Aktualisiert
Frei zugänglich

Klee, Paul

Geboren
Münchenbuchsee (Bern), 18. Dezember 1879
Gestorben
Muralto-Locarno, 29. Juni 1940
Land
Schweiz, Deutschland
Geschlecht
männlich
GND-ID
Weitere Namen
Klee, Paul; Klee, Ernst Paul
Berufe
Maler*in; Grafiker*in; Zeichner*in; Schriftsteller; Musiker
Wirkungsorte
Bern, München, Weimar, Dessau, Düsseldorf
Zur Karte
Mitglied von
GruppeDer Blaue Reiter, Allianz, Die Blauen Vier, Cabaret Voltaire, Novembergruppe, Sema, 1940, Sept Arts, La Section d'Or, La Révolution Surréaliste, Vereinigung Schweizer Graphiker Walze, Neue Münchner Secession, Der moderne Bund
Von
Hopfengart, Christine
Zuletzt geändert
21.10.2025
Veröffentlicht in
AKL LXXX, 2014, 399; ThB XX, 1927, 424 ss; Vollmer III, 1956, 57 s

VITAZEILE

Klee, Paul (Ernst P.), dt. Maler, Zeichner, Grafiker, *18.12.1879 Münchenbuchsee b. Bern, †29.6.1940 Muralto-Locarno. Vater von Felix K.

