Dughet, Gaspard (Gaspar; Gaspare; Gasper; Gaspero; gen. Gaspard Poussin; Le Guaspre), frz. Maler, Zeichner, Stecher, *4.6.1615, get. 8.6.1615 (lt. Boisclair, 1986 und DBI, 1992; lt. DA, 1996: *15.6.1615) Rom, †25.5.1675 ebd. (beigesetzt in der Kirche S.Susanna). Sohn des aus Paris stammenden Kochs Jacques D. und der Dorotea Scaruffo; älterer Bruder von Jean D. und Schwager von Nicolas Poussin, der 1630 D.s Schwester Anne-Marie geheiratet hatte.
Dughet, Gaspard
Über D. berichten Filippo Baldinucci, der Bruder Jean D., Nicola Pio und Lione Pascoli. D. wuchs auf in dem an der Piazza di Spagna gelegenen elterl. Haus. 1631-35 lebte er als Schüler des Nicolas Poussin in dessen Haus, zunächst in der nahegelegenen Via del Babuino, wo neben vielen and. Künstlern von jenseits der Alpen auch Claude Lorrain wohnte. Poussin erkannte die Begabung D.s als Landschaftsmaler und förderte seine Interessen. Er riet ihm zum Studium direkt vor der Natur, bestand aber auch auf dem Üben der Darst. von Figuren. D., der, inzwischen zu Ruhm gekommen, seit den späteren 1640er Jahren nach seinem Lehrer Gaspard Poussin gen. wurde, lebte im wesentlichen in Rom, wo er u.a. eine Wohnung in der Via Margutta, am Fuße des Pincio, und 1673-75 eine zweite, höher gelegene bei S.Susanna hatte, die damals noch den Blick in die Campagna freigab. Gleichzeitig unterhielt der passionierte Jäger D., der stets drei Hunde hielt, eine Bleibe in Tivoli mit dem Hinterland der Monti Tiburtini und eine weitere in Frascati, an dem Rom zugewandten Rande der Colli Albani gelegen. Beide Örtlichkeiten boten einen freien Blick über die noch unzersiedelte, wilde röm. Campagna, bis nach Rom und selbst bis zum Meer. Wie der Bruder Jean, Baldinucci und Pascoli berichten, unternahm D. aber auch einige Reisen. 1635 hielt er sich bei einem Gönner in dem b. Frosinone gelegenen Ort Atina auf, der bereits auf dem Gebiet des Königreichs Neapel lag. Mehrere Monate verbrachte er in Castiglione al Lago (am Trasimener See) auf Einladung des Duca Fulvio della Cornia, für den er in Rom zwei Bilder gemalt hatte und auf dessen Besitzungen er seiner Jagdleidenschaft frönen konnte. Nachfolgend entstand in Rom eine Folge von acht Lsch.-Rad., mit denen er sich, wie M.-N. Boisclair annimmt, nach seiner längeren Abwesenheit dort wieder in Erinnerung bringen wollte. Zur Erholung von einer schweren Erkrankung begab er sich um 1644/45 erneut auf die Besitzungen des Duca della Cornia nach Perugia und an den Trasimener See. Mit dem Herzog kam er auch nach Florenz, wo er für Pietro da Cortona eine Lsch. malte. Zurückgekehrt nach Perugia, begab er sich über Rom nach Neapel, wo er sich lt. Pascoli nahezu ein ganzes Jahr aufgehalten habe. Vor Ostern des Jahres 1646 kehrte D. nach Rom zurück. D. blieb Junggeselle und zeitlebens ein passionierter Jäger. 1657 wurde er zus. mit Guglielmo Cortese, mit dem er mehrfach zusammengearbeitet hatte, in die Accad. di S.Luca aufgenommen. 1662 waren er und Cortese Gutachter der Accad. in einem Prozeß zw. Pier Francesco Mola und Don Camillo Pamphilj. D. starb nach zweijähriger Krankheit in seinem Haus an der Via Salaria. D. arbeitete leicht, schnell und viel. Im Nachlaß-Inv. sind etwa 40 Bilder und acht gerahmte Zchngn aufgeführt. In seinem am 24.4.1675 aufgesetzten Test. hat er seinen Bruder Jean zu seinem Universalerben eingesetzt. - Die mehr als 400 Gem. aus allen seinen Schaffensperioden - Fresken, Tempera-Gem. und Lw.