Doré, Gustave (Louis-Auguste-Gustave), frz. Zeichner, Karikaturist, Illustrator, Aquarellist, Maler, Bildhauer, *6.1.1832 Strasbourg, †23.1.1883 Paris. Sohn von Pierre-Louis-Christophe D., Ing. des Ponts et Chaussées.
Doré, Gustave
Erweist sich bereits in der Schule als Frühbegabung in den Fächern Zchng, Karikatur und Violine. 1841 Umzug mit der Fam. nach Bourg-en-Bresse. Zunächst ahmt D. Werke von J.-J. Grandville nach und gestaltet erste ill. Geschichten (Voyage à l'Enfer, um 1842, Priv.-Slg; La Mythologie oder Aventures de Jupiter, um 1843, Bourg-en-Bresse, Mus. de l'Ain; Calypso, um 1844-46, Priv.-Slg) unter dem Einfluß der von Rodolphe Töpffer erfundenen "hist. en estampes" (Bildgeschichten), die Cham durch die Veröff. in der Zs. Charivari in Frankreich verbreitet. 1845 Ausf. seiner ersten drei Lith. (Vogue de Brou; La Martinoire; La Noce). Bei einem Aufenthalt in Paris im Herbst 1847 legt D. dem Verleger des Charivari, Charles Philipon, eig. Zchngn vor; dieser überzeugt D.s Eltern, ihn am Pariser Lycée Charlemagne studieren und als Zeichner ausbilden zu lassen. 1847 Publ. des Albums Les travaux d'Hercule mit Lith. in der Art von Töpffer und Cham. 17.4.1848 Abschluß eines Vertrages zw. D.s Vater und Philipon, in dem D. für mindestens drei Jahre als fester Mitarb. verpflichtet wird. Nach dem Tod ihres Mannes 1849 zieht Mme Doré mit den drei Söhnen nach Paris; sie wird bis zu ihrem Tod 1881 eine wichtige Rolle in D.s Berufsleben spielen. 1848-55 fertigt er 1379 Zchngn für das von Philipon hrsg. Journal pour Rire. Er ist darum bemüht, abwechslungsreicher zu werden und in der Hierarchie der graph. Künste aufzusteigen. Neben der Gest. von Karikaturen zum Alltagsgeschehen arbeitet D. nun auch für die Zs. Illustration und veröffentlicht bei Aubert, dem Geschäftspartner und Schwiegersohn von Philipon, eigenständige Alben mit Lith.: Des-agréments d'un voyage d'agrément und Trois artistes incompris et mécontents, beide 1851; La Ménagerie parisienne und Hist. pittoresque, dramatique et caricaturale de la Sainte Russie, beide 1854; die zumeist mit Lith.-Kreide gez. Lith. sind techn. so virtuos ausgef., daß D. seinen Vorbildern Honoré Daumier und Paul Gavarni kaum nachsteht. Außerdem lassen seine Alben eine große graph. Intelligenz erkennen. D. findet neue Formen der Inszenierung und ungewöhnl. Blickwinkel, die die Verfahren der Bildgeschichte erneuern; das zeigt sich bes. bei der Sainte Russie, einer heftigen Schmähschrift auf die Politik von Zar Nikolaus auf der Krim, gegen die England und Frankreich mobil machen. 1852 debütiert D. zugleich in der Illustration mit Werken von Paul Lacroix, Lord Byron, ab 1854 dann v.a. von François Rabelais. Parallel dazu stellt er 1848 im Salon libre zwei Zchngn aus und ist um die Aneignung von anspruchsvolleren Techniken und Genres bemüht. So zeigt er 1850 und 1852 im Salon Lsch. in Öl, 1853 eine Genreszene; 1855 versucht er sich trotz einer nur kurzen Ausb. im Atelier von Henry Scheffer und bei einem gewissen Dupuis sogar als Historienmaler. In den 1850er Jahren findet D. Verbündete in Nadar (Félix Tournachon), Edmond About und Théophile Gautier und festigt sein Ansehen im Verlagswesen. Um 1855 steckt er sich das Ziel, alle Hw. der ep., kom. und trag. Lit. als ill. Reihe im einheitl. Format herauszugeben; im großen Folio-Format beginnt er 1856 mit der Légende du Juif errant von Eugène Sue. Damit wird er zum Förderer des Reprod.