Doshi, Balkrishna (Balkrishna Vithaldas), ind. Architekt, Stadtplaner, *26.8.1927 Pune/Maharashtra, †24.1.2023 Ahmedabad/Gujarat.
Doshi, Balkrishna
Stud.: 1946 Fergusson College, Pune; 1946-50 Jamsethji Jijibhai SchA, Bombay; 1951 North London Polytechnic. Übersiedlung nach Paris, 1951-57 Mitarb. von Le Corbusier; 1955 Rückkehr nach Indien, beteiligt an der Ausführung von Bauten in Chandigarh/Punjab & Haryana; 1954-57 Repräsentant Le Corbusiers in Ahmedabad. 1956 Eröffnung des eig. Architekturbüros Vastu-Shilpa. 1977-93 Partner von Stein, Doshi and Bhalla mit Joseph Allen Stein. 1962 Gründer der School of Archit., bis 1972 dort Ehrendirektor; 1972 Gründer, bis 1979 Ehrendirektor der School of Planning, beide Ahmedabad; 1972-78 Ehren-Dekan des Centre for Environmental Planning and Technology, ebd. 1978 Gründer und Dir. der Vastu-Shilpa-Stiftung für die Untersuchung und Erforschung der Umweltgestaltung. Gründungsmitglied Centre for Visual Arts, Ahmedabad; Gründer und seit 1984 Ehrendirektor Kanoria Centre for the Arts, ebd. Ausz.: 1954 Fellow des RIBA; 1958-59 Stip., Graham Found., Chicago; 1971 Fellow des AIA; 1976 Padmaśrī, ind. Reg.; 1988 Chicago Archit. Award, Illinois Council/AIA; Große Goldmedaille der Archit.-Akad., Paris; 1990 Ehrendoktor, Univ. of Pennsylvania; 1995 Aga Khan Award for Archit.; 2018 Pritzker-Preis. - Schon kurz nach seiner Rückkehr nach Indien beginnt D., die Ideen einer zeitgemäßen Archit., die er in seiner Arbeit mit Le Corbusier und seinen Aufenthalten in Großbritannien, Frankreich und den USA kennengelernt hatte, durch Verbindung von Beton mit Ziegeln den ind. Trad. und dem Klima anzupassen sowie die Aufnahme trad. Bauformen. Im Gebäude des Indologischen Inst. in Ahmedabad z.B. kombiniert D. alte gujaratische Bauformen, die Struktur jinistischer Bauten und Ideen zeitgen. Architektur. E. der 50er Jahre beginnt D., preiswerten Wohnraum für wirtschaftlich schwache Bevölkerungsgruppen zu schaffen, z.B. in den Wohnsiedlungen für Arbeiter der Textile Industry's Research Assoc. (Ahmedabad, 1957-60). Ein wiederkehrendes Motiv sind die bereits in den frühesten buddhistischen Kultbauten Indiens verwendeten Tonnendächer; sie werden beim Gandhi Labour Inst. (Ahmedabad, 1980-84) mit and., einfachen geometrischen Formen verbunden und bestimmen auch die Wirkung des 1981 fertiggestellten Sangath, in dem sich D.s Büro und der Sitz seiner Vastu-Shilpa-Stiftung befinden. Dort gruppieren sich, eingebettet in eine Gartenanlage, die ein- und zweistöckigen Einzelgebäude um einen Versammlungsplatz. Die Einbeziehung von Wasserbecken, kleinen Kanälen und Kaskaden mit ihrer entspannenden Wirkung ist für D. ebenso char. wie die Sorgfalt bei der Gest. und Einbindung von Innenhöfen. Im Nat. Inst. of Fashion Technology (New Delhi, 1997) erinnert ein von Stufen umgebener Wasserlauf im zentralen Hof an die Stufenbrunnen Gujarats ebenso wie an die kunstvollen Wasserläufe der Moghul- und Rajputenpaläste. D.s Archit. greift auch Ideen aus der Alltagskultur Indiens auf: in den Dächern des Sangath integriert er ein in Zement gebettetes Mosaik aus weißen Fliesenstücken, wie es bei zahlr. kleinen Straßenschreinen in Nordindien aus Fliesenabfällen und -bruchstücken üblich ist. Diese Form der Dachgestaltung wählte er auch für sein wohl außergewöhnlichstes Projekt, die Husain-Doshi-Gufa (Ahmedabad, 1995), eine Gal. für die Arbeiten des ind. Künstlers Maqbool Fida Husain. Das halb in die Erde eingesenkte Gebäude mit versch. ineinander übergehenden säulengestützten Räumen ist überdacht von einer Vielzahl runder und ovaler Kuppeln. Die einheitliche Oberfläche aus weißen Keramikbruchstücken schafft einen großen organischen Verbund. In diesem Bau nimmt D. Bezug auf alte indisch-buddhistische Bauformen. Bei der Errichtung der Gufa wurden Stahlmatten und Beton, an trad. indische Arbeitsweisen angelehnt, wie Lehm von Hand verarbeitet. Zu seinen stadtplanerischen Hw. gehört die Gest. von Vidyadhar Nagar, einer Vorstadt Jaipurs (1984-86) und der Lake Area in Srinagar/Jammu & Kashmir (1974). D. beeinflusste auch durch seine Lehr- und Vortragstätigkeit die Entwicklung der indischen Archit. maßgebl. und besitzt wesentlichen Anteil an der Entwicklung Ahmedabads zu einem Zentrum der indischen Architekturausbildung. Ebenso hat D. sich um Kontakte zu westlichen Architekten bemüht, indem er z.B. in Indien die Arbeit von Louis Kahn förderte.