-Bilder - zeigen D. als den Landschaftsmaler des röm. Seicento, der wie kein anderer die Größe und Schönheit der Landschaft der röm. Campagna zu schildern wußte, wobei seine Bilder nur selten topogr. genau bestimmbare Lsch.-Ausschnitte wiedergeben, sondern durchaus als "paysage composé" figurieren. Die Werke D.s sind nicht dat., doch erlaubten die erh. Verträge oder Zahlungsbelege M.-N. Boisclair (1986) eine überzeugende zeitl. Ordnung des Œuvres. Bereits Pio sprach von den drei "maniere" in der Malerei D.s: "La prima bella, la seconda estremamente bella, la terza bellissima". Zu den frühesten Arbeiten D.s zählt Boisclair zwei Bilder in röm. Priv.-Bes., eine Nymphe, auf einem Ziegenbock reitend und, als Pendant gemalt, ein Satyr, einer Nymphe Früchte anbietend sowie eine Landschaft bei Albano(?) (London, NG), von Blunt (1950) wegen der auffälligen Bäume in diesen Bildern dem "Silver Birch Master" zugeschr., bei dem es sich, wie Shearman (1960) zeigte, um den jungen D. handeln dürfte. Vermutl. sind sie wegen ihrer Nähe zu Bildern Poussins dieser Jahre noch während D.s Lehrzeit entstanden. An die Seite dieser und weiterer Bilder D.s aus der 1.H. der 1630er Jahre sind lavierte Feder-Zchngn seiner Hand zu stellen, die offensichtl. vor der Natur entstanden sind und in ihrer Unmittelbarkeit die Kenntnis vergleichbarer Studien von Poussin und Claude Lorrain voraussetzen (vgl. Knab, 1996). In den Beginn der zweiten Phase von D.s Landschaftsmalerei sind die nicht dat., etwa um 1635-37 entstandenen 14 Landschaftsfresken im Pal. Muti-Bussi zu setzen, die in der Trad. vergleichbarer Friesdekorationen von Paul Bril, Agostino Tassi und dessen Schüler Claude Lorrain stehen. Nach seiner Rückkehr aus Neapel erhält D. von Giovanni Antonio Filippini, Prior der röm. Karmeliterkirche S.Martino ai Monti, den Auftrag zur Darst. von Szenen aus dem Leben der Propheten Elia und Elisa. Sieben dieser Lsch.-Bilder mit figürl. Szenen dürften 1647 voll. gewesen sein, die übrigen 1650/51. Zwei der insgesamt 18 Lsch. hat Francesco Grimaldi beigesteuert. Daß diese Landschaften, wenngleich motiviert durch Szenen aus dem Leben der beiden Propheten, einen ganzen Kirchenraum bestimmen können, zeigt das allg. und immer noch wachsende Interesse an der Darst. von Lsch., das es schon Paul Bril um 1610 ermöglicht hatte, in der nahegelegenen Kirche S.Maria Maggiore Lünettenfelder mit Lsch. zu dekorieren. Die 16 Wandfresken D.s zeigen einen ganz neuen und in seiner Unmittelbarkeit überraschenden Zugriff auf die Erscheinungen der "natürlichen" Landschaft und müssen eine große Wirkung gehabt haben. Noch im 19.Jh. wurde dieser Freskenzyklus von Pietro Parboni (1810) und Giacomo Fontana (1855) gestochen. D.s Figuren sind hier zwanglos in die landschaftl. Szenerie aufgenommen. Sein Figurenstil, der von den Figuren Poussins ausgeht, ohne deren Perfektion zu erreichen, ist bereits voll entwickelt und wird ohne große Veränderungen auch in seinen späteren Werken beibehalten. Gelegentlich aber - vermutl. auf Wunsch des jeweiligen Auftraggebers - haben Charles Le Brun, Louis Michel van Loo, Jan Miel, Carlo Maratta, Filippo Lauri, Lazzaro Baldi und v.a. D.s Freund Guglielmo Cortese die Figuren in seinen Bildern gemalt. Zu den wichtigsten Auftraggebern aus dem Kreis des röm. Adels gehörten die Fam. Pamphilj und Colonna. Für Papst Innozenz X. Pamphilj malte D. 1650/51 zus. mit Guglielmo Cortese in der Sala dei Paesi des an der Piazza Navona gelegenen Pal. Pamphilj einen Wandfries mit vier