-Stichs; der Künstler liefert seine Zchng direkt auf dem Holzstock, auf dem die Stecher anschl. die Schattierungen von Bleistift und Tusche mittels des Grabstichels, d.h. in der damals am meisten anerkannten Stichtechnik umsetzen. Die von D., seinen Stechern (bes. Héliodore Joseph Pisan) und Verlegern (Michel Lévy, bald auch Louis Hachette, Pierre-Jules Hetzel, Alfred Mame und John Cassel) wiederbelebte Publ. von Prachtbänden richtet sich an das wohlhabende, nach kult. Legitimierung strebende Bürgertum des Zweiten Kaiserreichs. Mit seinen Ambitionen setzt er auf die Wechselwirkung zw. verleger. Tätigkeit und Salon, wo er es jedoch mit Widerständen seitens der Kunstkritiker zu tun hat, die ihm vorwerfen, Autodidakt und weitschweifig zu sein (1856 erscheinen 700 gestochene Zchngn!). Sie lehnen v.a. die ungezwungene Darstellungsweise und mangelnde Sorgfalt bei der Ausf. der Werke ab. Im Salon 1857 zeigt D. acht Lsch., ein Portr. und ein Historienbild zum Ruhm der Militärpolitik von Napoleon III. (Bataille d'Inkermann, ehrenvolle Erw., heute in Versailles, Château). Das Jahr 1861 bedeutet eine Wende in seiner Laufbahn. Während die Ill. der Dichtung Enfer von Dante Alighieri allg. Lob findet, stößt das in diesem Jahr ausgestellte mon. Ölbild Dante et Virgile dans le neuvième cercle de l'enfer (Bourg-en-Bresse, Mus. de l'Ain) auf fast einhellige Geringschätzung. Die Kunstkritik sieht darin eine vergrößerte Vignette, womit sie D. auf seinen eigtl. Beruf als Illustrator zurückverweist. Dem Einfluß von Paul Dalloz, Chefredakteur des Moniteur univ., ist zu verdanken, daß er 1861 dennoch zum Ritter der Ehrenlegion ernannt wird. In den 1860er Jahren illustriert er v.a. Charles Perrault, Les Contes, 1862; Miguel de Cervantes, Don Quichotte; François René de Chateaubriand, Atala, beide 1863; Gautier, Le Capitaine Fracasse; John Milton, Paradise Lost; La Ste Bible, alle 1866; Jean de La Fontaine, Fables, 1867. Die berühmte "Bible de Doré" (2 Bde für 200 francs), ein spektakulärer Welterfolg, erscheint in weiteren Auflagen 1867 in London, dann in Stuttgart (dt. und hebräisch), Mailand, Stockholm, St.Petersburg, Warschau, Prag, Arnhem, Amsterdam, Den Haag, Dordrecht, Maastricht, Barcelona und Chicago. D.s Produktionsumfang ist enorm; zw. 1860 und 1863 werden pro Jahr durchschnittl. 500 Zchngn in Holz gestochen, auf Stein gez. oder nach dem Gillotage-Verfahren in Zink geätzt. D. arbeitet auch für zahlr. ill. Journale: ab 1857 Le Monde illustré und La Semaine des enfants, ab 1859 L'Univers illustré und v.a. Le Tour du monde (368 Zchngn von 1860-67), wo er Skizzen von seiner zweiten, 1861 zus. mit Baron Charles Davilliers unternommenen Spanienreise veröff., die 1874 im Sammelband L'Espagne erscheinen. Seine erste Reise dorthin hatte er 1855 zus. mit Gautier und Dalloz unternommen. Der Anlaß für die zweite Reise lag in der geplanten Ill. des gen. Romans von Cervantes. In der Folge fertigt D. zahlr. Gem., Aqu. und Rad., zumeist mit pittoresken Typen, Zigeunern und Bettlern und wird damit ein Hauptvertreter der span. Mode, die sich in der frz. Kunst bes. seit dem Ende der Julimonarchie durchsetzt hatte. 