Le Corbusier - Sarabhai house, Ahmedabad, India, To. 1974; B.D. u.a., Habitat bill of rights, Vancouver 1976; Louis I.Kahn in India, Archit. and urbanism, To. 1981; Between notion and reality, Wa. 1986; Brahmand - between the built and the un-built, in: The 5th Internat. Alvar Aalto Symposium. Functionalism - utopia or the way forward?, Jyvöskylö 1992.
Einzelausstellungen:
2019 Weil am Rhein, Vitra Design Mus. (Retr., K) / 2020 Wien, Architekturzentrum.
Gruppenausstellungen:
1982 New York: Contemp. Third World Archit.; Venedig: Internat. Exhib. on Mod. Islamic Archit.; Paris: Festival d'Automne / 1984 Philadelphia, Univ. of Pennsylvania, Dept. of Archit.; Hongkong, Univ., Dept. of Archit. / 1997 Philadelphia, Univ. of Pennsylvania, Arthur Ross Gall.: An Archit. of Independence: The Making of Mod. South Asia.
Weitere Lexika:
A.L. Morgan/C.Naylor (Ed.), Contemp. architects, Chicago 21987; D.Sharp (Ed.), The ill. dict. of architects and archit., Lo. 1991; M.Emanuel (Ed.), Contemp. architects, N.Y. u.a. 31994; DA IX, 1996; Dict. de l'archit. du xxe s., P. 1996; India who's who 1997-98, New Delhi 1998; J.M. Bloom/S.S. Blair (Ed.), The Grove enc. of Islamic art and archit., II, Ox. u.a. 2009
Gedruckte Nachweise:
J.Nicholais, B.D., Architectural Forum 1973(Mai); U.Kultermann, Architekten der Dritten Welt, Köln 1980; Archit. nei paesi islamici (K Bienn.), Ve. 1982; G.Sen, Sangath, B.V.D.s unique office complex, Inside/Outside 1983(Oct./Nov.)24-37; A.Petrilli, Spazio-e-Societa 1984(März); The Fifth Column, Canadian students' journal of archit. 5:1985(2)32-36 (Interview); W.J. R.Curtis, B.D. An archit. for India, Middletown/Ahmedabad 1988 (WV, Verz. der Schr., Bibliogr.); V.Bhatt/P.Scriver, After the masters. Contemp. Indian archit., Ahmedabad 1990; S.Bahga u.a., Mod. archit. in India. Post-independence perspective, New Delhi 1993; M.Chauhan u.a., B.V.D.: the architect as oracle, archit. and design, New Delhi 1993; M.N. Joglekar/S.K. Das, Contemp. Ind. archit. housing and urban development, New Delhi 1995; H.U. Khan, Contemp. Asian architects, Köln 1995; J.Steele, Archit. today, Lo. 1997; id., The complete archit. of B.D. Rethinking modernism for the developing world, Lo. 1998; Tan Kok Meng (Ed.), Asian architects, I, Singapore 2000; R.Khanna, The mod. archit. of New Delhi, 1927-2007, Noida, Uttar Pradesh 2008.