Landschaften. Es folgten 1652/53 im Auftrag des Papstes sieben weitere, ungewöhnl. großformatige Lsch. mit bibl. Themen, bei denen G.Cortese die Figuren malte (Rom, Pal. Doria Pamphilj). In ihrem Verhältnis von Figuren und Landschaftsraum erinnern diese Bilder an das bereits um 1640 für den Pal. del Buon Retiro entstandene Gem. D.s Ein Eremit predigt den Tieren (Madrid, Prado). Als Camillo Pamphilj, der Neffe des Papstes, seinen Pal. in Valmontone ausmalen ließ, übernahm D. 1658 die Dekoration von Wänden und Wölbung des Salone del Principe mit einer Parklandschaft, in der (wiederum von G.Cortese gemalt) Figuren - vermutl. Mitgl. der Fam. des Auftraggebers -, an Geländern stehend, von oben in den Salone herabblicken. Zu den erstaunlichsten Werken D.s, bereits um 1651-53 und wahrsch. ebenfalls im Auftrag von Innozenz X. Pamphilj gemalt, gehören der Ponte Lucano, der Wasserfall, die Felsenlandschaft, Wildpflanzen vor Felsen und einem Wasserlauf und einige weitere Bilder mit ähnl. Sujets (Rom, Pal. Doria Pamphilj, Salone di Pussino). Der b. Tivoli gelegene antike Ponte Lucano ist hier, ohne jede figürl. Staffage, in einem ungewöhnl. großen Gem. (183x452 cm) um seiner selbst willen dargestellt. Die and. gen. Bilder geben ähnl. nahsichtig wahrgenommene Ausschnitte der Natur porträthaft wieder. In den Bereich des Paysage composé gehören dagegen die um 1654/55 im Pal. des Giovanni Lorenzo Bernini ausgef. Lsch.-Fresken (heute Bordeaux, MBA), deren figürl. Szenen sie als eine allegor. Darst. der vier Jahreszeiten ausweisen. Bei einem der bedeutendsten maler. Unternehmen Papst Alexanders VII. Chigi, der Ausmalung der nach ihm benannten Gal. im Pal. del Quirinale, Rom (1657), hat D. zwei Ovalbilder dieser reichen Dekoration gemalt, bei denen L.Baldi ("Die Erschaffung Adams und Evas") und F.Lauri ("Das Opfer von Kain und Abel") den hier an Domenichino und Pietro da Cortona orientierten Landschaften D.s die Figuren eingefügt haben. Eine der beeindruckendsten Raumdekorationen schuf D. 1667/68 mit 14 wandhohen, als Fresken ausgef. Landschaften in einem Erdgeschoßraum des Pal. Colonna, Rom. Hinter einer von Giovanni Battista Magno di Mondanino gemalten Scheinarchitektur entwickelt sich das von Figuren belebte, nur durch die gemalten Säulen unterbrochene weite und vielfältige Landschaftspanorama. Giuseppe Cunego und Filippo Giuntotardi haben 1781/82 bzw. 1813 je 12 dieser Lsch. in einer Folge radiert. Auftraggeber war Don Lorenzo Onofrio Colonna, für den D. auch zahlr. Lw.-Bilder gemalt und überdies ein Clavicembalo dekoriert hatte. Dieses bei Pascoli erw. Instrument ist ebenso verloren wie ein zweites aus dem Bes. von Kardinal Pietro Ottoboni. Lt. Pascoli, - bestätigt durch das Nachlaß-Inv. Ottobonis von 1740 - , besaß dieser in seiner immensen Slg an die 100 Lsch. D.s, darunter jene mehr als 50 Bilder, die er aus dem Bes. des röm. Juweliers der Borghese, Antonio Moretti, erworben hatte, der einer der besten Auftraggeber von D. gewesen war. 1671/72 entstanden im Auftrag des Principe G.B. Borghese in zwei im Mezzaningeschoß des Pal. Borghese gelegenen Räumen die letzten Freskendekorationen D.s, jeweils vier Landschaften. Dabei arbeitete D. in einem der beiden Räume noch einmal mit F.Lauri zus., der D.s Lsch. mit Szenen aus Ovids Metamorphosen versah. Ebenfalls in der Spätzeit des seit 1674 erkrankten Malers entstand 1671-73 die Ser. von 12 Tempera-Gem. D.s mit Motiven der röm. Campagna (noch heute im Pal. Colonna), die