1866 verlegt er sein Atelier in ein Gymnasium (Rue Bayard), um die riesigen Gem. Le Tapis vert, 1867, und Le Néophyte, 1868, auszuführen, die auch in der Londoner Egyptian Hall (Picadilly) gezeigt werden. Seinen hohen Bekanntheitsgrad in England verdankt D. den 1855-60 im "Mus. franç.-anglais" von Philipon abgedruckten großformatigen Zchngn, der Ill. des Milton-Werkes 1866 und der Veröff. der Bibel. Außerdem illustriert er 1867 und 1868 für den Londoner Verleger Edouard Moxon eine Reihe von Büchern, u.a. die vier - wie in England üblich - mit Stahlstichen ill. Bände Elaine; Vivien; Guinevere und Enid von Alfred Tennyson. 1868 Reise nach London, wo D. 1869 zus. mit den Kunsthändlern Beeforth und Fairless die "Doré Gall." eröffnet (Nr 169, dann Nr 35, New Bond Street); in dem bis 1892 ständig geöffneten Salon (ein Shilling Eintritt) werden D.s Bücher, mon. relig. Gem., Zchngn, Aqu. und bald auch Skulpt. angeboten. Die Einweihung im Mai 1869 ist Anlaß zu einer Werbekampagne und ein riesiger Erfolg, der D. bei elitären Kreisen jedoch in Mißkredit bringt. Fortan pendelt er zw. Frankreich und England. Im Krieg 1870/71 ist er in der Nationalgarde, während der Pariser Commune hält er sich in Versailles auf; diese Ereignisse inspirieren ihn zu einer Reihe von Zchngn sowie zu patriot. und schwermütig wirkenden Gem. (L'Enigme, 1871, Paris, Orsay), Karikaturen von Abgeordneten der Assemblée nat. und von Kommunarden (1907 unter dem Titel Versailles et Paris in Form von Photogravüren neu veröff.) sowie zu beißenden Portr.-Karikaturen von dt. Generälen (Album mit 28 Zchngn in einer Priv.-Slg). Bei einem weiteren Aufenthalt in London arbeitet er zus. mit dem Journalisten Blanchard Jerrold an der kontrastreichen Reportage London. A Pilgrimage (1873 ersch.), die von den mondänen Kreisen bis in die Elendsviertel hinein das Leben der brit. Hauptstadt in visionären und zugleich realist. Schilderungen darstellt. Mit Beginn der 1860er Jahre geht D. sowohl ikonogr. als auch techn. mehrere Wege und konzentriert sich bes. auf die relig. Malerei. 1865 kauft der frz. Staat das Gem. Tobias und der Engel (Colmar, Mus. d'Unterlinden). In England gewinnt D. das Ansehen eines "preacher-painter" und unterzeichnet 1868 einen Brief an den Kanoniker Harford mit "Gustave Doré, chrétien militant". Anläßl. der Einweihung der Londoner Doré Gall. erhielt D. durch deren Leitung einen Auftrag in Höhe von 800 £ für das Bild Der Sieg des Christentums (heute in Toronto, J.F. Tanenbaum Coll.). Bis zu seinem Tod malt D. noch zahlr. mon. relig. Bilder, die offensichtl. für den öff. Raum bestimmt sind, jedoch nur schwer Absatz finden, wie z.B. Christ sortant du prétoire, 1867/72 (Priv.-Slg), Christi Himmelfahrt, 1879, und ein Jammertal, 1883 (beide Paris, Petit Pal.). Außerdem befaßt er sich mit der in den 1860er Jahren wieder aufgelebten Rad.; ca. 50 eigenhändige Bll. sind bek., einige davon in ungewöhnl. Formaten (Le Néophyte, 1876, 73 cm × 60 cm). Ab 1873 wendet sich D. auch dem Aqu. zu, stellt ab 1879, dem Gründungsjahr der Soc. des Aquarellistes franç., alljährl. ca. 15 Stück in deren Salon aus und ist bes. erfolgreich mit Phantasieszenen nach William Shakespeare und Rabelais sowie mit romant. und sogar phantast. Landschaften. Wie in der Malerei und der Graphik verwendet er auch hier ungewöhnl. Formate und geht so weit, das lebensgroße Portr. seiner Mutter (1879, Priv.