der Accad. Vitruviana in Rom, die Kontakte zu C.s Auftraggebern, den Spinola, Grimaldi und Pallavicini, unterhielten. Entsprechende Bezugspunkte liefern C.s graph. Experimente zur Konstruktion menschl. Körper, die er M. der 1560er Jahre den Fresken der Festräume der Villa Imperiale di Terralba (Raub der Sabinerinnen; röm. Historien) und des Pal. Grimaldi della Maridiana (Odysseus-Szenen) zugrunde legte. Eine Ser. profaner Darst. aus den 1570er Jahren verrät künstler. Neuerungen aus der zeitgen. venez. Malerei, für die Valerio Corte, ein fähiger Tiziankopist, das Interesse weckte. Der venez. Einfluß blieb allerdings oberflächlich und v.a. auf Komp.-Anleihen beschränkt, regte C. jedoch in Gem. wie Venus, Adonis und Amor oder Venus und Adonis zu einem freieren Farbauftrag an (Öl/Lw., 1565/70, beide Genua, Priv.-Bes.); eine veroneske Typik findet sich in Darst. wie Venus und Amor im AM Chicago (1565/70), Selbstmord der Lukrezia in der Slg Manning New York und einer Hl.Magdalena in Priv.-Bes. ebd. (beide 1565/70). Als G.B. Castello, dem C. noch 1566-67 bei den Fresken (zerst.) im Pal. des Baldassare Lomellino (später Campanella) zur Seite steht, 1567 nach Spanien geht, voll. C. dessen eben beg. Dekorationsarbeiten. Von C. stammt daher auch die Wanddekoration der Kap. des Franco Lercari in S.Lorenzo in Genua (bis ca. 1570; von G.B. Castello nur die Deckenfresken). C.s freskierte Vermählung Mariens und Darbringung im Tempel erscheinen jeweils im Blendrahmen einer Serliana, deren illusionist. Spiel die monochromen Stiftergräber, denen Marmorstatuen in Nischen gegenüberstehen (Prudentia von C.), ebenso miteinbezieht wie eine Ser. von Lw.-Gem. (Epiphanie; Geburt Christi; Die Hll. Anna und Joachim; als Altar-Gem.: Madonna mit Kind und den Hll. Laurentius und Joh. Bapt., alle nach 1567). Ab 1568 voll. C. die von G.B. Castello beg. Dekoration des Presbyteriums von SS.Anunziata di Portoria in Genua. Das Altar-Gem. der Verkündigung und die Seitenbilder der Erwählten und Verdammten (alle Öl/Lw.) kennzeichnet eine zunehmende Konzentration auf die plast. Form, die zugunsten des gestalteten Ausdrucksgehaltes auf letzte Höhungen und farbige Brillanz verzichtet. C.s Streben nach einer klar umrissenen, plast. definierten Form - vgl. das gleichzeitige Hauptwerk Die Hll. Valerian und Cäcilie (Öl/Lw.; Priv.-Bes.) - zielt den Forderungen des Tridentinums gemäß auf eine deutliche und schlichte Darst. der hll. Personen. Diesem Anspruch folgen bereits die Gem. der Capp. Lercari und noch stärker die Pietà in S.Maria Assunta di Carignano in Genua (um 1571) und ebd. die Kreuzabnahme in S.Chiara d'Albaro sowie die Kreuzabnahme in der Accad. Ligustica di BA. In den 1570er Jahren enstehen einige suggestive, von künstl. Lichtquellen erhellte Nachstücke wie die Madonna mit der Kerze im Genueser Pal. Bianco oder der Christus vor Kaifas in der Accad. Ligustica. Angeregt durch jesuit. Spiritualität, insbesondere Andachtsübungen des Ignazius von Loyola, knüpfen sie an entsprechende Experimente der 1550er Jahre an. Zu A. der 1580er Jahre wird C. wiederholt aufgefordert, als Nachf. des verstorbenen Hofmalers Antonio Navarrete an den span. Hof nach Madrid zu kommen. Giovanni Andrea Doria - Vertreter des gegenreformat. gesinnten, altgenueser Adels - kommt dabei eine Vermittlerrolle zu, da er seit 1578 Werke C.s an Philipp II. schicken läßt. 1581 liefert der Maler ein Laurentiusmartyrium für die Kirche des Escorial (Öl/Lw.), verschiebt eine Übersiedlung nach Spanien jedoch