sich durch ihre lichte und helle Farbigkeit auszeichnen. Sieht man von D.s zahlr. Veduten Tivolis ab, so überwiegen bei seinen Bildern die "Paysages composés" bei weitem. Obgleich D. - wie vor ihm Annibale Carracci und Domenichino und gleichzeitig mit ihm Nicolas Poussin und Claude Lorrain - in seine Lsch. häufig antikisierende Ruinen und Gebäude, Kastelle und Häusergruppen einbezog, sind diese meist nicht identifizierbar. Ausnahmen bilden u.a. die um 1660 entstandene Lsch. mit dem Blick auf Genazzano (Berlin, GG) und eine Ansicht der Diocletiansthermen (London, Coll. Denis Sutton). In einer Reihe von Bildern, wie der Lsch. mit S.Giovanni in Laterano (Chatsworth, Devonshire Coll.) oder der Lsch. mit S.Lorenzo fuori le mura (Welbeck Abbey, the Duke of Portland) sind allerdings benennbare Gebäude oder Gebäudegruppen der Lsch. eingefügt. Das Thema bleibt aber immer die röm. Lsch., oft belebt von Hirten, Jägern und Anglern, von wandernden oder rastenden, antikisch gekleideten Figuren. Die Darst. bestimmbarer Szenen aus der Bibel, aus Mythologie und Dichtung in seinen Lsch.-Bildern, wie etwa die Opferung Isaaks (London, NG), die Büßende Magdalena (Madrid, Prado), Eliezer und Rebecca und das Pendant Lsch. mit Pyramus und Thisbe (Liverpool, Walker AG) oder Tankred und Erminia (Rom, Gall. Naz. d'Arte Antica) sind wahrsch. durch den jeweiligen Auftraggeber bestimmt worden. D. hat wenigstens teilweise seine Komp. in Zchngn vorbereitet. In seiner Frühzeit sind diese Bll. als lavierte Feder-Zchngn ausgef., später in schwarzer oder roter Kreide, vielfach auf blauem Papier. Die Mehrzahl der Zchngn D.s bewahrt das KM in Düsseldorf, so z.B. einzigartige Felsstudien oder den Entwurf für eines seiner von Pascoli gerühmten Gem. mit der Darst. eines Sturmes Elia und der Engel auf dem Berge Horeb (London, NG). Lt. D.s Biographen hat er Bilder nicht nur für den span., den frz. und kaiserl. Botschafter gemalt, sondern auch für viele andere ausländ. Sammler, die seine Gem. "zu jedem Preis" zu erwerben suchten. Zwar bewahren die röm. Gall. Naz. d'Arte Antica und v.a. die priv. Slgn der Colonna und Doria Pamphilj noch immer eine große Zahl von Werken D.s, viele seiner Bilder sind aber seither in Slgn in aller Welt gelangt, v.a. in öff. und priv. engl. Besitz. In England hat D. sicher seine größten Bewunderer, bes. seiner späten Landschaften, gefunden, die noch Landschaftsmaler wie Richard Wilson und John Constable stark beeinflußten. Auch bei der Erfindung des engl. Landschaftsgartens spielten die in engl. Slgn befindl. Gem. von D. und von Claude Lorrain eine ganz wesentl. Rolle. In Frankreich gingen u.a. François Millet und Georges Focus auf den Spuren D.s, in Italien traten Crecenzio Onofri, ein Schüler D.s, und v.a. Jan Frans van Bloemen sein Erbe an. Unter den dt., in Italien lebenden Künstlern des späten 18. und des frühen 19.Jh. haben sich v.a. Johann Christian Reinhart und Joseph Anton Koch an Bildern D.s geschult. Daß die umfassende Monogr. von M.-N. Boisclair neben 414 eigenhändigen Gem. D.s nicht nur 30 zweifelhafte Zuschr. aufführt, sondern auch 231 Gem., deren trad. Zuschr. an D. sie zurückweisen mußte, zeigt den Ruhm D.s als Landschaftsmaler, dessen Name mit so vielen Werken seiner Nachfolger verbunden wurde. Das allg., nicht nachlassende Interesse an der Malerei D.s auch im späteren 18. und im 19.Jh. läßt sich an der großen Zahl von 269 Reprod.-Stichen und Lith. ablesen, die Boisclair zusammengestellt hat.