-Slg) zu lavieren. Parallel dazu versucht er sich mit großem Ehrgeiz und Einfallsreichtum als Bildhauer. Seine erste Skulpt., La Parque et l'Amour (Salon 1877), mißt 2,30 m, und die dekorative Vase La Vigne (San Francisco, FA Mus., M.H. de Young Memorial Mus.) ist 4,42 m hoch. Das bildhauer. Œuvre (38 Nrn) beinhaltet sowohl kleine dekorative als auch Mon.-Werke; mit letzteren strebt D. nach offizieller Anerkennung und bemüht sich um Aufträge für den öff. Raum. Während der Entwurf zu einem Mon. de la défense de Paris erfolglos ist, wird die patinierte Gips-Skulpt. La danse 1879 an der Fassade der Oper von Monte-Carlo angebracht; im gleichen Jahr wird er zudem als Offizier der Ehrenlegion geehrt. Den Zuschlag für das geplante Mon. à Alexandre Dumas père (Paris, Pl. Malesherbes) erhält D., als er dem Organisationskomitee anbietet, auf eig. Kosten zu arbeiten; die Enthüllung des Denkmals im Nov. 1883 erlebt er jedoch nicht mehr. Auch das von D. ill. Gedicht The Raven von Edgar Allan Poe erscheint 1883 postum. - In den Augen seiner Zeitgen. und Kritiker ist D. ein Wunderkind, ein Autodidakt, der populär, kommerziell ausgerichtet, produktiv und demzufolge vermögend ist. Seine Biographin Blanche Roosevelt behauptet, D. habe 1850-70 fast 7 Millionen, d.h. täglich 1000 francs, eingenommen. Die Realität ist ganz anders. Wohl sind seine Einkünfte dank der Illustration beträchtlich, was es ihm ermöglicht, seinen Lebenswandel dem der Großbürger und Aristokraten, mit denen er verkehrt, anzupassen. Dennoch hat er sein Leben damit verbracht, verfügbaren Geldmitteln nachzujagen. Seine mon. Gem., seine Kolossal-Skulpt., die meist unverkauft blieben, haben ihn Zeit und Geld gekostet. Von Auftraggebern, d.h. Verlegern abhängig, erhofft sich D. einen größeren Handlungsspielraum durch die Einnahmen aus der Gal. in London und die Finanzierung des Projektes The Rime of the Ancient Mariner von Samuel Taylor Coleridge (1875), womit er ganz im Gegenteil jedoch an den Rand des Ruins gerät. V.a. hat er davon geträumt, das Metier des Illustrators aufzugeben zu können und als Künstler Anerkennung zu finden. So erklären sich seine Bemühungen um Vielseitigkeit, die mehrmalige Umstellung der Technik und seine maßlosen Anstrengungen, um öff. Aufträge und Werkankäufe zu erlangen. Seine Mißerfolge sind die Ursache für die in den 1860er Jahren erstmals auftretende Schwermütigkeit und den ihn gegen Ende seines Lebens quälenden Verfolgungswahn. Tatsächlich statuierten die Journalisten mit D. ein Exempel für die Unterscheidung zw. der sog. Klein- und der Hochkunst, aber die Geringschätzung der Kunstkritiker (bes. der realist. bzw. naturalist. Richtung) hat sein Œuvre nicht gehindert, für zahlr. bild. Künstler und Filmemacher zu einer unerschöpfl. Inspirationsquelle zu werden. D.s gigant. Produktion (ca. 11000 Werke sind erh.) war Gegenstand von Studien, Biographien und detaillierten Kat., bes. zum 100.Geburtstag. Seit ca. 30 Jahren profitiert das maler., später auch das bildhauer. Œuvre vom allg. wiedererwachten Interesse an der akad. Kunst, dem sog. "art pompier"; einen weiteren Aufschwung nahm es durch die Retr. 1983 in Paris und Strasbourg, den öff. Ankauf von drei mon. relig. Gem. (Dauer-Ausst. in Paris, Petit Pal.) und den kürzl. Erwerb einer umfangreichen Priv.-Slg durch die Mus. de la Ville de Strasbourg.