auf 1583, um 1582 in Rom einen päpstl. Dispens für die Ehe mit seiner Schwägerin Argentina zu erwirken. Im Escorial, wo er in Begleitung seines Sohnes Orazio und seines Schülers Lazzaro Tavarone eintrifft, bildet er wohl zus. mit Fabrizio, dem Sohn des G.B. Castello, und Nicola Granello eine Malerequipe. Bis zu seinem Tod führt er zahlr. Werke aus: eine Johannespredigt und das Martyrium der hl. Ursula (Öl/Lw.; auf kgl. Wunsch 1591/92 durch andere Bilder ersetzt) beendet er 1583/84. Beide Gem. verraten den Bezug zur gegenreformator. Malerei in Rom und Florenz, die C. auf seiner letzten Reise nach Mittelitalien kennenlernen konnte. 1583/85 entstehen die Deckenfresken im Presbyterium (Marienkrönung) und im Chor (La Gloria) der Kirche von San Lorenzo de El Escorial, deren deutlich voneinander abgesetzte Figuren in ihrer geometr. Vereinfachung den Anspruch einer Allgemeingültigkeit ("clavis universalis") erheben, als deren Symbol Juan de Herrera auch die kubische Gestalt des von ihm entworfenen Escorial deutet.
Weitere Werke (Öl/Holz, soweit nicht anders angegeben):
Einzelausstellungen:
Genua: 1927; 1956 Accad. Ligustica di BA; 1985 Gall. Naz. di Pal. Spinola / 1985 Moneglia, Oratorio di S.Croce / 1986 Palermo, Gall. Naz. di Pal. Abatellis.
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB5, 1911. EI VIII, 1930; DBI XVII, 1974; PittItalCinquec I/II, 1988. - Soprani, Vite, 1674; L.Reghezza, Appunti e not. ricavate da doc. inediti dell' Arch. com. di Taggia, Sanremo 1908-12; L.Labò, Il Marzocco v. 12.3.1921; G.De Logu, Emporium 1927, 312-325; M.Labò, Mostra centenaria di L.C., Ge. 1927; E.Zarco Cuevas, Pintores ital. en S.Lorenzo de El Escorial, Ma. 1932, 1-27; B.Suida Manning, ArtQu 1952, 197 ss.; L.Collobi Ragghianti, Crd'A 3:1954, 239-262; G.Fabretti/A.M. Gabrielli (Ed.), L.C. e la sua fortuna, Ge. 1956; A.Griseri, Paragone 1956(75) 18-29; P.Rotondi, Appunti sull' attività giovanile di L.C., Ge. 1956; B.Suida Manning/W.Suida, L.C. La vita e le opere, Mi. 1958; L.Collobi Ragghianti, Crd'A 33:1959, 166-184; P.Rotondi, Arte lombarda 1:1964, 115-124; P.Torriti, L.C. Disegni, Ge. 1966; N.Gabrielli, La Gall. Sabauda, T. 1971, 89 s.; M.Newcome, Genoese baroque drawings, Binghamton 1972, 2 s.; E.Gavazza, La grande decorazione a Genova, Ge. 1974; L.Muller Profumo, Arte lombarda 1974(41) 51-76; L.Magnani, ibid. 1978(50) 87-94; R.Longhi, Paragone 1979(349-351) 12 ss.; F.Marias, Arch. esp. de arte 205:1979, 83-86; M.Calì, Da Michelangelo all' Escorial, T. 1980, 169-190; G.Fusconi, Disegni genovesi dal XVI al XVIII sec. dalle coll. del Gab. Naz. delle Stampe, R. 1980; G.Biavati, Boll. dei Mus. civ. genovesi 16-18:1984; M.Newcome Schleier, Le dessin à Genes du XVIe au XVIIe s. (K), P. 1985; I.M. Botto, Mus. di S.Agostino, Fi. 1984 ss.; E.Gavazza/G.Rotondi Terminiello Omaggio a L.C. Rest. e proposte, Ge. 1985; D.Bernini, L.C. e la sua cerchia. Disegni inediti ..., Ge. 1985, 15-20, 23-29, 31-38, 39-46; G.Biavati, Boll. dei Mus. civ. genovesi 19- 21:1985, 5-28; P.Torriti, La pitt. a Genova e in Liguria, I, 1987, 195-222; M.C. Galassi/E. Parma Armani, La scult. a Genova e in Liguria dalle origini al Cinquecento, Ge. 1987, 310, 326, 334 s., 389 ss.; F.S. Freedberg, La pitt. in Italia dal 1500 al 1600, Bo. 1989; F. Boggero/F. Simonetti, Argenti genovesi da parata, To. 1991; M.Di Giampaolo (Ed.), Los frescos ital. de El Escorial, Ma. 1993; L.Magnani, L.C. da Genova all'Escorial, Ge. 1995; B.Di Marco, Studi di storia delle arti 8:1996 (im Druck).