(WV bei Boisclair, 1986). -
Gruppenausstellungen:
2024 La Spezia, MCiv. Amedeo Lia: L’arte di viaggiare. L’Italia e il Grand Tour
Thieme-Becker, Vollmer und AKL:
ThB27, 1933 (s.v. Poussin, Gaspard)
Weitere Lexika:
M.-N. Boisclair, in: DBI XLI, 1992 (Lit.); PittItalSeic II, 1988; Schweers I, 1994; DA IX, 1996 (Lit.); Bénézit IV, 1999
Gedruckte Nachweise:
Quellen: Baldinucci, ed. Ranalli, V, 1847, 300-304; J.Dughet, Not. di Gaspero Pussino, in: Baldinucci, App., ed. Barocchi, 1975, 125-128; Pio [1724], ed. Enggass, 1977, 45 s.; L.Pascoli, Vite de' pittori, etc., I, R. 1730; ed. Pe. 1992, 126-132 (Vita D.s bearb. von C.Frattini); P.Parboni, I celebri freschi di Gasparo Possino nelle chiese di S.Martino a' Monti a Roma, R. 1810; G.Fontana, Racc. dei migliori chiese di Roma e suburbane, II, R. 1855. - Weitere Lit.: A.Blunt, BurlMag 92:1950, 69-73; J.Shearman, ibid. 102:1960, 326 s.; N.Wibiral, Bd'A 45:1960, 134 ss.; L'ideale classico del Seicento in Italia e la pitt. di paesaggio (K), Bo. 1962, 256-289; D.Sutton, GBA 104:1962, 59-64; M.Waddingham, Paragone 14:1963(161)37-54; A.B. Sutherland, BurlMag 106:1964, 63-69, 117-120; M.Chiarini, ibid. 111:1969, 750-754; P.Rosenberg, Master drawings 8:1970, 31-33; M.-N. Boisclair, BSHAF 1973/74, 75-85; M.Roethlisberger, G.D. Rome 1615-75, N.Y./Lo. 1975; L.Salerno, in: Et. d'art franç. offertes à Charles Sterling, P. 1975, 227-236; S.J. Bandes, Storia dell'arte 1976(26)46-60; Salerno II, 1977-78; C.Whitfield, BurlMag 121:1979, 10-18; G.D. called Gaspar Poussin, 1615-1675. A French landscape painter in 17th c. Rome and his influence on British art (K), Lo. 1980; J.Heidemann, BurlMag 122:1980, 540-546; M.Kitson, ibid., 644-651; S.J. Bandes, ibid. 123:1981, 77-88; C.Klemm (Ed.), G.D. und die ideale Lsch. (K), Dd. 1981; M.-N. Boisclair, Storia dell'arte 1985(53-55)87-102; ead., Racar. Rev. d'art canad. 12:1985, 215-226; ead., G.D. Sa vie et son œuvre (1615-1675), P. 1986 (grundlegend; vollst. Bibliogr. bis 1986, WV; Rez.: C.Klemm, Kunstchronik 41:1988[10]587-590); E.Schleier, in: Scritti in onore di Giuliano Briganti, Mi. 1990, 195-204; M.Chiarini, in: Le paysage en Europe du XVIe au XVIIIe s. (Kolloquium 1990), P. 1994, 105-118; E.Fumagalli, Pal. Borghese. Committenze e decorazione priv., R. 1994; I.Feuchtmayr, Was ich noch sagen wollte. Kleine röm. Nachlese zu Johann Christian Reinhart, M. 1996; E.Knab, in: Hommage au dessin. Mélanges offerts à Roseline Bacou, P. 1996, 333-351; E.A. Safarik, Pal. Colonna, R. 1999; C.Stefani, Studi di storia dell'arte 10:1999, 201-230; M.Kitson, Studies on Claude and Poussin, Lo. 2000.