WV cf. Duplessis, 1885; Dézé, in: Valmy-Baysse/Dézé, 1930; Leblanc, 1931; Kat. Strasbourg, 1983; Malan, 1995. -
Einzelausstellungen:
1869-91 London, Doré Gall. / Paris: 1877 Union artist.; 1885 Cercle de la libr. (K: G.Duplessis, mit Bibliogr.); 1930 Gal. Prouté (K mit Beschr. der Lith. und Rad.); 1932 Petit Pal. u.a. (Retr. aus der Slg des Mus. in Strasbourg, Wander-Ausst.); 1974 BN (K: J.Adhémar) / 1963 Bourg-en-Bresse, Mus. de l'Ain (K) / 1982-83 Hannover, Wilhelm-Busch-Mus.; Göttingen, Kunst-Slg der Univ. (Wander-Ausst., cf. G.D. Illustrator, ..., 1982) / 1983 London, Hazlitt, Gooden and Fox (K: S.F. Clapp); Paris/Strasbourg (Wander-Ausst., cf. Clapp u.a., 1983) / 1985 Grandson (Schweiz), Schloß: G.D., réaliste et visionnaire (K: Ph. Kaenel) / 1992 Bourg-en-Bresse, Mus. de Brou (K: M.-F. Poiret, WV mit Abb.) / 1993 Strasbourg, MAM et cont. (Neuerwerbungen, cf. Geyer/Lehni, 1993)
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB9, 1913
Weitere Lexika:
Das große Lex. der Graphik, Bg. 1984; LKJL I, 1984; Bailly-Herzberg, 1985; Osterwalder, 1800-1914, 1989; LGB II, 1989; DA IX, 1996; P.Gaumer/C.Moliterni, Dict. mondial de la bande dessinée, P. 1997
Gedruckte Nachweise:
Lit. mit ausführl. Bibliogr.: H.Béraldi, Les graveurs du XIXe s., VI, P. 1887; H.Leblanc, Cat. de l'œuvre complet de G.D. Ill., peint., dessins, sculpt., eaux-fortes, lith., P. 1931; G.Forberg (Ed.), G.D. Das graph. Werk, I-II, M. 1975 (frz. Ausg.: L'Œuvre graph. de G.D., I-II, P. 1976); D.Malan, G.D. Adrift on dreams of splendor, St-Louis 1995 (umfassende Biogr. und Bibliogr.). - Weitere Lit.: The Doré Gall. ... with memoir of D., critical essay and descriptive letterpress by E.Ollier, Lo. 1870; R.Delorme, G.D., peintre, sculpteur et graveur, P. 1879; J.Brivois, Guide de l'amateur. Bibliogr. des ouvrages ill. du XIXe s., P. 1883; V.Fournel, Les artistes franç. contemp., Tours 1884; G.Duplessis (Ed.), G.D. Cat. des tableaux, ét. et esquisses, aqu., dessins et sculpt. laissées dans son atelier ..., P. 