Gedruckte Nachweise:
Addenda: M.Matile, Gusto e passione. Ital. Zchngn aus der Slg Gadola (K Zürich), Basel 2004
Cambiaso (Cangiaso), Luca (Lischetto, span. Luqueto), Maler und Bildhauer, geb. im Oktober 1527 in Moneglia (Riviera di Levante) als Sohn des Malers Giovanni C., 1585 in Madrid; Schüler seines Vaters, der ihn Handzeichnungen italien. Renaissancemeister kopieren, zur Festigung seines Formgefühles Tonfiguren modellieren und als Vorbilder für die dekorative Monumentalmalerei im Palazzo Doria zu Genua die Fresken des Perino del Vaga und des Pordenone studieren ließ. Laut Sopranis Bericht konnte Luca schon mit 15 Jahren seinem Vater bei dessen Genueser Fassadenmalereien und Innendeko- rationen als Gehilfe zur Hand gehen, und bereits 1544 schuf er mit jenem gemeinsam die "kühnen, von Mut und Kraft überschäumenden", nur koloristisch noch etwas harten und schwerfälligen Giganten- u. llias-Fresken im Festsaale des Palazzo Doria-Spinelli (jetzt Präfektur) am Acquasola-Park zu Genua. Nach Sopranis Meinung war Luca auch der Maler der Fassadenfresken jenes Hauses bei S. Domenico, von dessen Abbruch der von Alizeri dem Giovanni C. zugewiesene mythologische Fries im Treppenhause der Accademia Ligustica herstammt; vermutlich waren auch diese Fresken von Vater und Sohn gemeinsam ausgeführt. Im freundschaftlichen Verkehr mit dem 1549 von den Sauli nach Genua berufenen umbrischen Architekten Gal. Alessi und mit dem seit etwa 1555 in Genua ansässigen bergamaskischen Architekten, Bildhauer und Maler Giambatt. Castello lernte Luca dann nicht nur maßvoller und ruhiger komponieren und sorgfältiger zeichnen, sondern er ließ sich von ihnen speziell auch in der Architekturmalerei und Perspektive sowie vom letzteren noch insbesondere in der Farbengebung der venezianischen Schule unterweisen. Als Genueser Hauptwerke dieser zweiten Schaffensperiode C.s, der nunmehr bis 1567 in der Regel mit seinem Freunde Castello zusammen arbeitete, sind hervorzuheben: Die Festsaalfresken in dem laut Suidas Angabe gegen 1560 von G. B. Castello erbauten Palazzo Imperiali an der Piazza Campetto (Cambiasos Deckenbild "Tod der Kleopatra" gut erhalten, Castellos Gegenstück zerstört) und in der Villa Imperiali zu Terralba bei S. Fruttuoso (kolossales Deckenbild "Raub der Sabinerinnen" in weiter Architekturperspektive), das anmutige, auch landschaftlich höchst reizvolle Hippokrene-Fresko mit Apoll, den Musen und dem Pegasus im Palazzo Pallavicini an Piazza Fontane Morose (ursprunglich an der Fassade, jetzt an einer Zimmerdecke, - cf. Soprani-Ratti p. 81 N. b, Suida p. 152), sowie die jetzt im Palazzo Bianco zu Genua befindlichen Freskenreste aus dem 1555-56 von Gal. Alessi für die Grimaldi erbauten, nur noch als Ruine erhaltenen Palazzo Sauli und das riesige, den Kampf des Odysseus mit den Penelope-Freiern darstellende, von wechselreichen Schlachten- und Pastoral-Lunetten umrahmte Deckenfresko im Festsaale des seinerzeit ebenfalls den Grimaldi gehörenden Palazzo De Mari (an Piazza d. Meridiana), für den C. dann laut Sopranis Angabe auch die Kartons zu einigen von flandrischen Teppichwirkern auszuführenden Odyssee-Arazzi entwarf; - ferner von kirchlichen Malereien derselben Periode: in S. Bartolommeo degli Armeni die Tafelbilddarstellungen der Auferstehung