Poussin, Gaspard, eigentlich Dughet (in Frankreich Le Guaspre gen.), Landschaftsmaler u. Kupferstecher, *7. 6. 1615 (nicht 220 Poussin 1613!) Rom (laut Pfarrakten von S. Lorenzo in Lucina, mitgeteilt v. Fr. Noack [t]), †25. 5. 1675 ebda. Sohn eines franz. Vaters, des Kochs Jacques Dughet, u. einer ital. Mutter, der Dorotea de Scaruffo aus Paliano. Bruder des Jean Dughet, Schüler s. späteren Schwagers Nic. Poussin, dessen berühmten Namen er (vielleicht erst in späteren Jahren) annahm. Tätig meist in Rom oder dessen Umgebung (Tivoli, Frascati), längere Zeit auch am Trasimen. See, in Perugia, Florenz u. Neapel. Pascoli berichtet, daß die Begabung P.s für das Landschaftsfach, die bei ihm mit leidenschaftl. Jagdliebhaberei Hand in Hand ging, frühzeitig von Nic. Poussin erkannt worden sei. Vgl. aber die abfällige Äußerung N. P.s über G. P. in Correspond. de N. l'., 1911 p. 455f. Als Landschafter hat P. hohen Ruf erreicht. Er arbeitete sehr leicht; ein Bild von 5 bis 6 Palmen soll er in einem Tage gemalt haben. Laut Pascoli besaß der Silberschmied Antonio Moretti über 50 Bilder von ihm, die später in den Besitz des Kardinals Ottoboni kamen. Für die Paläste u. Villen der Großen in Rom malte P. eine große Anzahl dekor. Landschaften, meistens in Tempera, wovon viele erhalten: besonders reiche u. schöne Sammlungen bei den Principi Doria-Pamphily (Folge von ca. 20 z. T. kolossalen Bildern) und Colonna (Folge von 12 Bildern). Seine bedeutendste Leistung auf dem Gebiet der Freskomalerei sind die Landschaften, die er für S. Martino ai Monti in Rom, die in der 2. Hälfte der 30er Jahre neu dekoriert wurde, malte (heute ziemlich verdorben), mit Szenen aus der Elias-Legende. Vgl. K. Woermann in Rep. f. Kstwiss., 13 (1890) 354 ff. - P.s Staffeleibilder sind über ganz Europa verstreut - es gibt kaum eine Galerie, die nicht eine oder mehrere s. Landschaften besitzt. Freilich befinden sich unter diesen (häufig sehr nachgedunkelten) Bildern viele Nachahmungen und falsche Zuschreibungen. Besonders schöne Exemplare bewahren der Pitti Florenz, der Pal. Doria-Pamphily Rom (Folge von 25 Kolossalbildern im Thronsaal), der Louvre, das Prado-Mus. Madrid (Berglandschaft mit Maria Magdalena, Landschaft mit Wasserfall, Sturm- u. Gewitterbild), die Nat. Gall. London (Landschaft mit Abraham u. Isaak, desgl. mit Aeneas u. Dido), die Ermitage Leningrad, das Kunsthist. Mus. Wien (Gewitterlandschaft, Grabmal d. Cäcilia Metella) u. die Gal. Dresden. Eine Sichtung des überreichen Bildmaterials in den verschiedenen öff. u. priv. Sammlungen steht noch aus. Viele der übrigens sämtlich undatierten Bilder P.s - vermutlich die froheren - sind etwas trocken u. erinnern in ihrem fächerförmigen Baumschlag noch an die Richtung der Brill, haben jedoch immer einen großartigeren, ins Heroische strebenden Charakter (bes. die Temperalandschaften). In anderen - wohl späteren - nähert er sich mehr dem architektonisierenden