1885; B.Roosevelt, Life and reminiscences of G.D., N.Y. 1885 (frz. Ausg. u.d.T. La vie et les œuvres de G.D., P. 1887); B.Jerrold, Life of G.D., Lo. 1891; L.Carteret, Le trésor du bibliophile romantique et mod., 1801-1875, I-IV, P. 1924-28; J.Valmy-Baysse/L.Dézé, G.D. ..., P. 1930 (vollst. WV, Bibliogr.); IFF, Après1800 VII, 1954; K.Farner, G.D., der industrialisierte Romantiker, D. 1963 (M. 1975); H.Guratzsch/G.Unverfehrt (Ed.), G.D. Illustrator, Maler, Bildhauer. Beitr. zu seinem Werk (K Hannover/Göttingen), Dortmund 1982 (zahlr. Studien); S.F. Clapp/J.Lacambre/N.Lehni u.a. G.D. 1832-1883 (K Pavillon des arts, Mus. Carnavalet, Paris/ MAM, Cab. des Est., Strasbourg), Strasbourg 1983 (mit Verz. der Werke D.s in öff. Bes. Frankreichs); A.Renonciat, La vie et l'œuvre de G.D., P. 1983 (umfassende ikonogr. Analyse); G.Brandler (Ed.), G.D., B. 1988 (Klassiker der Karikatur, 26); S.F. Clapp/N.Lehni, BSHAF 1991, 219-253 (bildhauer. Werk); M.-J. Geyer/N.Lehni (Ed.), G.D.: une nouv. coll. (K MAM et cont.), Strasbourg 1993 (mit Liste der 378 Stücke erworben aus der Slg Samuel F. Clapp); Ph. Kaenel, Don Quichotte et l'Espagne: à propos d'un album de dessins inédits, in: Librarium. Rev. de la Soc. suisse des bibliophiles 1995, 86-108; id., Le métier d'illustrateur, 1830-1880. Rodolphe Töpffer, J.-J. Grandville, G.D., P. 1996 J.Ph. Coolidge, in: C.L. Striker (Ed.), Architectural stud. in memory of R. Krautheimer, Mainz 1996, 49-53 (Ill. für einen Paris-Führer, 1860); Th. Groensteen/D.Kunzle u.a., in: 92 Art. Les cahiers du Mus. de la bande dessinée (Angoulême) 1998 (3) 60-91; R.Schmidt, The romancing of Don Quixote: spatial innovation and visual interpretation in the imagery of Johannot, D. and Daumier, Word & image 14:1998, 354-70; D.Millar, The Victorian watercolours and drawings in the Coll. of Her Majesty The Queen (K), I, Lo. 1995
Archive:
Paris, Arch. nat., Minutier central: ét. LVIII 953 (Nachlaß-Inv.); BN, Dép. des mss.: n.a.fr. Fonds Nadar et Hetzel (Nachlaß-Inv.). Strasbourg, MAMC, Arch.