und Verklärung Christi (1559 und 1561, - die Taufe Christi, ebenda, erst nach 1567 gemalt), - in S. Maria della Cella zu Sampierdarena das köstliche Familienidyll der unter einem Baume sitzenden Madonna mit den Christus- und Johannes-Knäblein und Engelkindern, - in der Annunziata di Portoria eine Verkündigung Mariae und eine Anbetung der Könige sowie zu beiden Seiten eines von G. B. Castello gemalten Weltenrichters die Himmelfahrt der Auserwählten und der Höllensturz der Verdammten, - in S. Matteo eine Wunderlegende des Titularheiligen, die Puttendecke sowie Propheten u. Sibyllen von "nahezu michelangelesker Größe", - endlich die zwischen 1559 und 1567 entstandenen Malereien in der Lercari-Kapelle von S. Lorenzo (deren Deckenfresken und Stuckdekorationen G. B. Castello ausführte): die Wandfresken mit Darstellungen der Vermählung Mariae und der Darbringung des Jesuskindes im Tempel und die Tafelgemälde mit Darstellungen der Hirtenanbetung und der Anbetung der Könige, der Einzelgestalten Vater Joachims und Mutter Annas, der Madonna zwischen St. Laurentius und Johannes d. Täufer sowie des hl. Benediktus zwischen St. Lukas und Johannes d. Täufer (letzteres Bild erst später aus S. Caterina hierher übergeführt). In einer der vier Marmorstatuen ders. Kap. betätigte Luchetto auch sein hervorragendes Bildhauerkönnen, u. zw. meißelte er von diesen 4 Tugendstatuen (laut Alizeris "Guida di Genova" p. 14) die "Prudentia" (nicht die "Fides"). Außerdem soll er die Modelle geliefert haben zu den Reliefs am silb. Corpus Domini-Schrein des Domschatzes (1553 vom Goldschmied Franc. de' Rocchi aus Mailand in Genua ausgeführt) und zu der prächtigen Grabfigur einer auf ihrem Sarkophag ruhend dargestellten Frau im Santuario del Monte zu Genua (3. Kap. links, - 1562 von G. G. Paracca da Valsoldo gemeißelt). Nachdem sein Freund G. B. Castello 1567 Genua verlassen hatte, um, einem Rufe König Philipps II. folgend, nach Madrid überzusiedeln (1576 - anstatt 1567 - Druckfehler bei Soprani, - cf. Bermudez I 278 f.), blieb Luchetto zunächst weiterhin im Dienste der Lercari tätig und schmückte den Festsaal in deren von Gal. Alessi erbautem Palast (jetzt Pal. Parodi, Via Garibaldi 3) mit Freskodarstellungen aus dem Leben ihres Vorfahren Megollo Lercari; auch malte er damals im Hauptsaale des Erzbischöfl. Palastes zu Genua Deckenbilder aus dem Leben Abrahams und Lunettenbildnisse genuesischer Bischöfe sowie an einer Wand des Vorraumes zu diesem Saale ein Bischofskonzil unter dem Vorsitze des Cipriano Pallavicini. Von erhalten gebliebenen Freskowerken aus dieser auf einer flüssigeren und flüchtigeren Malweise basierenden 3. Schaffensperiode C.s sind noch zu erwähnen die mythologischen Deckenbilder in einem Saale des gleichfalls von Gal. Alessi erbauten Palazzo Giorgio Doria an der Via Garibaldi (Sturz des Phaeton, Daedalus und Ikarus, Apoll und Marsyas, Pallas und Arachne, Gigantensturz) und die Wandbilder aus der Georgs-Legende nebst dem Hochaltarbild mit dem Georgs-Martyrium in S. Giorgio (noch von Lanzi hoch gerühmt, jetzt arg verwahrlost); - ferner von Luchettos in Genua und Umgebung noch vorhandenen religiösen Tafelbildern dieser 3. Periode: In S. Maria di Carignano neben einer Verkündigung Mariae und einer Madonna im Grünen das große Altarbild