Stil des Nic. Poussin, den dieser allerdings erst seit den 40er Jahren des 17. Jahrh. anwendet. Auch Annibale Carracci und bes. Domenichino u. Claude Gellee haben auf ihn eingewirkt (Landschaft in der Gal. Czernin in Wien, Bilder in London, Madrid, Berlin, Paris). - Verz. d. in öff. Besitz befindl. Bilder bei Bénézit; zu ergänzen durch: Abbeville, Augsburg, Auxerre, Bergues, Brooklyn, Budapest, Cambridge, Detroit, Dijon, Dublin, Düsseldorf, Dulwich, Emden, Gotha, Leningrad (Ermitage), London (Bridgewater a. Ellesmere Coll.), Mannheim, München, Neapel, New York (Metrop. Mus.), Oldenburg, Oslo, Oxford, Philadelphia, Posen (Mieliyúski-Mus.), Prag (Rudolphinum, Gal. Chlumetzky, Gal. Nostitz), Quebec (Laval Univ.), Rennes, Schleißheim, Schwerin, Stockholm, Stuttgart,Turin, Warschau,Wien (Akad.-Gal., Gal. Harrach, Gal. Liechtenstein), Würzburg (Univ.-Smlg), Zürich. Als Stecher durch 8 Landsch. (4 in Rund- u. 4 in Langformat) von ziemlich skizzenhafter Manier bekannt. Ein 9. Bl., bez. G. D., ist zweifelhaft. Nach P. stachen u. a.: F. Giuntotardi ("Dodici Paesi dipinti sul muro in uno dei Saloni del Pal. Colonna da G. P.", Rom 1813 [12 Bl. Rad.]), P. Parboni. ("I celebri Freschi di G. P. nella Chiesa di S. Martino ai Monti in Roma etc., Rom 1810 [12 Bl.]), u. B. Pinelli ("I Paesi di G. P. dipinti a tempera nel Pal. Massimi etc., Rom 1811 [14 Bl. Rad.]). Lit.: Bald inucci, Not. d. Prof. del dis. etc., 1681/1728, ed. Ranalli, 1845/47, V 300/04. - L. Pascoli, Vite de' Pitt. etc., 1 (1736) 57/63.-DeFontenai, Dict. d. Art. etc., 2 (1776) 360f. - Robert-Dumesnil, Le Peintre-grav. fr., 1 (1835) 124ff. - Nagler, Kstlerlex., 3 (1836) 568ff.; ders., Monogr., 2 (1860) 2731. - Parthey, Dtscher Bildersaal, 2 (1864). - Dussieux, Les Art. franç. à l'étr., 1876 (Guaspre). - Wolunann & Woermann, Gesch. d. Mal., III/1 (1888) 330ff. - G. Lanoe & T. Brice, Hist. de l'éc. fr. de pays., 1901 p. 44f. - J. A. F. Orbaan, Bescheiden in Italië etc., 1 (1911). - E. Bénézit, Dict. d. Peintres etc., 2 (1913) 161f. (Dughet). - K. Gerstenberg, Die ideale Landschaftsmalerei, Halle 1923, p. 117 ff. (vgl. W. Friedlaender in Rep. f. Kstwiss., 49 [1928] 147f.). - E. Magne, Nic. Poussin, 1928. - H. Egger, Röm. Veduten,1932, I. - Arch. de l'art franç., n. pér. 8 (1916) 110ff. - Archivio stor. art. d. città di Roma, II 219/22;224, 266. - Arch. stor. d. Soc. Rom. di stor. patr., 35 (1912) 329ff. - Nuova Antologia, 122 (1906) 24Gf. - Boll. d'Arte, 10 (1907) 30 (Abb.); 11 (1908) 82f. - Bull. Detroit Inst. etc., 9 (1927/28) 83f. (m. Abb.). - Bull. de la Soc. de l'hist. de l'art fr., 1928/I p. 186f., 238. - Monatsh. f. Kstwiss., 15 (1922) 193-202 (K. Gerstenberg), m. 6 Taf. - Staryje Gody, 1910, Maiheft p. 57; 1916 Juliheft p. 51. - Trésors d'Art en Russie, G (1906) 22, Taf. 19. - Zeitschr. f. bild. Kst, 60 (1926/27) 69. - Mireur, Dict. d. Ventes d'art, 2 (1902) 565f. (Dughet). - Kataloge der gen. Museen.