Persönliche Auskünfte:
G.Fries, Paris
Doré, Gustave (Paul G.), Zeichner, Lithograph, Radierer, Maler und Bildhauer, der fruchtbarste und erfolgreichste Buchillustrator der 2. Hälfte des 19. Jahrh., geb. 6. 1. 1832 in Straßburg i. E.; † in Paris 23. 1. 1883. D. kam 1843 nach Bourg-en-Bresse, um sich als Hochbauingenieur auszubilden u. gab das. 13jährig (1845) einige Lithographien heraus. Seit Sept. 1847 in Paris, wo D. das Lycée Charlemagne besuchte, wurde er mit dem Verleger Philippon bekannt, mit dem er am 17. 4. 1848 einen Vertrag auf 3 Jahre abschloß, wonach er wöchentlich eine ganzseitige Lithographie für das "Journal pour rire" zu liefern hatte. Die Karikaturen für Philippon u. mehrere lithographische Albums aus den Jahren 1847 bis 1854 waren Nachahmungen bald von Granville, bald von Cham, meist von Töpffer. Daneben aber hatte D. schon seit 1844 für sich Illustrationen zu Klassikern skizziert, und der "Bibliophile Jacob" (Paul Lacroix), dessen 1852 erschienene "Oeuvres" D. illustriert hatte, bestärkte den Künstler in seiner Absicht, "die ganzen Klassiker mit Illustrationen in Holzschnitt herauszugeben". Der "Rabelais" von 1854 u. die "Contes drólatiques" von Balzac (1855) machten D. bald berühmt. 1855 reiste D. mit Th. Gautier u. Paul Dalloz nach Spanien. 1856 schuf er mit dem "Juif-Errant" von Sue sein erstes illustriertes Buch in großem Format; und der "Enfer" von Dante, der 1861 fertig wurde, verschaffte diesem neuen Buchtypus europäische Bedeutung. D. brachte in der nächsten Zeit fast jährlich mehrere große Bände heraus; die alten Ausgaben ließ er neu drucken; und in allen Sprachen erschienen Übersetzungen mit Zinkätzungen nach den Holzschnitten der Originalausgaben. In den 1870er Jahren ließ die Produktion von Büchern langsam nach; aus dieser Zeit stammt die Mehrzahl von D.s Gemälden und Skulpturen; auch die Radierungen gehören dieser späten Zeit (1872 ff.) an. - D. hat keine fachkünstlerische Ausbildung genossen; seine Schule waren der Louvre und die Theateraufführungen der klassischen Dramen, sein Lehrer ein Gedächtnis, das so unfehlbar gewesen sein soll, daß er ohne Modell stets aus dem Kopf arbeiten konnte. D. war mehr ein Erfinder und Erzähler als ein Künstler. Zudem führte er die Hauptarbeit seines Lebens, die Bibelillustrationen, nur teilweise selber zu Ende; denn er lieferte bloß die Skizzen, die eine unermüdliche Schar von Holzschneidern unter seiner Aufsicht auszuführen hatte, die, des Wertes ihrer Mitarbeit bewußt, ihren Namen stets angaben (die Namen der über 40 Holzschneider sind in dem Katalog von Béraldi mit aufgeführt); und seit 1862 (Don Quichote) zeichnete D. auch nicht mehr auf den Holzstock, sondern ließ seine Skizzen, die meist mit dem Pinsel laviert waren, photographisch auf den Holzstock übertragen. Die Holzschneider, unter denen Pannemaker u. Pisan den Absichten D.s am meisten entsprachen, mußten also die Andeutungen ihres Meisters mehr frei interpretieren als daß sie getreu kopieren konnten. Während D.s frühe Illustrationen kleinen Formates noch Strich für Strich im Holzschnitt einer Vorzeichnung entsprachen und somit dem Typus der französischen Buchillustration zugehörten, der im "Gil Blas" von Gigoux (1835) seinen Gipfel erreicht hatte, leiteten die Illustrationen großen Formates aus D.s reifer Zeit die Epoche ein, in der Holzschnitte nur mehr als Ersatz für Gemälde verwendet wurden. Unter D. wurden die Holzschneider aus Technikern Virtuosen. Immerhin hat man von D.s gallischem Geist, seiner effektvollen Phantasie und der mühelosen Leichtigkeit