LEBEN UND WIRKEN

Studiert in München an der priv. Zeichenschule von Heinrich Knirr, anschl. für kurze Zeit an der ABK. 1901 bricht K. sein Stud. ab und zieht sich bis 1906 zur Selbstausbildung nach Bern zurück. 1906, nach der Heirat mit Lily Stumpf, übersiedelt er nach München. 1908 wird er Mitgl. der Vrg Schweizer Graphiker Walze, 1911 ist er Gründungs-Mitgl. der Münchner Künstler-Vrg Sema. Im selben Jahr schließt er sich dem Kreis des Blauen Reiter an und auch mit der Schweizer Avantgardegruppe Der Moderne Bund tritt er in engeren Kontakt. 1914 ist er Gründungs-Mitgl. der Neuen Münchner Secession und unternimmt eine Reise nach Tunesien, die seine Entwicklung nachdrücklich befördert. 1916 wird er Soldat im 1.WK und erlebt von 1916-18 seinen künstlerischen und kommerziellen Durchbruch. Erste Erfolge in Presse und Öff. stellen sich v.a. durch die Ausst. in Herwarth Waldens Gal. Der Sturm in Berlin und die Kunsthandlung Goltz in München ein. Schriftsteller und Kritiker wie Theodor Däubler, Adolf Behne, Wilhelm Hausenstein und Leopold Zahn publizieren über ihn. 1920 wird P.Klee an das Bauhaus berufen und unterrichtet dort bis 1931. 1924 schließt er sich mit Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky zur Ausst.-Gemeinschaft Die Blaue Vier zus., die unter organisatorischer Ltg von Emmy "Galka" Scheyer v.a. in den USA aktiv wird. 1925/26 wechselt er mit dem Bauhaus von Weimar nach Dessau. In den nächsten Jahren zählt er zu den führenden Künstlern der dt. Moderne. 1931 wechselt er als Prof. an die KA Düsseldorf. 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, emigriert er in seine Heimatstadt Bern. 1935 erkrankt er an Sklerodermie. Nach einer vorübergehenden Schwächung seiner Arbeitskraft erreicht er in seinen letzten Lebensjahren von 1937-40 eine außerordentliche Produktivität und entwickelt neue Ausdrucksformen in seinem Spätwerk. - K.s Vater war Musiklehrer, seine Mutter ausgebildete Sängerin. Die Jugendzeit verlebt K. in Bern, wobei v.a. seine musikalischen Talente gefördert werden, und er lange zw. Malerei und Musik schwankt. Erste künstlerische Versuche zeigen schon wesentliche Charakteristiken seines späteren Werkes. Einerseits erschließt er sich durch Kopieren von graf. Vorlagen sowie durch Naturstudien eine exakte Methodik des Zeichnens. Andererseits dekoriert er Schulhefte und -bücher mit Karikaturen und fantastischen Rand-Zchngn, die seine lebhafte Einbildungskraft zeigen. Auch Ironie, die grundlegend zu seiner Persönlichkeit gehört, wird hier bereits sichtbar. 1898 beginnt K. Tagebuch zu führen. Bis E. 1918 wird er dort Erlebnisse und Reflexionen notieren und teilw. im Hinblick auf eine spätere Veröff. überarbeiten. Im selben Jahr schließt er die Schulausbildung ab und geht zum Kunst-Stud. nach München. Da er an der ABK abgelehnt wird, nimmt er zunächst priv. Zeichenunterricht. Im Herbst 1900 tritt er in die Malklasse von Franz von Stuck ein. Unzufrieden mit der Ausb. verlässt er die Akad. jedoch bald wieder und bricht im Okt. 1901 zu einer Studienreise nach Italien auf. Er besucht Genua, Florenz, Neapel und v.a. Rom. Die Reise führt nicht zum erhofften künstlerischen Fortschritt, sondern zu einer tiefen Sinnkrise angesichts des Reichtums der klassischen Kunst. Im Mai 1902 kehrt K. in sein Elternhaus zurück. Abseits vom Kunstbetrieb bemüht er sich dort bis 1906 um Selbstfindung und künstlerische Weiterentwicklung. Er setzt sich mit Francisco de Goya und zahlr. Künstlern seiner Zeit (u.a. Ferdinand Hodler, Arnold Böcklin, Aubrey Vincent Beardsley, James Ensor) auseinander und entdeckt seine eig. Kinder-Zchngn als vorbildhaften "Uranfang von Kunst". Eine Reise nach Paris 1905 führt zur Beschäftigung mit dem Impressionismus. Mehrere Jahre schwankt K. zw. Naturwiedergabe und subjektiver Erfindung. Sein erstes, von ihm als vollgültig erachtetes Werk, ist eine F. satirischer Rad. (Inventionen, 1903-1906). 1906 heiratet er die Münchner Pianistin Lily Stumpf und zieht nach München. Obwohl K. im Künstlerviertel Schwabing lebt, hat er zunächst wenig Verbindung zur Kunstszene. Erfolglos versucht er Ausstellungsmöglichkeiten zu finden, seine Rad. zu publizieren und beim Simplicissimus als Karikaturist angenommen zu werden. Seit der Geburt seines Sohnes Felix im Nov. 1907 arbeitet er als Hausmann und beobachtet mit großem Interesse die Entwicklung des Kleinkindes. Erste künstlerische Anerkennung erfährt er von Alfred Kubin Ende 1910. Im Herbst 1911 wird er durch Louis René Moilliet mit W.Kandinsky bekannt gemacht, kurz bevor die "Erste Ausst. der Red. Der Blaue Reiter" eröffnet wird. In der F. lernt er nun auch Franz Marc, Gabriele Münter, A. von Jawlensky, Marianne von Werefkin, Karl Wolfskehl und andere Künstler, Tänzer und Schriftsteller kennen. Im Febr. 1912 ist er mit 17 Werken an der 2. Ausst. des Blauen Reiters beteiligt. Eine zweite Reise nach Paris im April 1912 vertieft die Beziehungen zur internat. Avantgarde. Er besucht Robert Delaunay, Henri LeFauconnier und Karl Hofer in deren Ateliers, die Gal. von Ambroise Vollard und Daniel-Henry Kahnweiler und sieht Arbeiten von u.a. Pablo Picasso, Georges Braque, Henri Matisse und André Derain. Von R.Delaunay übersetzt er dessen Aufsatz "Über das Licht". Im Febr. 1911 legt K. einen handschriftlichen Werk-Kat. an, in dem er bis kurz vor seinem Tod über seine künstlerische Produktion Buch führen wird. Alle Arbeiten werden mit Titel, Technik, Träger-Mat. und Werk-Nr eingetragen. Letztere setzt sich aus dem Entstehungsjahr und einer fortlaufenden Registrier-Nr zusammen. Gemeinsam mit dem Titel schreibt er in der Regel diese Nummernkombination bei Arbeiten auf Papier auch auf den Untersatzkarton, auf den jedes Blatt aufgeklebt wird. Auch mit der Schweizer Kunstszene hält er Kontakt und hat 1910 eine erste Einzel-Ausst., die von Bern nach Zürich, Winterthur und Basel wandert. Für die schweiz. Kultur-Zs. Die Alpen schreibt er Ausst.-Berichte, Theater- und Musikrezensionen. Mit der Künstlergruppe Der Moderne Bund stellt er gemeinsam aus. In seinen Zchngn entwickelt K. mit den Ill. zu Voltaires Roman "Candide" eine eig. Ausdrucksform, die seinen Ruf als Zeichner der Avantgarde begründen. Anregungen von Kubismus und Futurismus, führen zu einer R. neuartiger, graf. Schemata an der Grenze zw. Figuren-Darst. und freier Entfaltung der zeichnerischen Handschrift. Außerdem orientiert sich K. an Paul Cézanne und dessen untergründigen Ordnungsstrukturen. Im Unterschied zu seinem zeichnerischen Erfindungsreichtum bereitet ihm der Gebrauch der Farbe nach wie vor Schwierigkeiten. Fortschritte erzielt er 1913/14 und festigt seine Methode während der Reise nach Tunesien (April 1914), wo er angesichts des nordafrikanischen Lichts und der kubischen Strukturen der arabischen Städte zu einer farbigen Bildstruktur findet, die als Prototyp in sein Werk eingeht (Hammamet mit der Moschee, 1914, 199). In den folgenden Jahren erlebt K. seinen künstlerischen Durchbruch und ersten öff. Erfolg. Nach Jahren des Suchens in der Abgeschiedenheit seines Arbeitszimmers ist es paradoxerweise der Krieg, der seine schöpferische Fantasie stimuliert. Als Soldat arbeitet K. fern der Front auf Flugzeugwerften in der Reparaturabteilung und in der Verwaltung. Gleichzeitig setzt er seine künstlerische Arbeit fort. Mit dem Blick des Romantikers nimmt er die militärischen Aktionen wahr und verarbeitet seine Erlebnisse in rätselhaften Aqu. von intensiver Farbigkeit und oft scheinbar kindlicher Unbeholfenheit (Kakendämonisch, 1916, 73; Warnung der Schiffe, 1917, 108). Als Bildträger verwendet er teilw. abgerissene Stücke von Flugzeugleinen, häufige Motive sind Gestirne und geheimnisvolle Symbole sowie Vögel, in denen er militärische Flugaktionen, nicht zuletzt Abstürze, paraphrasiert. Mit seinen Kriegsbildern erregt er das Interesse der zeitgen. Kunstkritik. Der Kunsthändler H.Walden macht ihn in zahlr. Ausst. publik. Um 1920 erscheinen drei Monogr. über K. von Wilhelm Hausenstein, Leopold Zahn und Hermann von Wedderkop. Während der Bayerischen Räterepublik ist K. Mitgl. im Rat bild. Künstler Münchens und im Aktionsausschuss Revolutionärer Künstler. Mit dem Kunsthändler Hans Goltz schließt er einen Generalvertretungsvertrag ab. Bei Kriegsende ist K. die Kultfigur einer jungen Generation. Die Studenten Oskar Schlemmer und Willi Baumeister versuchen ihn als Prof. an die Stuttgarter KA zu holen, können sich mit ihrem Vorschlag aber nicht durchsetzen. Im Herbst 1920 wird K. an das Bauhaus in Weimar berufen. Als Bauhausmeister ist K. nicht mehr nur freier Künstler, sondern hat ein festes Lehrprogramm zu absolvieren. Seine Bildnerische Formlehre ist wesentlicher Bestandteil der Grundausbildung und für alle Studenten im zweiten Semester obligatorisch. Daneben ist er als Formmeister für die künstlerische Ltg versch. Wkstn wie der Buchbinderei, der Gold-Silber-Kupferschmiede und der Wkst. für Glasmalerei zuständig. Der Unterricht veranlasst ihn, seine Kunstpraxis theoretisch zu hinterfragen, und er behandelt dort dieselben Themen, die ihn auch in seinen eig. Werken beschäftigen: Bewegung, Gleichgewicht und Farbbeziehungen. Wichtige Werkgruppen sind Quadratbilder (Bildarchitectur rot gelb blau, 1923, 80) und Schicht-Aqu. (Scheidung Abends, 1922, 79), außerdem arbeitet er mit der sog. Ölpause, einem Abdruckverfahren, das zeichnerische und farbige Darst. vielseitig kombinierbar macht. 