der Beweinung Christi, laut Suidas Urteil nicht nur C.s Meisterwerk, sondern das größte Werk genuesischer Malerei überhaupt, - in S. Lorenzo das Madonnenbild des Fieschi-Altares, - in S. Francesco de Paola (früher Gesù e Maria) das innig-naive Presepe-Gemälde des 3. Altares zur Rechten, - endlich in der Kirche von S. Fruttuoso bei Portofino eine Grablegung Christi. Über C.s fernere Lebensschicksale erfahren wir aus Sopranis weitläufiger Biographie, daß der Meister wenige Jahre nach G. B. Castellos Weggang von Genua (1567, † in Madrid 1569, wie Bermudez I 279 urkundlich nachweist, - nicht 1579, wie Soprani annimmt) seine Gattin durch den Tod verlor, zur Erlangung des päpstlichen Konsenses für seine Neuverheiratung mit einer Schwester der Verstorbenen Reisen nach Florenz und Rom unternahm und schließlich 1583 einem Rufe Philipps II. nach Madrid zur Ausmalung der Escorialkirche von S. Lorenzo Folge leistete, in der Hoffnung, durch die Gunst des spanischen Königs den bisher vergeblich erflehten päpstlichen Ehe-Konsens doch noch zu erringen. Nachdem ein für den Hochaltar der Escorial-Kirche bestimmtes Probegemälde C.s, darstellend das Martyrium des hl. Laurentius, vom König beifällig akzeptiert worden war (später in die Capilla Je' Colegio des Escorial übergeführt), siedelte der Meister in Begleitung seines Lieblingsschülers Lazzaro Tavarone und seines von ihm gleichfalls zum Maler herangebildeten Sohnes Orazio Cambiaso (nur bekannt als Gehilfe seines Vaters bei dessen Freskoarbeiten im Escorial, seit 1585 wieder in Genua) nach Madrid über, wo er am 19. 11. 1683 als Hofmaler des Königs urkundlich bestallt wurde mit einem Jahresgehalte von 600 Dukaten. Binnen 15 Monaten vollendete er dann im Escorialkloster (neben einer ganzen Reihe von Ölgemälden, das beste davon laut Bermudez - eine Predigt Johannes d. Täufers in einer Kapelle der Klosterkirche) nach dem vom Klerus vorgeschriebenen scholastischen Kompositionsschema die äußerst umfangreichen, von zahllosen überlebensgroßen Figuren wimmelnden Gewölbefresken des Hochaltarchores von S. Lorenzo (Glorie aller Heiligen, dem Künstler mit 1200 Dukaten extra honoriert) und schuf darauf noch die Gewölbefresken des Presbyteriums (Himmelfahrt Mariae) und einige Wandbilder aus der Apostelgeschichte im Haupttreppenhause, - Malwerke, die sämtlich nicht nur die Eile ihrer Entstehung, sondern auch die rapide Abnahme des künstlerischen Vermögens ihres alternden Schöpfers bekunden. Als der Meister trotz dieser von Philipp II. äußerst beifällig aufgenommenen Gewaltleistung eine Intervention des letzteren beim Papst zugunsten der geplanten Verwandtschaftsheirat gleichwohl nicht durchzusetzen vermochte, verfiel er in schwere Krankheit und starb in der Verzweiflung (1585). Aus dem ungemein umfangreichen Oeuvre C.s sind als gesicherte in öffentlichen Galerien befindliche Gemälde des Meisters noch hervorzuheben: Im Prado-Museum zu Madrid hl. Familie, Schlummernder Cupido und Selbstmord der Lucretia, - in Genua im Pal. Bianco hl. Familie, Thronender St. Augustinus und Bestrafung der Kallisto, im Pal. Rosso hl. Familie und Beweinung Christi, im Pal. Balbi Büßende Magdalena u. Bildnis eines Geharnischten, - in Rom in der Gal. Borghese hl. Hieronumus, Venus u. Adonis, Venus und Amor, Ruhender