seiner Hand nur eine ungenaue Vorstellung, wenn man nicht auch Skizzen von ihm im Original kennt, wie solche namentlich in England (Doré Gallery, London) und in Pariser Privatsammlungen (M. Alfred Beurdeley etc.) zu finden sind. Die Gemälde u. Radierungen D.s entstammen den 1860er und 70er Jahren, der Zeit also, in der D.s Illustrationen das große Format annahmen; die Bilder sind auch nur größere Illustrationen ohne einen besonderen Reiz der Farbe (sie fanden in Nordamerika u. England Anklang; London besitzt eine eigene Doré Gallery; vgl. auch Abschnitt Katal. im Literat.-Verz.). Die Radierungen sind keine Improvisationen, sondern meist nur Wiederholungen von Gemälden des Künstlers; in ihrer mageren u. grauen Nadelarbeit gehören diese großen z. T. unvollendeten u. nur in wenig Exemplaren gedruckten Blätter ganz der Reproduktions-Radierung an, die damals in Frankreich blühte. Von den Plastiken, die ebenfalls in die Spätzeit D.s fallen, ist das Standbild von Dumas d. Ä. (Paris Avenue de Villiers) hervorzuheben. Die Lithographien, Radierungen u. Holzschnitt-Illustrationen D.s sind bei Béraldi (s. Literaturverzeichnis) ausführlich aufgezählt; die Liste der illustrierten Bücher umfaßt dort ca 90 Nummern. Biographien: Rene Delorme, G. D. peintre, sculpt. etc., Paris 1879-1880. - Blanche Roosevelt, Life and Reminiscences of G. D., London 1885 (illustr.); franz. Übersetzung von du Seigneur, Préface par A. Houssay, Paris 1887 (illustr.). - Blanchard Jerrold, Life of G. D., London 1892. - E. Olier, Doré Gallery; containing 250 beautiful engravings etc. with Memoir of D. etc., London 1886. - V. Fourne1, Les Art. contempor., 1884 p. 427 ff. - Béraldi, Les graveurs du 19m.' siécle, Paris 1885 ff. VI 5-49. Zeitschriften: a) Deutsche: Graph. Künste 1909 p. 101-110 (Clément-Janin). - Christl. Kunstblatt 1870 p. 17 ff.; 1888 p. 48; 1888 p. 65 ff. - Zeitschr. f. bild. Kunst u. Beiblatt (siehe Registçr). - b) Englische: in -den Jahren 1865-89; z. B. The Fine Arts III 1-25; 300-364. - Art Journal 1867 (u. 1888). - Nekrologe aus dem Jahre 1883. - Portfolio 1 p. 249 f. (C..Phi I1ips). - c) Französische: in den Jahren 1883-85; z. B. Moniteur Universel v. 30. 7. u. 1. 8. 1861 (T h. Gautier). - Rev. des arts décoratifs V (P. Dal1oz). - Gaz. d. B. A. V, IX - XI, XX - XXII; Table alph. II. Pér. 23-38, III. Pér. 1-8. - Albert Wolff, La capitale de l'art, 1886 p. 235 ff. (Samml. v. Aufsätzen aus d. Figaro). - d) Holländische: De Dietsche Warande IV 5. - e) Italienische: Rivista d'Italia IV 646-664 ("I Promessi sposi"). - Atti del Congr. Stor. Internaz. VII 327-333 (Rabelais). Kataloge von franzôs., amerikan. u. engl. Museen: besonders London, Doré Gallery (35 New Bond Street), Descr. catal. 1869 u. 5.; außerdem Bayonne, Budapest, Cette, Etampes, Grenoble, Montpellier, Mülhausen, Pontoise, Reims, La Rochelle, Rouen, Troyes, Versailles, sowie Leeds u. Liverpool. Ausstellungskataloge: Paris, Salon (Soc. d. Art. franç.) 1877-82; Salons du Cercle de la librairie, mars 1885: dessins, aquarelles et estampes de G. D. (avec une notice biogr. par G. Duplessis, 1886); Expos. univers. 1878 u. Expos. Centenaire de la Lithogr., 1795-1895. Inventare etc.: Guiffreyet Marcel, Invent. d. dessins du Louvre V 27 (Abb. 3656). - Fosseyeux, Invent. d. objets d'art de l'assistance publ. à Paris, 1910 p. 29, 171. - Rich. d'art, Paris, Monum. civ. III 270, Prov. Mon. civ. I 206; VI 21, 100. - Reiber, Iconogr. alsatique 1896 N. 1330, 2618, 4730-35, 6806. - American Library Association, Portrait-Index (1906) p. 425. L. Burchard.