1923 veröffentlicht K. in der Publ. der Bauhauswoche seinen Aufsatz Wege des Naturstudiums, in dem er die Natur als Grundlage seines Schaffens bezeichnet und das Kunstwerk als Objekt analog zur Natur charakterisiert. 1924 hält er den einzigen öff. Vortrag seines Lebens im KV Jena (sog. Jenaer Vortrag), 1925 publiziert er in der R. der Bauhausbücher sein Pädagogisches Skizzenbuch. Nach dem politischen Ende des Bauhauses in Weimar wechselt K. 1925/26 mit der Schule nach Dessau. Gemeinsam mit W.Kandinsky bewohnt er eines der von Walter Gropius erbauten Meisterhäuser. Neben dem Elementarunterricht und der künstlerischen Ltg der Weberei richtet er eine Freie Malklasse ein. Die Werke der Dessauer Jahre sind formal strenger und oft auf geometrischen Grundlagen aufgebaut (Springer, 1930, 183). Zu seinem 50. Geburtstag 1929 unternimmt K. eine Reise nach Ägypten, deren landschaftliche Eindrücke er in zahlr. Werken mit horizontal geschichteten Streifenformationen umsetzt (Nekropolis, 1929, 91). 1925 kündigt K. seinen Gal.-Vertrag mit H.Goltz und baut mit Hilfe von Otto Ralfs eine Sammler-Vrg, die K.-Ges. auf. Im Kunsthandel kooperiert er nun v.a. mit Alfred Flechtheim und Rudolf Probst. Seit M. der 1920er Jahre intensiviert sich sein Verhältnis zur Pariser Kunstszene. Die Surrealisten laden ihn zu ihrer ersten Kunst-Ausst. ein, der Verleger Christian Zervos publiziert ihn in den Cahiers d'Art. A.Flechtheims Absichten, K. zu einem internat. Künstler aufzubauen, führen u.a. zu dessen erster Ausst. im Mus. of Modern Art in New York (1930). Sein wichtigster publizistischer Begleiter dieser Jahre ist der Kunstkritiker Will Grohmann, der K. als Bauhausmeister propagiert, wogegen der Kunstschriftsteller Carl Einstein K.s Werk in der Propyläen Kunstgesch. (3. Aufl., 1931) v.a. aus der Sicht des Surrealismus darstellt. Ende des Jahrzehnts ist K. bauhausmüde. Die Lehrtätigkeit wird ihm zur Last, da er zu wenig Zeit für seine eig. Arbeit findet. Eine Anfrage der Düsseldorfer KA ist deshalb hoch willkommen und nach längeren Verhandlungen tritt er im Sommer 1931 eine Stelle als Prof. an. Seine Wohnung in Dessau behält er bei und pendelt zw. beiden Standorten. Nach dem Muster seines Meisterhauses plant K. ein eig. Atelierhaus. Er bewegt sich im Umfeld der Gal. Vömel und des Düsseldorfer Theaters, zu den Kollegen der Akad. und der ansässigen Künstlerschaft hat er wenig Kontakt. Als Prestigeberufung des umstrittenen Akad.-Dir. Walter Kaesbach wird er reserviert behandelt. In seinem Werk führt K. einerseits die geometrische Richtung weiter, andererseits entwickelt er eine spezifische Form des Pointillismus. Auf einen gefelderten Untergrund setzt er dabei seine "Punktsaat" und erzielt eine vielstimmige Farbigkeit, die er in Anlehnung an die Musik als Polyphonie (Polyphonie, 1932, 273) bezeichnet. Nach Machtantritt der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wird K. bereits im April fristlos beurlaubt und per 1. Januar 1934 offiziell aus seinem Lehramt entlassen. Die Presse bezeichnet ihn als "galizischen Juden" und greift ihn als Repräsentanten des "Systems Kaesbach" an. Im Laufe des Jahres 1933 entstehen zahlr. Werke, die in verschlüsselter Form die politische Veränderung und seine Rolle als "entarteter Künstler" behandeln. Es entsteht eine F. von ca. 250 Zchngn, deren Linienduktus ungewöhnlich heftig und spontan ist. Er thematisiert darin Gewaltausübung, Willkür und Brutalität, aber auch Opportunismus und Scheinheiligkeit. In dem Gem. Von der Liste gestrichen (ZPK, Bern) porträtiert er sich selbst. Im Herbst entscheidet er sich zur Emigration in seine Heimatstadt Bern. Seine Kunsthandelsbeziehungen verlegt er nach Paris zu Daniel-Henry Kahnweiler. In Bern fühlt sich K. zunächst fremd. Die Irritation macht sich auch in seinem Werk bemerkbar und er nimmt ältere Bildentwürfe wieder auf, bevor er neue Ausdrucksformen entwickelt. Trauer und Trennung sind Leitmotive des Jahres 1934. 1935 meldet er sich mit einer großen Retr. als Künstler in Bern zurück, kann jedoch nur einen Achtungserfolg verbuchen. Alte Kontakte, v.a. mit seiner Fam. und der befreundeten Fam. Bürgi helfen bei der Integration. Im Herbst 1935 wird K. krank. Was zunächst wie Bronchitis aussieht, erweist sich als progressive Sklerodermie, die ständiger ärztlicher Überwachung bedarf und von da an sein Leben bestimmt. Seine Frau Lily übernimmt nicht nur die Organisation des täglichen Lebens, sondern auch die Kunstgeschäfte sowie den größten Teil der Korrespondenz. 1936 wird die künstlerische Produktion mit nur 25 Werken Jahresleistung nahezu unterbrochen. Ab 1937 intensiviert sich das künstlerische Schaffen wieder und erreicht 1939 mit einer Bilanz von 1253 Werken den produktiven Höhepunkt seines gesamten Werkes. K.s Spätwerk unterscheidet sich von früheren Arbeiten. Die Feinheit der Linien und Farben wird durch eine einfachere, manchmal betont rohe Malerei ersetzt (Pomona, überreif, 1938, 134). Char. für die neue Formensprache sind runenhafte Linien und Gegenstands- und Figurenfragmente. Eine Dialektik von Formbildung und Zerstörung, Festigung und Auflösung bestimmt die Komposition. Bei den Maltechniken tritt das Aqu. mit seiner nuancierten Farbgebung zurück und wird von kräftigen, pastosen Kleisterfarben abgelöst. 1937 entsteht außerdem eine namhafte Gruppe von Pastellen (Kleinode, 1937, 214). Die Verwendung von Jute als Träger-Mat. intensiviert den Eindruck von Einfachheit. Mehr als zuvor beschäftigt sich K. mit Gem. und vergrößert seine Kleinformate zu trad. Bildgrößen. 1938 entsteht eine Gruppe von sieben großflächigen Querformaten, die eine Sonderstellung einnehmen (Insula dulcamara, 1938, 481). In Hunderten von Zchngn, manchmal in ganzen Ser. (Eidola, Engel, InfernerPark), formuliert er Erinnerungen, Gedanken und seine psychische und physische Verfassung. Während der letzten Lebensjahre erhält K. zahlr. Besuche von Künstlerkollegen, so von Ernst Ludwig Kirchner (1934), Emil Nolde (1938), G.Braque (1939) und P.Picasso (1937). Der persönlichen Begegnung mit P.Picasso war eine lange Auseinandersetzung mit dessen Werk vorausgegangen. 1937 wird K. auf der Ausst. Entartete Kunst diffamiert. Ab 1938 führen ihn zwei deutsche Kunsthändler, Karl Nierendorf und Curt Valentin, mit großem Erfolg in der New Yorker Kunstszene ein. Am 29. Juni 1940 stirbt K. in Muralto-Locarno an einer Herzlähmung. Zum Zeitpunkt seines Todes ist K. noch immer dt. Staatsbürger, obwohl er die Einbürgerung in die Schweiz bereits kurz nach seiner Emigration beantragt hatte. Der Ablauf des Verfahrens war korrekt, wurde aber in der letzten Phase durch einen Polizeibeamten verzögert. Das Gesuch stand auf der Tagesordnung der nächsten Einbürgerungssitzung des Stadtrates am 5. Juli 1940, und nichts spricht gegen eine Annahme von K.s Antrag. - K.s Werk ist einzigartig in der Moderne. Einflüsse anderer Künstler und Strömungen werden in seine unverwechselbare Bildsprache übersetzt. Dabei entwickelt K. keinen einheitlichen Stil, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Ausdrucksformen. Sein Anspruch ist ein Werk von universaler Bandbreite. Wesentlich sind die Titel, mit denen er dem Bild eine sprachliche Ebene hinzufügt und Ansatzpunkte zur inhaltlichen Erschließung gibt. Abgesehen vom Spätwerk bevorzugt K. kleine Formate. Sein wichtigstes Ausdrucksmittel ist die Linie, die vielen Werken den zeichnerischen Char. verleiht. Scheinbare Kindlichkeit und Unbeholfenheit entspringen dem typischen Bedürfnis der Moderne nach Primitivität und Einfachheit. Seine Doppelbegabung als Musiker und bild. Künstler wirkt sich in einer gelegentlichen Verbindung ästhetischer Prinzipien aus (Fuge in rot, 1921, 69). K. ist kein abstrakter Künstler, sondern sein Werk bewegt sich an der Grenze von Abstraktion und Gegenständlichkeit. K.s eigentlicher Erfolg setzt nach dem 2.WK ein, als er als Vorbild für jüngere Künstlergenerationen, insbesondere für die abstrakte Kunst, wiederentdeckt wird. In den 1950er-Jahren ist er v.a. in Deutschland als versponnener Poet populär. Neuere Forschungen haben das Bild jedoch korrigiert und K. auch als ironischen Intellektuellen, scharfen Beobachter und karrierebewussten Strategen entdeckt. 2005 wird in Bern das Zentrum P.K. (ZPK) eröffnet. Es besitzt und verwaltet rund 4000 Werke, K.s pädagogische Aufzeichnungen (ca. 3900 Bll.) und ein umfassendes Arch. aus dem Nachlass des Künstlers. Das ZPK ist das weltweite Kompetenzzentrum für K.s Werk und seine Erforschung.