Amor, in der Gal. Doria-Pamfili Büßende Magdalena, - in der Brera zu Mailand 2 Hirtenanbetungen, - in der Akademie zu Bologna Geburt Christi, im Museum im Haag Geburt Mariae und Madonnenbild, - im Kais. Friedrich-Mus. zu Berlin Caritas, - endlich die Selbstbildnisse C.s in den Uffizien zu Florenz und im Pal. Spinola zu Nervi bei Genua (s. unter Cambiaso, Giovanni; - die aus dem Spiegelbilde resultierende scheinbare Linkshändigkeit des Selbstbildnismalers wurde von Soprani u. anderen für bare Münze genommen). Reiche Sammlungen von Handzeichnungen C.s findet man im Pal. Bianco zu Genua, in den Uffizien zu Florenz, in der Biblioteca Nacional zu Madrid, im Louvre zu Paris etc. Einige von Heller-Andresen und anderen dem Luchetto selbst zugeschriebene Holzschnitte sind in Wirklichkeit nur Faksimilierungen von Originalzeichnungen C.s von der Hand eines anonymen Formschneiders (mit der Signatur "G. G. N. fec."). Von dem hohen zeitgenössischen Künstlerrufe C.s zeugen nicht nur die bei Soprani erwähnten, noch bei Lebzeiten des Meisters gedruckten "Elogi" der Genuesen Oberto und Paolo Foglietta, sondern vor allem auch die begeisterten Lobeserhebungen, die ihm in den Schriften des Mailänders Lomazzo und des Faentiners G. B. Armenini zuteil wurden. In unserer Zeit ist das ungemein reiche und vielseitige Kunstschaffen dieses bedeutendsten, phantasie- und charaktervollsten Malers der genuesischen Schule, der sich bei aller Eilfertigkeit seiner Pinselarbeit den "feierlichsten sittlichen Ernst" der künstlerischen Auffassung zu wahren wußte, namentlich durch Wilhelm Suida neu zu Ehren gebracht worden. Lomaazzo, Tratt. d. Pitt. (Mailand 1584) Cap. XIV; Idea del Tempio d. Pitt. (1590) Cap. XXVI. - G. B. Armenini, De' veri Precetti d. Pitt. (Ravenna 1587). - Jos. de Sigüenza, Hist. de la òrden de S. Genflimo (Madrid 1605). - M. Boschini, Carta del Navegar pittor. (Venedig 1660). - Masini Bologna perlustr. (1666) p. 114, 632. - Malvasia, Fels. Pittr. (Bologna 1678); Le Pitt. di Bologna (1704, - Ascoso). - G. F. M orelli, Brevi Not. d. Pitt. di Perugia (1683) p. 2, 13. - Soprani-Ratti, Vite de' Pitt. etc. Genovesi (1768) I 76-97. - Cean Bermudez, Diccion. etc, de las B. Artes en España (1800) I 191 ff. - Lanzi, Stor. Pitt. d. Italia (Ausg. 1834) V 251 f. - Biancon Guida di Bologna (1835). - C. d '.Arco, Delle Arti etc. di Mantova (1857) II 157, 172. - Alizeri, Not. dei Prof. d. Dis. in Liguria (1870-80) III 459 ff.; VI 104 f.; sowie in Descriz. di Genova (1846) III 37 ff. u. passim. - G. Campori, Racc. di Cat. (1870). - Heller-Andresen, Handb. f. Kupferstichs. (1870) I. - Jännicke, Grundr. d. Keramik (1879) p. 322. - O. Eisenmann in Ztschr. f. bild. Kst 1892 p. 138. - E. Jacobsen in Arch. Stor. d. Arte 1896 p. 89 passim. - A. Taramelli in L'Arte 1900 p. 168. - Mireur, Dict. des Ventes d'Art (1902) II. - P. Kristeller, Kupferst. u. Holzschn. (1905) p. 299. - W. Suida, Genua (Ber. Kunstst., Leipzig 1906) p. 122, 130, 144 f., 146 ff. (mit Abb.). - N. Sentenach y Cabañas, La Pint. en Madrid (1907) p. 35 f. - C. Justi, Miscell. aus drei Jahrh. Span. Kstleb. (1908) p. 22 f. - O. Grosso in Rivista Ligure 1908 p. 357 ff.; cf. 1903 p. 132. - Burckhardt-Bode, Cicerone (Ausg. 1910) p. 259, 599, 969 f. - Kat. d. oben angeg. Mus. - Not. v. L. Ozzola.