WERKE

Basel, KM: Senecio, Öl/Gaze/Karton, 1922. Berlin, Mus. Berggruen: Versiegelte Dame, Aqu./Papier/Karton, 1930. - Neue NG: Abfahrt der Schiffe, Öl/Lw./Holz, 1927. Bern, Zentrum P.K.: Insula dulcamara, Öl, Kleisterfarbe/Papier/Jute, 1938; Tod und Feuer, Öl, Kleisterfarbe/Jute, 1940. - KM: Ad Parnassum, Öl/Kasein/Lw., 1932. Düsseldorf, KS NRW, K 20 KS am Grabbeplatz: Schwarzer Fürst, Öl/Tempera/Lw., 1927. Hamburg, KH: Der Goldfisch, Öl, Aqu./Papier/Karton, 1925. Hannover, Sprengel Mus.: Blumenmythos, Aqu./Gaze/Zeitungspapier/Silberbronzepapier/Karton, 1918. Jerusalem, Israel Mus.: Angelus novus, Ölpause, Aqu./Papier/Karton, 1920. Köln, Mus. Ludwig: Hauptweg und Nebenwege, Öl/Lw., 1929. Luzern, Slg Rosengart: Doppelzelt, Aqu./Papier, 1923. München, PM: Der Vollmond, Öl/Papier/Karton, 1919. - Lenbachhaus: Botanisches Theater, Öl/Aqu./Papier/Karton/Holz, 1934. New York, MMA: Die Zwitscher-Maschine, Ölpause/Aqu./Papier, 1922. - Guggenheim Mus.: Roter Ballon, Öl/Nessel/Karton, 1922. - Metrop. Mus, The Berggruen K. Coll.: Bauchredner und Rufer im Moor, Ölpause/Aqu./Papier, 1923. Pasadena, Norton Simon Mus.: Mögliches auf See, ÖL/Lw., 1932. Philadelphia/Pa., Mus. of Art, The Louise and Walter Arensberg Coll.: Fisch Zauber, Öl, Aqu./Nessel/Karton, 1925. Riehen, Fond. Beyeler: Besessenes Mädchen, Ölpause/Aqu./Papier, 1924. Washington/D.C., Philipps Coll.: Bilderbogen, Öl/Lw., 1937.

SELBSTZEUGNISSE

C.Geelhaar (Ed.), P.K. Schr., Rez. und Aufsätze, Köln 1976; F.Klee (Ed.), P.K. Briefe an die Fam. I u. II, Köln 1979; P.K. Beiträge zur bildnerischen Formlehre (Faks. und Kommentar), Basel/St. 1979; P.K. Tagebücher. 1898-1918, St./Teufen 1988; P.K. Über die mod. Kunst, in: P.K. in Jena 1924 (K), Jena 1999; Pädagogisches Skizzenbuch (Neudruck), B. 2003; F.Klee (Ed.), Gedichte, Ha. 2010.

AUSSTELLUNGEN

Einzelausstellungen:

München: 1911 Gal. Thannhauser; 1920 Gal. Goltz (K); 1979 Lenbachhaus (K) / Berlin: 1917 Gal. Der Sturm (mit Georg Muche; K); 1923 NG/Kronprinzenpal.; 1929 Gal. Flechtheim (K); 2008 Neue NG; 2013 Martin-Gropius-Bau (mit Johannes Itten, K) / Paris: 1925 Gal. Vavin-Raspail; 2012 Cité de la musique / Bern: 1935 KH (K); 1956, 2000 (Wander-Ausst.) KM; 2005 Zentrum P.K. / 1940 Zürich, Kunsthaus (K) / 1956 Hamburg, KH / 1979 Köln, KH (K) / New York: 1987 MMA (K); 2006 Neue Gal. (K; Wander-Ausst.) / 2002 London, Hayward Gall. (K) / 2003-04 Riehen, Fond. Beyeler (K Wander-Ausst.) / 2008 Wien, Albertina / 2011 Tokio, NM of Mod. Art / 2012-13 Rom, GNAM (K) / 2013 Düsseldorf, KS NRW, K21 KS im Ständehaus / 2015-16 München, Lenbachhaus (mit Kandinsky, K) / 2016 Bern, Zentrum P.K. -

 

Gruppenausstellungen:

1906 München: Secession / 1912 Köln: Sonderbund / 1913 Berlin, Gal. Der Sturm: Erster Dt. Herbstsalon; 2009 Bauhaus-Arch.: Modell Bauhaus (K; Wander-Ausst.) / 1925 Paris, Gal. Pierre: La Peint. Surréaliste; 2004 Centre Pompidou: Sons et Lumières (K) / 1926 Dresden: Int. Kunst-Ausst.; 2011 SKS: Im Netzwerk der Moderne (K) / 1955 Kassel: documenta (K) / 1982 Münster, LM: Die Tunisreise (K) / 1987-88 Düsseldorf, KM: Alfred Flechtheim (K Wander-Ausst.) / 1997-98 Bern, KM: Die Blaue Vier (K Wander-Ausst.) / 2000 Bremen, KH: Der Blaue Reiter (K) / 2003 Frankfurt am Main, Schirn: Grotesk. 130 Jahre Kunst der Frechheit (K) / 2009-10 New York, MMA: Bauhaus (K) / 2011 Kochel, Franz Marc Mus.: P.K. Die Konstruktion des Geheimnisses (K) / 2012 London, Barbican Art Gall.: Bauhaus: Art as Life (K); Wuppertal, Von der Heydt-Mus.: Der Sturm. Zentrum der Avantgarde (K) / 2013 Wiesbaden, Mus.: Hanna Bekker vom Rath (K) / 2024 Bietigheim-Bissingen, StG: Reiche Ernte - Früchte in der Kunst des 20. und 21. Jh.; Dortmund, Dt. Fußball-Mus.: In Motion - Kunst und Fußball (K).

 

QUELLEN

Thieme-Becker, Vollmer und AKL:

ThB20, 1927; Vo3, 1956

 

Weitere Lexika:

Jansa, 1912; Brun, SKL IV, 1917; Edouard-Joseph II, 1931; Plüss/Tavel I, 1958; Kindler, ML III, 1966; CatBolaffiArtMod, 1966; EWA VIII, 1971; Bauer, GEM V, 1977; ContempArtists, 1983; S.Monneret, L'impressionnisme et son époque, I-II, P. 1987; EAPD, 1989; Münchner Maler V, 1993; Flemig, 1993; LGB IV, 1995; DA XVIII, 1996; I.F. Walther, Künstler-Lex., in: Kunst des 20. Jh., II, Köln u.a. 1998; Sanchez, Salon d'automne II, 2006.

 

Gedruckte Nachweise:

P.-K.-Stiftung (Ed.), Cat. raisonné P.K., KM Bern, I-IX, Bern 1998-2004 (Ausst.; Lit.; WV); P.K. 1933 (K München u.a.), Köln 2003; Gauguin, van Gogh bis Dalí. Folkwang, erstes Mus. der Mod. (K), M. 2004; P.K., uomo, pittore, disegnatore, (K Complesso Vittoriano), R.2004; G.C. Bott, KM Basel (K), Z./Genf 2004; C.Rümelin, P.K. Leben und Werk, M. 2004; S.Tolksdorf, Der Klang der Dinge. P.K. - Ein Leben, Freiburg 2004; Zentrum P.K., Bern 2005; R.Sorg/O.Okuda, Die satirische Muse, Z. 2005; E.W. Kornfeld, P.K. Verz. des graph. Werkes, Bern 2005; P.K. Kein Tag ohne Linie (K Wander-Ausst.), Ostfildern 2005; C.Hopfengart/S.Vitali (Ed.), Ad Parnassum - auf dem Prüfstand, Bern 2006; J.K. Eberlein, "Angelus novus". P.K.s Bild und W.Benjamins Deutung, Freiburg 2006; P.K. Handpuppen, Ostfildern 2006; P.K. Melodie und Rhythmus (K Bern), Ostfildern 2006; Natur diesseits der Lsch. Die "Bioromantik" von P.K., in: H.Dickel, Kunst als zweite Natur, B. 2006; H.Suter, P.K. und seine Krankheit, Bern 2006; In Augenhöhe (K Brühl), Köln 2006; P.K. Teatro magico (K Fond. Mazzotta), Milano 2007; P.K. Überall Theater (K Bern), Ostfildern 2007; In P.K.s Zaubergarten (K Bern), Ostfildern 2008; A collector's eye on P.K. (K Zentrum P.K.), Bern 2008; P.K. Auf der Suche nach dem Orient (K Bern), Ostfildern 2009; Lyonel Feininger-P.K. Malerfreunde am Bauhaus (K Gustav-Lübcke-Mus. Hamm), Bramsche 2009; P.Valenti, K. erobert Italien. Italiens Kunstkritik über den Bilder-Zauberer, Nördlingen 2009 (Schr. zur Kunstkritik, 19); G.Wedekind (Ed.), Polyphone Resonanzen. P.K. und Frankreich, M. 2010; K. trifft Picasso (K Bern), Ostfildern 2010; Franz Marc P.K. Ein Dialog in Bildern (K Wander-Ausst.) 2010; B.Friedewald, P.K. Sein Leben, seine Kunst, M. 2011; Schüler der Klasse P.K. (K Zellermayer Gal.), B. 2011; W.Kersten u.a. (Ed.), PK. Art in the Making (K Tokio, Kyoto), Kyoto 2011; K. und Cobra - Ein Kinderspiel (K Wander-Ausst.), Ostfildern 2011; B.M. Bürgi/N. Zimmer (Ed.), KM Basel. Die Meisterwerke, Ostfildern 2011; D.Fässler (Ed.), Der Mod. Bund. Beginn der Mod. in der Schweiz (K KM), Luzern 2011; D.Schwarz (Ed.), KM Winterthur. Kat. d. Gemälde und Skulpturen, III, Dd. 2011; A.P. Bourneuf, The visible and the legible: P.K., 1916-1923, Diss. Princeton 2011; L.Glozer (Ed.), Walter Mehring, P.K. - Frühe Begegnung, Bern 2011; O.Okuda, Mediumistische Gestaltwandelung bei P.K., in: Gespenster, Magie und Zauber (K Neues Mus.), Nü. 2011; J.Winkler, P.K. Inventarisation und Analyse von Malmaterialien und Malutensilien aus dem Nachlass, Mag.-Arbeit, Bern 2011; Meister K.! (K Zentrum P.K. Bern), Ostfildern 2012; Zentrum P.K. (Ed.), P.K. Leben und Werk, Ostfildern 2012; P.K. Philosophical vision: From nature to art (K McMullen Mus. of Art Boston), Chicago 2012; F.Maeda, Ein Universum des Gestaltens - P.K., Tokio 2012; Caspar Walter Rauh im Blick auf P.K. und James Ensor (K KM), Bayreuth 2012; O.Okuda, in: N.Gramaccini/J. Rößler (Ed.), Hundert Jahre "Abstraktion und Einfühlung", M. 2012; Itten - K. Kosmos Farbe (K Wander-Ausst.), Bern 2012; 100 x P.K. (K KS NRW Düsseldorf), B. 2012; P.K. Die Engel (K Wander-Ausst.), Ostfildern 2012; Mus. Berggruen, B. 2013; P.K. und der Ferne Osten (K Bern), Z. 2013; Satire - Ironie - Groteske (K Bern), Bielefeld 2013; S.Frey (Ed.), "In inniger Freundschaft". Alexej Jawlensky, P. und Lily K., Marianne Werefkin. Der Briefwechsel, Z. 2013; C.Hopfengart, Schöpferische Bereicherung. P.K. im Ersten Weltkrieg, in: U.Schneede (Ed.), 1914 - Die Avantgarden im Krieg (K Ausst.), Bonn 2013-14.

 

Archive:

Bern, Zentrum P.K., Nachlass-Arch. P.K.: Korr., Fotografien, Bibl., Objekte. Briefe: Berlin, Bauhaus-Arch.; Staats-Bibl., Sturm-Arch. (an H.Walden); Berlinische Gal., Ferdinand-Möller-Arch. (an Ferdinand Möller) / Bern, Burgerbibl., Fam.-Arch. Bloesch (an Hans Bloesch) / Marbach, Dt. Lit.-Arch. (an W.Hausenstein) / München, Gabriele-Münter- und Johannes-Eichner-Stiftung (an W.Kandinsky und G.Münter) / New York, MMA, Curt Valentin Papers (Fam. K. an Curt Valentin 1937-49) / Nürnberg, GNM, Dt. Kunst-Arch. (K. an F.Marc) / Paris, Centre Pompidou, Fonds Kandinsky (an W.Kandinsky) / Stuttgart, SG, Arch. Will Grohmann (an W.Grohmann).

 

Onlinequellen:

F.Eggelhöfer, P.K.s Lehre vom Schöpferischen, Diss. Bern 2012; M.Keller Tschirren, Dreieck, Kreis, Kugel. Farbenordnungen im Unterricht von P.K. am Bauhaus, Bern 2012; P.K.-Bildnerische Form- und Gestaltungslehre (Zentrum P.K).

 


THIEME-BECKER

Klee, Paul, Maler, Graphiker u. Schriftsteller in Dessau, geb. 18.12.1879 in Münchenbuchsee bei Bern als Sohn eines aus Bayern stammenden Musiklehrers u. einer Schweizerin. Frühzeitig künstlerisch eingestellt, entschied sich der für Musik u. bild. Kunst Gleichbegabte für den Malerberuf u. ging im Herbst 1898 zur Ausbildung nach München. Auf den Rat von L. Löfftz, dem damal. Akademiedirektor, besuchte er zunächst die Privatmalschule von H. Knirr und wurde Herbst 1900 Schüler F. v. Stucks, bei dem er grundl. anatom. Studien trieb, im übrigen aber so wenig Befriedigung fand, daß er sich mit dem Gedanken trug, zur Bildhauerei überzugehen, und zu diesem Zwecke bereits mit W. von Ruemann Fühlung rahm. Herbst 1901 Italienreise gemeinsam mit seinem Landsmann, dem Bildh. Herrn. Haller; stärkere Eindrücke von den Werken der frühchristl. u. byzantinischen Epoche und den Marées-Fresken in Neapel als von der Kunst der Antike und der Renaissance, Michelangelo eingeschlossen - Eindrücke, die, wenn auch für die Produktion der folgenden Jahre ohne sichtbare Auswirkung, dennoch die spätere Richtung des jungen K mitvorbereiteten. Eifrige anatom. Studien seit der Rückkehr nach Bern (1902) wirkten sich zunächst zwar noch einmal in steigendem Maße in der Darstellung des Schaubaren in naturalistischem Sinne aus, gingen aber um so weniger in die Tiefe, als das Streben nach zeichnerischer Darstellung des Nichtschaubaren, des nur Imaginativen stärker wurde. Aus innerer Zwiespältigkeit heraus entstanden 1903 die erste gültige Radierung "Jungfrau im Baum", die Rad. "Komiker" u. "Begegnung zweier Männer", 1904 der kolor. Zinkdruck "Prophet" u. die Rad. "Der Monarchist", "Perseus", "Weib und Tier", "Komiker" (2. Fassung) und "Charme" - Arbeiten, in denen sich bei Beherrschung der techn. Mittel ein Streben nach Deformierung der Naturform und eine Vorliebe für das Bizarre u. Unheimliche im Sinne etwa eines J. Ensor u. A. Kubin zeigen, die aber, literarisch angekränkelt, einen fast greisenhaft dekadenten Zug tragen. Reisen nach Paris (1905), München u. Berlin. 1906 waren auf der Münchner Sezession zum 1. Mal Radier. K.s ausgestellt. Gleichzeitig übte er, seitdem meist in München tätig, das Verfahren, mit der Nadel auf einer geschwärzten Glasplatte zu gravieren, u. versuchte sich bald auch in der Technik der Hinterglasmalerei (Weib u. Tier, Komödie). Reisen nach Basel, Cassel, Frankfurt a. M. u. Karlsruhe. In den Jahren 1907/08 traten nach Bekanntschaft mit Arbeiten van Goghs u. Cézannes erste deutliche Ansätze zum Abstraktionsstil auf, wenn auch die Mehrzahl der bis 1914 entstandenen Arbeiten im ganzea noch impressionist. Gepräge trägt. Von 1909/10 datieren die frühesten Aquarelle u. Ölbilder (Mädchen mit Krug). 1910 erste Kollektivausstell. im Zürcher Kunsthaus (Graphik, etwa 50 Drucke), in Bern und Basel; 1911 erste Kollektivausst. in Deutschland bei Thannhauser, München. 1910 Berührung mit A. Kubin, der dem jüngeren Gleichstrebenden Anerkennung zollt. 1911ff. entstanden die gespenstischen Zeichn. zu Voltaire's "Candide". Bekanntschaft mit Macke, Marc, Jawlensky, der Werjowkina u. vor allem mit Kandinsky, dessen Umgang für Ks Entwicklung entscheidend wurde. In das Jahr 1912 fallen eine zweite Reise nach Paris, Auseinandersetzung mit P. Picassos Kubismus u. Bekanntschaft mit R. Delaunay (von dem K. einige theoretische Schriften für den "Sturm" übersetzte), H. Le Fauconnier u. W. Uhde. Seit diesem Jahre bedeutsames Hervortreten im Berliner "Sturm", in der "Neuen Künstlervereinigung München" u. im "Blauen Reiter" ebenda. Vorübergehend war K. auch Mitglied der in München gegründeten Schweizer Graphikervereinigung "Walze", der Schweizer Künstlergruppe "Moderner Bund" in Weggis u. der Künstlervereinigung "Sema", München; Gründermitglied der Neuen Münchner Sezession (1914), deren Ausst. er seitdem alljährlich beschickt. Die Reise, die K. im Sommer 1914 gemeinsam mit A. Macke u. seinem Landsmann Louis Moilliet nach Tunis unternahm, brachte seine theoretisch u. z. T. auch schon praktisch längst angebahnten Abstraktionsbestrebungen zum Durchbruch. Durch diese Berührung mit dem Orient, insbesondere die Eindrücke, die er in der Stadt Kairuan erhielt, fühlte sich K., der laut Familientradition von mütterlicher Seite her selbst einen Tropfen afrikanischen Bluts mitbekommen haben soll, zu den Quellen seines eigensten Stils geführt. Die Teilnahme am Kriege 1916/18 als Soldat in der Heimat u. der Etappe unterbindet nur vorübergehend sein Schaffen; die Produktion des bis dahin fruchtbarsten Jahres 1915 wird sogar noch übertroffen durch die Fülle von Märchenvisionen der Jahre 1917/18. Nach dem Umsturz von 1918/19 wird K. einer der Führer der Extremen und bekennt sich von nun ab zu einem ausgesprochenen Abstraktionsstil. Die Kollektiv-Ausst. im Mai 1920 bei H. Goltz, München, die mit 35 Gemälden, 3 Hinterglasbildern, 212 Aquarellen, 79 Zeichn. (darunter 26 Illustr. zu "Candide"), 6 bemalten Gipsstatuetten, 16 Rad., 8 Lithos, 2 Holzschn. u. 1 Zinkdruck eine Übersicht über das gesamte Schaffen K.s bis 1920 bot (hierüber ausführl. das 2. Sonderheft des Ararat, 1920 [s. Lit.]), brachte einen starken, wenn auch nicht unbestrittenen Erfolg. Gleichzeitig trat K. auch mit seinem 1. literar. Essay an die Öffentlichkeit (abgedr. im 13. Heft der Tribüne der Kunst u. Zeit), in dem er die Eigenart seines Schaffens theoretisch zu formulieren sucht. Nachdem die durch den Rücktritt A. Hölzels frei gewordene Professur an der Stuttgarter Akad. im Frühjahr 1920 nicht, wie von der Uecht-Gruppe u. dem größeren Teil der Studierenden gefordert, mit K., sondern mit A. Waldschmidt besetzt worden war, folgte K. 1921 einem Rufe an das von W. Gropius gegründete Staatliche Bauhaus in Weimar (seit Sommer 1925 in Dessau), 'wo er als Formmeister (Professor) der Glasmalerwerkstatt (techn. Leitung J. Albers) tätig war. Das fördernde Milieu dieser künstlerischen Gemeinschaft brachte seinen Stil zur Reife; der spielerische Charakter seiner wie hingekritzelt erscheinenden Bilder tritt nun gegenüber einer systematischen Ausbalancierung der Bildelemente zurück; die Bildfläche wird nicht mehr ornamental übersponnen, sondern mehr von einem Punkte aus tektonisch aufgeteilt (schon in "Halle C, Eingang R 2", 1920). Der Unterricht K.s am Bauhaus bot beste Gelegenheit, seine neue Malweise theoretisch zu begründen, wie denn auch in diesen Jahren der vielfach angefochtene Aufsatz "Wege des Naturstudiums" für das 1923 ersch. Bauhausbuch geschrieben wurde, in dem K. den optisch begreifbaren Motiven der Impressionisten u. Realisten seine "Bildinhalte" gegenüberstellt, die mit äußerer Wirklichkeit kaum noch etwas zu tun haben und sich in völlig unirdischen Regionen bewegen. 1925 erschien sein "Pädagogisches Skizzenbuch", auch dieses eine Frucht seiner seminaristischen Übungen des Bauhauses u. die Grundelemente des K.schen Zeichenstils behandelnd. Im gleichen Jahre veranstaltete die Gal. Goltz eine 2. umfassende Gesamtschau der Arbeiten K.s, die über 200 Gemälde, Aquar. u. Zeichn. aus den für seine Entwicklung wichtigen Jahren 1920/25 vereinigte (hierüber ausführl. Hausenstein in Frankf. Zeitg [s. Lit.]). In öffentl. Besitz: Barmen, Ruhmeshalle: Vollmond, 1919, Rhythmus der Bäume, 1920, Wachstum der nächtl. Pflanzen, 1922, samtl. Öl. Berlin, Nat.-Gal. (Kronprinzenpalais): Der Fisch, 1925, Öl, Der Angler, 1921, aguar. Federz., Die Zwitschermaschine, 1922, desgl. (Abb. Kunstblatt, IX vor p. 1), Mond über der Stadt, 1922, Ölstudie, Das Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber, 1922, desgl. Bremen, Kunsthalle: Luftballon, 1918, Aguar. Essen, Kunstmus.: Gedanken an die Schlacht, 1914, Farbenkomposition, 1915, Bild mit den 4 Reitern, 1915, samtl. Aguar., Landung in Salonik, 1915, Tuschzeichn., Aguar. von 1916. Köln, Mus. Wallraf - Richartz: Tricktrackspieler, 1912, Aguar., Pflanzen-, Erd- u. Luftreich, 1921, desgl. Leipzig, Graph. Sammlg: Blick in d. Wald, 1909, Tuschzeichn. Mannheim, Kunsthalle: Kalte Stadt, 1921, Aguar. Stuttgart, Mus. d. bild. Kate: Rhythmus d. Fenster, 1920, Öl. Weimar, Schloflmus.: Komposition mit Fenstern, 1919, Bild mit dem Hahn und dem Grenadier, 1919, Herbstbäume, 1920, Polarlandschaft, 1920, Fest d. Astern, 1921, sämtl. Öl, Teppich der Erinnerung, 1914, Zimmerperspektive mit Einwohnern, 1921, Traumstadt, 1921, Städtebild (rotgrüne Akzente), 1921, Arabische Stadt, 1922, Sterbende Pflanzen, 1922, Abenteuer eines Fräuleins, 1922, Versunkene Insel, 1923, Kampfszene aus d. komisch-fantast. Oper "Der Seefahrer", 1923, samtl. Zeichn. Wiesbaden, Städt. Gemäldesig: Wage der Dämmerung, 1921, Aquar. - Originale von K.s druckgraph. Arbeiten (vom Künstler selbst mit der größten Genauigkeit fortlaufend' numeriert) finden sich einzeln u. a. in den Künstlermappen d. Künstlerver. "Sema" in München (1 Lithogr.), d. Staatl. Bauhauses in Weimar, jetzt Dessau, "Die Schaffenden" (Weimar), 1 (1918/19), 1. Mappe (1 Rad.), Zeit-Echo, I (München 1914) 93 (1 Lithogr.) usw. (s. auch Lit.), u. als Bxchilluser. in folg. Werken: Voltaire, Kandide oder die beste Welt (Die Schwarzen Bücher), München, K. Wolff, 1920, 28 Federzeichn.; C. Corrinth, Potsdamer Platz od. die Nachte d. neuen Messias (Bücher der Zeit), Mchn, G. Muller, o. J. [1920], 10 Lithogr.; Th. Däubler, Mit silberner Sichel (Neue Bilderbücher, IV. Reihe, F. Gurlitt), in Vorbereitung (bis jetzt 2 Bl. Rad. in Probedrucken entstanden). - Außer den bereits gen. fanden noch folg. Koilektivausatell. von Arbeiten K.s statt: 1919 Zürich, Salon Wolfsberg, u. Frankfurt a. M., Zinglers Kabinett; 1919 u. 1920 Berlin, bei F. Gurlitt; 19191.20 Hannover, Kestner - Gesellsch.; 1920 Düsseldorf, bei A. Flechtheim; 1921 Köln, Kunstver., u. Wien, bei Wtirthle; 1922 Hannover, bei Garvens, u. Wiesbaden, Nass. Kunstver.; 1922 u. 1926 Berlin, bei Goldschmidt & Wallerstein; 1923 Berlin, Kronprinzenpalais, u. München, bei H. Thannhauser; 1924 Braunschweig, Landesrnus., u. Dresden, Gal. Neue Kst Fides; 1925 Dresden, bei Erfurth, u. Erfurt, Kunstver.; 1926 Paris, Gal. Vavin Raspail, Zürich, Kunsthaus, Prag, Kunstver., Hannover, KestnerGesellsch.,Dresden, Gal. Neue Kunst Fides. Eigene Schriften: "Tagebücher" (ungedruckt), im Auszug veröffentl. in den unten gen. Monographien von Zahn (p. 28129) und Hausenstein (p. 117ff., passim). - Pädagogisches Skizzenbuch (Bauhausbücher, II), Mchn 1925 (A. Langen), m. 87 Zeichn. K.s. - Bildnerische Mechanik (desgl.), in Vorbereitung.-Aufsätze in Die Alpen, VI, Bern 1912 (Besprechung einer Ausstell. des Mod. Bundes im Kunsthaus Zürich vom J. 1912), "Schöpferische Konfession" (Tribüne der Kst u. Zeit, hrsg. v. K. Edschmid, Bd XIII), Berlin 1920 (E. Reiß), p.28140, u. "Staatliches Bauhaus Weimar 1919/23", Weimar u. Mchn 1923 (Bauhaus-Verl.), p. 24f., m. Abb. L. Zahn, P. K., Leben, Werk, Geist, Potsdam 1920, m. 88 Abb. (grundlegend). - H. v. Wedderkop, P. K. (Junge Kunst, 13), Lpzg 1920 (S.-A. aus Cicerone, XII 527/38, s. u.), m. Biogr. nach Angaben K.s u.33 Abb. - W.Hausenstein, Kairuan od. eine Gesch. vom Maler K. u. der Kst dieses Zeitalters, Mchn 1921, ausführl., m. 43 Abb.; ders., Die bild. Kst der Gegenwart (Das Weltbild der Gegenwart, 15), Stuttgt u. BIn 1914; ders., P. K., Ausstell. bei H. Goltz in München, in Frank!. Ztg vom 26.6.1925. - P. K., Sturmbilderbücher, 111, Berlin 1918 (28 S. mit 22 Taf.- Abb. druckgraphischer Blatter K.s). - Der Sturm (Bln), IV (1913/14) 137 (Abb.), 145 (A.); VII (1916/17) A. p. 1, 121, 125, 127, 133, Text p. 11; VIII (1917/18) A. p. 49, 53, 55, 57, 121, 123, 183. 185, 137, 143; X (1919/20) A. (Farb.Taf.) nach p. 58; XII (1921) A. p. 141, Text p. 80183; XIV (1923) A. (Farb.- Taf.) p. 41. - Schweiz, XII (1908) 418, 421 (Abb.). - Der Ararat, 1 (1920) 80f., 123. 125 (A.), 2. Sonder-H. p. 1125 (Zur Kollektiv-A. bei H. Goltz, Biogr. mit Tagebuchfragment u. 31 Abb.) u. 35, m. Abb.; II (1921) 38, 110, 112114 (H. Kolle), m. Abb., 116 (Abb.), 118, 119 (Abb.), 295f. (Abb.). - Münchner Blätter f. Dichtg u. Graphik, I (1919) 10 (Abb.), 88 (Abb.), 141144 (E. v. Sydow; wiederabgedr. in dess. Verf. "Die dtsche express. Kultur u. Malerei", Furche-Kunstgaben, 11, Bln 1920, p. 124128), m. 2 Abb., 185 (Abb.). - Das Kunstblatt (131n), 1917ff., s. Reg. der einzelnen Bände (größere ill. Beitr. u. a. von T h'. Dáubler, II 24/27, W.Jollos, III 225134,u. H.Kolle, VI 200/05). - Neue Blatter f. Kst u. Dichtg, I (Dresden 1918/19) 11f. (Th. Däubler), m. Abb.; ders. in Das junge Deutschland, II, Bln 1919 (= Blatter des Dtschen Theaters, V), p. 101 f.; ders. in Ausst.-Kat. der Gal. A. Flechtheim, Düsseld., v. 17. 3. bis 4.4.1920, m. 4 Abb. - Die Weißen Blätter (Zürich u. Lpzg), IV (1917), 5. Heft, p. 167189 (A. Behne). - Feuer (Weimar), I (1919/20) s. Reg.; II (1920/21) 558, 654f., 725; III (1921/22) Beibl. p. 34. - Der Cicerone, XII (1920) 527138 (H. v.W edderko p), m. 12 Abb. (wiederabgedr. in Jahrb. d. jungen Kst, I 225138, auch S.-A. [s. o.]), 889f.; XIII 285, 288, 400, 499, 500, 599; XIV 11 f., 88, 484, 488, 984; XV 194, 853, 981; XVI 388, 378f. (E. v. Sydow), 385, 519 (W. Grohmann), 830 (Abb.), 786/98 (ders.), m.15 Abb. (wiederabgedr. in Jahrb. d. jungen Kat, V 142154), 1203, 1208; XVI I 42, 153, 288 f., 523, 815; XVIII 61f., 201 (W.Wolfradt); 302f., 385, 379 (Abb.), 383/95, passim (W. Grohmann), 438, m. Abb., 441 (der a.). - Kst u. Künstler, XVIII (1919/20) 341 (K. Scheffler); XXIV (1925/26) 294 (ders.). - Kunstchronik, N. F. XXXI (1919/20) 145f., 388, 725 (E. Hanfstaengl); XXXII 291, 295, 309, 468, 527 (E. Tietze-Conrat), 731, 886f.; XXXIII 888; XXXIV 747; XXXV 201 (U, Christoffe I). - Der Querschnitt, I (1921) 89 (Abb.), 135 (Abb.), 189. - Sozial. Monatsh., 1919 1294 (L. Stern). - Die Freude, I (Burg Lauenstein, 1920), m. Abb. - Das hohe Ufer, II (Hannover 1920) 14 (H. Kaiser). - Freie deutsche Bühne. I (BIn 1919)20) 728f. (R. Schacht). - Die bild. Kate, III (Wien 1920) Beibl. p. X 1 I t. (L. Zahn). - Nouv. Revue franç. v. 1.2. 1926 (A. Lbote). - C. Bru n, Schweizer. Kstler - Lex., IV (1917)281.-F. Gurlitt, Das graph. Jahr, BIn 1921, I 77; II88. - K. Pfister, Dtsche Graphik d. Gegenwart, Lpzg 1920, m. Abb. - H. Walden, Einblick in Kunst, BIn 2 1925 (Abb.). - C. Einstein, Die Kunst des 20. Jahrh. (Propyläen-Kstgesch., XVI), Bln 1928, m. 8 Abb. u. 1 farb. Tat. - Katal. der oben gen. allgem. u. Sonder-Ausstell., z. T. m. Abb. - Bildnis K.s (nach Photo) bei Jansa, Deutsche bild. Kstler in Wort u. Bild, Lpzg 1912. - Abb. außerdem in: Der blaue Reiter, 2 1914, p. 109, Staatl. Bauhaus Weimar 1919/23, p. 103108 (Schulerarbeiten) u. 189/91 (Freie Arbeiten; vgl. hierzu die Kritik in Zentralbl. d. Bauverwalt., XLIV. [1924] 42f.), Jahrb. d. Münchner Kunst, I (1917 b. 18), Ganymed, III (1921) 819, Dtsche Kunst u. Dekor., IL (1921/22) 9. - Neue Zürcher Zeitung v. 17.4.1917 (W.Jollos, P.K. in der Sturm-A. der Gal. Dada), 24.7.1921 (W. A. Luz, P. K., ein Schweizer Maler in Dtschland) u. 25.4.1921. - Voss. Zeitg (Berlin) v. 20.2.1919 (M. Osborn). - Mit Notizen von W. Hausenstein, München, Fr. X. Osterrieder, ebenda, u. Doris Wild, Zürich. L. Scheewe.

 

VOLLMER

Klee, Paul, schweiz. Maler, Graphiker u. Schriftst., *18. 12. 1879 München-Buchsee bei Bern, †29. 6. 1940 Muralto-Locarno, Tessin. Vater: Bayer, Mutter: Schweizerin. 1898 Schüler von Knirr in München, 1900 von Stuck an d. Akad. ebda. 1901 mit Herm. Haller in Italien. 1903/05 in Bern erste Radierungen, Anatomiestudien. 1905 nach Paris. 1906 Niederlassung in München, Heirat mit einer Musikerin. 1908/10 Auseinandersetzung mit van Gogh. Cézanne u. Matisse; 1910 erste Koll.-Ausst. im Zurcher Ksthaus; 1911 erste Koll.-Ausst. in Deutschland bei Thannhauser, München. 1912 Berührung mit dem "Blauen Reiter" (Kandinsky, Marc. Macke). 1912 in Paris Bekanntschaft mit der Malerei Henri Rousseau's, Picasso's u. Delaunay's. 1914 mit Macke Reise nach Tunis (Kairuan). 1916/18 Soldat in d. deutschen Armee. 1920/31 Prof. am Staatl. Bauhaus in Weimar (seit 1925 in Dessau). 1924 Aufenthalte auf Sizilien u. Elba. 1926 mit Feininger, Jawlensky u. Kandinsky Begründung der Gruppe: "Die Blauen Vier". 1928 in Ägypten. 1931 Berufung als Lehrer an die Düsseldorfer Akad. 1933 Niederlassung in Bern. 1935 schwere Erkrankung. - Das quantitativ sehr bedeutende Werk K.s besteht im wesentlichen in Federzeichnungen (z. -r. laviert) u. Aquarellen; dazu einige Malereien in Öl, Tempera, Guasch u. Pastell, Radierungen u. Lithogr. Beginnt mit einem formal strengen Stil, mit dem er den Surrealismus in Deutschland einleitet. Bald gewinnt die Tendenz, Bilder nach rein malerischen Gesichtspunkten zu gestalten, Oberhand; damit wird K. zu einem Pionier der abstrakten Malerei. Das Charakteristische seiner Kunst liegt in einem echte Kindlichkeit mit unerschöpflicher Phantasie verbindenden, traumhaft sich betätigenden Schaffen, das jeglichen Anschluß an die reale Welt der Erscheinungen ausschließt und allein aus den geheimnisvollen, imaginären Bereichen des Unbewußten schöpft. Zeit und Raum sind in seinen Kompositionen ebenso ausgelöscht wie Schwerkraft. Perspektive oder Licht- und Schattenwirkungen. Alles löst sich in scheinbar willkürliche Arabeske auf, in deren Formspiel sich Gefühl für das organisch Gewachsene u. ein dämonischerSinn für das gespenstisch. Spukhafte mischen. - Wichtigste Koll.-Ausstellgn: 1923 Kronprinzenpalais Berlin; 1928 Gal. A. Flechtheim, ebda; 1930 Mus. of Mod. Art, New York; 1936 Gal. Simon, Paris; 1940 Ksthaus Zürich; 1942 Gal. Nierendorf, New York; 1947 Kstmus. in Bern; 1949 in Nlunchen (Der Blaue Reiter); Mai 1950 u. Jan. -Febr. 1951 Buchholz Gall. (Curt Valentin) in New York (ill. Kat.); 1951 Ksthalle Bremen; 1952 Gal. Berggruen, Paris; 1954 Inst. of Contempor. Arts in London (50 Zeichngn a. d. SmIg Curt Valentin, New York [ill. Kat.]); Febr. 1155 Kstmus. St. Gallen. Als Zeichner vertreten in fast allen öff. Kabinetten Europas u. d. USA; als Maler u.a. in: Mus. Folkwang Essen, Ruhmeshalle Barmen, Ksthalle Bremen, Wallraf-Richartz-Mus. Köln, Mus. Stuttgart u. Nat.- Gal. Berlin. - Buchillustrat.: Voltaire, Candide oder die beste Welt. München, K. Wolff, 1920 (26 Federzchngn); C. Corrinth, Potsdamer Platz oder die Nächte des Neuen Messias, München, G. Muller, 1920 (10 Lithos); Th. Däubler, Mit silberner Sichel, Berlin, F. Gurlitt (Radiergn); Novalis, Die Lehrlinge zu Saïs, Bern, Verl. Benteli 1950 (51 Zeichnungen); dasselbe, englisch: The Novices of Sais, New York 1950 (60 Zeichngn). - Letztes Buchwerk: über die mod. Kst, Bern-Bümpliz 1945, m. zahlr. Wiedergaben s. Zeichngn. Lit.: Th.-B., 20 (1927). - P. K., Dokumente u. Bilder aus den J. 1896-1930, hg. v. d. Klee-Gesellsch. in Bern (auch engl Ausg.), Bern 1949. - A. H. Barr Jr., J. J. Sweeney. Julia u. Lyonel Feininger, P. K., New York 1945. rn. Bibliogr. u. 106 Abbn. - R. Greve], P. K., Paris 1930. - H. Fr. Geist. P. K., Hamb. 1949 - W. Grohm an n, P. K., Paris 1930. - W. Haftmann, P. K. Wege bildner. Denkens. Münch. 1 950. Bespr. in: Kstchronik (Nranbg), 4 (1951) 298/301. - Felix K lee. P. K., Stuttgt 1949. m. 22 Zeichngn. - Carola Giedion-Welcker, P. K., Stuttgt 1954. - A. Lhote. La Peinture, le Coeur et l'Esprit, Paris 1934. - Her bert Read. K., London o. J., m. 11 Farbtaf. - Gg.Schmidt, P. K.,1946 u. 1948 (auch in franz. u. engl. Ausg.). - Malerei d. Abendlandes, hg. v. G. Arnolds. 1955. - R ud. Bernoulli. Mein Weg zu Klee. Randbemerkungen zu einer Ausst. s. graph. Werkes i. d. Eidgenöss. Graph. SmIg in Zürich 1040, Bern 1942, m. 27 S. u. 8 Taf. - W. G roh m an n, P. K. Handzeichngn 1921-1930. m. vollst. Kat. Potsdam/Berlin 1914, m. 72 Lichtdr.-Taf. (wurde kurz nach Erscheinen beschlagnahmt). Engl. Übersetzg, N. Y.1944; Neudruck, Bergen, Oberbay., 1949. - Barr. - Hartlaub. - L. Justi, Von Corinth bis Klee. Berlin 1930, m. 96 Abbn. - H. KIumpp. Abstraktion in d. Malerei, Berlin 1932. - Nemitz, m. 3 Abbn u. 1 farb. Taf. - K. Nierendorf. P. K. Paintings, Watercolours 1913-39, New York, Oxford 1941, m. Bibliogr. p. 34/35. - Pfister, p. 27f. Taf. 10. - Schaffler, 2. - Schmidt. - Gg. Schmidt, 10 Farblichtdrucke nach Gem. v.P. K., Basel 1946; ders., 10 Farblichtdr. nach Aquarellen u. Temperablättern. Basel 1948. - J. T. Soby, The Prints of P. K., New York 1945. - P. K. Handzeichngn, Insel-Bücherei, Lpzg 1953. - Aufbau, 4 (1948) 991f. - Neue Auslese, 1 (1945) H. 11, p. 56-69, m. Abbn. - Aussaat, 2 (1947/48) 62, 117 (2 Abbn), 290 (Abb.). 291 ff. - Cahiers d'Art, 1928, p. 295/98, m. 15 Abbn; 1929, p. 54; 1930, p. 273f., 301/04; 1934, p. 179/84. - Cahiers de Belg., 1928, p. 196/98. - D. Cicerone, 1949, H. 2, p. 55f., 57 (Tat). - Documents, 1929, Nr 1, p. 53f. - Galerie u. Sammler (Zürich), 8 (1940) 74/77. - Kst u. Kstler, 26 (1928) 321f.; 28 (1930) 80. 104 (Abb.). 109 (Abb.), 112/14, m. 4 Abbn, 348f. - Kst u. Volk (Zürich), 10 (1928) H. 1, p. 15. - Kstchronik (Nürnbg), 3 (1950) Abb. geg. p. 109, 110, 111f., 252, 254; 4 (1951) 22, 45. - D. Ksthandel, 46 (1954) Nr 9, p.5, 7f., 11f. - D. Kstwanderer, 1929/30, p.114. - D. Kstwerk, 1 (1946/47) H. 8/9, p. 1, 2 (2 Abbn), 4, 5, 6 (3 Abbn), 59; 2 (1948) H. 8, p. 26, 27 (farb. Abb.), 28 (Abb.); 3 (1949) H. 2, p. 5, m. Abb.: Selbstbildn. (1911, graph. BI.), H. 4, p. 28/32, m. 4 Abbn, 44; 4 (1950) H. 2, p. 32 (2 Abbn), H. 5, p. 43 (2 Abbn), 55 (Abb.), H. 8/9, p. 12. 13, m. 2 Abbn, 90; 5 (1951) H. 6, p. 6, 7 (2 Abbn u. 1 ganzs. Abb.); 6 (1952) H. 2, p. 29 (Abb.). - Monatsh. f. Bücherfreunde u. Graphiksammler, 1 (1925) 216/26. - Museum d. Gegenwart, 1(1930) 36/45. - Parnassus (New York), 1937, Nov.-H. p. 7/11. - Prisma (München), 1 (1948) H.17. p. V, VI, VII, VIII (4 ganzs. Abbn). - The Studio, 108 (1934) 274/77. - D. Weltkst (München), 21 (1951) H. 3, p. 3, m. Abb.; 22 (1952) H. 20 p. 11; 23(1 953) H. 9, p. 3, H. 11, p. 10, m. Abb. - D. Werk (Zürich). 22 (1935) 160f.; 23 (1936) 32; 27 (1940) H. 3/4, Beil. p. XXX f., H. 8, p. 209/16, ru. 15 Abbn u. Bibliogr., Beil. p. XII. H. 10, Beil. p. XII. XIV; 28 (1941) 310/12; 29 (1942) H. 12, Beil. p. XXVI; 30 (1943) 201 ft.; 41 (1954) 38 (Abb.); 42 (1955) 98. - Zeitschr. f. Kst, 4 (1950) 84/86. - über die amer. Zeitschr.-Lit. vgl.: The Art Index (New York), 1929ff. - Kat. P.K. 2. Gesamtausst. 1920/25 bei H. Goltz, München, åusst.-Verz. 1925. - Kat. Ausst. d. P. K.-Stiftung, Bern. Kstmus. Nov.-Dez. 1947. - Kat. Ausst. "Der Blaue Reiter", München 1949, p. 10 (Fotob.,, 11 (Abb.), 17 (Abb.), 18, 20f., m. 4 Abbn, 30/34, m. Biogr. u. Abb.